Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir leben in einer Gesellschaft, in der es vielfältige individuelle Gestaltungsmöglichkeiten gibt. Die Menschen, die Menschen können grundlegend selbstbestimmt leben und ihre Lebensweise frei wählen. Der Lebensweg ist nicht mehr fest vorgezeichnet und in einem engen Raster vorgegeben. Es ist daher unsere Verantwortung, es ist daher unsere Verantwortung, diese Errungenschaften der letzten Jahrhunderte und Jahrzehnte zu wahren und ein kollektives Zurückfallen in eine einseitige tradierte Rollenmustergesellschaft nicht mehr zuzulassen.
Der vorliegende Antrag bezweckt aber genau das, ein Rollback ins vorletzte Jahrhundert, in dem Frauen lediglich an der Seite eines Mannes und eigener Kinder gesellschaftlich akzeptiert waren und Bestrebungen der eigenen Persönlichkeitsentwicklung nur so lange geduldet wurden, wie Frauen ihre angestammte, jedoch oft nicht selbst gewählte Rolle ausfüllten. Die AfD will das klassische, traditionelle Familienbild geschützt wissen.
Was sie aber in ihrem Antrag nicht sagt, ist, dass die Familie als solche gar nicht bedroht und infrage gestellt ist.
Andersherum wird ein Schuh daraus, liebe Kolleginnen und Kollegen, denn vielmehr werden in einer vielfältigen Gesellschaft endlich Lebensweisen nicht mehr bedroht, die ebenfalls ihre Naturberechtigung, Naturgegebenheit und -berechtigung haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bundesweit gibt es 41,4 Millionen Privathaushalte, 11,4 Millionen Familien mit Kindern und 2,6 Millionen alleinerziehende Eltern. Vor dem Hintergrund ist es ein zielführender Ansatz – und darüber sollten Sie mal nachdenken –, die Familienpolitik an den Kindern zu orientieren und nicht an der Lebensweise ihrer Eltern. Kinder zu stärken und zu sagen, Kinderrechte müssen gestärkt werden, Kinderarmut muss beseitigt werden, Familien müssen bestmöglich unterstützt werden, und zwar im Sinne eines vielfältigen Familienbildes in unserer Gesellschaft, das sind die Positionen, die meine Fraktion vertritt,
(Nikolaus Kramer, AfD: Und deswegen haben Sie alle unsere Anträge, die in diese Richtung gegangen sind, abgelehnt.)
und weil wir ein anderes Familienbild haben, werden wir Ihre Anträge, die auf diesen althergebrachten Traditionen beruhen, nie unterstützen. Das unterscheidet uns, und da sage ich, zum Glück, Herr Kollege Kramer, zum Glück!
(Beifall Thomas Krüger, SPD, und Henning Foerster, DIE LINKE – Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Familien können nur so in ihrer Vielfältigkeit gestützt werden, also indem wir die Familienpolitik an den Kindern orientieren und die Kinder auf eine gute, chancengleiche Zukunft schauen können, in der es für ihre persönliche Entfaltung möglichst keine Rolle mehr spielt, welches Geschlecht sie haben oder wie sie sich selbst orientieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, so viel zu den Unterschieden in den Familienbildern zwischen meiner Fraktion und der Fraktion der AfD. Nun zur Genderideologie, und ich sage noch einmal, Sie haben die Genderideologie auf die Sprache reduziert und damit sozusagen Ihre Ungebildetheit
auf diesem Themengebiet deutlich dargestellt, denn international hat sich seit der UN-Weltfrauenkonferenz 1995 der Begriff „Gender-Mainstreaming“ etabliert. Er steht für eine Gesamtstrategie der Herstellung von Ge
schlechtergerechtigkeit. Und dieser Begriff steht eben nicht nur für „Sternchen“ oder „Innen“, so, wie Sie das hier minutenlang ausgeführt haben. Der Begriff hat sich etabliert, aber bei der AfD-Fraktion nicht.
Ja, Gott sei Dank befinden Sie sich da in einer guten Tradition der NPD-Fraktion, die es auch in zwei Wahlperioden nicht begriffen hat, worum es bei GenderMainstreaming geht,
Es geht also um die Herstellung von Geschlechtergerechtigkeit, und dabei, und dabei liegen auch Männer und nicht binäre Geschlechter im Fokus. Die Strategie zielt auf ein Gleichgewicht, etwa bei Chancen für Bildung, Ausbildung und auf dem Arbeitsmarkt, und eine möglichst selbstbestimmte Lebensgestaltung. Das ist Gender-Mainstreaming, und nicht das Sternchen, was Sie hier beklagen.
In den Bereichen, in denen ein Geschlecht strukturell benachteiligt ist, muss es auch weiterhin eine gezielte Förderung geben, um Benachteiligungen abzubauen. Eine gezielte Förderung ist gegenwärtig zum Beispiel noch notwendig bei Frauen in der Arbeitswelt und in der Besetzung von Gremien und Parlamenten oder Fraktionen, Entscheidungspositionen, bei Männern in der Familien- und Sorgearbeit, bei gleichgeschlechtlichen Paaren hinsichtlich der rechtlichen Anerkennung als Familie und der Akzeptanz generell. Das ist Gender-Mainstreaming! Das hat mit „Sternchen“ und „Innen“, Herr Professor Dr. Weber, wie Sie so weise den Kopf schütteln, nichts zu tun, gar nichts!
und das erfolgt alles nicht mit dem Ziel, dass alle müssen, sondern mit dem Ziel, dass alle können, wenn sie wollen. Das ist ein riesengroßer Unterschied!
Außerdem sollte eher in Lebensphasen gedacht werden. Eine Frau, die sich in der Zeit rund um die Geburt und die ersten Lebensjahre des Kindes stärker der Familie widmen möchte, soll dies tun können.
Sie soll aber ebenso eine chancengleiche Bildung erhalten und in einer anderen Lebensphase beruflich aufsteigen können.
ebenso muss es gesellschaftlich mit allen Konsequenzen akzeptiert sein, dass Männer sich der Familie widmen und in der Erziehung die gleiche Rolle spielen wie die Frauen.
(Horst Förster, AfD: Ja, da rennen Sie doch offene Türen ein! – Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)