Protokoll der Sitzung vom 29.06.2022

doch mit der Thematik befassen möge, mit rot-roter Mehrheit noch abgelehnt.

Dann sollte es aber ganz schnell gehen, und die Linkskoalition drohte, das gesamte Parlament zu blamieren, als sich eine Änderung des KiföG im Hauruckverfahren ohne Erste Lesung anzubahnen schien, ohne Grundsatzberatung also. Die CDU wies richtigerweise auf diesen Umstand hin und unsere Juristen sahen ebenfalls erhebliche verfassungsrechtliche Mängel. Die Blamage und eine mögliche Normenkontrollklage wurden so noch einmal abgewendet.

Gleichwohl sind wir uns alle darüber einig, dass die Landkreise und Kommunen jetzt unserer Unterstützung bedürfen. Deshalb wird auch die AfD-Fraktion sich diesem jetzt vorgeschlagenen Schnellverfahren nicht verschließen, denn die Situation in den Landkreisen ist ernst. Wie ernst, das zeigt ein interfraktioneller Antrag, der heute im Kreistag in Rostock auf der Tagesordnung steht.

Ich zitiere daraus: „Insbesondere die sinkenden Schlüsselzuweisungen und die Mehrkosten für die beitragsfreie KITA und die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes führen zu immer höheren Kostenbedarfen des Landkreises“, heißt es da, und dass der Landkreis keine andere Möglichkeit hat, diesen „massiven Anstieg“ über die Kreisumlage auszugleichen und den Mehrbedarf dann an die Kommunen oder auf die Kommunen abzuwälzen.

Weiter wird in der Beschlussvorlage ausgeführt: „Das Land … hat die beitragsfreie KITA eingeführt. Die Anteile des Landes und der Kommunen sind dabei durch … Sätze begrenzt. Die derzeit massiven Kostensteigerungen der Entgelte“ – und das ist mal eine gute Nachricht vor dem Hintergrund des Erziehermangels in MecklenburgVorpommern, dass sich dort was tut und die Entgelte angehoben werden – „müssen durch den Landkreis als Träger der örtlichen Jugendhilfe ausgeglichen werden. Rückwirkende Zuweisungen und Spitzabrechnungen führen zu Defiziten im Haushalt.“ Der Landkreis fordert eine „massive Erhöhung des pauschalen Festbetrages des Landes für die beitragsfreie KITA“. So ist es in der Beschlussvorlage zu lesen.

Hört, hört! Fast könnte man meinen, dass nicht SPD und LINKE den heutigen Gesetzentwurf für die Neuregelung der Finanzierung der kostenfreien Kita geschrieben haben, sondern dass eigentlich die Landkreise hier als Einbringer genannt werden müssen.

Rätselhaft bleibt indes, warum die SPD und DIE LINKE einen ähnlich lautenden Antrag Anfang Juni im Bildungsausschuss – Frau Rösler, Sie sind ja selber im Bildungsausschuss, haben dazu nichts ausgeführt – noch abgelehnt haben. Da wäre die Möglichkeit gewesen, da inhaltlich Stellung zu nehmen.

Und ich weiß auch ehrlich nicht, wie Sie jetzt noch diese, die Meinung der kommunalen Verbände so schnell eingeholt haben. Also, das muss ja wirklich, da müssen Sie ja einen ganz kurzen Draht haben. Theoretisch hätten wir uns da durchaus mehr Zeit nehmen sollen.

Doch ich habe gestern Konrad Adenauer zitiert, der ja sagte: „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern.“ Aber ich will auch nicht den Rest seines Zitats verschweigen, dass da lautet: „Ich bin nie zu alt dazuzu

lernen.“ Dazugelernt haben Sie ja jetzt offenbar, werte Kollegen von den beiden Linksfraktionen, nämlich, dass Sie den Parlamentarismus in Gänze mit diesem Hickhack schweren Schaden zuführen, und hoffentlich werden Sie das für die Zukunft doch beherzigen und den obligatorischen parlamentarischen Weg wählen.

Wir als AfD haben uns schon lange für die kostenfreie Kita eingesetzt, wenngleich unter der Prämisse, die Kitas strukturell und personell so auszustatten, dass nicht die Betreuungsqualität darunter leidet, wie das heute des Öfteren der Fall ist. Wichtig war uns aber auch, dass nicht andere für die Wohltaten der damaligen rotschwarzen Landesregierung zur Kasse gebeten werden und die Regierung nur die Lorbeeren einheimst.

Um dieses heute ein Stück zu heilen, unterstützen wir daher diese neue Regelung zur Finanzierung der Kindertagesförderung in M-V, sagen aber auch ganz deutlich, dass dies nur ein erster Schritt ist und weitere folgen müssen. Wir werden uns also an den Beratungen dazu aktiv beteiligen und freuen uns, dass das Thema dank der Beharrlichkeit der Opposition nun doch noch mal wieder auf die Tagesordnung gekommen ist. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Renz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestern haben wir schon mal von der Ministerin Oldenburg gehört, dass es sehr wohl eine finanzielle Schieflage gibt bei der Finanzierung der beitragsfreien oder kostenlosen Kita in diesem Lande, und zwar zulasten der kommunalen Ebene.

(René Domke, FDP: Hört, hört!)

Jetzt wollen Sie 36 Millionen obendrauf packen, eine Erhöhung von 400 und noch was Euro pro Platz. Das zeigt natürlich auch, wie hoch das Defizit in den letzten Jahren möglicherweise gewesen ist. Ich kenne jetzt nicht die genauen Zahlen, aber wenn Sie die 473 Euro ansetzen mal 10.000 Kinder, dann wundert uns nicht, dass da ein Defizit pro Jahr von 4,73 Millionen zustande gekommen ist.

Und jetzt stellt sich Frau Rösler hier hin und sagt, die kommunale Ebene unterstützt das, sie begrüßt das ausdrücklich. Ich habe auch mit der kommunalen Ebene gesprochen. Frau Rösler, sagen Sie doch dann bitte mal dem Hohen Hause, wer wann konkret wie das begrüßt hat, wer von der kommunalen Ebene überhaupt diesen Gesetzentwurf kennt. Haben Sie von der kommunalen Ebene,

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

wenn die Landesregierung es nicht gemacht hat, Sie vielleicht in die Fraktion eingeladen? Gestern Abend stand noch die SPD bei dem Antrag vorne. Da musste das linke Haus wahrscheinlich getrieben werden, wahrscheinlich sind Sie wenigstens in diesem Punkt aufge

wacht. Also so viel zum Thema „Einbeziehung der kommunalen Ebene“. Dass die kommunale Ebene vom Grundsatz her sagen wird, der Abschlag, wenn der erhöht ist, das passt uns und das begrüßen wir, das ist sehr wohl logisch und menschlich logisch.

Und wenn Sie den Gesetzentwurf nur geändert hätten – statt 4.000 oder 3.473 Euro auf 3.946 – und alles andere nicht geändert hätten, dann hätten wir nicht mal eine Ausschusssitzung, glaube ich, machen brauchen, weil dann ist jeder dafür. Aber Sie ändern ja auch zusätzlich das Verfahren. Die 2,3 Prozent Steigerung, die Sie vorher immer für richtig gesehen haben oder wir möglicherweise auch in der Großen Koalition, die fliegen ja jetzt im Paragrafen 26 auch noch raus. In Paragraf 27, wenn es um die Beteiligung der gemeindlichen Ebene geht, dann sind diese 2,3 Prozent Steigerung ja immer noch drin. Dieser Paragraf wird ja gar nicht angepackt. Das mag ja vielleicht auch gut sein.

Und insofern muss ich doch mal die Frage stellen an jeden einzelnen Landtagsabgeordneten, der sich ausführlich mit diesem Gesetzentwurf befasst hat, ist in einem Hauruckverfahren von 72 Stunden es überhaupt möglich, diesen Gesetzentwurf seriös zu behandeln.

(Enrico Schult, AfD: Sehr richtig!)

Die Frage muss doch mal gestellt werden. Und wenn Sie unsere Geschäftsordnung kennen, dann wissen Sie ja, dass wir unter anderem Anhörungen durchführen, um nämlich die Fachebene, dann könnten Sie die kommunale Ebene nämlich einladen – wobei ich davon ausgehe, dass Sie sich gestern schon ans Telefon gesetzt haben und dafür gesorgt haben, dass die heute Abend mit am Tisch sitzen –, damit wir wenigstens einigermaßen seriös hier über die Bühne

(Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)

das Ganze bringen können. Aber ansonsten ist es so, wenn Sie in die Geschäftsordnung reingucken, und das ist ein Minderheitenrecht und nicht zu Unrecht, auf Antrag einer Fraktion beim Gesetzgebungsverfahren muss eine Anhörung durchgeführt werden.

Und sagen Sie mir doch mal allen Ernstes, wenn Sie heute hier den ganzen Tag sitzen und heute sozusagen nach Dienstschluss dieses Gesetz abschließend beraten werden soll im Finanz- und im Bildungsausschuss, welche fachliche Ebene ziehen Sie dann zu Rate, Sie und wir alle, um hier einen seriösen Gesetzentwurf am Freitag beschließen zu können, um diesen elendigen Zustand, nämlich die Unterfinanzierung der gemeindlichen Ebene, hier zu heilen.

Und wenn ich dann noch im Gesetzentwurf …

Aufgrund der Zeitschiene ist ja nicht mehr drin, und am liebsten wäre Ihnen ja gewesen, ohne Aussprache das Ganze hier zu machen. Und erst auf Wunsch der CDU, dem Sie natürlich sehr gerne nachgekommen sind,

(Heiterkeit bei Christiane Berg, CDU, und René Domke, FDP)

gibt es ja wenigstens noch sechsmal fünf, wo ich mich immer manchmal frage, wollen wir noch ordentliche Gesetze machen oder wollen wir alle schnell nach Hause.

Dann sage ich mal, wenn im Gesetzentwurf auch noch die Verfahrensweise geregelt wird, dass das Bildungsministerium im Einvernehmen

(Anne Shepley, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Unglaublich!)

mit dem Finanzministerium jetzt die Verordnung dann anschließend macht, dann frage ich mich, wo ist denn die Einbeziehung der kommunalen Ebene. Jetzt könnten Sie ja sagen, vorher im Verordnungsentwurf, die werden angehört. Ich glaube, Sie sollten darüber nachdenken im Gesetzgebungsverfahren, ob wir da nicht wenigstens die kommunalen Spitzenverbände irgendwie gesetzlich noch miteinbinden.

Und dann schreiben Sie doch allen Ernstes in der Begründung: „Die Regelung zur jährlichen Festsetzung durch Erlass entspricht im Wesentlichen der Regelung in § 27 … zur Festsetzung der … Gemeindepauschale …“ Die Gemeindepauschale in Paragraf 27 ist im Jahre 2020 gesetzlich festgelegt worden mit 149,33 Euro, im Jahre 2021 – 2,3 Prozent Steigerung – 152,76 Euro. Das war gesetzlich, das waren 2,3 Prozent. Und jetzt in diesem Jahr wurde per Verordnung, und da wirkt nämlich gar keiner mit, der neue Festbetrag auf 167 Euro angesetzt. Das sind über 10 Prozent Steigerung. So viel zum Thema „Inhalt und seriöse Bearbeitung von Gesetzen“! – Herzlichen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Pfeifer.

Sehr geehrte Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vor uns liegt eine weitere Veränderung des Kindertagesförderungsgesetzes. Wir reagieren hier auf die Kritik der kommunalen Ebene, die deutlich gemacht hat, dass die Entwicklung dieser, der Kosten für die Kita sie überfordert.

Zunächst erst einmal muss ich das bestätigen, für die Kommunen ist das eine große Herausforderung. Mir zeigt es aber, dass die Beitragsfreiheit genauso wirkt, wie sie wirken sollte, nämlich in Richtung von deutlich mehr Tarifbindung für Kitaerzieherinnen und Kitaerzieher, und das freut mich außerordentlich.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Mich freut auch, dass die Landesregierung jetzt sehr schnell noch einen Weg gefunden hat, auf diese Kritik zu reagieren, und wir ändern –

(Torsten Renz, CDU: Das ist ein Gesetzentwurf der Fraktionen.)

den wir gemeinsam mit der Landesregierung beschlossen haben – Danke, Herr Renz! –, besprochen haben. Danke, Herr Renz!

Und wir ändern das Verfahren dergestalt, dass wir von einer Kostenerstattung in eine Vorauszahlung gehen. Und

das soll den Kommunen es leichter machen, mit den Abschlägen, die sie vom Land bekommen, Kita zu finanzieren, und da Druck rauszunehmen, und ich halte das für eine richtige Entscheidung.

Da geht es übrigens nicht, Herr Schult, um eine Anhebung des Landesanteils, sondern lediglich um eine Vorziehung oder eine Erhöhung der Abschlagszahlungen.

(Enrico Schult, AfD: Das habe ich auch nicht gesagt, Frau Pfeifer. Hören Sie mal zu!)