Protokoll der Sitzung vom 13.12.2019

Antrag der Fraktion DIE LINKE Bahnverkehr stärken – Stilllegungen abwenden und Südbahn retten – Drucksache 7/4341 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Kröger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Novembersitzung wurde die Dringlichkeit dieses Antrages abgelehnt, deshalb sprechen wir nun endlich heute über diesen Antrag. Bedauerlicherweise kann das nicht unsere Kollegin Frau Dr. Schwenke machen, die ja eigentlich zuständig ist für die Verkehrspolitik, weil sie, wie Sie ja wissen, eine Operation hatte und leider nicht hier sein kann. Also, liebe Wenke, auch von mir noch mal gute Besserung.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Mignon! Mignon!)

Mignon kümmert sich ja...

Mignon, nicht Wenke, Mignon, so rum. Also, liebe Mignon, gute Besserung! So ist es richtig, Mignon Schwenke. Meine Güte!

(Beifall Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Ja, Mignon kümmert sich ja schon sehr lange um dieses Thema, kämpft also schon seit vielen Jahren für die Südbahn. 2013 hat es hier einen Antrag gegeben unserer Fraktion an den Landtag, danach folgte eigentlich ein Antrag dem nächsten, und dank der Beharrlichkeit der Bürgerinitiative „ProSchiene“ und Clemens Russell und Monika Göpper, dem Einsatz von Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern, dann natürlich auch der vielen Bahnenthusiasten, der Wirtschaft auch aus der Region konnte nun ein Teilerfolg errungen werden. Die Landesregierung, Sie haben Zugeständnisse gemacht, dennoch ist der Antragsinhalt weiterhin aktuell, nur die Überschrift vielleicht nicht mehr ganz.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, alle sind erleichtert, dass die Stilllegung von Bahninfrastruktur zunächst bis 2027 vom Tisch ist. Zu begrüßen ist auch ein erweiterter Saisonverkehr der Südbahn am Wochenende, in der Hauptsaison, mit Anbindung von Plau am See. Es ist richtig und gut, dass die Buslinie 27 nicht eingestampft wird

(Zuruf von Christian Brade, SPD)

und es ist auch richtig und gut, dass Bahn, Bus und Rufbus miteinander verknüpft werden sollen. Das sind Fortschritte, und diese Fortschritte erkennen wir selbstverständlich auch an.

Aber – jetzt kommt wieder das berühmte „Aber“ –, aber diese Zugeständnisse können eben auch nur ein Anfang sein. Ein erweiterter Saisonverkehr mit der Bahn ist für die touristische Entwicklung der Region gut, aber für die Pendlerinnen und Pendler, die täglich zur Arbeit müssen,

bringt dies keine Verbesserungen. Auch für alle, die unter der Woche zur Ausbildung, zum Arzt oder aber zum Einkauf mit dem Zug fahren möchten, für diese Menschen ändert sich nichts. Sie sind weiterhin auf den Bus angewiesen. Zudem wird es mit dem Saisonverkehr keine direkte Zugverbindung zwischen den Städten Parchim und Malchow geben.

(Christian Brade, SPD: Da will ja auch keiner hin.)

Der Saisonverkehr kann somit lediglich als Überbrückung dienen, so lange, bis die Bahn wieder regulär fährt.

Wir fordern weiterhin, dass das Land seine Aufgabe als Aufgabenträger des SPNV wahrnimmt. Das gilt insbesondere auch für den Bahnverkehr auf der Strecke Malchow– Waren. Dort haben Sie die Verantwortung an den Kreis MSE abgegeben, wobei man vor Ort eher darüber spricht, die Verantwortung „aufgenackt“ bekommen zu haben.

(Peter Ritter, DIE LINKE: So ist es.)

Die Landesunterstützung für diesen Abschnitt reicht nicht, um ein gutes Angebot vorhalten zu können. Die Finanzierung ist nicht auskömmlich, der Betrieb der Strecke Malchow–Waren ist mehr schlecht als recht und nur für die kommenden zwei Jahre gesichert. Zudem muss der Kreistag auch noch grünes Licht für die Weiterfahrt bis Karow geben. Die Zukunft auch dieses Teilstücks der Südbahn ist ungewiss, wenn nicht endlich gehandelt wird. Deshalb fordern wir, umgehend Vorbereitungen für die Ausschreibung zu treffen, die wieder einen regulären Bahnbetrieb auf der gesamten Südbahnstrecke von Hagenow über Waren bis nach Neustrelitz ermöglicht und auch Plau am See wieder ganzjährig an die Bahn anbindet.

Bei der Ausschreibung und Bestellung muss das Land als Aufgabenträger des SPNV auftreten und somit dann den schon angesprochenen Kreis MSE hier auch wieder entlasten. Gelingt es nicht, das umfangreiche Vergabeverfahren innerhalb von zwei Jahren durchzuziehen, muss eine Notvergabe sichern, dass mit Fahrplanwechsel ab Dezember 2021 die Südbahn wieder durchgängig und eben in Landesverantwortung fährt. Die Wiederbelebung der Nord-Süd-Trasse Güstrow–Karow–Meyenburg ist ebenso im Blick zu behalten. Nur in dieser Gesamtbetrachtung kann erhebliches Fahrgastpotenzial für die Südbahn gehoben werden. Entsprechende Verhandlungen mit Brandenburg sind aufzunehmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, offensichtlich sind es vor allem die Kosten, die Sie davon abhalten, den Bahnverkehr auszuweiten. Doch die Sicherung der Mobilität, eben auch eine ganz wesentliche Aufgabe der Daseinsvorsorge, sollte Priorität für Sie haben, sollte Priorität im Land haben. Im Gegensatz zu anderen Ländern setzt Mecklenburg-Vorpommern bis auf einen marginalen Betrag für das Sondervermögen SPNV keine Landesmittel für die Bahn ein und auch die Bundesmittel kommen keineswegs vollständig der Bahn zugute. Jährlich werden allein rund 21 Millionen Euro für Ausgleichszahlungen im Ausbildungsverkehr abgezapft. Würden dafür Landesmittel eingesetzt, stünde mehr für den Schienenpersonennahverkehr zur Verfügung.

Zudem wurde und wird das Sondervermögen SPNV bestückt und umfasst eine Viertelmilliarde Euro. Es wird

für künftige Jahre zurückgehalten, weil die Regionalisierungsmittel pro Jahr abnehmen, aber die Verträge über viele Jahre zu bedienen sind und neue Verträge teurer werden. Das haben wir auch im Ausschuss schon mehrfach besprochen. Verschwiegen wird allerdings, dass bereits 60 Millionen Euro im Topf waren, bevor die Mittelhöhe für den Zeitraum bis 2031 feststand. Das Opfer, und das ist nicht oft genug zu betonen, war und ist die Südbahn.

Vor gut einem Monat beschloss die Bundesregierung, die Regionalisierungsmittel in den kommenden vier Jahren anzuheben. M-V profitiert davon mit rund 36 Millionen Euro und sofort hat Herr Minister Pegel auch betont, dass dies gerade einmal reicht, um das Angebot aufrechtzuerhalten, keinesfalls, um es auszuweiten. Die Bundesratsinitiative Mecklenburg-Vorpommerns, die

mehr Geld für die Erweiterung des Angebots im ÖPNV fordert, wurde mehrheitlich angenommen. Die Beschlüsse des Bundeskabinetts und der Länderkammer waren für uns Anlass, den Dringlichkeitsantrag dann im November einzubringen. Mehr Geld heißt für uns auch mehr Bahn.

Die Initiative des Landes für mehr Geld für Bus und Bahn begrüßen wir ausdrücklich. Angesichts der zu erwartenden zähen Verhandlungen zwischen Bund und Ländern zum Klimaschutzgesetz und zu den Steuergesetzen des Klimapaketes wächst der Druck, dass der Bund den Ländern entgegenkommen muss. Die Länderkammer verwies die Steuergesetze in den Vermittlungsausschuss, und es bestehen durchaus reale Chancen für die Bundesratsinitiative, zumal für die Verkehrswende ja die Stärkung der Schiene und der Ausbau öffentlicher Verkehrsangebote sowieso unabdingbar sind.

Deshalb sind die Zugeständnisse in Bezug auf die Südbahn ein Zeichen, aber mehr auch nicht. Aus unserer Sicht ist politisches Handeln gefordert und auch machbar, zumal der Bund bereits signalisierte, bei der Streckenertüchtigung zu unterstützen. Am Geld liegt es aus unserer Sicht nicht, aus dem Sondervermögen SPNV wären Mittel verfügbar. Die Menschen vor Ort verstehen nicht, warum wieder einmal erprobt, dann bewertet und später neu entschieden werden soll. Die Zukunft der Südbahn steht weiterhin auf der Kippe, nichts ist planbar. So kann weder für Fahrgäste geworben werden, noch können Entscheidungen für kommunale Investitionen in Bahnhofsvorplätze für den erleichterten Umstieg von Bahn, Bus, Rufbus und Rad getroffen werden.

Die Südbahn muss wieder fahren, dafür muss der Landtag grünes Licht geben. Wir bitten um Zustimmung zum Antrag, aber auch einer Überweisung in den zuständigen Ausschuss würden wir uns nicht verschließen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Kröger.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 55 Minuten beschlossen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Für die Landesregierung hat ums Wort gebeten der Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung Herr Pegel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Silvester ist es wieder so weit, „Dinner for One“, und genauso routinierlich wie „Dinner for One“ jedes Jahr mehrfach auf der Tagesordnung steht, kann ich mich auch auf SüdbahnAnträge verlassen. Das Schöne ist, es setzt sich fort das Prinzip des „kleinen Häwelmann“, und alle, die das Märchen als Kind gehört haben, wissen, was passiert. Wenn du ständig schreist „Mehr, lieber Mond, mehr!“, dann geht es irgendwann ganz schief. Das ist die Quintessenz dieser Geschichte.

Bei Südbahnanträgen, genau wie bei allen anderen, lässt sich immer wunderbar Kamelle werfen. Ja, das ist der Vorteil übrigens von Opposition. Ich stelle mich auf den Wagen und werfe mal hier eine raus und da eine raus. Der Haken ist, dieser Topf ist bemessen. Sie können nicht ewig reingreifen und Bonbons ins Volk werfen, sondern Sie werden zwischen verschiedenen Beteiligten wählen müssen, weil Sie nicht genug Möglichkeiten haben, alle Bedarfe zu bedienen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE – Minister Christian Pegel wendet sich an das Präsidium.)

Können Sie mir noch einen Gefallen tun und einmal auf die Uhr drücken? Das hilft mir total, mich auch selbst zu orientieren. Danke.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Mehr Redezeit.)

(Heiterkeit bei Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Mehr Redezeit.)

Ja, aber ich kriege mich selbst nicht... Also ich kontrolliere mich zwischenzeitlich mit dieser Uhr, dann ist es sehr hilfreich, sie auch zu sehen.

(Heiterkeit bei Christian Brade, SPD: Du kriegst dich nicht gebremst.)

(Heiterkeit bei Christian Brade, SPD: Du kriegst dich nicht gebremst. – Vizepräsidentin Beate Schlupp spricht bei abgeschaltetem Mikrofon.)

Ja, ich habe die Redezeit jetzt drin und ich werde versuchen, pünktlich zu landen. Das ist ja das Entscheidende, wenn wir über Bahnthemen reden.

Meine Damen und Herren, zunächst vielleicht mal das, was wir erreicht haben. Ich finde es ja ganz beachtlich, dass wir noch in den letzten drei Sitzungen ständig die Forderung hatten an diese Landesregierung, ihr müsst die Stilllegung vermeiden. Da haben wir hinter den Kulissen jetzt viel für getan. Die Stilllegungsanträge für zwei Strecken sind vermieden. Wir haben die Rücknahme der Stilllegungsanträge, wir haben eine Gewissheit bis 2027, die im Übrigen Geld aus den Regionalisierungsmitteln kostet, die darüber hinaus die vom Landkreis Mecklenburgische Seenplatte selbst bestellten Verkehre ein bisschen finanziell unterstützt, weil gerade an der Stelle auch

erhebliche Forderungen auf die Trassenentgelte entfielen, die aber aus Sicht des Eigentümers, der all dieses Schienennetz besitzt, nur die Frage sind, kriege ich links Geld oder rechts Geld, ich muss bloß das Gesamtsystem halten.

Zweitens. Wir haben in der Tat im Rahmen des Mobilitätskonzeptes für diese Region Mecklenburgische Seenplatte, vor allen Dingen Ludwiglust-Parchim, einen Teilbetrieb der Südbahn wieder aufgelegt, und zwar für die Tage, an denen der Landkreis, der Kreistag selber sagt, schaut doch mal her, da haben wir die letzten zwei Jahre samstags bestellt und es war eine ganz gute Nachfrage. Für diese Tage schließen wir uns gerne an und probieren aus, ob das, was stetig behauptet wurde, zutrifft.

Aber, meine Damen und Herren, dann bleibt auch das, was ich wiederholt gesagt habe und was DIE LINKE wiederholt bestritten hat, aber mit Worten immer wieder sehr deutlich bekundet. Solange Sie im Kopf haben, die Bahn sei das Nonplusultra und der Bus sei quasi nur was für Bittsteller, solange es nicht gelingt, anzuerkennen, dass Bus und Bahn ein Teil, und zwar gleichberechtigte Teile des Mobilitätsangebotes einer Region sind, solange werden wir ständig auch in diesem Gegensatz sein, zu sagen, eigentlich müsste überall ein Zug fahren, wo es geht.

Bahn ist deutlich teurer, kostet circa das Fünf- bis Sechsfache pro gefahrenen Kilometer, und wenn Sie eine Transportmenge von Menschen haben, wenn Sie eine Nachfrage haben, die Sie mit dem Bus wunderbar hinbekommen, dann wäre es finanziell schwer vertretbar zu sagen, wir geben das Sechsfache aus, um stattdessen Bahn zu fahren, und wissen damit – weil die Bahnmittel eben bemessen sind, Bahn ist teuer, wir kriegen nicht alles, was gewünscht ist, bestellt –, dafür zu wissen, dass ich an anderer Stelle, vielleicht auf zentralen Hauptstrecken dieses Landes, auf einmal weniger machen muss. Denn wenn Sie rechts geben, müssen Sie links nehmen, noch mal: weil der Pott nicht größer wird. Wenn Sie Kamelle werfen, müssen Sie wissen, dass Sie Entscheidungen treffen, ob Sie den einen bedienen oder auf der anderen Strecke was tun.

Und deshalb hat es mit dem Landkreis und dem Landrat hier auch keinen Gegensatz gegeben, sondern das, was Sie hier finden, ist ein gemeinsam getragenes Mobilitätskonzept, das genau deshalb Teile der Bahn, aber vor allen Dingen auch Teile des Busbereiches betrifft.

Erstens. Bislang fahren wir bis Parchim und finden zum Teil keinen vernünftigen Anschluss in das Bussystem. Der Landkreis wird sicherstellen, dass genau das künftig anders sein wird.

Zweitens. In den Abendstunden landen wir mit Zügen in Parchim, haben aber keine Anbindung mehr, die seitens des Busses dann in den Landkreis hineinführt. Auch das, hat der Landkreis zugesagt, will er verändern, sodass jeder Zug, der in Parchim anlangt, auch wirklich eine Vollendung in den Landkreis hinein über das Bus- und das Rufbussystem erfährt, damit du als Fahrgast dann auch tatsächlich in deine jeweilige Gemeinde kommst.