Protokoll der Sitzung vom 23.01.2019

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Torsten Renz, CDU)

Mecklenburg-Vorpommern ist ein Land im Herzen von Europa. Wir feiern dieses Jahr 30 Jahre friedliche Revolution. Diese friedliche Revolution war möglich, weil viele mutige Bürgerinnen und Bürger auf die Straße gegangen sind, aber auch, weil wir Unterstützung hatten, politische Unterstützung von Partnerinnen und Partnern und eben gerade auch von Europa. Deshalb ist es unser Anliegen als Land, dass wir weiter mit unseren Nachbarn in guter Partnerschaft leben, dass wir weiter alles dafür tun, dass es ein starkes und demokratisches Europa gibt.

Dazu gehört ebenso berechtigte Kritik, weil es natürlich viele Dinge gibt, die dazu beitragen, dass man sich fragt: Wozu ist eigentlich Europa da? Was haben wir von diesem Europa? Aber wir sehen gerade an der Diskussion im Brexit, dass es nichts bringt, dass man populistisch alle Probleme, die man hat, einfach schön auf Europa schiebt und damit eine Stimmung anheizt,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Diese Stimmung haben Sie selbst verursacht!)

die dazu führt, dass ein Land in ein Chaos gestürzt wird, dass ein Land nicht weiß, wie es weitergeht, dass vor allem die jungen Menschen dort nicht wissen, wie es weitergeht für sie und die nächsten Generationen. Das zeigt, dass es nicht richtig ist, populistischen Stimmen hinterherzurennen, sondern dass es wichtig ist, sich mit Problemen sachlich und fair auseinanderzusetzen. Dieser Populismus in Großbritannien hat dazu geführt, dass dieses Land zurzeit in einem Chaos ist. Diejenigen, die es angestiftet haben, sind schon längst nicht mehr da, andere müssen es jetzt richten. Das zeigt, es lohnt sich nicht, Populisten und Nationalisten hinterherzurennen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Wir in Mecklenburg-Vorpommern haben der Europäischen Union viel zu verdanken. Seit 1991 sind 10 Milliarden Euro aus den europäischen Fonds in unser Land geflossen und wir haben damit viel bewegt.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Die haben wir ja vorher eingezahlt! – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Über 90 Prozent der Bürgerinnen und Bürger sagen, sie leben gern in unserem Land. Das hat auch damit zu tun, dass unser Land sich gut entwickelt hat. Dabei haben wir viel Unterstützung bekommen, vor allem bei gut ausgebauter Infrastruktur, in Hochschulen und Forschungseinrichtungen, bei zukunftsfähigen Arbeitsplätzen in modernen Wirtschaftszweigen. Viele Arbeitsplätze in Mecklenburg-Vorpommern hängen davon ab, dass wir exportieren können, dass es einfacher ist, in der Europäischen Union eine gemeinsame Wirtschaft voranzubringen. Auch das ist wichtig zu wissen.

Im sozialen Bereich, zum Beispiel im Bereich der Schul- und Jugendsozialarbeit, bekommen wir Unterstützung aus der Europäischen Union.

Vor allem haben wir eine positive Entwicklung im ländlichen Raum der Europäischen Union zu verdanken. Wir haben mit vielen europäischen Mitteln die Möglichkeit gehabt, den ländlichen Raum, insbesondere die Landwirtschaft, zu unterstützen.

An dieser Stelle will ich ganz deutlich sagen: Es gibt immer wieder die Diskussion in Deutschland um die Subventionierung der Landwirtschaft. Da wird so getan, als ob es eine Branche wäre, die könnte alleine klarkommen, wozu braucht die eigentlich europäische Mittel. Da will ich hier eins sagen. Lebensmittel zu haben, Lebensmittel, die gut sind und bezahlbar, ist Grundvoraussetzung für das Leben von Menschen. Das ist Daseinsvorsorge. Deswegen haben unsere Landwirte hier eine besondere Aufgabe und sind nicht einfach frei am Markt und können Preise nehmen, egal, ob die Leute sie bezahlen können oder nicht. Deshalb ist es wichtig, die Landwirtschaft zu unterstützen. Unsere Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern sorgen dafür, dass gesunde und gute Lebensmittel jeden Tag auf dem Tisch sind, dass sie bezahlbar bleiben, und sie sorgen für den sozialen Zusammenhalt in unseren Dörfern. Deshalb ist es richtig, dass wir Landwirte subventionieren, und das wollen wir auch weiterhin tun.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV)

Im Fokus steht für uns als Landesregierung, wie es weitergeht mit dieser finanziellen Unterstützung aus der Europäischen Union. Deshalb waren wir als Landesregierung in Brüssel – ich habe hier schon im Parlament darüber berichtet – und haben viele hochrangige Gespräche geführt mit Kommissionspräsident Juncker, aber zum Beispiel auch mit dem Kommissar für Landwirtschaft und Fischerei und mit vielen anderen mehr. Wenn man so eine Reise macht als Landesregierung, dann gibt es immer die Möglichkeit, es sich einfach zu machen, ein bisschen populistisch zu sagen, jetzt machen die da einen Klassenausflug. Und da habe ich mich sehr gefreut, dass nicht alle dabei mitgemacht haben. Das will ich hier mal ausdrücklich sagen, das ist nicht selbstverständlich im politischen Alltag. Da geht es auch

schnell: gut – böse, schwarz – weiß. Wir hatten die Unterstützung von unseren Regierungsfraktionen, aber, das will ich sagen, Herr Kolbe, Abgeordneter der Linksfraktion, ich fand es sehr fair, dass Sie da nicht mitgemacht haben, sondern gesagt haben, es wird Zeit, dass die Landesregierung dort hinfliegt, sich sehen lässt und Gespräche führt. Das fand ich gut, weil hier geht es um eine …

(Karsten Kolbe, DIE LINKE: So sind wir. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Na ja, Herr Ritter, ganz so ist es nicht. Jetzt rede ich speziell über diesen Punkt, aber ich will dann auch mal sagen, dass ich es gut finde, wenn wir bei dem Thema „Stärkere Unterstützung von der Europäischen Union“ Unterstützung aus den Regierungsfraktionen haben und ebenso ein faires Handeln aus der Opposition. Vielen Dank für die Fairness.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Torsten Renz, CDU)

Ich glaube, darum muss es gehen, dass wir Demokraten mit vereinten Kräften dafür sorgen, dass die Bürgerinnen und Bürger auch sehen, was die Europäische Union für uns bringt. Ich würde mir im öffentlichen Raum sowie in der öffentlichen und medialen Diskussion ebenfalls wünschen, dass das noch deutlicher wird. Dazu trägt die Aktuelle Stunde bei.

Es geht aber nicht nur um Geld aus Europa für Europa. Es geht vor allem darum, dass die Idee der Europäischen Union das größte Friedens- und Demokratieprojekt aller Zeiten ist. Meine Generation ist ganz selbstverständlich damit aufgewachsen, dass wir, dass unsere Kinder in Frieden und Freiheit leben. Das wünschen wir uns auch für die nächsten Generationen. Deshalb ist es wichtig, dass Europa stabil bleibt und dass wir alles dafür tun, dass die Kräfte, die diese Stabilität nicht wollen, die davon profitieren, dass es Krisen gibt, die den Zusammenhalt gefährden, nicht stärker werden. Ich sage ganz klar: Europa ist die Lösung und nicht das Problem für ein gutes Zusammenleben auf diesem Kontinent.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Und ja, Europa wird auch aktuell im Zusammenhang mit Krisen wahrgenommen. Die Finanzkrise, die Griechenland-Krise, die Flüchtlingsfrage, die RusslandSanktionen, ganz aktuell der Brexit, all das sind Bewährungsproben. Wichtig ist, dass wir zu einem gemeinsamen Weg zurückfinden, uns darauf besinnen, was uns stark macht, und nicht so sehr, was die Staaten voneinander trennt. Wir brauchen den Weg der europäischen Integration. Europa ist die größte Chance, die wir alle haben.

Viel von dem, was wir erreicht haben, haben wir geschafft, weil die Staaten sich aufeinander zubewegt haben und nicht, weil wir einen egoistischen nationalistischen Weg gegangen sind, sondern weil wir uns als Teil von Europa verstehen. Frieden, Freiheit, Wohlstand und guter Zusammenhalt, das ist Europa für uns, das ist uns wichtig. Mecklenburg-Vorpommern ist eine Region mitten in diesem Europa.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das heißt für uns ganz konkret, eine gute Nachbarschaft zu pflegen zu unseren Partnern in Europa. Dazu gehört natürlich als allererstes unser Nachbar Polen, aber auch die guten regionalen Kontakte in den Ostseeraum, Schweden, Dänemark, Finnland, ins Baltikum.

Ich war sehr beeindruckt, als ich mit unserem Staatssekretär für Vorpommern Patrick Dahlemann und dem Marschall Geblewicz aus der Partnerregion in Polen unterwegs war auf unserem Polentag in der UeckerRandow-Region. Wir haben uns verabredet, dass wir diesen Polentag zweimal im Jahr machen und dass wir vor allem vor Ort an der Grenze sein wollen, uns die Projekte anschauen wollen, wo längst Wirtschaft, Bürgerinnen und Bürger, Schülerinnen und Schüler diese Nachbarschaft im vereinigten Europa leben. Kunst und Kultur, Theater Vorpommern, viele stellen Projekte auf die Beine. Es gibt enge Kontakte zwischen den Schülern. Kinder links und rechts der Grenze lernen längst die Sprache der Nachbarn. Immer mehr Menschen begegnen sich, interessieren sich für einander. Davon lebt Europa. Europa kann nicht von oben verordnet werden, Europa lebt von dem Austausch. Deswegen ist uns der Jugendaustausch so wichtig. Die jungen Menschen sollen auch die Werte widerspiegeln, für die Europa steht.

Aber die Zusammenarbeit hört nicht an der russischen Grenze auf. Russland ist ein Teil von Europa, wenn auch nicht von der Europäischen Union. Deshalb wünsche ich mir – und damit transportiere ich den Wunsch der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land –, dass die Europäische Union wieder einen besseren Kontakt zu Russland pflegt. Wir selbst leisten unseren Beitrag dazu mit einer vertrauensvollen Partnerschaft mit dem Leningrader Gebiet. Das hat unser Russlandtag gezeigt, das zeigt der Austausch in Wissenschaft, Kultur und Sport. Ich möchte mich bedanken für den großen Rückhalt, den es gibt hier im Parlament, aber vor allem bei den Bürgerinnen und Bürgern, denn es ist nicht unumstritten. Ich bin fest davon überzeugt, dass es gerade in schwierigen Zeiten wichtig ist, im Dialog zu bleiben, im guten Dialog mit Russland, und das werden wir auch weiterhin tun.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Ich unterstütze ausdrücklich unseren Fraktionsvorsitzenden der SPD-Fraktion Thomas Krüger bei seiner Kritik am amerikanischen Verhalten zur Nord Stream 2. Die Amerikaner haben eigene wirtschaftliche Interessen. Das steht ihnen zu. Aber es steht ihnen nicht zu, uns Bedingungen zu machen, zu denen wir wirtschaftliche Kontakte pflegen.

An dieser Stelle möchte ich sagen, dass die Gaspipeline wichtig ist, nicht nur für Mecklenburg-Vorpommern, weil dadurch hier Arbeitsplätze entstehen, sondern für ganz Deutschland. Wir brauchen eine gute und umweltfreundliche Energieversorgung. Dazu trägt die Gaspipeline bei und deswegen halten wir an Nord Stream 2 fest – gegen jede Kritik.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Christiane Berg, CDU)

Sehr geehrte Abgeordnete, in diesem Sinne wünsche ich mir, dass wir alle dazu beitragen, dass wir gerade in diesem Jahr, in dem Europa-Jahr deutlich machen, wie wichtig das europäische Friedensprojekt ist. Es gibt viel

zu kritisieren, so wie immer, wenn Menschen zusammenleben, wenn Nationalstaaten gemeinsame Wege finden. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass wir den Weg der Gemeinsamkeit brauchen, den Weg der Zuversicht und den Weg der klaren Werte von Frieden, Freiheit und Wohlstand. Angstmache, Pessimismus schüren und alle Probleme, die es gibt, die man eigentlich auch hier vor Ort lösen kann, nur nach Europa zu schieben, das ist zu einfach, das spaltet ein Land und das bringt ein Land, so, wie wir es in Großbritannien sehen können, in große Schwierigkeiten. Wir wollen, dass Mecklenburg-Vorpommern im Herzen Europas weiter verankert wird und dass die Europäische Union wieder den Weg weitergeht zu mehr Frieden, Freiheit und vor allem Wohlstand. Das ist unsere Aufgabe. Unseren Beitrag werden wir dazu leisten. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerpräsidentin.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Grimm.

Guten Morgen, Frau Präsidentin! Guten Morgen, meine Damen und Herren! Guten Morgen, liebe Gäste! „Mit europäischer Zusammenarbeit, Frieden und Wohlstand sichern“, das ist zunächst einmal ein sehr schöner Satz, ein programmatisches Ziel, fast wie aus einem Hochglanzprospekt. Wer wollte sich dem verweigern?

Frieden und Wohlstand, das will auch die Alternative für Deutschland. Europäische Zusammenarbeit ist auch nach unseren Vorstellungen zum Erreichen dieser Ziele sicher wünschenswert.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Warum aber diese Aktuelle Stunde? Sind Frieden und Wohlstand etwa in Gefahr und müssen deshalb gesichert werden? Ich fürchte, ja, und verantwortlich sind die Altparteien.

(Unruhe vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Heiterkeit bei Christian Brade, SPD, und Ministerin Birgit Hesse)

Wenn Sie nur endlich eine dem geltenden Recht folgende, ehrliche, demokratische, an den Bedürfnissen der Menschen orientierte Europapolitik praktizieren würden, dann gäbe es heute keine Sorgen um Frieden und Wohlstand.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Die Verträge von Dublin und Maastricht, die Versprechungen zur Unabhängigkeit der EZB, zur Stabilität des Euro,

(Thomas Krüger, SPD: Ist er denn nicht stabil?)

zur Subsidiarität und zu einem demokratischen Europa – sie gehören endlich eingehalten und eingelöst. Von Resettlement und Relocation, Multikulti, Dekarbonisierung, TARGET2, Nullzins, Bankenunion und Europäi

schem Einlagensicherungsfonds dagegen heißt es ebenso Abschied zu nehmen wie von der degressiven Disproportionalität.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Aber anstatt dies zu tun und damit aus den Zeichen der Zeit endlich zu lernen, machen die Eurokraten nur alles viel schlimmer, indem sie verfestigen und intensivieren, was sich längst als falsch erwiesen hat.

Frieden und Wohlstand aber, diese beiden, sie rücken dadurch in immer größere Ferne. Der Brexit, meine Damen und Herren, war kein Unfall. Er bleibt Ausdruck des Strebens der Briten nach Freiheit ohne die Bevormundung aus Brüssel,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Heiterkeit bei Tilo Gundlack, SPD: Was erzählen Sie denn für einen Quatsch?!)