Protokoll der Sitzung vom 15.12.2020

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 107. Sitzung des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern. Die Landesregierung hat gemäß Paragraf 72 Absatz 4 unserer Geschäftsordnung die heutige Dringlichkeitssitzung verlangt. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die vorläufige Tagesordnung der 107. Sitzung liegt Ihnen vor.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich jetzt fortfahre in der weiteren Beratung beziehungsweise dessen Ankündigung zur Tagesordnung, möchte ich es nicht versäumen, ganz herzlich heute unserem Wirtschaftsminister Harry Glawe zu seinem Geburtstag zu gratulieren. Herzlichen Glückwunsch, lieber Harry!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, AfD, DIE LINKE und Christel Weißig, fraktionslos)

Und wir haben noch ein weiteres Geburtstagskind heute, nämlich den Fraktionsvorsitzenden der CDU-Fraktion. Herzliche Glückwünsche an dieser Stelle – wahrscheinlich sieht er uns auch zu – an Wolfgang Waldmüller! Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag und vor allen Dingen alles, alles Gute für die Zukunft!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Ältestenrat ist vereinbart worden, den Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/5666 und den Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE auf Drucksache 7/5673 in verbundener Aussprache als Tagesordnungspunkt 2 zu beraten. Des Weiteren liegt Ihnen auf Drucksache 7/5674 ein Antrag der Fraktionen der CDU und SPD zum Thema „MV Werften unterstützen“ vor, der als Tagesordnungspunkt 3 beraten werden soll. Wird der so geänderten vorläufigen Tagesordnung widersprochen? – Ich sehe und höre, das ist nicht der Fall. Damit ist die Tagesordnung der 107. Sitzung gemäß Paragraf 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung festgestellt.

Gemäß Paragraf 4 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung benenne ich für die 107. Sitzung die Abgeordnete Christiane Berg zur Schriftführerin.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Aktuelle Lage „Corona-Virus“, hierzu Regierungserklärung der Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

Aktuelle Lage „Corona-Virus“

Regierungserklärung der Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern

Das Wort hat die Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern Frau Manuela Schwesig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mehr als 1,2 Millionen Infizierte und mehr als 21.000 Tote, das ist bislang die traurige Corona-Bilanz in Deutschland. Letzten Donnerstag hatten wir die höchsten Zahlen an Neuinfektionen mit fast 30.000 Erkrankten und fast 600 Todesfällen an nur einem Tag, trotz umfangrei

cher zusätzlicher Schutzmaßnahmen und Einschränkungen im November und Dezember. Hinter jeder dieser Zahlen stehen Menschen und ihre Familien, Opas und Omas, Mütter, Väter, Kinder und Enkelkinder.

Viele der an Corona Erkrankten leiden lange und stark unter der Krankheit. Und deshalb sind zunächst meine Gedanken bei allen Familien, deren Angehörige gegen Corona kämpfen und die Angehörige verloren haben. Wir können uns mit diesen Zahlen und diesen Schicksalen nicht abfinden. Wir wollen und müssen die Zahl der Neuinfektionen reduzieren. Die Situation ist sehr ernst. Sie ist wesentlich ernster als im Frühjahr und so ernst, wie wir sie bisher noch nicht erlebt haben. Und wir müssen mit weiteren Maßnahmen sicherstellen, dass wir die Infektionszahlen unter Kontrolle bekommen und weiter senken, denn nur dann ist sichergestellt, dass alle, die an Covid-19 erkranken, auch die medizinische Hilfe bekommen, die sie brauchen. Und deshalb haben sich Bund und Länder erneut auf schärfere Maßnahmen verständigt. Darüber möchte ich Sie heute informieren, und deshalb möchte ich mich ganz herzlich bedanken, dass Sie zu dieser Sondersitzung des Landtags zusammengekommen sind.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, als wir uns zuletzt Ende November hier getroffen haben, hatten sich Bund und Länder darauf verständigt, die Novemberschutzmaßnahmen zu verlängern, um weiter dafür zu sorgen, dass die Infektionszahlen nach unten gehen. Wir haben als Land die November- und Dezembermaßnahmen frühzeitig unterstützt, obwohl wir zu diesem Zeitpunkt noch kein Risikogebiet waren. Und diese Schutzmaßnahmen haben auch Wirkung gezeigt. Die Zahlen sind über fünf Wochen stabil geblieben. Wir hatten wissenschaftliche Prognosen, dass mithilfe der Schutzmaßnahmen von November die Zahlen bis Weihnachten sogar um ein Drittel auf Werte um 35 pro 100.000 Einwohner zurückgehen können. Leider – und das ist kein Vorwurf, sondern eben eine Tatsache – hat sich das eben nicht bewahrheitet.

Und ich habe schon in meiner Regierungs…, nicht in der Regierungserklärung, in der Debatte im letzten Landtag darauf hingewiesen, dass wir diese schwierige Entwicklung haben, denn wir haben eine zweite Welle, die massiv von allen Seiten auf Mecklenburg-Vorpommern drückt. Wir haben das immer an der Landkarte gesehen, dass zunächst Vorpommern-Greifswald betroffen war, weil wir hohe Inzidenzen in Polen haben, dass dann vor allem Mecklenburgische Seenplatte und Landkreis Ludwigslust-Parchim stark betroffen waren, weil wir diese Welle haben aus Sachsen über Brandenburg Richtung Mecklenburg-Vorpommern, und auch sehr stark NordwestMecklenburg, weil wir natürlich in dieser Richtung auch sehr viele Pendler haben, nicht nur Hamburg, sondern auch Lübeck, die sehr stark betroffen sind. Mittlerweile ist unser eigenes Land sehr stark betroffen, und natürlich, sagen wir mal, drückt jetzt das nicht nur ins Land, sondern im Land wird jetzt das Virus verteilt.

Wie dramatisch die Situation ist, erleben wir alle an den Bundesländern Sachsen, Thüringen, mittlerweile auch Brandenburg, wo auch vor vielen Wochen und Monaten die Zahlen noch sehr gering waren. Und das heißt auch für uns, die Infektionszahlen steigen schneller und stark an. So hoch wie jetzt waren sie noch nie. Wir haben landesweit inzwischen einen Inzidenzwert von über 90 Fällen pro 100.000 Einwohner, in fünf von acht

Landkreisen liegt der Wert bereits über 100. Und die aktuellen Prognosen der Universität Greifswald, die wir gestern im MV-Gipfel uns aktuell angeschaut haben, sagen, dass bis Weihnachten mit einem Anstieg der landesweiten Inzidenz auf einen Wert von 150 zu rechnen ist, wenn wir nicht massiv gegensteuern und die Kontakte weiter reduzieren.

Und diese verschärfte Lage macht sich auch in unseren Krankenhäusern bemerkbar. Aktuell müssen 153 Menschen mit Covid-19 in Krankenhäusern behandelt werden, immer mehr auch auf den Intensivstationen. Und das zeigt, dass, was sich viele immer nicht vorstellen können, wenn heute die Zahl der Infektionen hochgeht, zeitlich verlagert vier Wochen später dann auch diese Zahlen in den Krankenhäusern ankommen und man nicht sagen kann, da ist doch nichts in den Krankenhäusern, da passiert doch schon nichts. Und ich trage Ihnen diese Zahlen vor, weil sie deutlich machen sollen, dass sich auch die Lage bei uns immer weiter zuspitzt. Es gibt noch freie Intensivbetten und eben nicht nur für CovidPatienten, sondern auch für alle, die schwer erkrankt sind, zum Beispiel an einem Herzinfarkt, oder eben einen Unfall haben und auch intensivmedizinisch versorgt werden müssen. Ich habe immer darauf hingewiesen, dass die gute medizinische Versorgung für Corona-Patienten da sein muss, aber eben auch für alle anderen, denn das Corona-Virus setzt andere schwere Erkrankungen oder Unfälle eben nicht aus.

Bei meinem Besuch in der Uniklinik Rostock haben mir die Pflegerinnen und Pfleger und auch die Ärzte berichtet, wie viel aufwendiger die Behandlung eines CovidPatienten ist und dass sie sich wünschen, dass alle Bürgerinnen und Bürger, aber vor allem die politisch Verantwortlichen diese ernste Lage anerkennen und alles dafür tun, dass Pflegerinnen und Pfleger, vor allem in der Intensivmedizin, aber auch Ärztinnen und Ärzte eben nicht in eine Situation kommen, wo sie das, wofür sie in diesen Beruf gegangen sind, wofür sie jeden Tag für uns stehen, eine gute medizinische Versorgung, dass sie nicht in die Lage kommen, dass das nicht mehr möglich ist.

Und diese Verantwortung, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, haben wir gemeinsam, für die Bürgerinnen und Bürger im Land gute medizinische Versorgung, aber vor allem für die Pflegerinnen und Pfleger, für die Ärztinnen und Ärzte und alles Personal, was sich darum herumrankt, dafür zu sorgen, dass sie ihre gute Arbeit weitermachen können. Darum bitte ich Sie.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Und ich möchte deshalb deutlich machen, dass auch die Lage in den Krankenhäusern bei uns sich anspannt. Für viele Beschäftigte ist sie schon längst kritisch. Wir haben bereits Kliniken im Land, die Patienten in einzelnen Abteilungen nicht mehr aufnehmen können und ihre Bettenkapazität reduzieren müssen, weil sich immer mehr medizinisches Personal auch selbst ansteckt oder in Quarantäne muss. Und wenn das Infektionsgeschehen immer weiter steigt, immer mehr Menschen in Krankenhäusern behandelt werden müssen, wird es immer schwieriger.

Klar ist, wir haben immer noch keine Blaupause im Umgang mit dem Virus, auch die Wissenschaft hat sie nicht. Wir müssen die Infektionszahlen, die Situation in den Krankenhäusern, den Altenheimen und Schulen, die Situation im ganzen Land ständig beobachten und immer wie

der fragen: Machen wir das Richtige, machen wir genug? Und wenn wir jetzt merken, die Zahlen steigen, und zwar rapide, dann hilft nur eins: strengere Maßnahmen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Und wir haben bereits in den vergangenen, wir haben deshalb bereits in den vergangenen Wochen als Reaktion darauf, dass Mecklenburg-Vorpommern Risikogebiet wurde, zusätzliche Schutzmaßnahmen beschlossen, zum Beispiel ist überall an öffentlichen Orten, wo viele Menschen zusammenkommen, ein Mund-Nasen-Schutz verpflichtend. Es dürfen keine alkoholischen Getränke mehr ausgeschenkt werden, um eben Menschentrauben zu verhindern.

Wichtig war uns vor allem auch, die Älteren zu schützen, und deshalb haben wir bereits zum Wochenende eine Testpflicht in Alten- und Pflegeheimen eingeführt, vor allem das Personal soll getestet werden, auch Besucher, und es ist wichtig, dass nur eine vorher festgelegte Person die Angehörigen besucht. Solche Maßnahmen sind notwendig, denn wir haben vor allem natürlich in den Pflegeheimen die Menschen, die besonders betroffen sind bei Corona-Infektionen. Das sind die älteren Menschen, die dann auch schnell daran versterben können, und natürlich müssen wir auch das Personal schützen, denn wenn Personal in Pflegeheimen ausfällt, kann man das nicht so einfach ersetzen. Und ich weiß, dass es darüber viele Diskussionen gibt, aber ich will den Bürgerinnen und Bürgern anhand von zwei Zahlen deutlich machen, dass wir insbesondere in unserem familiären Bereich und eben in den Altenheimen zusammen aufpassen müssen.

Die Auswertung der 50. Kalenderwoche der Infektion zeigt, dass die Haupttreiber des Infektionsgeschehens in Mecklenburg-Vorpommern die privaten Zusammenkünfte sind. 44 Prozent der Infektionen in MecklenburgVorpommern sind im familiären Bereich, im persönlichen Bereich entstanden. Das müssen wir einfach unseren Bürgerinnen und Bürgern sagen, weil das ist ein Bereich, in dem der Staat Bestimmungen machen kann, aber in dem vor allem die Bürgerinnen und Bürger es selbst in der Hand haben, diese Bestimmungen einzuhalten und die Kontakte zu reduzieren. Und der zweite Bereich ist der Bereich der Alten- und Pflegeheime mit 17 Prozent. Bundesweit stehen die Pflegeheime auf Platz 1. Wenn ich mit den Kolleginnen und Kollegen der anderen Bundesländer spreche, die stark betroffen sind, wie zum Beispiel Sachsen, dann sagen sie, achtet auf eure Pflegeheime, und deshalb will ich auch ganz klar den Trägern sagen, wir werden hier strengere, konsequentere Maßnahmen zusammen umsetzen müssen, und es ist wichtig, dass zum Beispiel die Schnelltests auch durch die Testverordnung des Bundes übernommen werden, was seit Oktober ja auch möglich ist.

Ich will die beiden Zahlen auch deshalb in den Raum stellen, weil es deutlich macht, dass wir natürlich in unsere Verordnung strenge Maßnahmen schreiben können, dass es aber wirklich jetzt auf jede Bürgerin und jeden Bürger ankommt. Und ich bin oft in den letzten Tagen gefragt worden und wir haben das unsere Wissenschaftler, Experten gestern selber im MV-Gipfel gefragt, warum waren wir die ganze Zeit so stabil und warum gehen jetzt die Zahlen so stark in die Höhe. Und dafür gibt es nicht die eine Antwort, das sagen uns die Wissenschaftler auch, es sind eben mehrere Faktoren, die zusammen

kommen. Das ist zum einen die starke zweite Welle, die von allen Seiten drückt, das habe ich beschrieben, und auch deshalb ist es gut, dass wir frühzeitig den kleinen Grenzverkehr eingeschränkt haben, dass wir strenge Einreisebestimmungen haben.

Und hier möchte ich mich auch bei unserem neuen Innenminister Herrn Renz bedanken, dass sofort diese Maßnahmen auch gerade am Wochenende kontrolliert worden sind. Es ist wichtig, dass die Ordnungsbehörden der Kommunen, aber unsere Polizei auch steht und die Maßnahmen kontrolliert. Das sind wir dem Infektionsgeschehen schuldig, das sind wir aber auch vor allen Dingen den Bürgerinnen und Bürgern schuldig, die sich nämlich an die Regeln halten. Die haben nämlich kein Verständnis dafür, wenn sich andere nicht an die Regeln halten, und deshalb ist es auch gut, dass wir mit unserer Polizei das kontrollieren. Vielen Dank dafür!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Die Wissenschaftler machen uns aber auch deutlich, dass es eben nicht dieses eine Geschehen gibt, dass es nicht diesen einen Infektionstreiber gibt. Und das ist mir so wichtig zu sagen, vor allem mit dem Appell an die Bürgerinnen und Bürger, das Virus ist in MecklenburgVorpommern, das Virus ist unter uns. Niemand hat die Garantie, dass er sich nicht ansteckt, und deshalb bitte ich alle: Bleiben Sie so weit wie möglich zu Hause! Verzichten Sie so weit wie möglich auf Kontakte! Es ist jetzt wichtig, gerade in den nächsten Wochen, auch über Weihnachten, vorsichtig zu sein und nicht alles, was möglich ist, auszunutzen, denn wer jetzt vorsichtig ist, kann dafür sorgen, dass er oder seine Liebsten auch gesund ins neue Jahr kommen. Darum geht es!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Und deshalb, sehr geehrte Damen und Herren, bin ich froh, dass Mecklenburg-Vorpommern immer als Land frühzeitig sich den strengeren Maßnahmen angeschlossen hat. Das war im November-Shutdown so. Da hatten wir eine Inzidenz von 45, da hatten andere noch die Hotels und Gaststätten offen und haben niemals über strengere Maßnahmen nachgedacht, da haben wir angefangen zu schließen. Und auch jetzt ist es so, dass mit einer Inzidenz, die höher ist, aber noch so ist, wo andere nicht Einschränkungen in dem Maße gemacht haben, es gut ist, wenn wir weitere Einschränkungen machen. Ich will sehr dafür werben.

Ich weiß, dass das schwer ist, gerade für die Betroffenen, und ich weiß, dass es immer den einen oder die andere gibt, die noch sagen, können wir da nicht noch ein bisschen lockerer sein, können wir da nicht noch ein bisschen was öffnen. Aber ich sage Ihnen ganz klar und deutlich, es ist jetzt nicht mehr die Zeit, darüber zu reden, was noch möglich ist und wieder geöffnet werden kann, sondern es ist jetzt die Zeit, darüber zu reden, welche Kontakte können wir vermeiden, wo können wir strenger werden, um Schlimmes auch für unser Bundesland zu verhindern. Und da bitte ich Sie alle, mitzumachen, so schwer die Entscheidungen auch sind!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Und deshalb ist der Vorschlag von Bund und Ländern, dass wir die Zeit – das war ja auch die Leopoldina-Idee –

zwischen dem Jahreswechsel, wo viel runtergefahren wird, wo die Schulen geschlossen werden, wo viele Betriebe auch ihre betriebliche Arbeit runterfahren, dass wir die Zeit nutzen, eigentlich, ich sage mal, von Weihnachten bis Neujahr, um das ganze Land runterzufahren. Wir haben uns aufgrund der dramatischen Infektionszahlen in ganz Deutschland und auch der schwierigen Entwicklung in M-V dafür entschieden, das vorzuziehen. Ab Mittwoch, ab morgen wollen wir das öffentliche Leben in Deutschland so weit wie möglich herunterfahren, ähnlich wie im Frühjahr, und Kontakte und Mobilität müssen dabei reduziert werden.

Deshalb schlagen wir vor, dass wir die bestehenden Kontaktbeschränkungen verlängern, das heißt, zwei Haushalte bis maximal fünf Personen dürfen sich weiter treffen, Kinder unter 14 Jahren werden dabei nicht mitgezählt, und wir machen eine Ausnahme zu Weihnachten. Zu Weihnachten ist es möglich, dass diese Kontaktbeschränkung gilt und dass man die Möglichkeit hat, als Hausstand, als Familie mit vier weiteren Personen der Kernfamilie zusammenzukommen. Was bedeutet das konkret? Es ist dann möglich, zum Beispiel für Eltern, dass ihre Kinder, die in anderen Bundesländern oder in anderen Orten in Mecklenburg-Vorpommern leben, dass die zu Weihnachten kommen können und natürlich auch ihren Partner mitbringen können, und wie gesagt, die Kinder bis 14 Jahre werden nicht angerechnet.

Eine solche Möglichkeit halten wir für wichtig. Ich sage ganz klar, sie ist epidemiologisch nicht unkritisch, deshalb gibt es dort auch Kritik, dass wir das machen. Ich will aber noch mal deutlich machen, wenn Bürgerinnen und Bürger jetzt verzichten und schon die ganze Zeit verzichten, dann muss es möglich sein, dass auch zu Weihnachten Zusammenkünfte im kleinen Rahmen, im Rahmen der Kernfamilie möglich sind. Das Weihnachtsfest ist das Fest für viele Familien und es ist nicht, es geht nicht darum, da eine große Sause draus zu machen, aber es geht darum, sich im kleinen Rahmen vorsichtig zu treffen, damit auch dieser soziale Zusammenhalt gesichert wird. Die Familien, die sind sozusagen der gesellschaftliche Kern für unser Zusammenleben, und deshalb müssen wir ihnen auch an Weihnachten mehr ermöglichen. Wir stehen weiter zu dieser Regel.

Dabei gilt aber, dass diese Öffnung der Kontakte nur am 24./25. und 26. möglich ist, dann müssen wir wieder zurückkehren zu den bestehenden Kontaktbeschränkungen. Und ich will hier ganz deutlich sagen, wenn Mecklenburg-Vorpommern weiter in der Inzidenz steigt, müssen wir auch darüber reden, ob wir die Kontakte, so wie im Frühjahr, wieder auf einen Hausstand plus eine Person weiter reduzieren. Das wollen wir – das ist der Vorschlag vom MV-Gipfel – von der Inzidenz abhängig machen, aber wenn wir die Hunderterinzidenz als Land überschreiten, dann müssen wir weiter Beschränkungen machen. Das Weihnachtsfest soll so, wie versprochen, auch möglich sein. Ich will deshalb auch ganz klar sagen, auf die Silvesterparty muss in diesem Jahr verzichtet werden. Es ist besser, dass wir im kleinen Rahmen und ruhig, aber dafür gesund in das neue Jahr kommen.

Sehr schwierig ist die Einschränkung für den Einzelhandel. Wir müssen den Einzelhandel, so wie im Frühjahr, wieder beschränken, mit Ausnahmen für den täglichen Bedarf. Also es muss jederzeit möglich sein, zum Beispiel Lebensmittel, Drogeriebedarf oder Arzneimittel zu

kaufen. Auch Tierbedarfs- und Babymärkte bleiben offen, Post und Bankfilialen ebenso, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Kfz-Werkstätten, Fahrradwerkstätten, Reinigungen, Waschsalons, Zeitungsverkauf, Blumenläden, und auch der Weihnachtsbaumverkauf und der Großhandel sollen weiter möglich sein.

Ich will an dieser Stelle ganz klar sagen, das ist ein harter wirtschaftlicher Einschnitt für unseren Einzelhandel, und wenn einige sagen, ja, ihr denkt ja immer an die Wirtschaft, dann sage ich, wir denken an Gesundheit und Wirtschaft. Es ist wichtig, dass es auch ein wirtschaftliches Leben weiter gibt, und der Einzelhandel in Mecklenburg-Vorpommern, das sind nicht irgendwelche anonymen Großkonzerne, sondern das sind oft kleine Geschäfte, kleine Läden, wo Kleinst- und Kleinunternehmer dahinterstehen, wo Familien dahinterstehen, und für die ist das jetzt ein harter Einschnitt, und deshalb ist es wichtig, dass es auch für diesen Bereich Wirtschaftshilfen gibt.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Auch die Dienstleistungen müssen weiter geschlossen bleiben. Ich weiß, dass sich viele erhofft hatten, dass wir eigentlich lockern Richtung Kosmetik. Ich glaube, es war klug, nicht gleich bei den ersten runtergehenden Zahlen zu lockern, weil wir immer gesagt haben, es macht auch keinen Sinn, Dinge zu öffnen und 14 Tage später wieder zu schließen, sondern wir müssen die geschlossenen Dienstleistungsbereiche, wie zum Beispiel Kosmetik, weiter geschlossen lassen und werden auch die Friseursalons ab morgen, so, wie das bundesweit beschlossen ist, schließen müssen.

Zu den Alten- und Pflegeheimen habe ich bereits gesagt, dass es wichtig ist, weitere Schutzmaßnahmen zu ergreifen, und der Bund unterstützt die Maßnahmen mit medizinischen Schutzmasken und durch die Übernahme der Kosten für Schnelltests. Wir haben aber auch gesagt, wir wollen aus dem Frühjahr-Shutdown lernen. Im Frühjahr hatten wir eigentlich alles dicht. Da gab es keine Besuche zum Beispiel in den Pflegeheimen und wir haben erlebt, was das menschlich für große Entbehrungen sind. Und deshalb ist es uns wichtig, dass weiter Angehörige zum Beispiel ihre Mutter, ihren Großvater im Pflegeheim besuchen können, aber es ist auch wichtig, dass es dafür hier ganz klare Standards gibt, denn in diesem Bereich gibt es besondere Gefahren.

Wir haben auch im Frühjahr sehr drastisch Kitas und Schulen geschlossen und alle kennen noch den Run auf die Notfallbetreuung. Es gab Diskussionen, welcher Bereich ist systemrelevant, welcher nicht, was ist mit den Kindern, die es leider in der Kita besser haben als zu Hause. Und deshalb haben wir auch aus diesem Bereich gelernt. Wir sagen ganz deutlich, das, was das Kanzleramt von uns verlangt, die komplette Schließung von Kitas und Schulen, werden wir als Land – und da sind wir nicht die Einzigen – nicht mittragen, sondern für uns ist es wichtig, dass die Kitas und Schulen, vor allem die Kitas in den regulären Gruppen, offen bleiben können, dass wir bei den Schulen so vorgehen wie auch beschlossen. Die Siebtklässler, ab der 7. Klasse sind alle ab dieser Woche, letzte Woche vor den Ferien, im Distanzunterricht, und für alle anderen Schüler gilt, dass dort, wo die Eltern die Betreuung nicht organisieren können, sie weiter in ihre Klassen gehen können.

Ich sage hier aber noch mal ganz deutlich, auch an die Eltern: Es ist wichtig, dass alle Eltern, die es ermöglichen können, jetzt schon ihre Kitakinder oder auch zum Beispiel die Grundschulkinder zu Hause lassen, dass sie dort ab morgen spätestens sind und wir die Kitagruppen und die Schulklassen vor allem für die Kinder nutzen, wo Eltern eben nicht verzichten können auf diese Betreuung, weil sie in der Pflege arbeiten, weil sie auf unseren Intensivstationen arbeiten. Und ganz wichtig, wir müssen die Versorgung der Bevölkerung sicherstellen, die ist schwieriger als sonst. Weil ja Gastronomie geschlossen ist, wird noch mehr Lebensmittelverkauf zum Beispiel notwendig sein, und deshalb ist es auch wichtig, dass zum Beispiel diese Verkäuferinnen weiter die Möglichkeiten haben. Ich appelliere aber an die Eltern im Land, dort, wo es möglich ist, jetzt schon die Kinder zu Hause zu lassen. Nutzen Sie die Möglichkeit in Ihrem eigenen Interesse, aber auch im Interesse der Erzieher/-innen und Lehrerinnen und Lehrer, denn kleinere Gruppen, kleinere Klassen sind auch mehr Schutz für Erzieherinnen und Lehrer. Das ist, glaube ich, eine gute Lösung im Interesse der Familien und im Interesse des Personals.