Protokoll der Sitzung vom 29.06.2022

Und ich hatte ja gesagt, in welcher Situation sich Sozialleistungsempfängerinnen und Sozialleistungsempfänger befinden. Unser Vorschlag ist eine Erhöhung der Sozialleistungen auf diesem Gebiet von 200 Euro monatlich mehr, nicht als Einmalzahlung, wie das der Fall war, plus 20 Euro je Kind, sondern 200 Euro monatlich. Angesichts der Preisentwicklung können wir nämlich die Uhr danach stellen, dass viele Menschen, die etwas oberhalb des Hartz-IV-Bezugs, also auch durchaus in der sogenannten Mittelschicht leben, Gefahr laufen, ab der Herbst-/Wintersaison ihre Mieten beziehungsweise Energiekosten nicht mehr vollständig leisten zu können. Da sehen wir Gefahren, insofern eine Notwendigkeit.

Wir fordern ein Energieentlastungspaket auch für Rentnerinnen und Rentner, Studierende und Soloselbstständige. Übrigens hat die Soloselbstständigen so richtig keiner auf dem Schirm.

(Sabine Enseleit, FDP: Ja, das stimmt.)

Das finde ich auch nicht in Ordnung, weil gerade für Soloselbstständige sich die Armutsgefahren durch die

Preisentwicklungen ganz deutlich zeigen. Wir finden das gut als Linksfraktion – also bei uns in der Partei gibt es unterschiedliche Auffassungen zu Sinn und Zweck der vom Bundeskanzler anberaumten konzertierten Aktion ab 4. Juli –, wir finden es gut, wenn lohnabhängig Beschäftigte Unterstützung erfahren, das ist keine Frage, aber wir müssen vor allen Dingen diejenigen in den Fokus nehmen, die von Armut bedroht sind.

Zweiter Punkt, den wir mit ansprechen wollen, ist das 9-Euro-Ticket. Das hat sich zu einem Renner entwickelt. Wir sind der Auffassung, es sollte eine Anschlussregelung geben denkbarerweise, weil das natürlich auch mächtig ins Geld geht, nicht 9-Euro-Ticket fortführen, aber 1 Euro pro Tag oder 365 Euro im Jahr. Es zeigt sich, dass es angenommen wird. Das ist auch ein ganz konkreter Beitrag zum Klimaschutz. Also wir schaffen eine Kompensation vor der Preisentwicklung und leisten etwas für den Klimaschutz. Das ist aus unserer Sicht angebracht.

Ein weiterer Punkt, den wir ansprechen möchten, sind gezielte Regulierungen. Es bedarf Regulierungen, zum Beispiel der Verschärfung des Kartellrechts. Da will ja Bundesminister Habeck ran, hat da auch markige Worte gefunden. Seither ist es wieder stiller geworden darum.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Wir gehen mal davon aus, dass da intensiv dran gearbeitet wird. Nur beobachten – also ein Kartellamt beobachtet die Entwicklung, ist ja immer der Blick in den Rückspiegel –, das allein reicht nicht. Als LINKE sprechen wir uns weiterhin dafür aus, die Strompreisaufsicht wieder zu installieren, weil man sich anschauen muss, wie sich Strompreise entwickeln und wo entsprechend Übergewinne erzielt werden, die nicht gerechtfertigt sind.

(Am Rednerpult leuchtet die rote Lampe.)

Zuletzt noch: Wir sind für eine gezielte Besteuerung. Die Übergewinnbesteuerung haben wir an dieser Stelle ins Feld geführt, die ist möglich, die gab es schon im Ersten Weltkrieg, es gibt zwei Varianten.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der FDP)

Eine dav…

Ja, in Frankreich, Großbritannien,...

Herr Koplin, …

… auch in den USA.

… ich würde Sie bitten, …

Ich komme zum Schluss.

… jetzt den letzten Satz …

Die Übergewinnsteuer …

… zu formulieren.

… ist aus unserer Sicht ein angemessenes Mittel, um Übergewinne abzuschöpfen. Dafür sprechen wir uns aus. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Koplin!

Das Wort hat jetzt für die Landesregierung die Ministerpräsidentin Frau Schwesig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste! Das Thema „Preise/Preisentwicklungen“ treibt die Menschen im Land sehr um. Nach dem CoronaWinter ist es ja jetzt wieder möglich, viel mehr Termine vor Ort zu machen, und in allen Bürgergesprächen, aber auch Bürgerbriefen, die wir bekommen, spielen am meisten eine Rolle die steigenden Preise, die steigenden Preise, die die Menschen erleben, wenn sie in den Supermarkt gehen und ganz normale Lebensmittel zahlen wie zum Beispiel Butter, aber auch die steigenden Preise an den Tankstellen – was viele Menschen in unserem Flächenland natürlich ganz klar spüren im Portemonnaie, vor allem die Pendlerinnen und Pendler – und auch die steigenden Energiepreise.

Und deshalb bin ich der Fraktion DIE LINKE sehr dankbar, dass diese Aktuelle Stunde mit diesem Thema aufgerufen worden ist, weil es aus der Sicht der Landesregierung das Thema ist, Energie zu sichern, aber auch gleichzeitig stabile Preise für Bürgerinnen und Bürger darzustellen, gerade das drängendste Thema ist und ein Thema, wo wir nicht als Land alleine mit stehen, sondern wo wir mit der Bundesregierung in ganz, ganz engem Austausch sind. Und deshalb ist es auch so, dass parallel zu dieser Aktuellen Stunde unser Energieminister gerade mit dem Bundesenergieminister und anderen Ländern in einem Call zum Thema Offshore ist, und da hoffe ich, dass Sie Verständnis haben, dass ich mit ihm verabredet habe, dass er das unbedingt machen soll, denn wir müssen bei dem ganzen Thema „Energie, Sicherung von Energie, Ausbau von erneuerbaren Energien“ vorankommen.

Mich bewegt dieses Thema sehr, weil ich natürlich weiß und die ganze Landesregierung mit Blick auf die Einkommenssituation in unserem Land weiß, dass es gerade bei uns viele Menschen sind, die kleine und mittlere Einkommen haben und die jeden Euro umdrehen. Und ich habe nicht vergessen, wie es ist, wenn man jede Mark oder jeden Euro umdrehen muss. Ich bin selber in einer Familie groß geworden, wo meine Eltern jede Mark umgedreht haben. Und ich kann mich gut erinnern – aber das ist mit 20 kein Problem, das ist aber ein Problem, wenn man es erlebt mit 40 oder 50 und Kinder versorgen muss –, aber ich kann mich selber erinnern, wie es war, mit dem ersten Einkommen klarzukommen, und dann letztendlich nach Miete und kleinem Auto und Lebenshaltungskosten nicht mehr viel übrig war. Ich habe einige Jahre in Frankfurt (Oder) gelebt und bin selber über die polnische Grenze gefahren, weil der Sprit in Polen billiger war, so wie viele andere auch. Ich habe auch nicht vergessen, wie es ist, dass man an einer Tankstelle 30 Mark einstellt, weil man nicht für mehr Geld tanken kann, weil man noch ein bisschen Geld für Lebensmittel im Portemonnaie übrig lassen muss.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Heute weiß ich selber, dass ich mit einem Gehalt der Ministerpräsidentin diese Probleme nicht so stark spüre, aber ich habe es nicht vergessen.

Es ist mir wichtig zu sagen – weil es genau das ist, was mich umtreibt und uns alle, glaube ich, umtreibt –, wie wird es vor allem mit Blick auf Herbst und Winter, wenn Energiepreise weiter steigen. Wie kann das gehen für unsere Menschen? 77 Prozent der Menschen mit geringem Einkommen in ganz Deutschland sagen schon jetzt, sie schränkten sich ein. Und einschränken ist etwas anderes als einfach nur, ich gebe mehr Geld aus und habe weniger übrig.

(Torsten Renz, CDU: Genau.)

Und das trifft natürlich auch viele Menschen in unserem Land. Und deshalb ist unsere Aufgabe als Landesregierung, gemeinsam mit der Bundesregierung dafür zu sorgen, dass wir eine stabile Energieversorgung haben, aber dass wir auch bezahlbare Preise haben und dass wir vor allem für Entlastung sorgen. Wir haben die Inflation im Land mit acht Prozent und schon jetzt steigende Energiepreise, und wir alle wissen, dass die Energiepreise weiter steigen werden.

Wir haben sofort nach meiner Genesungszeit eine erste Kabinettssitzung noch im März in der WEMAG gemacht, beim großen kommunalen Energieversorger, und uns dort schon beraten darüber, wie wird es weitergehen. Und das war auch das Thema – stabile Energiepreise/stabile Energieversorgung – auf einer großen Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundesregierung und Ministerpräsidenten und jetzt auch auf der Ost-MPK hier im Land.

Und klar ist, dass es richtig ist, dass Deutschland 2022 aus Atomenergie aussteigt und spätestens 2038 – die derzeitige Bundesregierung prüft ja, ob sie es nicht sogar vorziehen – aus Kohle.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Es wird sich zeigen, ob das richtig ist, Frau Schwesig.)

Klar war aber, diesen Ausstieg haben wir immer unterstützt, auch in der vergangenen Legislatur,

(Petra Federau, AfD: Das war schon immer ein Fehler! – Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

weil es mit Blick auf Klimaschutz richtig ist, aus Atomenergie und auch Kohleverstromung auszusteigen. Und es war klar, dass wir dafür dann an zwei Themen arbeiten müssen, dem Ausbau der erneuerbaren Energien und dass wir Gas als Übergangsversorgung brauchen.

(Thore Stein, AfD: Brauchen wir immer noch.)

Und mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine hat die Bundesregierung – und die Länder unterstützen das – entschieden, dass wir uns von russischem Öl und russischem Gas stärker unabhängig machen. In der Ministerpräsidentenkonferenz ist von allen Ländern unterstützt worden, ich zitiere: „Die Länder unterstützen die Bemühungen des Bundes, eine stärkere Unabhängigkeit von russischen Energieimporten zu erreichen.“ Und Bundes- und Landesregierung sind sich auch einig, dass wir dazu den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen müssen.

Wie Sie wissen, setzen wir schon lange auf den Ausbau der erneuerbaren Energien. Und ich bin dem neuen Bun

desenergieminister sehr dankbar, dass er ein Energiegesetzgebungspaket vorgelegt hat, was möglich macht, dass wir hier schneller vorankommen, denn in den letzten Jahren gab es Hemmnisse, zum Beispiel mit dem Offshoredeckel bei Windkraft auf See. Was Windkraft an Land angeht, haben wir bundesweit seit 2016 eine Regelung, wo wir auch Bürgerinnen und Bürger und Kommunen finanziell am Ertrag beteiligen können.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Wir haben vorgeschlagen, dass das auch bundesweit kommt. Außerdem hat der Landtag in der vergangenen Wahlperiode den Weg zur breiteren Nutzung der Fotovoltaik in Mecklenburg-Vorpommern freigemacht. Wir entwickeln einen Kriterienkatalog, nach dem Solaranlagen auf 5.000 Hektar Ackerland zusätzlich eingerichtet werden können,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das ist völlig katastrophal.)

und 62 Anträge für etwa 4.000 Hektar liegen im Wirtschaftsministerium bereits vor. Wir wollen gemeinsam die Entwicklung der Wasserstofftechnologie und Wasserstoffwirtschaft voranbringen.

(Zuruf von Hannes Damm, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hier gibt es eine Norddeutsche Wasserstoffstrategie. Und wenn wir morgen den Haushalt abschließend diskutieren, werden alleine dort 100 Millionen Euro für dieses wichtige Thema zur Verfügung gestellt.

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)