Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn schon viele gesprochen haben, auch der Gesundheitsminister, obwohl jetzt ja Pflege eigentlich im anderen Ressort ist – aber ich glaube, es war gut, dass auch jemand gesprochen hat, der da wirklich profunde Kenntnisse hat –, auch sehr, sehr viel schon zur Situation hier im Land gesagt hat, dann ist fast alles gesagt an der Stelle.
Deswegen möchte ich mal mit einem Dank beginnen, und zwar einem Dank an die 25.000 Männer und Frauen, die hier im Land in Pflegeberufen tätig sind – ich glaube, das ist bisher in der Debatte noch viel, viel zu kurz gekommen –, die einen sehr wichtigen Dienst an unserer Gesellschaft leisten. Ihnen gebührt, denke ich mal, der Dank des gesamten Parlamentes.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sicherung einer guten Pflege – und wir haben gestern das Thema „Medizinische Versorgung“ diskutiert, wo, glaube ich, Kollege Heydorn von der SPD zu Recht darauf hingewiesen hat, dass das Thema Pflege da natürlich mit reingehört –, ich denke, das ist eine weitere der zentralen sozialen, auch gesundheitspolitischen Herausforderungen hier bei uns im Land. Wenn man sich mal die Zahlen anschaut: Der Anteil der über 65-Jährigen wird sich bis 2030 auf 31,7 Prozent hier im Land erhöhen. Die Anzahl der Pflegebedürftigen ist schon gestiegen von 2011 bis 2015 von 67.600 auf 79.100 und wird bis 2030 auf circa 93.000 Personen steigen. Also sehen wir doch, da ist ein Anwuchs da. Wir haben, und das ist angesprochen worden in der Debatte, heute schon 470 offene Stellen in der Pflege. Von daher ist das ein Thema, dem man sich widmen muss.
Wir haben auch eine zunehmende Arbeitsbelastung der Pflegekräfte, eine zunehmende Verdichtung, das ist völlig klar, und deswegen sind alle natürlich gefordert, sich dort Gedanken zu machen, wie es weitergehen kann. Der Minister ist ja richtigerweise auf die Dinge eingegangen, die die Landesebene bisher macht. Ich will das jetzt gar nicht noch weiter auswälzen. Ich erwähne nur noch mal die gemeinsame Initiative zur Sicherung des Pflegepersonals, die gemeinsame Arbeitsgruppe, die dort Vorschläge bringt. Das Pflegeberufereformgesetz soll hier auch im Land umgesetzt werden. Wir wollen uns um das Thema „Standardisierung von Ausbildungsinhalten“ kümmern. Die schulgeldfreie Ausbildung, die kommen soll, ist ebenfalls bereits angesprochen worden. Das sind, glaube ich, alles wichtige Punkte. Das Thema Löhne ist bereits genannt worden. Dazu hat ja auch die zuständige Ministerin Frau Drese sich diese Woche geäußert. Ich denke, das ist Konsens – so habe ich den Applaus zuerst wahrgenommen – hier im Haus, dass wir diese regionalen Unterschiede nicht mehr akzeptieren können und auch nicht akzeptieren wollen.
Wir haben, und darauf ist eingegangen worden, mit den Pflegestärkungsgesetzen im Bund – ich glaube, in der letzten Wahlperiode – auch sehr, sehr viel getan für das Thema Pflege, ich glaube, so viel wie viele Jahre davor nicht. Deswegen, Frau Tegtmeier, bedauere ich, dass sich die SPD jetzt auf Bundesebene zumindest so ein bisschen in die Büsche schlägt bei dem Thema.
Aber ich erwarte dann gute Vorschläge aus der Bundestagsfraktion, aus der Opposition auf Bundesebene, zum Thema Pflege.
(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Das werden wir hier alles auf den Tisch packen und wir werden sie zum Schwur zwingen.)
Ich möchte aber mal eine Frage in den Raum stellen, denn da sehe ich das ein bisschen anders als der eine oder andere Vorredner, weil ja auch Henning Foerster sich sehr am Thema Löhne festgebissen hat. Ich glaube – und das sind so meine Erfahrungen bei vielen, vielen Gesprächen, die ich auch in den Einrichtungen führe, nicht nur mit den Hausleitungen, sondern auch mit dem Pflegepersonal selbst –, ich glaube, das Thema Löhne alleine löst das Problem nicht.
(Henning Foerster, DIE LINKE: Ich habe über Arbeitsbedingungen auch gesprochen und über Arbeitszeiten.)
Ja, es klingt aber so durch, und natürlich ist es auch der Schwerpunkt der Rede und des Antrages gewesen. Ich glaube, das alleine hilft nicht,
weil wenn wir uns umschauen, wenn wir unterwegs sind, haben wir Fachkräftemangel in vielen Bereichen. Die jungen Leute, die heute von der Schule kommen, haben die breite Auswahl. Sie können sich aussuchen, wenn sie die entsprechende Qualifikation haben, in welchem Bereich sie arbeiten möchten. Da haben natürlich alle Branchen – das ist nicht nur der Medizin- und Pflegebereich, das erzählt dir genauso der Tiefbauer oder erzählt dir die Gastronomie, die Hotellerie,
Polizei –, alles, was mit Schicht zu tun hat, alles, was mit unregelmäßigen Arbeitszeiten zu tun hat, was vielleicht auch mal damit zu tun hat, sich die Hände schmutzig zu machen, mit Verlaub, die haben natürlich etwas größere Probleme als die Bereiche, wo man warm und trocken in seinem Büro sitzt und 9.00 Uhr kommt und 16.00 Uhr geht,
ähnlich wie hier, nur, wir müssen ein bisschen länger als 16.00 Uhr arbeiten. Also von daher, glaube ich, ist das damit allein nicht getan.
Und wir müssen Aufstiegschancen schaffen. Deswegen finde ich auch den Punkt, den Harry Glawe angesprochen hat, so wichtig, die Durchlässigkeit, das Thema „Hochschulische Pflegeausbildung“, dass wir einfach Perspektiven bieten, dass man nicht ein Leben lang den gleichen Job verrichten muss, sondern dass man Perspektiven hat in dem Bereich, dass wir an der Stelle mehr tun. Wir müssen uns auch Gedanken machen über das Thema Arbeitszeiten, denn gerade junge Frauen betrifft das natürlich, die Kinder haben. Für die ist Schichtarbeit, egal, ob im Pflegeheim oder im Krankenhaus, bei der Polizei, wo auch immer, ein schwieriges Thema. Ich glaube, das sind die Dinge, die eher im Mittelpunkt stehen sollten.
Es wird immer so gerne gesagt, es sagt viel über eine Gesellschaft aus, wie wir mit den älteren Menschen, wie
eine Gesellschaft mit den älteren Menschen umgeht, und ich glaube, da ist in der Vergangenheit schon einiges auf den Weg gebracht worden. Der Minister hat dargelegt, was alles passiert und warum man am Ende des Tages die einzelnen Punkte, die bereits umgesetzt werden, heute nicht auch noch mal extra beschließen muss. Aber ich glaube, das Thema sollte man sich gemeinsam weiter auf die Fahne schreiben. Wir haben ja auch schon diverse Anhörungen dazu gemacht im Sozialausschuss. Das war, glaube ich, zu der Zeit, bevor Herr Foerster wieder zurückgekommen ist in den Landtag. Von daher sind wir auf einem guten Weg, aber es ist eine Frage, die wir hier nicht ganz allein lösen können. Deswegen sollten wir alle Möglichkeiten nutzen auf Bundesebene mit den verschiedenen Akteuren, dass wir dort das Thema weiter nach vorne bringen, denn das ist eine der zentralen Fragen. – Ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.
Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, damit dann auch vielleicht zur Klarheit noch ein bisschen beigetragen wird: Das auf dem Rednerpult liegende iPhone, das niemand vergessen hat, dokumentiert tatsächlich die Redezeit. Ich will auch darauf hinweisen, dass dieses iPhone mit der Redezeitnahme hier im Präsidium synchronisiert ist. Das heißt, der Redner, der Zweifel hat, ob man seine Redezeit korrekt erfasst hat, sprich, zu früh oder zu spät angefangen hat, kann sich also darauf verlassen und kann das auch zu Beginn seiner Rede überprüfen, wann dann quasi die Redezeit zugeschaltet wurde. Wie gesagt, es ist ordentlich befestigt, nichtdestotrotz bitte ich doch, vielleicht darauf zu achten, dass das Ganze entsprechend gehandhabt wird.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist schon ein denkwürdiges Vorgehen seitens der Koalitionäre. Wir haben Ihnen einen Antrag vorgelegt und ich bin dem Minister Glawe sehr dankbar für die sachliche, mit vielen Fakten und auch Vorschlägen seitens der Landesregierung untersetzten Darstellung, doch dann wird er mehr oder weniger zurückgepfiffen. Ich finde es sehr schade, was sich da abzeichnet. Ich appelliere noch mal an Sie, dass wir das zumindest in die Ausschüsse überweisen, also ganz konkret in den Sozialausschuss und den Wirtschafts- und Gesundheitsausschuss. Beide befassen sich ja mit diesen Themen. Allein der Wortbeitrag von Herrn Ehlers zeigt ja – Sie haben, Herr Ehlers, mehrfach betont, worüber es noch nachzudenken gilt, worüber es zu sprechen gilt –, es liegt auf der Hand, den Antrag noch mal zu überweisen.
Ich möchte Ihnen gern sagen, dass unsere Fraktion vor einiger Zeit eine sogenannte Pflegetour gemacht hat. Wir sind im gesamten Land unterwegs gewesen, Abgeordnete sind in Pflegeeinrichtungen gegangen und einige von uns sind auch, Pflegerinnen und Pfleger begleitend, einen Tag oder zwei Tage mit in Einrichtungen gewesen. Ich zum Beispiel war – das liegt aber schon ein bisschen zurück – beim Pflegedienst Rütz hier in Plate, bei der Intensivpflege. Am Rande eines Parlamentarischen Abends in der vergangenen Woche haben wir so über den Tisch hinüber vereinbart, dass ich voraussichtlich
zwischen Weihnachten und Neujahr dort erneut faktisch assistieren werde, begleiten werde. Das kann immer nicht schaden, so einen Blick ins Leben zu werfen, damit man weiß, worüber man redet.
Dieser Antrag ist insofern auch ein Stückchen weit geronnene Erkenntnis aus dem, was wir damals mitbekommen haben und was uns in den Wahlkreisen begegnet. Es geht mitnichten, Herr Ehlers, nur – nur in Anführungsstrichen – um die Fragen der Entlohnung, sondern auch um Vereinbarkeit von Beruf und Familie und andere Rahmenbedingungen. Also dieser Antrag ist weiter gefasst, die Problemsituation, die wir aufgenommen haben, ist immens. Herr Foerster hat von der Arbeitsverdichtung gesprochen, dass also durchschnittlich eine Pflegefachkraft im Krankenhausbereich 13 Patientinnen und Patienten betreut, dass wir eben die ungerechtfertigte Lohnlücke Ost/West haben, dass wir fehlende Standards in der Personalbemessung haben.
Und, was heute noch keine Rolle gespielt hat, wir haben einen immens hohen Krankenstand unter Pflegerinnen und Pflegern, sowohl in den Altenheimen als auch in den Krankenhäusern. Da gibt es vom Deutschen Pflegerat sehr interessante Ausarbeitungen, wie sich das darstellt. Die Pflegekräfte im Land haben durchschnittlich 50 Prozent mehr Krankentage als die in anderen Berufen, also 24 durchschnittlich, während es in anderen Branchen 16 Tage krankheitsbedingter Arbeitsausfall sind. Das ist dann noch mal untersetzt, was psychische Erkrankungen betrifft, im Pflegebereich doppelt so hoch wie in anderen Branchen. Auch Erkrankungen, die auf körperlichen Verschleiß hinweisen, sind sehr hoch und führen unter anderem dazu, dass durchschnittlich Pflegerinnen und Pfleger nur sieben beziehungsweise acht Jahre im Beruf bleiben. Das sind Problemstellungen, die wir wahrnehmen müssen.
Ich bin Herrn Wildt dankbar, und es gab überhaupt heute schon sehr interessante Wortbeiträge, aber der ist mir haften geblieben, Herr Wildt, wo Sie sagten, wir müssen unbedingt noch mal wahrnehmen, wo es die Unzufriedenheit in der Bevölkerung gibt, wo gesagt wird, hier läuft etwas schief. Wenn man zu diesem Problem einen Aufriss macht, dann stellt man doch fest, da läuft etwas schief.
Ich halte es, Frau Tegtmeier, für fatal zu sagen, also das ist so, wir sind jedoch dran und es wird, aber die Menschen nehmen etwas anderes wahr. Sie nehmen wahr, dass es diese Probleme gibt und dass es zwar Reden darüber gibt, dass man das verändern will, aber die reale Welt, die Lebensumstände und die Arbeitswelt haben sich für sie so nicht geändert.
Dieser Antrag will da einen Schub mit verursachen, dass es vorwärtsgeht, dass wir Veränderungen herbeiführen. Wenn der Minister sagt, das ist zielführend, dann nicht, weil er uns jetzt sozusagen zupassredet, sondern weil wir die gleiche Problemsicht haben und weil wir d’accord gehen, was Vorstellungen betrifft, wie man eine Veränderung hinkriegen kann. Über diese Veränderung haben wir ganz konkret Auskunft gegeben, und zwar so konkret, wie es angemessen ist, nicht jetzt Haarspalterei und Kleinigkeiten. Wenn wir hier schreiben, was die Landesregierung betrifft, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, den Beruf attraktiver zu machen, hat es hier schon mal eine Rolle gespielt, wir müssen uns verhalten. Wenn auf Bundesebene 2020 die Schulgeldfreiheit hergestellt sein
Also wir dürfen das einfach nicht machen! Wir dürfen das nicht machen, zuwarten und sagen, es wird sich erledigen, weil das auf Bundesebene geklärt wird. An der Stelle ist das ein Punkt, den wir gesetzt haben.
Oder in den Landeskrankenhausplan Mindestpersonalvorgaben für die Pflege aufzunehmen – Herr Minister Glawe hat davon gesprochen, hat ein Beispiel genommen mit der Intensivpflege –: Sehr wohl muss da vordringlich was gemacht werden, aber dabei können wir nicht stehen bleiben, dass nur der Intensivbereich in Betracht kommt, das trifft auch für andere Bereiche zu.
Insofern ist unser Antrag nur scheinbar allgemein, der ist konkret, weil wir ja wissen, worüber wir reden.
Wir wissen, wo es Handlungsbedarf gibt, und selbstverständlich auch auf Bundesebene. Also es war ja wohltuend zu lesen, was Frau Drese gestern auf einer ganzen Seite in einer Tageszeitung – in der „Ostsee-Zeitung“, glaube ich – zu Protokoll geben konnte. Wie oft wird hier gesagt, wir geben auch Signale, politische Signale mit Positionierungen des Landtages, und dann bekommt ein Agieren auf Bundesebene – mit drei Stimmen im Kanon der Bundesländer –, dann bekommt das Agieren unserer Landesregierung in der entsprechenden Ministerkonferenz auch noch mal durch ein Signal Rückenwind. Manchmal wird das hier belächelt, aber das wird schon registriert, ob ein Parlament sich dazu verhält oder nicht.
(Thomas Krüger, SPD: Das haben wir bei der Geflügelpest auch gerade gesehen. Ja, ich erinnere mich.)
Also jetzt spreche ich dazu und sage meine Meinung. Sie können das so annehmen, Sie können das ablehnen, Sie können das in einen anderen Kontext stellen. Das können und werden Sie halten, wie Sie wollen. Ich will nur gern darauf verweisen.
Und weil mein Kollege Foerster aufs Saarland verwiesen hat: Also wir plädieren sehr dafür – das ist eine Sache, die wir noch hinzufügen zu dem, was Ihnen vorliegt –, wir plädieren sehr dafür, ins Saarland zu gucken und auch einen solchen Pflegepakt, also Pflegepakt MecklenburgVorpommern abzuschließen und zu sagen, die Träger der Einrichtungen, die Träger der Krankenhäuser, die Landesregierung und die Kassen schließen einen solchen Pakt, in dem es um das Image geht, um die Imagekampagne, um die Finanzierung von zusätzlichen Stellen. Wie viele wir brauchen, wissen wir für die nächsten