Protokoll der Sitzung vom 29.06.2022

Ja, Sie haben ja wahrscheinlich in Ulm irgendwann mal Landwirtschaft versucht zu studieren.

(Zuruf von Thore Stein, AfD)

Das ist auch in Ordnung,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das ist unterste Schublade!)

finde ich auch in Ordnung, finde ich auch in Ordnung, ja, aber ich will Ihnen auch mal eins sagen: Wenn man selber Landwirt ist und die Ernte jetzt beginnt und man mit dem Herzen auch dabei ist, dann ist es eine der anstrengendsten Phasen, die jetzt auf diesen Volkswirtschaftszweig, das ist nach wie vor eines der wichtigsten Volkswirtschaftszweige, die wir auf diesem Planeten haben, nämlich dafür zu sorgen, dass es Lebensmittel gibt, Lebensmittel, Nahrungsmittel. Und wenn man sich insgesamt den G7-Gipfel angeschaut hat, da bin ich im Übrigen auch der Bundesregierung unheimlich dankbar dafür, dass es den Beschluss gibt, den Klub der Sieben auf den Weg zu bringen, nämlich für Klimaschutz und für Ernährung.

Das wird heute alles nicht so ernst genommen, das nehme ich auch zur Kenntnis, weil wir immer noch in der Wegwerf- und Überflussgesellschaft leben dürfen. Aber die Zeiten sind für mich persönlich schon lange vorbei. Wir brauchen eine naturbasierte und den Planeten nicht überfordernde Volkswirtschaftsweise. Wenn das nicht gelingt in den nächsten Jahren, eben hatten wir das Thema der erneuerbaren Energien, wir hatten das Thema der Entwicklung der ländlichen Räume, und wir diskutieren über den Wohlstand und die Zukunft dieses Planeten, und da kann ich nur noch mal sagen, ohne die Landwirtschaft, ohne eine saubere, in der Sache orientierte Volkswirtschaft in diesem Bereich, da gehören die Forstwirtschaft, die Fischerei selbstverständlich dazu, wenn es uns nicht gelingt, den Klimaschutz tatsächlich in den Griff zu bekommen, die Artenvielfalt zu stabilisieren – sage ich immer wieder – und das Wasser sauber zu bekommen und dann noch für gesunde Ernährung zu sorgen, dann haben dieser Planet und die Menschheit und das Ökosystem keine Chance.

Das darf man doch ausdrücklich sagen, und insofern bedauere ich sehr – wir werden in der kommenden Woche die erste Amtschefkonferenz, Sonderagrarministerkonferenz haben –, dass es der Bundesregierung bis jetzt leider nicht gelungen ist, die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik und deren Strategieplan jetzt zu Ende zu bringen. Das bedeutet große Unsicherheit in der Landwirtschaft, müssen Sie einfach wissen. Wir haben keine Rechtssicherheit, wir haben keine Planungssicherheit zurzeit, und es gibt fast 400 Fragen an die Bundesregierung zu dem Strategieplan der Bundesrepublik Deutschland. Und ich hoffe und erwarte ausdrücklich auch von der Bundesregierung, insbesondere von Özdemir und auch von der Bundesumweltministerin, dass wir da schnelle Antworten bekommen, sodass dann 2023, am 01.01, und eigentlich beginnt mit der Ernte, damit habe ich angefangen, damit möchte ich auch schließen, dass

mit der Ernte natürlich die neue Aussaat beginnt, und deswegen brauchen wir jetzt Rechtsklarheit und Rechtssicherheit.

Und ich will abschließend noch mal sagen, die Spezialitäten, die wir jetzt neu in unserem Programm mit aufgenommen haben, das ist der Moorschutz im Übrigen, das ist mir gelungen, dass wir das im Triolog durchgesetzt haben, und auch das ist aus Mecklenburg-Vorpommern ausgegangen, dass wir die Tierförderung bekommen, nämlich die Mutterkühe werden gefördert wieder und auch die Mutterschafe. Und im Übrigen auch, dass die Agrarforstsysteme jetzt förderfähig sind, halte ich für einen sehr, sehr klugen Gedanken, der auch von uns ausgegangen ist. – Herzlichen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Einen Moment, Herr Landwirtschaftsminister! Es liegt ein Antrag auf Kurzintervention vor von der Fraktion der AfD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, herzlichen Dank!

Herr Minister Backhaus, zu Ihrer Information: Ulm hat keine agrarwissenschaftliche Fakultät.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Ich habe auch nicht versucht, Landwirtschaft zu studieren, ich habe einen Abschluss in Landwirtschaft gemacht, und zwar an der Universität in Bonn. Das zu Ihrer Information.

Frau Präsidentin, ich will das nicht, will das nicht kommentieren. Ich wollte Sie ein bisschen herausfordern.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

Ich habe mir das, ich habe mir Ihren Lebenslauf sehr genau angeschaut. Ich weiß, dass Sie in Bonn studiert haben, aber in Ulm geboren sind. Richtig?

(Zuruf aus dem Plenum: Hervorragend!)

Na sehen Sie, dann wissen Sie, was ich mir alles noch nachts anschaue.

(Zurufe aus dem Plenum: Oh, oh!)

Vielen Dank, Herr Minister!

Dann haben wir das auch geklärt, und ich rufe als Nächstes auf

(Minister Dr. Till Backhaus: Sie sollten nicht mit Steinen werfen, Herr Stein!)

für die Fraktion der AfD den Abgeordneten Jens SchulzeWiehenbrauk.

Guten Tag, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nun, muss ich ja sagen, hat der Herr Minister ja schon einiges zu dieser ganzen Thematik gesagt

(Rainer Albrecht, SPD: Das ist keine korrekte Anrede.)

und hat ja auch schon angeführt, dass die Landwirte bis heute zu diesem Tag im Prinzip keine Richtlinien haben, um in die nächste Vegetationsperiode zu gehen. Da muss man noch mal nachhaken und sagen, wie kann es sein, dass man da solche Geduld gegenüber den verantwortlichen Stellen hat. Wie sollen Landwirte überhaupt planen, wenn man dabei in Betracht zieht, dass auch eine ganze Menge Programme, die Sie mit Ihrem Haus ja ins Leben gerufen haben, dabei zu beachten sind? Das kann man im Nachhinein ja nicht mehr richten, das ist Ihnen ja wohl klar.

Und Sie, Sie sagen selber, die ersten Mähdrescher fahren. Jetzt muss in Zukunft auch wieder bestellt werden. Wie soll das im Nachgang funktionieren, wenn zum Beispiel eine Untersaat Pflicht ist? Dann kriegen Sie das im Nachgang nicht hin. Und genau hier haben wir ein Riesenproblem, und deswegen würde ich vorschlagen, Sie wollen ja die Agrarförderung erneuern und weiterentwickeln, ich würde erst mal sagen, konsolidieren Sie das, was Sie haben, damit sie erst mal mit dem klarkommen, was zurzeit ansteht! Erneuern und weiterentwickeln kenne ich aus meiner eigenen Praxis, ich bin selbst Landwirt gewesen. Von der Sache her heißt es immer weiter abschmelzen. Am Ende sind die Zuwendungen nach jeglicher Reform oder Erneuerung geringer als zuvor. Das haben wir in den letzten 20 Jahren immer wieder festgestellt.

Und bei den Programmen, Herr Minister, die Sie ja aufgelegt haben mit Ihrem Haus, sind ja oftmals Gelder, die nicht abgerufen werden und die dann natürlich auch der Landwirtschaft somit nicht zur Verfügung stehen. Da müsste man vielleicht mal, wie gesagt, konsultieren und konsolidieren und sehen, dass die Programme so weit zurückgefahren werden, dass sie durch die Landwirte auch umsetzbar sind. Das ist wirklich sehr wichtig, dort erst mal, ich will mal sagen, Ordnung reinzubringen. Immer wieder neue Programme aufzulegen, die dann keinen längeren Bestand haben als ein Jahr, bringt ja überhaupt keine Beständigkeit in diese ganze Angelegenheit. Und damit machen Sie sich auch keine Freunde, sag ich mal, in der Praxis. Das muss schon praxisnah gemacht sein.

Ich kann das verstehen, Sie als Klimaschutzminister, sage ich mal, haben ja jetzt sozusagen ein neues Krönchen auf. Ich kann das nachvollziehen, das ist ein ganz anderer Wirkungsbereich als Landwirtschaft. Aber zurzeit – und wir haben ja jetzt die Energiekrise, wurde ja heute schon mehrfach davon gesprochen –, zurzeit taumeln wir einer Ernährungskrise entgegen. Die Aktien sind nicht so bestellt, als dass man sagen könnte, wir können hier großzügig mit Agrarflächen umgehen, mit landwirtschaftlicher Nutzfläche und immer neue Wünsche umsetzen, um den Klimaschutz, auf den Mecklenburg-Vorpommern null Einfluss hat, umzusetzen. Wichtig ist an dieser Stelle, erst mal die Ernährung sicherzustellen. Und man muss es …

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Ja, ich meine, wir können, wir können es uns alle nicht vorstellen, wenn es mal nichts zu essen gibt. Das kennt hier keiner, ich auch nicht, gebe ich gerne zu. Wir haben 16,8 Millionen Hektar Ackerfläche in Deutschland. Davon sind 2 Millionen alleine für Energiepflanzen vorgesehen.

Das ist schon ein sehr großer Anteil. Und nun gilt es zu überlegen, ob man umsteuert und sagt, wir stellen erst mal unsere eigenen Bedürfnisse an Nahrungsmitteln sicher, bevor man weiter Energiepflanzen anbaut.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das muss man erst mal sich durch den Kopf gehen lassen, ob man das möchte. Wenn erst mal die Weichen gestellt sind, gibt es da kein Zurück mehr. Wenn Sie 100 Hektar, meinetwegen auch 1.000 Hektar renaturiert haben, dann kriegen Sie das nicht innerhalb von ein paar Monaten wieder umgedreht. Das funktioniert nicht.

(Zuruf von Dr. Harald Terpe, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da müssen Sie schon weiter vorausdenken, und da, muss ich mal sagen, hat die Regierung eine ganz große Verantwortung. Die erste Pflicht ist die Versorgungspflicht und dann kommen die anderen Wünsche. Da kann man nicht einfach so, sage ich mal, nonchalant darüber hinweggehen, das will mir immer nicht gefallen.

Also die Selbstversorgung in Deutschland – wir müssen einmal Deutschland angucken, wir können nicht nur Mecklenburg-Vorpommern angucken, weil MecklenburgVorpommern sich natürlich zu jeder Zeit selber versorgen könnte, aber würde dann wahrscheinlich auf andere Ressourcen verzichten müssen –, also MecklenburgVorpommern versorgt durchaus auch Städte wie Hamburg und Berlin. Die kann man ja nicht einfach links liegen lassen. Wie gesagt Deutschland ist durchaus in der Lage, sich selbst zu versorgen. Zurzeit ist es aber so, dass bis zum 17. September die Nahrungsmittel reichen, wenn man das jetzt mal kalendarisch umrechnen möchte. Den Rest, für den Rest wird importiert.

Bitte kommen Sie zum letzten Satz!

Ach so, ja, wie gesagt, was mir am Herzen lag, ist eben, die Ernährungssicherheit zu sichern, ja, zu realisieren und nicht genauso wie bei der Energiekrise dort einfach so reinzutaumeln. – Danke schön!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Für die Fraktion der CDU hat nunmehr das Wort der Abgeordnete Thomas Diener.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vier Minuten sind ein bisschen knapp für so ein Thema. Gleichwohl werde ich versuchen, bisschen was Wichtiges –

(Sebastian Ehlers, CDU: Fünf Minuten!)

ja, vier und fünf, ja – vor die Klammer zu ziehen.

Es klang ja schon an, im Titel Agrarförderung geht es also vorwiegend um die allgemeine Flächenförderung, nicht um Investitionsförderung. Auch die ist in zweiter

Linie gemeint, aber es geht hier vorwiegend um die Agrarförderung, und zwar auf europäischer Ebene. Wir haben ja vor einiger Zeit eine Landtagssitzung gehabt, da ging es um die Ernährungssouveränität und -sicherheit, für viele vielleicht das erste Mal, dass sie auch dieses Thema in der Form bekommen haben. Und das Problem ist ganz eindeutig die Gemeinsame Agrarpolitik, die wir jetzt haben, also einen Überhang von zwei Jahren. Die war schon mal 2020 zu Ende, ist zwei Jahre verlängert worden. Vor dem Hintergrund, dass man dann sich einig werden würde, ich habe es in der letzten Sitzung schon mal gefordert, ein weiteres Moratorium für weitere zwei Jahre. Hintergrund war, dass man sich, also im Jahr, spätestens im Jahr 2020 politisch nicht einig war, was man wollte. Diese politische Einigkeit ist ja noch weniger da heute als vor zwei Jahren. Und da hatten wir noch kein Corona und hatten noch keine Ukraine-Krise, heißt, wir haben ganz große Probleme, die dazugekommen sind, die wir letzten Endes noch nicht einpreisen können.

Wir haben, um das mal auch konkret zu machen, vor einiger Zeit, 14 Tage ist es her, dass es den Petitionsausschuss gab, da ging es auch um die Petition Klimaschutz, Artenschutz, Ernährungssicherheiten im Rahmen auch einer Anhörung. Da sagt natürlich der zuständige Sachverständige aus dem Bereich Artenschutz, also Artenschutz ist das Wichtigste, alles andere kommt später. Dann sagt der Sachverständige aus dem Bereich Klimaschutz, also Klimaschutz ist das Wichtigste auf dieser Welt, alles andere kommt später. Und der, der hungert, sagt, also erst kommt das Essen und dann kommen die anderen Dinge. Das heißt, wir haben schon eine Güterabwägung vorzunehmen, die vielleicht vor zwei/drei Jahren so nicht vorstellbar war, die man auch …

(Zuruf von Dr. Harald Terpe, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)