Ich habe tatsächlich überhaupt gar keine Lust, jetzt die Argumente gegen das Wahlalter 16 noch mal aufzuzählen, wir haben ja etliche davon gehört, und ich frage mich: Sagen Sie eigentlich Ihren eigenen Töchtern und Söhnen auch, dass Sie sie für nicht wahlrechtsfähig halten?
Und ich nehme da schon Angst wahr, und ich frage mich, wovor Sie Angst haben. Machen Sie einfach gute Politik für junge Leute, und dann müssen Sie keine Angst haben!
Die letzten Jahre haben allen gezeigt, dass junge Menschen sehr wohl bereit sind, sich für ihre Belange einzusetzen, und dabei auch gut informiert sind – ob bei „Fridays for Future“, in vielen Initiativen, bei der Aufnahme und Versorgung von Geflüchteten, in Jugendbeiräten, Hochschulgruppen und in Jugendorganisationen unserer Parteien. Außerdem haben wir viele Initiativen der Jugendparlamente in Mecklenburg-Vorpommern, und eine erste Konferenz auf Einladung der Landtagspräsidentin hat das eindrücklich hier in diesem Raum gezeigt. Ich hoffe, wir können dieses Format beibehalten.
Neben den Bundesländern Bremen, Hamburg, Brandenburg und Schleswig-Holstein findet sich Mecklenburg-Vorpommern dann in guter Gesellschaft, jungen Menschen in der politischen Mitbestimmung mehr Gewicht zu verleihen. Schließlich geht es um nicht weniger als ihre eigene Zukunft. Und nicht nur das: Auch Berlin plant im aktuellen Koalitionsvertrag der Ampelregierung, das Wahlalter bei den Bundestagswahlen auf 16 Jahre abzusenken. Selbstverständlich wird Mecklenburg-Vorpommern diese Bestrebungen auf Bundesebene unterstützen.
Ich hatte eingangs gesagt, nicht aufzählen zu wollen, was die Gegner stets anführen, allerdings muss ich einen Punkt doch aufgreifen: Natürlich ist die Absenkung des Wahlalters kein Garant dafür, junge Menschen für Politik zu begeistern oder aber für eine höhere Wahlbeteiligung zu sorgen. Natürlich müssen wir junge Menschen dazu befähigen, ihre Wahlentscheidung auch treffen zu können. Daher wird dieser Prozess der Teilnahme an der politischen Willensbildung zielgerichtet durch die Landeszentrale für politische Bildung und die entsprechende zuständige Stelle für politische Bildung in der Schule im Bildungsministerium begleitet. Und selbstverständlich kann dies nicht nur eine kurzfristige Maßnahme sein, sondern muss eine dauerhafte Aufgabe in der politischen Bildung bleiben.
Wo kann ich mich informieren? Welche Möglichkeiten der Einflussnahme bestehen? Welche Aufgaben haben gewählte Vertreterinnen und Vertreter in den Parlamenten? Die Liste der zu erarbeitenden Antworten ist lang. All das altersgerecht zu vermitteln, wird die Aufgabe der schulischen und außerschulischen Angebote werden müssen, um das Interesse bei jungen Leuten zu stärken und die Chance zu eröffnen, in diesen Altersgruppen eine höhere Wahlbeteiligung zu erzielen. Eine dieser Maßnahmen wird die Juniorwahl sein, haben wir auch schon von gehört.
Mit Fortbildungsangeboten für Lehrkräfte, Materialien für den Unterricht und den Wahlen vor Ort an den Schulen lassen sich Wahlen gut entlang der Praxis erklären und nachvollziehen. Organisatorische Hürden für Lehrkräfte sollen natürlich dabei so gering wie möglich sein. Mit entsprechenden Fortbildungen für Lehrkräfte wird reagiert. Und wir haben bei der Juniorwahl zur Bundestagswahl gesehen, dass mit 120 teilnehmenden Schulen es großen Zuspruch gab. Mit geplanten Infoheften und Erklärvideos lassen sich niedrigschwellig einfache Fragen erläutern. Einer der wichtigsten Kanäle wird natürlich das Internet sein und bleiben. Sämtliche Kanäle der sozialen Medien müssen hierbei genutzt werden, um die jungen Menschen dort zu erreichen, wo sie in ihrem Alltag ohnehin viel Zeit verbringen.
Nicht zuletzt wird auch unsere Enquete-Kommissionen „Jung sein in Mecklenburg-Vorpommern“ dazu beitragen, die Aufmerksamkeit bei Jung und Alt für die Belange junger Menschen zu wecken. Verschiedene, zum Teil auch schon bestehende Veranstaltungen wie „Jugend im Landtag“ sollten natürlich auch weiterhin genutzt werden, um im Gespräch und Austausch zu bleiben. Einen Punkt auf der To-do-Liste der jungen Leute allerdings können wir dann hoffentlich bald abhaken: das Wahlalter 16 bei Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern. Ich freue mich darauf.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleg/-innen! Es ist nur eine Zahl, die in unserem Landes- und Kommunalwahlgesetz geändert werden muss, um der jungen Generation von heute endlich eine Beteiligung an den Weichenstellungen für morgen zu ermöglichen. Nach Paragraf 4 Absatz 1 Nummer 1 des Landes- und Kommunalwahlgesetzes soll es nach dem Entwurf der Landesregierung künftig heißen: „Wahlberechtigt zu Landtagswahlen sind alle Deutschen nach Artikel 116 Absatz 1 des Grundgesetzes, die am Wahltag … das 16. Lebensjahr vollendet haben“. Ich sage es gleich vorweg: Meine Fraktion kann dieses Vorhaben der Landesregierung nur unterstützen.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und Dr. Harald Terpe, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Thomas Krüger, SPD: Sehr schön!)
Wählen mit 16 kann man in Mecklenburg-Vorpommern – das hat der Minister auch schon gesagt – bereits seit 1999 bei den Kommunalwahlen. Nun sollen die gleichen Regeln für Kommunal- und Landtagswahlen gelten. In dem Gesetzentwurf heißt es dazu, ich zitiere: „Die Festlegung des Mindestalters von 16 Jahren für die Wahlteilnahme berücksichtigt, dass diese durch das Demokratieprinzip wie auch die Kommunikationsfunktion der staatlichen Wahlen angesprochenen Fähigkeiten bei Jugendlichen der genannten Altersgruppe im Regelfall bereits so weit ausgeprägt sind, dass ihnen auch die Teilnahme an der politischen Willensbildung eröffnet werden sollte.“
Mit Verlaub, sehr geehrte Kolleg/-innen, das traf auch schon vor zehn Jahren zu. Vor zehn Jahren hat die damalige Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht, der das Wählen mit 16 vorsah, auch bei Landtagswahlen. In der dazu stattfindenden Sachverständigenanhörung des Europa- und Rechtsausschusses sprach sich eine Mehrheit der anwesenden Sachverständigen für die Annahme dieses Gesetzentwurfs zur Absenkung des Wahlalters aus, was damals jedoch keinerlei Wirkung zeigte.
Besonders eindrücklich waren die Stellungnahmen der geladenen Jugendlichen, die an der Veranstaltung „Jugend im Landtag“ teilgenommen hatten. So sagte Katharina Baganz damals, sie spreche sich für eine Herabsetzung des Wahlalters und damit für eine generationenübergreifende Politik aus. Bisher entschieden nur Volljährige über sämtliche gesellschaftspolitische Themen wie Rente, Krankenversicherung, Arbeitswelt und Bildung. Dies betreffe aber viele Tausende Jugendliche im Land, die von den Entscheidungen direkt betroffen seien, so insbesondere bei Reformen im Bereich der Schule. Jugendliche seien die besten Quellen im Bereich der Schul- und Universitätsausbildung, Jugendliche würden gerne mitentscheiden können, wenn es um ihre Bildung gehe oder um ihre Zukunft. Sie würden gerne sehen, wie die Parteien ihre neue Verantwortung wahrnehmen würden, die neue Wählergruppe der 16- bis 18-Jährigen besser einzubinden und dies in ihren Parteiprogrammen auch deutlich zu machen.
Keven Seidel sagte, dass Jugendliche oft als nicht verantwortungsvoll genug eingeschätzt und ihnen unterstellt werde, sie wüssten nicht genau, was sie wählten. Schüler hätten sich jedoch insbesondere durch die geisteswissenschaftlichen Fächer wie Sozialkunde, Geschichte, Philosophie ein umfangreiches Wissen angeeignet. In diesen Fächern würden schon früh aktuelle politische Themen diskutiert und verschiedene ethische Auffassungen vorgestellt sowie ein demokratisches Wertefundament vermittelt. Daher seien Jugendliche teilweise besser dazu in der Lage – besser informiert als Erwachsene, insbesondere bei aktuellen Themen wie dem Klimawandel oder der Europäischen Union –, sie seien in der Lage, differenziert zu denken und sich eine eigene Meinung zu bilden und daher auch politisches Geschehen kritisch unter die Lupe zu nehmen.
Ronja Hingst sagte, durch die Absenkung des Wahlalters würde für die Schüler eine größere Motivation entstehen, denn wenn Jugendliche Politik aktiv mitgestalten könnten, die sie betreffe, dann würde das Interesse daran wachsen. Schüler seien im Unterricht aufmerksamer, wenn Lehrstoff vermittelt würde, den sie anwenden könnten, als wenn sie wüssten, dass sie dies erst in Zukunft betreffen werde. Wichtig sei auch, an den Schulen das Interesse an einer Schülervertretung mehr zu stärken. Bereits an der Grundschule sei es so, dass zunächst ein Kinderrat und erst später eine Schülervertretung gewählt werde. Dort würden den Kindern politische Strukturen vermittelt, sie müssten mit anderen Kindern und Jugendlichen diskutieren. Wenn dies weiter gestärkt würde, könnten Jugendliche sehr gut mit dem 16. Lebensjahr wählen.
Zur Begleitung der Absenkung des Wahlalters und der damit verbundenen Teilnahme an der politischen Willensbildung soll nach dem Gesetzentwurf der Landesregierung eine zielgerichtete Verstärkung der politischen Bildung im schulischen und außerschulischen Bereich vorgesehen werden. In der letzten Sitzung des Innenausschusses, der sich ja bereits mit dem noch nicht in den Landtag eingebrachten Gesetzentwurf befasst hat, konnten mir die anwesenden Vertreter in der Landesregierung nicht sagen, was in dieser Hinsicht geplant ist. Da hat die Landesregierung wohl ihre Hausaufgaben nicht gemacht.
Auch dazu wurde in der von mir bereits erwähnten Sachverständigenanhörung einiges gesagt. Schon damals forderte Jochen Schmidt, der Direktor der Landeszentrale für politische Bildung, man müsse sich Gedanken dar
über machen, wie man sich in Schulen früher mit Themen wie Wahlen oder Parlamentarismus auseinandersetzen könne, und sich die Curricula ansehen. Gerade in dieser Hinsicht sieht meine Fraktion den nun anstehenden Ausschussberatungen mit großem Interesse entgegen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre für die Wahlen zum Landtag Mecklenburg-Vorpommern fordern wir Freien Demokraten auch schon seit Jahren. Das war natürlich auch bei uns parteiintern ein langer Prozess, da muss man irgendwie auch erst mal zu der Erkenntnis gelangen. Das ist aber bei uns schon lange Beschlusslage. Insbesondere die Jungen Liberalen haben das bei uns immer ganz aktiv vorangetrieben. Und da muss man sich mal überlegen, Mitglied in einer politischen Jugendorganisation kann ich werden mit 14 Jahren, Mitglied in einer politischen Partei kann ich werden mit 16 Jahren, das heißt doch, auch alleine schon bei diesen Begrenzungen im Alter sagen wir, ab da beginnt politische Willensbildung, ab da kann ich politisch aktiv mitgestalten.
Und machen wir uns doch an den Stellen nichts vor: Wenn wir die ganzen Listen zusammenstellen für die Wahlen, dann müssen wir ja unsere Mitgliederversammlungen machen, dann dürfen die Leute aber nur wählen, wer auf die Liste kommt, wer dann auch irgendwie entsprechend das Wahlrecht hat dafür. Das heißt, also auch in unseren Parteistrukturen grenzen wir doch auch gleich wieder die 16- bis 18-Jährigen aus, obwohl sie schon Parteimitglied sein dürfen, aber für die Wahl nicht wählen dürfen. Das ist doch auch ein Zustand, der an der Stelle gar keinen Sinn ergibt.
Wir sind eine konstruktive Oppositionsfraktion, und daher werden wir – ich denke, das wird wenig wundern an dieser Stelle – auch der Überweisung in die Ausschüsse und hoffentlich am Ende, wenn das Ganze aus den Ausschüssen rauskommt, diesem Gesetzentwurf auch entsprechend zustimmen. So viel Konstruktivität würde ich mir auch ganz gerne von der einen oder anderen Regierungsfraktion hier und da mal wünschen, aber wir haben ja noch ein paar Jahre.
Aber bei den 16- bis 18-Jährigen, das Argument ist ja vorgetragen, na ja, volljährig bin ich ja irgendwie erst ab 18, und ab dann beginnt das ganze Leben auch erst, das ist ja so gar nicht die Lebensrealität, das stimmt doch an der Stelle gar nicht. Auch hier müssen wir doch immer sehen, dass dieser Schritt vom Kindsein zum Jugendlichensein, zum Erwachsenensein auch ein kontinuierlicher Prozess ist. Das ist doch nicht irgendwie mein 18. Geburtstag, mit dem das Leben plötzlich beginnt, ich zu Hause ausziehe und die Welt mir dann offensteht. Das beginnt doch alles schrittweise viel früher. Gucken wir uns doch mal an, mit 16 Jahren habe ich doch in der Regel meine Mittlere Reife, mit 16 Jahren beginne ich doch in der Regel meine Ausbildung, mit 16 Jahren kann
ich von zu Hause ausziehen, mit 16 Jahren bin ich ein aktiver Teil dieser Gesellschaft. Und ich finde, an dieser Stelle ist es auch wirklich nur fair und richtig zu sagen, dass man hier auch mitgestalten darf und mitbestimmen für das, was in der Zukunft passiert.
Wir müssen auch immer sehen, dass Verantwortung auch etwas ist, was man annehmen muss. Wir übergeben quasi Jugendlichen hier die Verantwortung, wählen zu dürfen, wir übergeben Jugendlichen hier die Verantwortung und auch die Macht und die Möglichkeit, mitbestimmen zu dürfen. Und alleine doch an der Stelle, wo ich die Möglichkeit habe, tatsächlich selber aktiv zu werden, beschäftige ich mich doch noch mal umso mehr damit. Und ich wachse doch, mit mehr Verantwortung wachse ich doch Stück für Stück auch persönlich, auch als Mensch. Und mit dieser Möglichkeit glaube ich, dass wir ganz, ganz große Schritte nach vorne machen werden.
Aber – das ist auch schon gesagt worden – Voraussetzung für politische Mitentscheidung ist auch immer, dass junge Menschen die notwendige politische Bildung dafür auch erfahren.
Und den Weg bis 16 Jahre verbringen die meisten Jugendlichen hoffentlich in der Schule. Es ist ein ganz guter Ansatzpunkt, natürlich dann auch in der Schule politische Bildung entsprechend zu vermitteln. Und ich glaube, auch da, wenn wir das ganze Thema „Schule und Mitbestimmung in der Schule“ sehen – und ich habe das so von den Reihen da irgendwie hinten so gehört, na ja, die dürfen ja irgendwie ihren Klassensprecher wählen –, da gehört noch viel mehr mit dazu, denn wir haben doch auch eine Schülervertretung jeweils in der Schulkonferenz. Wir versuchen aktiv, Schülerinnen und Schüler dazu zu ermutigen, auch in ihrer Schulgestaltung mitzuwirken. Wenn wir jetzt auch im Schulgesetz noch irgendwie in die Richtung gehen und sagen, ein bisschen mehr freie Schule und selbstständige Schule, dass man auch vor Ort noch mal mehr entscheiden kann, gibt man natürlich den Entscheidungen vor Ort noch mal mehr Gewicht. Aber das müssen wir an anderer Stelle auch noch mal diskutieren.
Aber, liebe Landesregierung, an der Stelle nehmen wir Sie auch nicht aus der Verantwortung, geben Ihnen hier auch als Landtag den Auftrag mit, die politische Bildung zu stärken in den Schulen. Und wir werden das als Oppositionsfraktion natürlich auch dauerhaft und kritisch beurteilen und gucken, dass das, was am Ende rauskommt, auch entsprechend stimmt und wir mit guten motivierten Jugendlichen in die nächste Landtagswahl gehen können. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! Ich freue mich auf die Debatte.
Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 8/737 zur federführenden Beratung an den Innenausschuss und zur Mitberatung an den Rechtsausschuss sowie an den Sozialausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 11: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Landesverfassungsschutzgesetzes und des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes an verfassungsgerichtliche Vorgaben und weitere bundesrechtliche Anforderungen zur Bestandsdatenauskunft, Drucksache 8/756.
Gesetzentwurf der Landesregierung Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Landesverfassungsschutzgesetzes und des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes an verfassungsgerichtliche Vorgaben und weitere bundesrechtliche Anforderungen zur Bestandsdatenauskunft (Erste Lesung) – Drucksache 8/756 –