Protokoll der Sitzung vom 30.01.2020

(Egbert Liskow, CDU: Vor Weihnachten.)

Vor Weihnachten. Ich sage ja: „Ende letzten Jahres“, Herr Kollege Liskow.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Auch zuhören!)

(Egbert Liskow, CDU: Da kommt die Lehrerin durch!)

Und in diesem – da kommt die Lehrerin durch –, und in diesem Gespräch, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ging es explizit um die Frage Azubi-Ticket. Und ich habe dieses Gespräch für die Fraktion der SPD geführt mit den Vertretern dort, so, wie, wenn ich da richtig informiert bin, der Kollege Kokert das für die CDU-Fraktion gemacht hat. Und deswegen sage ich Ihnen heute mal etwas, was wir damals besprochen haben.

Da gab es die klare Aussage, seitens der Landeregierung wird derzeit ein Gutachten oder ist ein Gutachten in Auftrag gegeben, das beschäftigt sich unter anderem mit Fragen auch der Ausgestaltung von verschiedenen Modellen der kostenlosen, kostenreduzierten Verkehrsbeförderung – übrigens nicht nur für Jugendliche, auch für andere Personen –, auch mit den Fragen, die hier der Landtag selber noch in Auftrag gegeben hatte. Und wenn diese Zahlen vorliegen würden, das war die Aussage, die ich für die SPD-Landtagsfraktion getroffen habe, wenn diese Zahlen vorliegen würden, dann würden wir dieses Gespräch, nachdem wir uns mit unserem Koalitionspartner weiter verständigt haben, dann auch mit Kammern und Verbänden führen. Ich gehe mal davon aus, die Aussage ist bei der CDU-Fraktion ähnlich gelaufen nach allem, was ich gehört habe.

Und deswegen ist es auch gar kein Wunder gewesen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dass die Ministerpräsidentin zeitlich, wenn ich das jetzt richtig einordne, schon auf dem Neujahrsempfang der Ministerpräsidentin gesagt hat, das ist etwas, was wir prüfen wollen, weil das stand nie zur Debatte, dass wir das nicht prüfen wollen. Und deswegen ist es auch nicht verwunderlich gewesen, dass im Nachgang – und ich habe ja zumindest an der Vorbesprechung zum Koalitionsausschuss auch mit teilgenommen, da haben wir ja uns auch schon SPDseitig über dieses Thema unterhalten –, dass dann im Koalitionsausschuss gesagt wird, wenn wir mit den Verbänden, wenn wir mit den Kammern über dieses Thema weiter ernsthaft diskutieren wollen mit der Zielstellung, dort etwas zu erreichen, dann sollten wir auch in der Lage sein, finanzielle Vorsorge zu treffen.

Und ich kann mich, ich, sehr geehrte Frau Kollegin Oldenburg, anders als Sie, habe ich mich ja mit dem Thema Verkehr schon öfter hier beschäftigt, ich kann mich ja auch noch an Debatten hier im Haus erinnern, wo ich einfach mal darauf hingewiesen habe, welche Größenordnung denn zum Beispiel ein kostenfreies, kostenreduziertes Azubi-Ticket – auch in Thüringen unter anderem, unter Ministerpräsidenten Ramelow ist es nicht

kostenfrei, auch dort müssen die Auszubildenden sich beteiligen, wenn ich das richtig im Kopf habe –, welche Kostengröße dann tatsächlich hier möglicherweise auf uns zukommt. Und deswegen halte ich auch den Betrag von 10 Millionen Euro für durchaus angebracht, weil man muss in dieses Thema nicht reingehen, wenn man 3 oder 4 Millionen Euro nur sagt

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Das ist viel zu wenig.)

und dann hinterher sich damit beschäftigt. Ob das dann nachher reicht oder nicht, das ist erst mal eine andere Frage, Frau Kollegin Oldenburg. Aber ich denke mal, 10 Millionen Euro

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Wenn das so berechnet ist.)

ist erst mal ein vernünftiger Ansatz, auf dessen Basis man diskutieren kann. Und deswegen, sehr geehrte Frau Kollegin Oldenburg, weil Sie selber sagen, das ist zu wenig, will ich jetzt noch mal auf Ihren Antrag zurückkommen.

Wenn man denn tatsächlich ernsthaft, und ich glaube, dieses Bemühen kann ich beiden Koalitionsfraktionen und auch der Landesregierung einfach mal so unterstellen, wenn man ernsthaft über die Frage der Einführung eines Azubi-Tickets hier im Lande sich unterhält mit den Betroffenen, mit den Unternehmen, übrigens auch mit den Verkehrsunternehmen und den kommunalen Aufgabenträgern,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Das ist mir schon alles klar.)

da komme ich gleich noch mal zu, dann muss man auch bereit sein zu sagen, wie wird das finanziert.

Und dann sage ich es, und jetzt komme ich auf Ihren Antrag zurück, da steht dann: „Folgende Prämissen sind insbesondere zu berücksichtigen: … Bei dualer Ausbildung tragen Land und Unternehmen die Kosten.“ Das ist eine gute Überlegung, da habe ich inhaltlich überhaupt kein Problem mit. Ich persönlich – und das ist auch die Position meiner Fraktion – habe da eine ganz klare Haltung. Wir stehen auf dem Standpunkt, dass die Unternehmen in diesem Land sich dann daran beteiligen müssen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das ist auch eine Position, das sage ich auch gegenüber den Kammern und Verbänden immer wieder deutlich, weil letztendlich geht es auch um die Frage von Fachkräftesicherung hier in diesem Land. Und es sind in erster Linie einmal, unabhängig davon, dass es auch eine gesellschaftspolitische Fragestellung ist, aber es sind in erster Linie erst mal die Unternehmen, die ein originäres Interesse an der Fachkräfte- und der Ausbildungssicherung in diesem Land haben müssen. Und natürlich sind sie damit auch in der Pflicht.

Nur, meine Damen und Herren, dann komme ich zu dem Punkt: Mit wem werden denn jetzt die Gespräche geführt? Übrigens, lieber Minister, auch im Zukunftsbündnis, dort sitzen nicht die Unternehmen, dort sitzen die Verbände und Kammern.

Und jetzt sage ich mal allen Interessierten etwas: Die Verbände und Kammern – bei aller organisationspolitischen Hoheit, bei aller gesellschaftspolitischen Verantwortung –, keiner der dort Anwesenden ist in der Lage, für irgendein Unternehmen in diesem Land, was das Azubi-Ticket angeht, eine verbindliche Vereinbarung zu treffen, in der steht, das Unternehmen A zahlt soundso viel Euro. Diese Frage – Herr Kollege Foerster nickt, weil, das ist nun mal so –, diese Frage ist eine der vielen Fragen, die jetzt geklärt werden muss.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Warum sind die nicht schon geklärt?)

Und dann …

Sehr geehrte Frau Kollegin Oldenburg, das kann ich Ihnen ganz einfach sagen, weil es bisher, das ist das erste Mal jetzt, ich glaube, durch die Rede von Herrn Präsidenten Lambusch der VU gekommen, der es deutlich gesagt hat, dass die Wirtschaft, in welcher Form auch immer, überhaupt bereit ist, sich an dieser Frage finanziell zu beteiligen.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Die Wirtschaft beteiligt sich heute schon daran!)

Deswegen steht diese Frage jetzt auf der Agenda.

Und da muss man es auch mal ganz deutlich sagen, es ist ja nicht nur die technische Frage, wie kann ich das ausgestalten, es ist dann auch die Frage, in welcher Höhe will sich die Wirtschaft denn beteiligen. Weil das ist eine ganz einfache mathematische Rechnung: Umso mehr diejenigen geben, die ein eigenes Interesse daran haben, und damit meine ich jetzt zum Beispiel die Unternehmen in diesem Land, umso weiter reicht der Betrag, den das Land denn möglicherweise zur Verfügung stellt.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Aber ich denke, die Landesregierung hat auch ein Interesse an Jugendlichen, oder?)

Natürlich, Frau Kollegin Oldenburg, und deswegen haben wir ja auch 10 Millionen Euro jetzt schon mal bereitgestellt oder wollen sie bereitstellen, weil das Land ein Interesse daran hat. Ich glaube, kein Mensch in diesem Land wird ernsthaft sagen, dass 10 Millionen Euro Peanuts sind.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Das hat ja keiner gesagt!)

Wenn Sie mit dieser Aussage rausgehen würden, ich sage extra „würden“,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Was erzählen Sie denn jetzt für einen Quatsch?!)

wenn Sie mit dieser Aussage rausgehen würden, Frau Kollegin Oldenburg, dann hätten Sie sich am Ende völlig diskreditiert.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Jetzt sind Sie im Konjunktiv und wenn ich das jetzt machen würde!)

So, kommen wir dazu.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ach, Herr Schulte, das steht Ihnen nicht!)

Ja, Frau Kollegin Oldenburg, der Unterschied zwischen uns beiden bei diesem Thema ist, so sehr ich Sie als Bildungspolitikerin schätze,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Quatsch mit Soße!)

aber von Verkehrspolitik haben Sie offensichtlich keine Ahnung.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Arroganz, so was von Arroganz!)

Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dann komme ich mal zum nächsten Punkt, der überhaupt nicht geklärt ist und wo die Gespräche, wo ich es mal offen sage, wo ich den Minister bedauere, weil ich wollte diese Gespräche nicht führen. Das ist die Frage, die nur einmal kurz angerissen worden ist: Wie verhalten sich eigentlich die kommunalen Aufgabenträger und die kommunalen Verkehrsunternehmen? Weil egal, wie hoch ich den Betrag ansetze, ich muss die kommunalen Verkehrsunternehmen und die Aufgabenträger mit im Boot haben, sonst funktioniert das nicht. Und das geht nicht nur,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Aber das ist doch alles selbstverständlich und klar!)

das geht nicht nur, Frau Kollegin Oldenburg …

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Was erzählen Sie denn für Selbst- verständlichkeiten hier?! Meine Güte!)

Frau Kollegin Oldenburg, ich rede jetzt zu Ihrem Antrag, weil Sie das nicht getan haben.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ach, so ein Quatsch!)

Und alle diese Fragen, Frau Kollegin Oldenburg, die muss man klären. Und wenn man sich dann hinstellt und einfach mal sagt, das ist doch alles kein Problem in diesem Land, ihr müsst nur wollen,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Seit zehn Jahren!)

dann sage ich Ihnen eine ganz einfache Geschichte.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Seit zehn Jahren machen Sie alles nur schlecht! – Glocke der Vizepräsidentin)