Protokoll der Sitzung vom 23.05.2019

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU die Abgeordnete Frau FriemannJennert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Dieser Antrag der AfDFraktion zielt in die gleiche Richtung wie der Tagesordnungspunkt 17 der Fraktion DIE LINKE am gestrigen Abend. Man hätte ihn vielleicht auch in einer verbundenen Aussprache abhandeln können.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Wollten wir ja.)

Die Intention Ihrer Anträge ist vergleichbar.

Und ich habe mal eine Frage an Herrn de Jesus Fernandes: Sagen Sie mal, haben Sie schon mal in der Pflege gearbeitet?

(Martina Tegtmeier, SPD: Haben Sie schon mal ein Pflegeheim von innen gesehen? – Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Oh ja, viele.)

Haben Sie schon mal in der Pflege gearbeitet?

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: In der Pflege gearbeitet nicht, aber das mache ich noch.)

Na, Sie haben nicht, ne. Ja, das ist zu merken.

Also auch im letzten Tagesordnungspunkt, also wir können hier keine Dialoge führen und so Fragen rein stellen und hier in einen vom Redner ausgehenden Dialog eintreten. Ich bitte doch...

Danke für den Hinweis.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Also ich wollte damit eigentlich, ich wollte die,

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

ich wollte eigentlich sagen, ich wäre dann an Ihrer Stelle etwas vorsichtiger mit meinen Aussagen, denn Sie watschen mit Ihren Aussagen alle die ab, die hoch motiviert ihre Arbeit in den Einrichtungen machen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und Christel Weißig, Freie Wähler/BMV – Martina Tegtmeier, SPD: Genau.)

Zum ersten inhaltlichen Punkt Ihres Antrages: „Pflege ist ein wichtiges Standbein für die Betreuung der Älteren“ – dieser Feststellung bedarf es unserer Ansicht nach nicht noch einmal im Landtag, das ist gesellschaftlicher Konsens.

Ich möchte an dieser Stelle auf die Schwäche des Antrages hinweisen. Das, was Sie hier an Forderungen stellen, daran arbeiten die Regierungsparteien und die Landesregierung. Gestern Abend haben wir dazu schon einiges gehört.

Und auf Ihren Punkt II, die vier Punkte, möchte ich sagen, das mit der Bedarfsanalyse haben wir gestern besprochen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben wir unter anderem die Sozialplanungen der Landkreise, vielleicht fassen wir die einfach auch mal zusammen, und wir wollen auch über die Theorie hinaus.

Zweitens, die Erhöhung des Personalschlüssels setzt voraus, dass es genügend Personal gibt. Ergo ist Ausbildung ein Schlüssel. Das ist in Arbeit.

Drittens, Marketingkampagne, ist bereits in Arbeit und es gibt auch schon was.

Viertens, Träger von Pflegeeinrichtungen müssen den Beschäftigten gute Löhne zahlen. Die Fluktuation von einem Anbieter zum anderen macht es deutlich. Aber wir haben immer noch Tarifautonomie und daher haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer darüber zu verhandeln.

Die Notwendigkeit zu handeln, ist klar bekannt. Es wird auch getan auf Landes- wie auf Bundesebene. Und, meine Herren von der AfD, dass Sie hier als selbsternannte Alternative auch eine Alternative bieten, ist bei aller Gutwilligkeit nicht zu erkennen. Im Übrigen hat die Enquetekommission „Älter werden in MecklenburgVorpommern“ für den Pflegebereich Empfehlungen gegeben, von denen in dieser Legislatur auch einige umgesetzt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle wollen die Attraktivität des Pflegeberufes steigern, möchten, dass die Pflegerinnen und Pfleger anständiges Geld verdienen, dass die Arbeitsbedingungen verbessert werden, weil wir sie als Arbeitskräfte schlicht ganz dringend brauchen. Eine Zustimmung zu Ihrem Antrag heute Abend würde sich jedoch in einer gewissen Sinnlosigkeit ergießen, denn Sie kommen zu spät und wollen eigentlich nur auf einen fahrenden Zug aufspringen.

Aufgrund der Aktivitäten der Koalition von CDU und SPD auf Bundesebene wie von SPD und CDU in Mecklenburg-Vorpommern lehnen wir Ihren Antrag ab.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Heydorn.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Herr Professor Weber, in dem Leben werde ich kein Freund mehr von Ihnen. Das, denke ich, kann ich offen sagen. Aber als Sie heute hier vorgetragen haben zu dem Enteignungsparagrafen oder Enteignungsartikel 115, glaube ich, des Grundgesetzes, das hatte sachliche Fundierung und das war nachvollziehbar. Aber dieser Antrag, den Sie hier vorlegen, der geht doch intellektuell durch so flaches Wasser, da werden noch nicht mal die Knöchel nass.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Torsten Renz, CDU: Das war ja was ganz Neues!)

Also hier wird vorgetragen, die heutige Situation in der Pflege ist gescheitert. Also das suggeriert ja im Grunde, dass pflegerische Versorgung nicht mehr stattfindet. Man muss auch mal sich angucken, woher wir kommen. Ich kann mich an Zeiten erinnern, da hieß Pflegebedürftigkeit, wenn man nicht leistungsfähig war, dass man von Sozialhilfe abhängig war.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Man ging also zum Sozialamt, musste sich nackig machen, Angehörige waren verpflichtet, sich nackig zu machen, und dann wurden aus der Sozialhilfe Pflegeleistungen bezahlt. Dann ist die Pflegeversicherung installiert worden. Das war eine große Tat damals unter Norbert Blüm, das kann man nicht anders sagen, weil man hat im Grunde quasi die Pflegebedürftigen aus der Sozialhilfe

herausgeholt. Die hatten einen Sozialversicherungsanspruch, das hat ihre Situation fundamental verbessert, und das ist bis heute so. Das ist bis heute so.

Natürlich haben wir Schwierigkeiten, aber sich hier hinzustellen und so zu tun, als wenn uns allen, außer der AfD, die alten Menschen völlig egal sind, und nur die AfD gibt den Kümmerer und wird dafür sorgen, dass letztendlich Pflege-,

(Minister Dr. Till Backhaus: Lächerlich!)

ausgebildete Pflegepersonen in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen, die Personalschlüssel verbessert werden können und so weiter und so fort, da frage ich Sie, Herr de Jesus Fernandes: Holen Sie die Leute aus der Retorte oder wo kriegen Sie die her?

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das sage ich Ihnen gleich.)

Holen Sie die aus der Retorte oder wo kommen...

(Zuruf vonseiten der Fraktion der CDU: Ausland. – Minister Dr. Till Backhaus: Er heißt doch Jesus.)

Also Zuzug aus dem Ausland, da sind Sie ja auch konsequent dagegen. Also wie soll das laufen, wie stellen Sie sich das vor?

(Minister Dr. Till Backhaus: Der heißt nicht umsonst Jesus.)

Sie sagen, humanitäre Katastrophe, es gibt eine humanitäre Katastrophe. Da hat dankenswerterweise der Kollege Koplin darauf hingewiesen, was eine humanitäre Katastrophe ist. Natürlich hat es Fälle von schlechter und Unterversorgung in der Pflege gegeben, das wird doch gar nicht bestritten, aber so zu tun, als wenn wir hier eine humanitäre Katastrophe im Land haben, die letztendlich quasi nicht mehr zu bewältigen ist, das ist einfach das Darstellen eines Szenarios, was so hanebüchen ist, das kann man nicht mehr überbieten. Gehen Sie bitte mal zum MDK, machen Sie sich mal ein bisschen kundig! Das sind die, die letztendlich die professionellen Angebote an der Stelle prüfen, und die werden Ihnen ein anderes Bild darlegen und nicht das Bild einer humanitären Katastrophe.

Wir waren ja gestern schon bei dem Thema, und das Thema Bedarfsanalyse und Personalbemessungsplanung, das können Sie sich schenken. Da habe ich gestern schon zu ausgeführt. Wenn sich bis 2030 der Bedarf an Fachkräften in der ambulanten wie in der stationären Pflege um 100 Prozent erhöht, dann brauchen Sie keine Personalbedarfsplanung, die Ihnen sagt, dass das schwierig wird und dass man neue Wege wird gehen müssen, die letztendlich ein Stück weit auch von der Ministerin beschrieben worden sind. Also das kriegen Sie so auf diese Art und Weise nicht geregelt.

So, und jetzt gehen Sie ja so weit und sagen, der bisherige Betreuungsschlüssel, den wir in der Pflege haben, der muss noch verbessert werden. Das heißt, wir müssen dann diese hundert Prozent, diese hundert Prozent Personal, diesen 100-prozentigen Personalbedarf, den sie haben, den müssen sie noch mal nach oben fahren, um solche Dinge dann machen zu können. Das ist alles im Grunde irgendwie zusammengenagelt und dann gehen

Sie hier nach vorne und machen ein wichtiges Gesicht und inhaltlich hat das null Substanz, gar keine Substanz.

Es gibt heute – Sie kommen mit dem TVöD, noch so ein Hinweis –, es gibt heute Einrichtungen, die nach TVöD zahlen, die sagen, wir können im Augenblick keine Pflegebedürftigen aufnehmen, weil uns fehlen halt die Pflegefachkräfte, weil wir, das wird vis-à-vis gesagt, diese 50-prozentige Fachkraftquote festgeschrieben haben, über die meines Erachtens jetzt in der nächsten Zeit auch gesprochen werden muss, also wie man damit umgeht.

Und Marketing, also Marketingkampagne, das haben wir ja in der Anhörung da zum Thema Kindertagesstättenförderungsgesetz gehört, es ist egal, wo Sie heute hingehen im Land. Wenn Sie zur Handwerkskammer gehen, dann sagen die, ja, wir müssen sehr gut mit den Leuten umgehen, vor allen Dingen mit den jungen Leuten, wir müssen attraktiver werden mit unseren Berufen. Dann gehen Sie zur IHK, da hören Sie das Gleiche, dann gehen Sie in die Gesundheitsberufe, da hören Sie das Gleiche und in den Sozialberufen wird Ihnen das auch vorgetragen. Und überall quasi, wo Sie heute auftauchen, haben Sie das Problem bei uns in Mecklenburg-Vorpommern, dass nicht in hinreichendem Umfang letztendlich Arbeitskräfte zur Verfügung stehen.

Das ist meines Erachtens eine ganz, ganz große Schwierigkeit, eine ganz große Herausforderung, vor der dieses Land steht und wo wir uns alle was einfallen lassen müssen, wie wir damit umgehen wollen. Aber dann jetzt plakativ mit dem Spruch zu kommen, wir müssen attraktiver werden und wir müssen die Leute besser bezahlen und damit sind wir der Lösung unseres Problems einen großen Schritt näher, das halte ich für ein großes Gerücht, und jeder, der sich damit beschäftigt, wird wissen, dass das auch ein Gerücht bleiben wird.

Ich will das nicht weiter fortsetzen, ich habe mich dazu gestern schon umfänglich positioniert. An dieser Stelle bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche noch einen schönen Abend.