Protokoll der Sitzung vom 19.06.2019

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Fraktion der AfD der Fraktionsvorsitzende Herr Kramer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Landsleute!

Sehr geehrter Herr Innenminister, nach dieser emotionalen und mitreißenden Rede von Ihnen ist mir ja fast die Lust vergangen, hier noch auf Sie einzuprügeln und Kritik an dem Gesetzentwurf zu äußern. Ich werde trotzdem nicht umhinkommen, die Standpunkte meiner Fraktion darzulegen.

(Tilo Gundlack, SPD: Sie können sich ja wieder hinsetzen und nichts sagen!)

Der Debatte über ein neues Sicherheits- und Ordnungsgesetz …

Ich stehe lieber hier. Sie können ja gerne sitzen bleiben.

(Ralf Mucha, SPD: Er hat ja nicht gesagt, dass er nicht sitzen bleiben will!)

Sie können nachher hier noch ans Mikro treten und reden oder Sie können auch einfach rausgehen und Mittagspause machen. Jetzt habe ich meine Redezeit für mich und die nutze ich hier auch. Danke dafür.

Der Debatte über ein neues Sicherheits- und Ordnungsgesetz für Mecklenburg-Vorpommern (SOG M-V) begegnen wir mit einem grundsätzlichen Fragezeichen. Was bedeutet Sicherheit? Was bedeutet ein neues Gesetz, wie das nun vorgelegte SOG für unser aller Sicherheit?

„Sicherheit“ heißt für die Bürger unseres Landes, dass sie in einem Zustand des höchst möglichen Freiseins von Gefährdungen leben können. Die Bürger sind es, die vom Staat als Ordnungsmacht geschützt werden müssen. Sie wollen ihr Leben entfalten und frei von Räumen der Angst und Gewalt sein.

Im SOG-Entwurf steht zu lesen, dass, ich zitiere „sich der Gesetzgeber in einem Spannungsgeld zwischen der Wahrung der öffentlichen Sicherheit und der Freiheitsrechte (befindet).“ Zitatende. Ich darf an dieser Stelle in Erinnerung rufen, erst Sicherheit macht wahre Freiheit der Bürger möglich. Ein gutes neues Sicherheitsgesetz muss die Bürger vor den aktuellen Bedrohungen unserer Freiheit schützen.

Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund stelle ich der Landesregierung ein schlechtes Zeugnis aus. Auch im wunderschönen Mecklenburg-Vorpommern leben wir bei Weitem nicht frei von Gewalt. Die Terrorgefahr ist weiter präsent

(Thomas Krüger, SPD: Ja, und gerade von rechts!)

und benötigt eine personalintensive Arbeit seitens der Sicherheitsbehörden. Erst kürzlich wurde der in Schwerin lebende syrische Terrorist Yamen A. aufgrund erwiesener Tatbestände ins Gefängnis gesteckt. Die Zahl der Salafisten im Land ist in den letzten Jahren deutlich auf 135 Personen angestiegen.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Selbst die früher nur aus Berlin und westdeutschen Großstädten bekannte Clankriminalität etabliert sich offensichtlich aktuell bei uns in Neubrandenburg. Immer häufiger werden wir Zeugen von Messerstechereien in M-V und auch der Skandal um die sogenannten PrepperStrukturen muss uns mit Sorge erfüllen.

(Thomas Krüger, SPD: Oh, das sagen gerade Sie! Das ist witzig, echt witzig!)

Dagegen brauchen wir eine gut ausgerüstete und mit zeitgemäßen Gesetzesvollmachten und Eingriffsermächtigungen ausgestattete Polizei.

(Thomas Krüger, SPD: Da kann ein Prepper doch bei Ihnen Karriere machen!)

Meine Damen und Herren, wir brauchen eine Gesellschaft, Herr Krüger,

(Thomas Krüger, SPD: Da gibt es keine Äußerungen zu! – Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD)

in der neue Gefahrenabwehrbefugnisse zum Schutze aller verstanden werden. Wir brauchen keine Demonstrationen in Schwerin, wo die Auflösung der Polizei gefordert wird. Wir brauchen ein gesellschaftliches Klima, in dem das Vertrauen in die Arbeit der Sicherheitsbehörden etwas Selbstverständliches ist, meine Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Verstanden wird, wer Probleme wirklich benennt und dann Taten folgen lässt. Bei uns hat sich in den letzten Jahren die Zuwandererkriminalität verachtfacht. Während die Kriminalität unter den Deutschen seit Jahren sinkt, ist der Zuzug gewaltaffiner junger Migranten zu einer echten Gefahr für den öffentlichen Raum geworden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Deshalb sollte es zukünftig möglich sein, auch syrische Intensivtäter abzuschieben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Schauen wir auf ein weiteres Problem. Ich komme erneut auf Neubrandenburg zurück. In Neubrandenburg ist laut Verfassungsschutz eine zunehmende Verflechtung von islamistischem Extremismus und Organisierter Kriminalität zu beobachten. Die Bürger werden garantiert nicht auf die Barrikaden gehen, wenn wir aus Tschetschenien, dem Libanon oder der Türkei stammenden Clanmitgliedern die deutsche Staatsbürgerschaft zukünftig entziehen.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD)

Herr Innenminister, vor über einem Jahr haben wir gefordert, dass Messerattacken statistisch erfasst werden sollten. Sie haben uns damals versprochen, dies auf der Innenministerkonferenz voranzubringen. Geschehen ist jedoch nichts. Es muss zukünftig möglich sein, aussagekräftige Daten zu Messerattacken zu erheben.

Kann das nun vorgelegte Sicherheits- und Ordnungsgesetz diese von mir genannten Gefahren einfach abbauen und effektiv bekämpfen? Da haben wir berechtigte Zweifel. Hier geht es um andere gesetzliche Fragestellungen. Es gilt, den Gesetzestext zum neuen SOG einer fairen Bestandsaufnahme zu unterziehen. Wir sind nicht der Ansicht, dass der vorliegende Entwurf gänzlich abzulehnen ist. Positiv ist beispielsweise, dass das neue Papier endlich den sogenannten finalen Rettungsschuss enthält – eine Forderung meiner Fraktion, die nach zwei Jahren nun Wirklichkeit wird und eine wichtige Lücke im Vergleich zu anderen Ländergesetzen schließt. Gut, dass sich das Innenministerium unserer Position angeschlossen hat.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD – Martina Tegtmeier, SPD: Wovon träumen Sie denn nachts?)

Der Inhalt des neuen Gesetzes umfasst weiter eine Anpassung von Daten.

Bestimmt nicht von Ihnen.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Der Inhalt des neuen Gesetzes umfasst weiter eine Anpassung von Datenschutzvorschriften, eine Ausgestaltung eingriffsintensiver Befugnisse nach Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts sowie neue Befugnisnormen im Anschluss an einen Beschluss der Innenministerkonferenz. Hierbei handelt es sich um ein breites Spektrum gesetzgeberischer Optionen, bei deren Umsetzung das polizeiliche Instrumentarium zur Bekämpfung des islamistischen Terrors länderübergreifend verbessert werden soll, so vor allem die Onlinedurchsuchungen, die Quellen-TKÜ und die Beauskunftung nach dem Telemediengesetz.

Meine Damen und Herren, der islamistische Terrorismus ist zur größten Herausforderung unser aller Sicherheit geworden.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD)

Besonders problematisch ist, dass ansonsten strafbewährte Vorbereitungshandlungen, wie der Erwerb von Waffen oder die Bildung einer terroristischen Vereinigung, häufig gar nicht mehr stattfinden. Die hiesigen Attentate haben doch gezeigt, dass es die Fahrt eines Lkw in Berlin oder der Einsatz eines Messers in einem Hamburger Supermarkt sind,

(Thomas Krüger, SPD: Oder ein Rechtsextremist.)

die für einen Anschlag ausreichen, Herr Krüger.

Äußerst kritisch zu sehen ist, dass die Landesregierung nicht danach fragt, warum es immer mehr Menschen gibt, denen spontan terroristische Taten zuzutrauen sind. Deshalb antwortet die Landesregierung nur mit einer effektiveren Überwachung durch Quellen-TKÜ und Onlinedurchsuchungen. Das wird den Bürgern dann als Prävention gegen den Terrorismus verkauft.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Meine Damen und Herren, die beste Prävention gegen Terrorismus ist jedoch, erst kein Potenzial an jungen Dschihadisten hier im Land zuzulassen. Herr Caffier ist uns bis heute eine Analyse zu den Ursachen terroristischer Radikalisierung schuldig geblieben. Die AfDFraktion fordert deshalb auch heute, die Frage nach soziokultureller Zugehörigkeit in diesem Land als wirksame Terrorprävention zu verstehen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Meine Damen und Herren, nicht enthalten im SOGGesetzentwurf ist die Präventivhaft für terroristische Gefährder. Während Bundesländer wie Bayern und Niedersachsen hierzu bereits Fakten geschaffen haben, macht sich unser Innenminister unnötig klein. Im Übrigen geht es uns hier lediglich um die Präventivhaft und nicht um die Beugehaft, wie der „Nordkurier“ heute den Innenminister zitiert.

Und Herr Innenminister muss sich auch die Frage gefallen lassen, wenngleich er vorhin in seinem Redebeitrag sagte, dass er natürlich Niedersachsen als Bundesland der Bundesrepublik Deutschland anerkennt, ob die Her

ren Innenminister Pistorius und Herrmann Sicherheitsphilosphen des Dritten Reiches seien. Warum hört Herr Caffier nicht auf zahlreiche Verfassungsrechtler, die die Ansicht vertreten, dass das Bundesverfassungsgericht eine Präventivhaft ermöglicht?

Wir werden diese gesetzliche Möglichkeit erneut in die anstehenden Beratungen einbringen und insbesondere im Rahmen der Anhörung problematisieren, denn gerade für die Ausweisung von Gefährdern ist die Präventivhaft ein wichtiges Instrumentarium. Die Terrorverdächtigen von Güstrow und auch die entsprechenden Beispiele aus Niedersachsen haben dies aufgezeigt.