Protokoll der Sitzung vom 11.04.2019

einlaufen, mit Strom vom Land versorgt, damit diese ihre großen Diesel, die nicht sehr sauber sind, abschalten können. Da hat man dann festgestellt, der Landstrom mit EEG-Umlage, das wird ganz schön teuer, da lohnt sich das für den Kapitän des Kreuzfahrtschiffes eher, die Diesel weiterlaufen zu lassen, denn das Geld für diesen teuren Landstrom hat er nicht oder will es nicht ausgeben. Da ist natürlich gleich als Erstes wieder so eine regulierende Maßnahme ins Feld geführt worden: Wir machen den Landstrom EEG-umlagesteuerbefreit. Aber jetzt stellen Sie sich das bitte mal bildlich vor! Also wohlsituierte Kreuzfahrtgäste sitzen auf einem hell beleuchteten Schiff und gehen in die Sauna, und das Geld für den Strom wird subventioniert durch den

(Jens-Holger Schneider, AfD: Hartz-IV-Empfänger.)

Hartz-IV-Empfänger oder die alte Omi mit ihrer Rente aus Wismar. Also ich finde, ein besseres Beispiel kann man kaum finden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Und wenn jetzt noch mal in das Programm der CDU/CSU geschaut wird, ich hatte es schon erwähnt, dann sehen wir da, Sie planen ja auch noch neue Steuerlasten. Damit CO2 weiter eingespart wird, soll es also teurer werden. Ich sage Ihnen, nein, das machen wir nicht mit. Die Steuerlast durchschnittlich in der EU beträgt 35,9 Prozent, in Deutschland sind wir schon bei 49,7. Wenn das so weitergeht, hängen wir die Belgier ab oder haben sie vielleicht sogar schon abgehängt. Das muss nicht sein. Vor uns steht der demografische Wandel, vor uns steht eine immer größer werdende Altersarmut. Man muss auch unbedingt an die soziale Verträglichkeit der Energiewende denken.

Und wenn es um das Einsparen von CO2 weltweit geht, dann zeigt sich, dass die ganze Klimaentwicklung, wovon Sie ja ausgehen, Herr Krüger …

(Thomas Krüger, SPD: In der Tat, mache ich.)

Ich ja nicht, aber ich will Sie nicht wieder langweilen mit meiner Position. Es macht wenig Sinn, die ganze Energiewende ist quasi sinnbefreit, wenn wir darauf schauen, dass China 27 Prozent, die USA 19 Prozent der CO2Emissionen zu verantworten haben,

(Thomas Krüger, SPD: Die EU ist der drittgrößte Emittent.)

Indien, Russland, Japan folgen auch, Deutschland ist nur mit 2 Prozent dabei. Und wir bekamen ja von Herrn da Cunha, den ich jetzt leider nicht sehe, dessen Idealismus ich sehr schätze …

(Ralf Mucha, SPD: Der ist hinter Ihnen.)

Oh Pardon!

Ja, aber Herr da Cunha, kommen Sie erst mal in mein Alter, dann merken Sie, dass Realismus auch eine Tugend sein kann.

(Thomas Krüger, SPD: Ach, dürfen junge Leute nichts sagen dazu? Alles klar!)

Also die ganze EU, das war ja sein Einwand, ich habe es noch mal angeschaut und selbst für mich ausgerechnet, trägt etwa mit 7 Prozent bei zum Welt-CO2-Ausstoß.

(Thomas Krüger, SPD: Drittgrößter Emittent.)

Ja, Herrgott, also wenn wir alles abdrehen, handelt es sich um wenige Hundertstel Grad, die wir dann einsparen bei der Erderwärmung, und Sie wollen an 1,5 Grad, daran denken Sie. Das geht ja nun wirklich überhaupt nicht mit solchen Mengen, über die wir hier verfügen, wenn wir den Gürtel noch enger schnallen.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Ich kann nur sagen – und jetzt kommt mein Vorschlag, Sie fragen ja immer, wo unser Konzept ist –,

(Thomas Krüger, SPD: Wo ist Ihres?)

mein Vorschlag wäre, dass wir CO2-Zertikate einführen, die global gehandelt werden. Dann sehen Sie nämlich sehr schnell, wo auch der Chinese noch mitmacht und wo er die Schotten vielleicht dichtmacht. CO2-Zertifikate, global gehandelt, sind eine, wie ich finde, sehr gute und angemessene Lösung.

Die rote Lampe kommt.

(Andreas Butzki, SPD: Na, Gott sei Dank!)

Ich möchte Sie bitten, darüber nachzudenken, und stimmen Sie bitte für unseren Antrag. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 150 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort hat gebeten für die Landesregierung der Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung Herr Pegel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den Antrag einzuordnen, ist nicht ganz einfach, weil er nur nebulös lesen lässt, was er eigentlich genau erfassen möchte.

(Horst Förster, AfD: Zwei Punkte hat er gesagt.)

Nein, die zwei Punkte lassen sich eben nicht so leicht finden. Wenn ich sage, ich nehme ein Papier in Bezug, dann wäre es eigentlich immer gut zu sagen, welchen Spiegelstrich ich meine. Das, was Sie hier angeben, lässt überhaupt keinen nachvollziehbaren Bezug zum Ursprungsantrag zu, obwohl ich mich zunächst gefreut habe. Ich will Ihnen auch deutlich sagen, des Antrages bedurfte es gar nicht, wir sind schon im Februar in den entsprechenden Ausschuss des Bundesrates gegangen und haben mit unserem Fachvotum gesagt, wir unterstützen gern. Kleiner Haken, die Mehrheit der Bundesländer hat den Antrag zunächst auf Eis gelegt, sie hat ihn nicht abgelehnt und nicht zugestimmt, sondern ihn einfach auf Eis gelegt und gesagt, darüber beraten wir im anderen Kontext mit anderen Anträgen, die auch noch

kommen sollen, weiter. Aber unsere Position wäre, dem komplett zuzustimmen. Und ich freue mich im Übrigen, wenn wir den Antrag gemeinsam teilen würden.

Ich habe allerdings ein bisschen geschmunzelt, denn der Antrag stammt aus der Feder des grünen Kollegen in Schleswig-Holstein.

(Marc Reinhardt, CDU: Oje!)

Den Kollegen Albrecht schätze ich an vielen Stellen sehr, vor allem für seinen großen Enthusiasmus. Als ich das jetzt las, habe ich gesagt, okay, heute Morgen konnten Sie gar nicht zustimmen, ich wollte ja bloß so einen halben Schritt machen. Die Idee dieser 100 Testgebiete ist ja zu sagen, weil ich befürchte, dass die große ganze Abgabenreform nicht so schnell bundespolitisch kommt, würde ich gern einen Kompromiss machen und zunächst mit 100 Modellprojekten wenigstens mal anfangen mit Sektorenkopplung.

Das, was der Kollege Albrecht möchte, ist der große Abgabenwurf. Er will den fairen Wettbewerb der Technologien auch über die Sektorengrenzen hinaus ermöglichen. Dieser Antrag will das gesamte Abgabenrecht für alle drei, zu großen Sektoren koppelnden Bereiche – Stromerzeugung, Wärmeerzeugung, gesamte Mobilität – auf einheitliche Abgabensysteme zurückführen. Das ist die Idee dahinter.

(Marc Reinhardt, CDU: Dann macht das doch!)

Er will, dass für Strom, der der Sektorenkopplung zufällt – im Übrigen das, was wir heute Morgen mit den 100 Testgebieten wenigstens für einzelne Projekte ermöglichen wollen –, dass für solche sektorengekoppelten Gase, die dabei erzeugt werden, Wasserstoff oder Ähnliches, dass für diesen Strom eine angemessene Reduzierung, also für Strom, den ich brauche, um Wasserstoff zu erzeugen zum Beispiel, bis hin zur Befreiung von der EEG-Umlage und der Stromsteuer erfolgt. Das ist ein wesentlicher Teil seines Antrages. Er fordert eine ganz ausdrückliche CO2-Bepreisung zeitnah als einen der wichtigsten Systeminhalte seiner sektorenübergreifenden Besteuerung und Abgabensystematik in Deutschland und sagt dann in der Tat, Ziel müsse langfristig sein, das in den G18 gemeinsam zu tun, aber ganz klar ein CO2Bepreisungssystem in Deutschland einzuführen.

Wenn Sie dann mit Ihrem zweiten Spiegelstrich offenbar die Ziffer 6 des Antrages aufgreifen, das Umlagen- und Abgabensystem so zu ändern, dass die Bürger zumindest finanziell nicht weiter belastet werden, dann hat er eine Nuance anders formuliert, eine Nuance anders. Er sagt, dass die Verbraucher in ihrer Gesamtheit nicht höher belastet werden als bislang, und dann, fürchte ich, sind Sie diametral von ihm weg, weil Sie sagen, ich will, jeder Einzelverbraucher soll wie bisher auch fleißig – ich darf das sagen – seine Dieselröhre weiterfahren dürfen. Auch dieser Christian Pegel darf künftig bei einem alle Sektoren übergreifenden Bepreisungssystem, so habe ich Sie immer verstanden, nicht schlechter behandelt werden als bislang. Das sagt der grüne Kollege nicht. Der sagt nur, die Summe all dieser Abgaben soll keine Einnahmeverluste des Staates ergeben. Die Summe all dieser Abgaben soll nicht schlechter sein und soll die Verbraucher insgesamt nicht höher belasten als bislang. Aber der mit der Solaranlage auf dem Dach darf indivi

duell durchaus deutlich besser behandelt werden als der ohne Solaranlage auf dem Dach, Hauptsache, die Summe der Belastungen der Verbraucher bleibt auf gleichem Niveau.

Das geht, glaube ich, einen Hauch an Ihrem hier gemachten schriftlichen Vorschlag vorbei und läuft Ihren bisherigen Vorträgen heute Morgen und eben gerade diametral entgegen, CO2-Bepreisungen in allen Sektoren verfassungs- und europagerechtskonform umzusetzen in Deutschland und die dafür erforderlichen Rechtsänderungen anzugehen, bis hin zu zuschaltbaren Lasten, die er fordert, und ähnliche Dinge. Dieser Antrag ist wirklich Sektorenkopplung und Abgabensystemveränderung pur. Wenn Sie den unterstützen, freut mich das. Das wäre aber eine wirkliche komplette Kehrtwendung zu allem, was Sie bisher in diesem Bereich vertreten haben, zumal der Kollege Albrecht damit beschleunigen will, dass eine Energiewende in Deutschland geschieht, und nicht verlangsamen oder abändern.

Wenn Sie das also zur Grundlage machen, noch mal: Wir haben als Bundesland unsere Zustimmung signalisiert, sind aber zum Zustimmen gar nicht gekommen, weil dieser Antrag zunächst auf eine längere Bewerberbank gelegt wurde. Solche Dinge gibt es in den Bundesratsausschüssen, dass man nicht zur Sache sofort verhandelt, sondern Stand-by legt und dann wieder aktiviert. Wir würden beim Aktivieren auch Ihrem Wunsch folgend gern zustimmen. Noch mal: Ich glaube allerdings, dass das an Ihren bisherigen politischen Auffassungen wirklich weit vorbeigeht.

Meine Damen und Herren, wir haben also schon unterstützt, wir werden unterstützen, die Aufforderung bräuchten wir nicht. Wir würden allerdings den Antrag in Gänze unterstützen, weil er nämlich in den Grundzügen eine sehr deutlich andere Energiepolitik möchte als die, die Sie bisher hier vorgetragen haben.

Ich würde dann aber gern noch mal die Chance nutzen, weil das am Ende sozusagen zwei Spiegelstriche sind, die den großen Aufriss erneut machen. Da haben wir den Begriff Planwirtschaft,

(Heiterkeit bei Thomas Krüger, SPD)

der ja zwischenzeitlich mit einer Begeisterung im Munde geführt wird, die mich beeindruckt. Ich bin kein Politikwissenschaftler, deswegen nicht immer so vertieft unterwegs, aber ich habe den Eindruck – und da beeindrucken Sie mich als Jurist –, wenn man Planwirtschaft offenbar immer dann unterstellt, wenn der Staat sich anmaßt, regulatorische Maßgaben vorzugeben, dann, glaube ich, geht das auch ohne politikwissenschaftlich vertiefte Kenntnisse am planwirtschaftlichen Begriff wirklich meilenweit vorbei.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Und wenn Sie recht hätten, wären alle Regelungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes – die sind gesundheitsschützend und lebenserhaltend – planwirtschaftliche Regeln,

(Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

weil die natürlich sagen, gewisse Techniken lassen wir nicht zu, oder die Unternehmen aufgeben und sagen, ihr

müsst Geld ausgeben, um Abgase zu filtern und Abgase zu reinigen, all das nach Ihrem Verständnis, so, wie Sie das eben vorgetragen haben, nämlich festgemacht an der EU-Quote, wie die Fahrzeugflotten künftig maximal Abgase abgeben dürfen. Gemessen daran sagen Sie, jede staatlich regulatorische Vorgabe ist Planwirtschaft. Dem mag ich nicht folgen, ganz Gegenteil, und manchmal waren wir uns sogar einig bei anderen Themen. Ich wünsche mir an manchen Stellen deutlich mehr Staat, als wir uns das in den letzten 20 Jahren getraut haben.

(Beifall Thomas Krüger, SPD)