Protokoll der Sitzung vom 13.09.2018

Also, Herr Ritter, Sie haben noch Redezeit. Und jetzt noch Ministerinnen auf der Regierungsbank aufzufordern, regelwidrig, Rede und Antwort zu stehen, das finde ich dann doch etwas schwierig.

(Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU: Und das als Mitglied des Ältestenrates! – Peter Ritter, DIE LINKE: Gerade als Mitglied des Ältestenrates.)

Von daher würde ich doch bitten, zur üblichen Ordnung zurückzukommen.

Bitte schön, Herr Ehlers, fahren Sie fort.

Ich finde die Argumente nicht albern, Herr Ritter, um Sie zu zitieren. Ich habe mir in Ruhe Ihre Rede angehört, vielleicht hören Sie auch meine Argumente an, denn ich teile durchaus, was das Thema Außenwirkung angeht, Ihre Einschätzung.

Warum stehen wir hier? Das sind die großen Beispiele, die bundesweit durch die Medien gegangen sind, sei es Gerhard Schröder, der sofort aus dem Kanzleramt direkt zu Wladimir Putin gezogen ist.

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Es gibt andere Beispiele auch aus anderen Parteien, völlig klar, auch in der CDU.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Hier im Land fällt mir nur ein Beispiel ein, das ist der frühere Energieminister, wo es eine öffentliche Debatte gab. Andere Beispiele kenne ich hier nicht.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Sie schieben – und da komme ich jetzt mal zum Thema – das Thema Gerechtigkeit sonst wie eine Monstranz vor sich her und nun frage ich Sie, Herr Ritter, und ich würde Sie bitten, die Frage zu beantworten: Was ist denn gerecht daran – und ich habe gerade noch mal bei Wikipedia in die Biografien einzelner ehemaliger Minister geguckt –, wie beurteilen Sie, dass der ehemalige Bildungsminister Metelmann bis 2006 im Amt war und danach wieder an die Uni zurück auf seinen Lehrstuhl durfte?

(Vincent Kokert, CDU: Das ist ja zulässig!)

Henry Tesch war Bildungsminister und ist danach 2011 sofort wieder Schulleiter geworden.

(Vincent Kokert, CDU: Das macht nichts.– Peter Ritter, DIE LINKE: Da gibt es auch keinen Interessenkonflikt. Da müssen Sie mal zuhören!)

Sie waren beide Bildungsminister und sie sind beide wieder in den Bildungsbereich zurückgegangen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja und? Da gibt es aber keinen Interessenkonflikt per se. – Vincent Kokert, CDU: Warum nicht?)

Da kann man natürlich in Ihrer Denkart auch Interessenkonflikte konstruieren, wenn man das möchte.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, na Sie lehnen das doch jetzt ab!)

Ich habe es bewusst nicht getan, aber ich finde es in tiefem Maße ungerecht, dass die beiden Genannten, und ich will jetzt gar keine weiteren Beispiele nennen, wieder, weil sie im öffentlichen Dienst waren, sofort nahtlos, selbst, wenn sie in dem Bereich tätig waren als Minister, nahtlos wieder zurück auf die Stelle dürfen,

(Vincent Kokert, CDU: Richtig! Genau das ist das richtige Beispiel, ja!)

aber der Unternehmer, der Landwirt oder der Arzt, der Minister war beispielsweise, der kriegt hier ein Berufsverbot auferlegt von Ihnen.

(Vincent Kokert, CDU: Da hat DIE LINKE nicht so viele, deswegen ist das nicht so schlimm. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ich finde, das muss man hier an der Stelle auch mal sagen dürfen, Herr Ritter, und darum geht es am Ende des Tages.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Peter Ritter, DIE LINKE: Jetzt hat die Bundes- regierung Berufsverbote ausgesprochen! Was ist denn das für ein Unsinn?! Die Bundesregierung hat Berufsverbote ausgesprochen!)

So werden wir auch in Zukunft Schwierigkeiten haben, überhaupt noch Leute für Politik zu begeistern, denn sie

werden unter einen Generalverdacht gestellt an der Stelle, und das muss auch mal ganz deutlich hier gesagt werden. Deswegen, glaube ich, brauchen wir da kluge Lösungen und kluge Varianten. Aber mit der Vehemenz, wie Sie das hier vortragen, wird es schwierig werden, überhaupt noch jemanden zu begeistern, ein Regierungsamt anzunehmen,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

denn das kann ich doch keinem Landwirt, keinem Unternehmer …

(Zuruf von Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

Nein, ich kann das doch keinem Unternehmer erklären. Erst soll er sein Unternehmen fünf Jahre nicht führen und anschließend kriegt er noch ein Berufsverbot aufgedrückt. Dann müssten Sie so ehrlich und konsequent sein und sagen, dann soll auch Vater Staat bitte schön den Verdienstausfall übernehmen für die Zeit der Karenz, dann, bitte schön, Fortzahlung der Bezüge oder Ähnliches.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Das wäre die Konsequenz am Ende, weil sonst haben wir wirklich nur noch Beamte, Lehrer und Rechtsanwälte in den Regierungen sitzen.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ich glaube, das tut unserer Demokratie nicht gut. Von daher würde ich mich freuen, wenn wir in der Tat die Debatte an der Stelle wieder auf das Wesentliche runterbrechen. Für uns ist ganz wichtig, dass wir in den Parlamenten und auf den Regierungsbänken wirklich den Querschnitt der Bevölkerung wieder stärker abbilden. Ich glaube, da helfen jetzt keine hitzigen Debatten zu Karenzzeiten.

(Zuruf von Christoph Grimm, AfD)

Deswegen, alles andere hat der Innenminister dankenswerterweise schon gesagt, werden wir Ihren Antrag heute ablehnen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Schulte.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Karenzzeiten, ich glaube, Herr Kollege Ritter hat es eben selbst gesagt, ist, wenn man mal dieses Land in den Fokus nimmt, weniger ein Problem, das sich tatsächlich stellt, sondern in erster Linie eine Frage der Transparenz, des Umgangs, wie man das auch immer nennen will. Auch, und ich glaube, das ist von Herrn Ritter ebenfalls gesagt worden, ist es ein Thema, das möglicherweise im Zusammenhang steht mit, ich will es mal „vertrauensbildende Maßnahmen“ nennen. Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es ist eben auch kein einfaches Thema.

Ich kann an dieser Stelle sagen, dass die Fraktion der SPD für Karenzregelung ist. Aber ich sage hier auch,

was wir nicht möchten. Ich werde versuchen, das gleich in der Folge deutlich zu machen. Was wir nicht möchten, ist eine Regelung, die nur dafür da ist, ein Befriedungsgefühl in der Öffentlichkeit darzustellen, ohne tatsächlich konkreten Regelungsgehalt im Interesse des Landes, aber auch im Interesse der ihre Tätigkeit ausübenden Minister und Staatssekretäre.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich will mal mit einem Beispiel anfangen, um die Schwierigkeiten deutlich zu machen. Ich komme später, Herr Kollege Ritter, auf Ihren Antragstext und auf einige andere Punkte. Ich will mit einem Beispiel anfangen, weil es die Zielstellung dieses Antrages auch ist, dass Ministerinnen/Minister/Staatssekretäre nicht in dem Tätigkeitsbereich tätig werden sollen im Anschluss in der Privatwirtschaft, in dem sie vorher dienstlich tätig waren. Das ist schon schwierig abzugrenzen und das ist sicherlich schwieriger abzugrenzen als im Beamtenrecht, wo ein Beamter für einen konkreten Tätigkeitsbereich zuständig war, weil wenn ich mir alleine den Tätigkeitsbereich des – doch dahinten sitzt er – hier anwesenden Ministers für Wirtschaft und Tourismus anschaue, dann frage ich mich natürlich: Wie grenze ich den Tätigkeitsbereich Wirtschaft ab? Das ist fast alles, was privatwirtschaftliche Tätigkeit umfassen könnte, nur mal als Frage in den Raum gestellt.

Das andere Problem, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, selbst wenn ich diesen Tätigkeitsbereich abgrenzen kann, ist: Ich nehme jetzt mal die Kollegin Drese und den Kollegen Pegel, die beide, bevor sie hier Abgeordnete beziehungsweise Minister wurden, Rechtsanwälte waren, die beide in Sozietäten tätig waren und denen man es sicherlich nicht nehmen möchte, dass sie nach dem Ausscheiden aus ihrem Ministeramt möglicherweise wieder als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt tätig werden wollen.

(Zuruf aus dem Plenum: Richtig!)

Nur dann stellt sich natürlich die Frage: Selbst wenn ich gegenüber Frau Drese ein Tätigkeitsverbot aussprechen wollte – sie ist Mitglied einer Sozietät –, will ich das dann auch gegenüber der Sozietät aussprechen?

(Vincent Kokert, CDU: Ein sehr gutes Beispiel.)

Wie will ich das kontrollieren an der Stelle, weil da gibt es die Verschwiegenheit des Mandates? Sie darf gar nicht anzeigen, welches konkrete Mandat sie tatsächlich ausübt, weil in dem Moment, wo sie das machen würde, würde sie sich strafbar machen. Dann, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, frage ich mich: Wie will man das umsetzen?

Meine Damen und Herren, da bin ich jetzt an dieser Stelle mal ganz ehrlich, dann ist es mir lieber – und die Kritik kam ja heute auch vonseiten der Fraktion DIE LINKE, dass es alles nicht schnell genug gehen würde –, dann ist es mir lieber, dass man diese Fragen in Ruhe auch innerhalb der Landesregierung bespricht und vielleicht am Ende des Tages zu dem Ergebnis kommt, wir sehen keine Lösung dafür. Ich persönlich sehe momentan für das eben angesprochene Problem keine Lösung.

(Vincent Kokert, CDU: So ist es.)