Protokoll der Sitzung vom 12.12.2018

Ich weiß das aus eigener Erfahrung.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Und, meine Damen und Herren, …

Doch darum geht es!

Meine Damen und Herren, Fahrradfahren ist Kultur und das für alle Generationen und alle sozialen Schichten.

(Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Wer hat das Fahrrad erfunden?)

Unzählige Fahrradveranstaltungen holen regelmäßig Massen an Menschen in unserem Bundesland zusammen, um gemeinsam auf das Rad zu steigen, angefangen bei der VELO CLASSICO bis hin zur Mecklenburger Seen Runde. Beide Veranstaltungen durfte ich mehrmals miterleben. Diese entwickeln sich allmählich vom Radevent zu einer regelrechten Radbewegung, um Jung und Alt auf das Fahrrad zu bekommen sowie das Radfahren verstärkt in das Bewusstsein der Menschen zu bringen.

Ich möchte Ihnen zwei Beispiele nennen: Die Mini-MSR, die kleine Schwester der großen MSR, die speziell Jugendliche anspricht, hat im Jahr 2014 neun Teilnehmer gehabt, im Jahr 2018 waren es 300 Kinder, die mit dem Rad unterwegs gewesen sind. In diesem Jahr ist ein Team von 19 Schülern der Niels-Stensen-Schule aus Schwerin inklusive des Klassenlehrers dabei, für die nächste MSR im Jahr 2019 zu trainieren. Dabei holen sie

sich Trainingstipps von Stefan Nimke – ich glaube, der junge Mann ist jedem bekannt –, und sie arbeiten eng mit der AOK zusammen, die diese Aktion unterstützt. Und nur mal so: Die MSR ist 300 Kilometer lang und wird in der Regel in einem Stück an einem Tag gefahren.

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Ich möchte auch mal die SPD-Fraktion lobend erwähnen, der Herr Butzki sprach mich vorhin darauf an: Auch wir sind im Sommer unterwegs gewesen, eine Woche lang, um von Rostock in die Mecklenburger Seenplatte mit dem Rad unterwegs zu sein, um uns die Verhältnisse vor Ort direkt anzugucken

(Andreas Butzki, SPD: M-V erfahren.)

und uns ein Bild zu machen unter dem Motto „M-V steigt auf“. Wir haben unsere Erfahrungen gesammelt – positive wie auch die weniger guten.

(allgemeine Unruhe – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Meine …

Meine sehr verehrten Damen und Herren, …

Einen Moment! Einen Moment, Herr Brade!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte doch, mit ein bisschen mehr Ernsthaftigkeit bei der Sache zu sein. Zwischenrufe sind erlaubt, aber ich finde, das geht jetzt doch ein bisschen zu weit. Ich hoffe, dass Sie jetzt den Redner entsprechend auch hier seine Rede vortragen lassen.

Bitte schön, Herr Brade.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Fahrradfahren ist ein relevanter Wirtschaftsfaktor im Tourismus und im Alltag. Radfahren stärkt den lokalen Einzelhandel und das Gewerbe, denn Radfahrer kaufen zwar weniger, dafür aber häufiger ein, halten schnell mal an und sind in der Regel auch zahlungskräftig. Ich gebe Ihnen mal ein sonniges Beispiel: So war am Wochenende im „Mallorca Magazin“ zu lesen unter der Überschrift „Ansturm der Radler – Der Radtourismus auf Mallorca boomt weiter!“, es werden in 2019 circa 250 Radurlauber auf der Insel erwartet.

(Andreas Butzki, SPD: 250.000)

Rund 200 Hotels auf der Insel haben sich darauf eingestellt und investieren in Radkeller und Werkstätten. Der durchschnittliche Radfahrer gibt circa 160 Euro am Tag aus, das Gesamtvolumen wird laut Insider auf circa 300 Millionen Euro geschätzt.

(Karsten Kolbe, DIE LINKE: Auf Mallorca oder bei uns hier?)

Positiv wird bewertet, dass 80 Prozent der Radler in der Nebensaison kommen. Nun, Mecklenburg-Vorpommern ist nicht Malle,

(Patrick Dahlemann, SPD: Besser! Schöner! Viel schöner! – Andreas Butzki, SPD: Besser!)

aber da halte ich es mal mit Goethe: „Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so na!“. Auf nicht ganz so hohe Zahlen kommen wir laut Tourismusverband in Mecklenburg-Vorpommern. So gibt der Radtourist bei uns im Land in der Regel 67 Euro am Tag aus, und die Zahl der Radler ist bei Weitem auch noch nicht so hoch. Aber gerade hier erkennt jeder das Potenzial unseres Heimatlandes.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Fahrradmobilität ist aber weitaus mehr, Fahrradmobilität verändert. So passen auf einen Pkw-Parkplatz bis zu zehn Fahrräder, was wiederum Potenzial für vielfach mehr Umsatz bedeutet. Fahrradfreundliche Innenstädte, Quartiere, Gemeinden sind häufig attraktive Orte mit hoher Aufenthaltsqualität. Das ist gut für Restaurants, das ist gut für Cafés und das ist gut für den Einzelhandel. Fahrradfahren ist ein Faktor für hohe Lebensqualität, es ist attraktiv für Touristen und es ist attraktiv für qualifizierte Arbeitskräfte.

Städte wie Groningen nutzen ihre Fahrradfreundlichkeit als Standortfaktor für ihr Stadt- und Wirtschaftsmagazin beim Wettbewerb um Unternehmen. Burkhardt Storck, Bundesgeschäftsführer des ADFC, sagte beim Parlamentarischen Abend des ADFC und AGFK, es gibt keine Studie weltweit, wo die Umsätze im Einzelhandel gesunken sind, nachdem ein fahrradfreundlicher Umbau der Urbanisation stattgefunden hat. Fuß- und Radtouristen bringen Geld auch in kleinere Gemeinden. Das ist ein Potenzial gerade für das Binnenland, für kleine Läden, Pensionen, Restaurants und auch den Imbiss um die Ecke.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, guter Radverkehr ist ein wichtiges Zukunftsthema für Mecklenburg-Vorpommern. Es geht um lebenswerte, gesunde und aktive Städte und Gemeinden. Das ist gut für die Wirtschaft, denn das ist attraktiv für Touristen und qualifizierte Arbeitskräfte. Und, meine sehr verehrten Kollegen, nur durch eine einladende Infrastruktur erreichen wir eine echte Wahlfreiheit beim Verkehrsmittel sowie die Gleichberechtigung der Verkehrsmittel.

(Horst Förster, AfD: Jetzt kommen wir zum Thema.)

Die Infrastruktur für das Rad in Deutschland und speziell in unserem Bundesland ist häufig lückenhaft oder wird als unsicher empfunden. Jedes Kind weiß, wie eine Autobahn aussieht, für einen Radweg sieht es da leider anders aus. Eine Autobahn endet auch nicht auf dem Feldweg oder verändert alle 500 Meter ihr Aussehen so wie mancher Radweg hierzulande.

Das Fahrrad wurde jahrzehntelang vernachlässigt. Die bisherige Flächenverteilung ist unverhältnismäßig stark für das Auto geprägt. Um Menschen aufs Rad zu locken, braucht es eine einladende, sichere und gute Infrastruktur für das Rad,

(Zuruf von Dirk Lerche, AfD)

um so auf den Straßen wieder Platz zu schaffen für die Menschen, die wirklich aufs Auto angewiesen sind. Das

Bewusstsein bei allen Verkehrsteilnehmern muss sich ändern. So kommt eine aktuelle Studie zu krassen Ergebnissen: 50 Prozent aller Autos überholen Radfahrer mit weniger Abstand als vorgeschrieben, nämlich 1,50 Meter, und 20 Prozent sogar gefährlich nah. Im Klartext heißt das, als Radfahrer wird man vom Außenspiegel des Autos fast gestreift.

Fazit, es ist sehr real, dass sich viele Radfahrer unsicher fühlen und es ist sehr nachvollziehbar, warum viele Menschen nicht Rad fahren, weil sie nämlich Angst haben und sich nicht trauen. Umso trauriger ist es, wenn ich lese: „Alle 22 Stunden stirbt ein Radfahrer, alle 36 Minuten wird einer schwer verletzt.“ Das ist der Auszug aus der FAZ vom 17.06.2018, und wie wir Radsportler es am Pfingstsonntag in diesem Jahr selbst erleben mussten, als einer von uns an der Kreuzung B 103/B 192 von einem Lkw erfasst wurde und tödlich verunglückte.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, letztlich ist Fahrradfahren nur ein Gefühl, ein Körpergefühl, ein Gemeinschaftsgefühl, ein Selbstwertgefühl. Kinder erfahren schon früh, was es heißt, wenn sie alleine auf dem Fahrrad unterwegs sind, wenn sie eigenständig und selbstbestimmt Mobilität erfahren, wenn sie körperlich aktiv an der frischen Luft unterwegs sind, die Umgebung auf dem Fahrrad erkunden und einfach fit bleiben, ob alleine oder in der Gemeinschaft, denn Fahrradfahren ist ein Lebensgefühl. Deshalb freue ich mich, dass wir hier und heute dieses wichtige Thema ernst nehmen und eine vernünftige Radverkehrsförderung in Mecklenburg-Vorpommern touristisch als auch alltagstauglich gewährleisten werden. Lassen Sie uns dafür die nötigen Voraussetzungen im Land schaffen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Reuken.

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Im April letzten Jahres behandelten wir hier im Plenum auf Antrag der Linksfraktion das Thema „Radverkehr stärken – Gesamtnetz Radverkehr entwickeln“. Zum Antrag der LINKEN sprach unter anderem auch Herr Pegel als zuständiger Landesminister. Und man muss es Ihnen lassen, Herr Pegel, Sie haben versprochen, bis 2021 in der Mittelfristigen Finanzplanung 15 Millionen Euro für das Lückenschlussprogramm bereitzustellen. Ein Drittel davon ist jetzt in dem Landeshaushalt 2019. Das müssen wir an dieser Stelle auch einfach mal anerkennen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das ist ein guter Anfang auf dem Weg zum Radfahrland. Leider zeichnet die Presse oftmals ein anderes Bild. Die SVZ titelte: „Loch an Loch: Pflege der Radwege mangelhaft“, und das, obwohl die Regierungskoalition uns im April begeistert erzählt hat, wie viele Projekte von Neubauten von Radwegen an Bundes- und Landesstraßen derzeit betrieben werden. Nun ist die Frage: Was hilft es, wenn in der gleichen Zeit das Gebaute schon wieder zu Bruch geht mangels Pflege? Ketzerisch könnte man sagen, für jeden gebauten Kilometer ist ein anderer unbrauchbar, ein Nullsummenspiel, Kilometerbestand erhalten, mehr aber auch nicht.

(Andreas Butzki, SPD: Es gibt aber auch andere Träger von Radwegen, das wissen Sie auch, ne?!)

Sehr geehrte Damen und Herren, zweifelsohne tut das Land viel für den Radwegebau, hat es in der Vergangenheit und wird es sicher in der Zukunft. Auch im ländlichen Raum ist das Fahrrad ein wichtiges Verkehrsmittel, um von A nach B zu kommen. Herr Brade hat es hier angesprochen. Auch im Sport hat das Fahrrad mehr und mehr eine wachsende Bedeutung, im Breitensport wie in der Eliteförderung, und gerade Mecklenburg-Vorpommern kann sich durchaus auf die Fahne schreiben, erfolgreiche Radprofis hervorgebracht zu haben. Wie ein Rennen zwischen Herrn Brade und Herrn Borschke ausgehen würde, das vermag ich hier nicht zu entscheiden.

(Heiterkeit vonseiten

der Fraktionen der SPD, AfD

und Ralf Borschke, Freie Wähler/BMV

Ob Herr Brade eher der Sprinter ist oder ob der Kugelblitz hier das Rennen macht, das weiß ich nicht so genau.

(allgemeine Heiterkeit – Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und AfD – Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)