Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 45. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Wir setzen unsere Beratungen vereinbarungsgemäß fort.
Vereinbarungsgemäß rufe ich an dieser Stelle den Zusatztagesordnungspunkt auf: a) Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BMV – Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus und Extremismus entgegentreten, Drucksache 7/2616, in Verbindung mit b) Beratung des Antrages der Fraktion der AfD – Fremdenfeindlichkeit, Deutschenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus und Extremismus entgegentreten, Drucksache 7/2617.
Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BMV Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus und Extremismus entgegentreten – Drucksache 7/2616 –
Antrag der Fraktion der AfD Fremdenfeindlichkeit, Deutschenfeind- lichkeit, Rassismus, Antisemitismus und Extremismus entgegentreten – Drucksache 7/2617 –
Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BMV hat für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Ritter.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Viele Parlamente in dieser Republik befassen sich auf ihren Sitzungen in dieser Woche mit den Ereignissen und Auswirkungen der Vorkommnisse in Chemnitz, so der Deutsche Bundestag, das Berliner Abgeordnetenhaus, der Niedersächsische Landtag, und so ist es auch angebracht und angezeigt, dass unser Landtag nicht einfach so zur Tagesordnung übergeht, sondern, dass wir uns hier klar positionieren.
Ich bitte erst mal darum, dass hier für Ruhe gesorgt wird. Das scheint jetzt offensichtlich der Fall zu sein.
„Die letzten Wochen haben uns vor Augen geführt, dass in Teilen unserer Bevölkerung Verunsicherung wächst und dass sich die Gesellschaft spaltet“, so der Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. „Ausländerfeindlichkeit, Hitler-Grüße, Nazi-Symbole, Angriffe auf jüdische Einrichtungen – für all das“, so Schäuble, „darf es weder Nachsicht noch verständnisvolle Verharmlosung geben. … Die Ereignisse in Chemnitz zwingen uns zu unterscheiden zwischen unentschuldbaren Gewaltexzessen und
Sich dieser Verantwortung stellend haben sich die Fraktionen von SPD, CDU, DIE LINKE und BMV darauf verständigt, dem Landtag einen gemeinsamen Antrag vorzulegen, der sich gegen Fremdenfeindlichkeit, gegen Rassismus, gegen Antisemitismus und gegen Extremismus ausspricht. Mit diesem Antrag sprechen wir den Angehörigen und Freunden der Opfer von Gewaltverbrechen unser Mitgefühl aus.
Mit diesem Antrag sprechen wir uns erneut gegen körperliche und verbale Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung aus.
Mit diesem Antrag sprechen wir uns erneut dafür aus, Demokratie und Toleranz nicht als selbstverständlich herzunehmen, sondern täglich für deren Verteidigung und Stärkung zu sorgen, nicht mehr und nicht weniger. – Danke schön.
Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktion der AfD hat für die Fraktion der AfD der Fraktionsvorsitzende Herr Kramer.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Landsleute! An dieser Stelle sei betont, dass wir diesem Antrag gern beigetreten wären, wären wir vorher gefragt worden, denn auch für uns ist es eine Selbstverständlichkeit, sich jederzeit gegen Rassismus, Antisemitismus, Extremismus jeglicher Couleur, aber auch gegen Deutschenfeindlichkeit auszusprechen.
Ihr Antrag geht uns jedoch nicht weit genug. In Ihrem Antrag fehlt uns die Inländer- oder auch Deutschenfeindlichkeit sowie die Ablehnung von Gewalt durch Sitzblockaden, Gewalt gegen Sachen und die Einschränkung des Demonstrationsrechtes durch den sogenannten zivilen Ungehorsam, denn auch das ist eine Form der Gewalt, die strikt abzulehnen ist.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine verbundene Aussprache mit einer Dauer von bis zu 240 Minuten vorzusehen. Ich sehe und
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich freue mich, dass der interfraktionelle Antrag von SPD, CDU, Linkspartei und BMV zustande gekommen ist – zu einem wichtigen Thema, das ganz Deutschland berührt und das in ganz Deutschland diskutiert wird, in den Familien, in den Vereinen, auf der Arbeit, auf der Straße, in Veranstaltungen. Es ist ein Thema, was die Menschen bewegt und das deshalb auch in unseren Landtag gehört. Gut, dass wir diese Debatte heute führen.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, wir alle spüren es in vielen Gesprächen, in den heftiger werdenden öffentlichen Debatten: Unsere Gesellschaft verändert sich, der Ton ist rauer geworden, die Verunsicherung bei vielen wächst. Es gibt eine tiefergehende Spaltung, gerade die letzten Wochen haben das deutlich gemacht. Die Ereignisse in Chemnitz und Köthen haben die Debatten darüber angeheizt.
Was mir heute zuallererst wichtig ist, ist die Trauer um die Opfer, um die Opfer in Chemnitz und Köthen, die gewaltsam zu Tode gekommen sind. Die Trauer um die Opfer ist verbunden mit unserem tiefen Mitgefühl für die Familien, Freunde und Angehörigen. Das ist das erste und wichtigste Zeichen des Landtages heute.
Es ist für mich völlig klar, die Vorgänge müssen genauestens aufgeklärt werden und die Verantwortlichen, die Täter für den Tod der beiden Männer müssen zur Rechenschaft gezogen werden, müssen bestraft werden. All das hat die Menschen bewegt, das hat Sorgen hervorgerufen, das hat die Menschen betroffen gemacht, das hat auch Wut und Empörung hervorgerufen. Das hat die Menschen auf die Straße gebracht, auch mit berechtigten Anliegen.
Was mir vor dem Hintergrund der Ereignisse in den letzten Wochen generell wichtig ist: Wir müssen Konflikte in unserem Land friedlich lösen, auch oder gerade, wenn es um berechtigte Anliegen geht. Bei allem Verständnis für Trauer oder Wut muss allen klar sein, all das darf niemals Anlass für Hass und Hetze gegen Personen sein, die völlig unbeteiligt an diesen Vorgängen sind.
Niemand von uns, der rechtschaffend lebt, arbeitet und sich in der Gesellschaft engagiert, möchte mit Täterinnen oder Tätern in einen Topf geworfen werden. Keine Mutter möchte mit der Horrormutter, die ihren Jungen zum Missbrauch hergegeben hat, in einen Topf geworfen werden. Kein Familienvater möchte mit Familienvätern, die ihre Kinder missbrauchen, in einen Topf geworfen werden, und niemand von uns möchte, dass, wenn jemand einen anderen mit dem Messer abgestochen hat, in einen Topf mit ihm geworfen werden. Und deshalb ist es nicht richtig, auch wenn die Täter einen Migrationshin
tergrund haben, dass damit alle anderen, die Asyl in unserem Land beantragen oder Migrationshintergrund haben, in einen Topf geworfen werden. Das darf nicht sein!
Es geht auch noch um mehr. Trauer für die Opfer muss würdig erfolgen. Ein Trauermarsch hat nichts damit zu tun, wenn der Hitlergruß durch die Straßen zieht, es ist nicht akzeptabel, jüdische Einrichtungen anzugreifen, und es ist auch nicht akzeptabel, Polizistinnen und Polizisten zu attackieren, die unsere rechtsstaatliche Ordnung und die Versammlungsfreiheit garantieren. Es ist auch nicht akzeptabel, dass Journalistinnen und Journalisten daran gehindert werden, über das zu berichten, was passiert. All das hat nichts mit Trauer zu tun.
Und, meine Herren von der AfD-Fraktion, das kann ich Ihnen nicht ersparen, es ist nicht akzeptabel, mit Rechtsradikalen und Nazis gemeinsame Sache zu machen.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BMV – Dr. Ralph Weber, AfD: Aber mit LINKEN, ja?!)
Es ist nicht akzeptabel, dass Sie das Leid der Familien und der Angehörigen nutzen, um ihre parteipolitischen Spielchen zu spielen.
So haben Sie das in Chemnitz gemacht, so versuchen Sie das an vielen Orten, besonders in Ostdeutschland, und das zeigt Ihr wahres Gesicht, dass Sie immer weniger hinter Ihrer bröckelnden bürgerlichen Fassade verbergen können.
Ich sage ganz klar gemeinsam mit einer großen Mehrheit in unserem Land und in ganz Deutschland: Jede Art von Gewalt, egal, von wem und an wem, müssen wir verurteilen.
Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, Antisemitismus und Extremismus sind mit den Grundlagen unserer Gesellschaft nicht vereinbar.