Protokoll der Sitzung vom 23.05.2019

Dann war noch eine Kleinigkeit, die auch von Frau Larisch angegriffen wurde, dass ab 2022, sagten Sie, dann nach der neuen Bestimmung des 62a ohnehin einige ins Gefängnis kommen sollen. Da haben Sie recht. Diese vorübergehende Aussetzung des Trennungsgebotes ist nämlich in der Weise geschehen, dass man die Bestimmung des 62a Absatz 1 schlicht gestrichen hat für zwei Jahre bis zum 1. Juli 2022. Ab dem 1. Juli 2022 tritt die alte Bestimmung wieder in Kraft, mit einem Zusatz am Ende: „Besteht die Ausreisepflicht aufgrund oder infolge einer strafrechtlichen Verurteilung“, also eine ganz andere Schublade, „kann die Abschiebungshaft in sonstigen Haftanstalten vollzogen werden.“ Also das Trennungsgebot wird dann für einen bestimmten Personenkreis, der aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung in Abschiebehaft ist, insofern aufgeboben.

Und dann will ich Ihnen jetzt mal das Trennungsgebot im Original, Artikel 16, vorlesen. Da werden Sie nämlich nur staunen.

(Zurufe von Andreas Butzki, SPD, und Karen Larisch, DIE LINKE)

Da ist ja das Trennungsgebot, von dem wir immer reden, was jetzt aufgeboben worden ist. Das heißt nämlich so: „Die Inhaftierung erfolgt grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen. Sind in einem Mitgliedstaat solche speziellen Hafteinrichtungen nicht vorhanden und muss die Unterbringung in gewöhnlichen Haftanstalten erfolgen, so werden in Haft genommene Drittstaatsangehörige gesondert von den gewöhnlichen Strafgefangenen untergebracht.“ Wenn wir nicht den EuGH hätten, dann käme niemand auf die Idee, dass also, wenn wir keine besonderen Hafteinrichtungen haben, dass man die dann nicht im Einzelfall auch in den JVAs unterbringen kann.

(Jochen Schulte, SPD: Doch, da kämen andere Leute auf die Idee.)

Der EuGH ist es mit seiner Rechtsprechung – und das ist ja auch eine Art der Festung, davor hat ja auch unser Bundesverfassungsgericht inzwischen mehr oder weniger kapituliert, diesen Willkürentscheidungen, das nur am Rande –, also der EuGH hat das gekippt und hat gesagt, das muss man ganz grundsätzlich so sehen, dass es so, wie es da steht, eigentlich nicht gilt.

(Heiterkeit bei Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

So, und jetzt haben wir die Aufhebung des Trennungsgebotes und das hat ja der Minister auch näher begründet.

Wenn Herr Dr. Manthei, aus meiner Sicht sehr spitzfindig, nun so wie im Seminar jetzt rumfummelt da und denkt, das ist ja alles überflüssig und das gilt ja gar nicht, das ist ja gar nicht das Problem, dass wir keine Hafteinrichtungen haben, also dann haben die in Berlin also völlig überflüssig getagt dort, dann trifft das natürlich die Realität überhaupt nicht. Wenn ich keine Hafteinrichtungen habe und das Trennungsgebot noch gilt, dann gibt es natürlich keinen Richter in dieser Republik, der seine Sinne beisammenhat, der einen Haftbefehl erlassen würde. Also wenn keine Hafteinrichtungen bestehen, dann gibt es ja keinen Haftbefehl. Und das ist natürlich ein selbstverständliches Nebenprodukt des Ganzen, sonst wäre ja die ganze Veranstaltung in Berlin absoluter Unfug gewesen, dass natürlich im Einzelfall nicht alle vollziehbar Ausreisepflichtigen, Frau Tegtmeier, wie kann man auf die Idee kommen, dass das der Gesetzgeber – das ist ja nicht meine Idee, das ist ja die Koalition in Berlin –, dass die also meinen, alle vollziehbar Ausreisepflichtigen müssten morgen eingesperrt werden. Dass natürlich im Einzelfall weitere Voraussetzungen – dass die untertauchen, dass die Fluchtgefahr besteht und so weiter, dass die nicht angetroffen werden

(Zuruf von Dr. Matthias Manthei, Freie Wähler/BMV)

und den Termin nicht einhalten, das habe ich im Einzelnen ausgeführt – vorliegen müssen, ist ja völlig klar.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU – Heiterkeit bei Dr. Matthias Manthei, Freie Wähler/BMV)

Ich habe erwähnt, dass das Institut der Erweiterten Vorbereitungshaft eingeführt wurde, das genau diese Fälle der Vorbereitung auch trifft. Also das ist natürlich ein formelles Argument, an das Sie ja selbst nicht glauben können.

So, dann die Auffassung der SPD, die ist ja schon sehr interessant. Danach ist das Ganze wirtschaftlicher Unsinn. Die CDU ist ja etwas moderater und sagt, na ja, im Grunde sind wir beim Innenminister, aber im Grunde ist das alles jetzt noch Unfug, wir wollen ja Glückstadt, haben in ein paar Jahren 40 Plätze für die,

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

und dann haben wir zwei/drei Plätze. Wenn Sie sich das politisch leisten können, dann sagen Sie das den Leuten, dass wir noch ein paar Jahre warten, das Recht an dieser Stelle durchzusetzen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas Krüger, SPD: Nächstes Jahr!)

So, und dann ist ganz einfach Folgendes:

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Unser Bestreben war,

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Andreas Butzki, SPD: Warum müssen Sie denn immer solche Halbwahrheiten erzählen? Das ist peinlich!)

unser Bestreben war,

(Andreas Butzki, SPD: Das ist einfach peinlich, was Sie sagen! – Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

von der Landesregierung eine klare Stellungnahme zu erhalten, wie man auf dieses Gesetz reagiert und ob denn hier die Bereitschaft besteht, von der Aufhebung,

(Thomas Krüger, SPD: Sie stellen es bewusst falsch dar!)

vorübergehenden Aufhebung des Trennungsgebotes Gebrauch zu machen. So einfach ist das. Das wird so kommen, wenn das Gesetz durchgewinkt wird, und damit ist ja zu rechnen, auch nach der Stellungnahme des Bundesrates. Und das ist nicht zu viel verlangt im Vorfeld, denn wenn man auf dieses Gesetz sich einstellen muss und eine vorausschauende Landesregierung ist, die vorausschauende Politik betreibt, dann fängt man ja nicht erst drei Tage später an, das dann konkret umzusetzen, sondern man macht sich vorher Gedanken,

(Beifall Jens-Holger Schneider, AfD – Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

spricht mit den Haftanstalten, wo da Platz ist, kommt vielleicht auf die Idee, eine Kaserne, einen Trakt für Familien zum Beispiel mit minderer Bewachung für vollziehbar Ausreisepflichtige, für die ein Haftbefehl in Betracht käme, dazu zu nutzen. Da kann man viele Ideen haben. Entscheidend ist doch, das wissen Sie alle, der politische Wille.

So, und wenn man das Trennungsgebot hat, kann man sich natürlich wunderbar da zurückziehen und sagen, alles menschenunwürdig und überhaupt, da haben Sie auch viele von den Flüchtlingsräten und Ähnliches auf Ihrer Seite, nur nicht die Mehrheit der Bevölkerung. Die hat nämlich, auch wenn sie jetzt die rechtlichen Feinheiten nicht kennt, ein sehr sensibles, klares Gefühl dafür, dass hier permanent das Recht nicht durchgesetzt wird.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Und das ist ja auch, nehmen Sie gerade den Gefährder, dass nicht nur der Gefährder nicht in Abschiebehaft kommt, sondern dass er jeden weiteren Tag jetzt auch uns hier noch Geld kostet. Und das bezahlen die Leute, die redlichen einfachen Leute, die ihre Steuern zahlen. Die müssen das alles mitbezahlen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Und dieser, nicht nur der Gefährder, jeder, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, ich wiederhole es zum dritten

Male, bei ihm verstetigt sich der Rechtsbruch mit jedem weiteren Aufenthalt, und dafür wird er dann auch noch finanziell belohnt. Das ist die rechtliche Realität, die Sie mir, bitte schön, wenn Sie es ernst nehmen, hier widerlegen, statt nur mit Zwischenrufen zu stören und nichts Vernünftiges zur Sache zu sagen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Und ich wiederhole...

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Also, Herr Krüger, bei Ihnen ist es ja wirklich so …

(Thomas Krüger, SPD: Nächstes Jahr, korrekt.)

Nächstes Jahr?!

(Thomas Krüger, SPD: Korrekt.)

Nächstes...

(Thomas Krüger, SPD: Sie haben von mehreren Jahren gesprochen.)

Glückstadt, wann ist Glückstadt fertig?

(Thomas Krüger, SPD: Nächstes Jahr.)

Wann nächstes Jahr?

(Thomas Krüger, SPD: Nächstes Jahr. Sie haben von mehreren Jahren gesprochen.)

Gut, also das mag sein,

(Thomas Krüger, SPD: Bitte!)

dass das nächstes/übernächstes Jahr... Ich habe es so in Erinnerung...

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)