Protokoll der Sitzung vom 06.10.2022

Nun würden Sie sagen, es reicht ja, wenn wir die Pläne bis zum Winter haben, aber der Krieg herrscht bereits seit Februar. Ich hätte mir die Pläne Anfang des Sommers gewünscht. Warum? Nicht, weil mir alles, was Sie hier tun, grundsätzlich zu spät, zu wenig und so weiter immer ist als Opposition, sondern weil es ein reales Problem ist, dass sich die Lücken erst jetzt offenbaren, die zur Umsetzung der neuen Pläne geschlossen werden müssten. Die Beschaffung entsprechender Materialien, beispielsweise der Ausstattung für die Wärmeinsel, also Wärmezelte, Wärmehallen oder auch Trinkwassertankwagen, jetzt zu Beginn – erst jetzt – ist ein großes Problem, ist der Markt doch bereits in den letzten Monaten von allen, die vorausschauender als wir gehandelt haben, leergekauft worden. Lieferzeiten betragen jetzt 36 Monate und mehr. Meine Damen und Herren, dann ist es wirklich ein bisschen zu spät!

Ich wünsche mir, dass die Regierung jetzt die Landkreise bei der Beschaffung der notwendigen Ausrüstungen unterstützt oder die Beschaffung gleich zentral organisiert oder zumindest koordiniert, denn die Berichte, die uns und auch mir persönlich von den handelnden Akteur/-innen in den Regionen vorgetragen werden, offenbaren angespannte bis chaotische Zustände. Und insofern kann ich es nur unterstützen, dass das Parlament sich heute mit dem Katastrophenschutz beschäftigt und der Landesregierung hier ordentlich Feuer macht.

Ich hoffe nicht, dass es nötig wird, diese Mittel jemals einsetzen zu müssen. Aber in eine Lage zu kommen, in der wir sie einsetzen müssten, aber nicht können, das möchte ich mir wirklich nicht vorstellen. Und wenn Sie als regierungstragende Fraktionen diesem Antrag schon nicht gesichtswahrend zustimmen können, so nehmen Sie ihn wenigstens als Anstoß, hier endlich im Sinne der Menschen in unserem Land beim Katastrophenschutz auch mal aufs Gas zu treten! – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und Sebastian Ehlers, CDU)

Vielen Dank, Herr Damm!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD Frau Tegtmeier.

(David Wulff, FDP: Ich dachte, Herr Albrecht kommt. – Rainer Albrecht, SPD: Wir haben mehrere gute Leute. – Heiterkeit bei David Wulff, FDP – Heiterkeit bei Sebastian Ehlers, CDU: Rainer spricht nur einmal im Jahr hier.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Also für das Thema sind fünf Minuten wirklich verdammt wenig, das ist richtig.

(Heiterkeit bei Sebastian Ehlers, CDU: Ja. Beschweren Sie sich bei Ihrem PGF! – Heiterkeit bei Thore Stein, AfD – Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Wenn hier aber die Rede ist von „70 Jahre Katastrophenschutz“ und, Herr Wulff, Sie dann sagen, so eine Situation hat es noch niemals gegeben, dann muss ich sagen, ganz so ist es ja auch nicht. Wenn man darauf abzielt, dann muss man auch noch mal ein bisschen gucken, wie hat sich der Katastrophenschutz entwickelt. Und seit 70 Jahren – es sind noch nicht ganz 70 Jahre, glaube ich, 1958 wurde das erste Bundesamt gegründet –, damals ging es hauptsächlich darum, einen nuklearen Schlag zu verkraften, zu verarbeiten, die Bevölkerung zu schützen, die Bevölkerung hinterher zu versorgen. Nach Ende des Kalten Krieges war das natürlich nicht mehr der Fokus. Aber auch zwischen diesen beiden Ereignissen – also der Gründung des Amtes und der Beendigung des Kalten Krieges – hat es ein Großereignis, will ich es mal nennen, in der Bundesrepublik Deutschland gegeben. Und zwar war das 1973 – ich in meinem Alter kann mich noch daran erinnern, ich bin ja auch aus Westdeutschland zugewandert sozusagen –, da gab es nämlich autofreie Sonntage.

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

Und warum gab es die? Weil wir eine akute Ölmangellage hatten. Da wurde Öl als Druckmittel, als politisches Druckmittel verwendet und es gab ein, ein – wie hieß das so schön –, ein Energiesicherungsgesetz und nach diesem Gesetz konnte man die Preise oder konnte die Regierung die Preise für Öl deckeln. Kommt Ihnen das alles irgendwo ein bisschen bekannt vor? Also es gab verschiedene Lagen in der Bundesrepublik Deutschland und unser Bevölkerungsschutz hat sich immer weiterentwickelt und sich auf neue Situationen eingestellt.

Nach Beendigung des Kalten Krieges gab es ja auch wieder Situationen, wo man den, ich sag mal, etwas abgerüsteten Bevölkerungsschutz wieder anders aufgestellt hat, weil man sagt, das ist erforderlich, wir haben Probleme gerade mit unserer kritischen Infrastruktur, die muss geschützt werden. Wir hatten, wir hatten das Ereignis am 11. September 2001 in den USA, wir hatten die Jahrhundertflut und so weiter und so fort. Da wurde auch auf Bundesebene sich vollkommen neu aufgestellt, um solchen Ereignissen besser begegnen zu können, weil viele ja auch nicht regional begrenzt sind, sondern übergreifend muss man das ja auf allen Ebenen betrachten. Also der Bund ist nicht, nicht vollkommen raus, obwohl diese Aufgabe ja originär also bei Land mit seinen Kommunen in der Zuständigkeit liegt, aber die Herausforderungen ändern sich ja nach wie vor und werden nicht weniger.

Und heutzutage warnt die Warn-App NINA – hatte der Minister ja schon angeführt –, angebunden an das satellitengesteuerte modulare Warnsystem über Smartphone, vor Gefahren. Aber ein leistungsstarker Zivilschutz funktioniert natürlich nur unter Mitwirkung auch aller Menschen, aller Bürgerinnen und Bürger. Und aus diesem Grund gibt auch das BBK Ratgeber und Empfehlungen heraus, die an alle Menschen gerichtet sind, wie sie sich selber versorgen, schützen, aufstellen, um mit solchen Gefahrenlagen auch umgehen zu können. Und es gibt ja auch die Broschüre „Ratgeber für Notfallversorgung und richtiges Handeln in Notsituationen“ mit Hinweisen, Checklisten für den Notfall im Internet als gedruckte Version oder als PDF-Datei.

Es wurde hier mehrfach gesagt und trotzdem wiederhole ich es auch noch mal, die kommunalen Feuerwehren mit mehr als einer Million Feuerwehrmännern und -frauen

sind das Rückgrat der Gefahrenabwehr. Sie nehmen mit den Aufgabenbereichen Brandschutz, technische Hilfeleistung und ABC-Gefahrenabwehr auch im Katastrophenschutz die Aufgaben wahr, die den Kommunen ja bereits über die Brandschutzgesetze der Länder als Pflichtaufgabe zugewiesen sind. Dazu kommen Organisationen wie THW, DLRG, DRK, Wasserwacht und so weiter, die sich zur Mitwirkung beim Katastrophenschutz verpflichtet haben, und auch hier wird maßgeblich im Ehrenamt gearbeitet.

Also insgesamt haben wir mehrere Millionen ehrenamtlich Tätige, die für den Katastrophenschutz, für die Hilfeleistungen zur Verfügung stehen. Und auch ich möchte mich an dieser Stelle ganz, ganz herzlich noch mal bei allen Ehrenamtlichen bedanken, die diese schwere Aufgabe wahrnehmen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und Hannes Damm, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ging noch schneller, als ich dachte, meine rote Lampe leuchtet schon.

Also, meine Fraktion hält Ihren Antrag für nicht erforderlich. Der Innenminister wird uns weiterhin informieren. Ihr Antrag ist für uns auch nicht wirklich rund, wir werden ihn deshalb ablehnen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Tegtmeier!

Das Wort hat noch einmal für die Fraktion der FDP Herr Wulff.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Vielen Dank erst mal für die unaufgeregte Debatte zu dem Thema und die Wertschätzung, insbesondere auch für die vielen ehrenamtlichen Katastrophenschutzhelferinnen und -helfer! Den Dank nehme ich auch gerne an, ich bin auch Teil dieser Einheiten. Und ich bin da auch dem Kollegen Mucha, Vorsitzender des Innenausschusses, sehr, sehr dankbar, dass er auch am vergangenen Wochenende beim ersten Norddeutschen Biwak der Katastrophenschutzeinheiten mit dabei war und sich auch selber vor Ort mal ein Bild verschafft hat von den Einheiten und den Fähigkeiten, die unser Katastrophenschutz hier, aber auch in anderen Bundesländern zu bieten hat.

Was wir im Innenausschuss besprochen haben, ist natürlich alles auch weitestgehend nicht öffentlich. Und ich hatte ja auch gesagt, das ist mir durchaus ein Anliegen, dieses Thema breiter in die Öffentlichkeit zu tragen. Das wird auch – das kann ich versprechen – nicht das letzte Mal sein, dass wir uns mit dem Thema Katastrophenschutz hier im Landtag beschäftigt haben. Spätestens zur nächsten Haushaltsdebatte werden wir das wieder drauf haben.

Und, Herr Minister Pegel, dass das Ahrtal jetzt kein gutes Beispiel dafür ist – ich hatte da noch eine andere Intention dahinter, denn das Land Rheinland-Pfalz hat nämlich daraus eine Konsequenz gezogen. Das Land RheinlandPfalz, also der Landtag, hat jetzt eine Enquetekommission zum Thema „Zukunft des Katastrophenschutzes“ einge

setzt. Das ist etwas sehr Wichtiges, eine sehr wichtige Erkenntnis. Und ich muss auch da sagen, natürlich, ich will hier nicht despektierlich gegenüber allen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern sein, wie gesagt, ich bin Teil dieser Einheiten, aber ich weiß halt auch aus der Praxis und von vor Ort, das Ganze ist nicht mit der Aufmerksamkeit in den letzten Jahren bedacht worden, die es eigentlich verdient hätte.

Und auch bei den Notstromersatzgeräten, ich habe da auch nicht von Privathaushalten gesprochen, auch im Innenausschuss nicht. Also mir geht es schon eher auch um größere Ersatzgeräte, die wir da mit drin haben.

Und auch im Innenausschuss, wenn wir jetzt schon mehrfach gehört haben, ja, es gibt ja diese Broschüren vom BBK, das DRK hat auch noch einige Broschüren dazu aufgelegt, dann ist es natürlich jetzt eine Entwicklung, wenn ich jetzt hier im öffentlichen Plenum vom Minister die Ansage bekomme, ja, da wird es noch Aufklärung geben, da wird noch was kommen, auch mit den Materialien vom BBK. Das ist auch völlig in Ordnung. Wir müssen das Rad im Land nicht selber neu erfinden. Aber im Innenausschuss war die Aussage noch, na ja, das gibt ja, da kann sich ja jeder irgendwie selber mit beschäftigen und darauf zugreifen. Und ich finde, das ist doch schon mal eine Entwicklung, wo ich sehr froh darüber bin.

Und Herr Schneider hatte den Winter 1978/79 noch mal angesprochen, auch da, also ich war jetzt persönlich nicht dabei,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Dr. Harald Terpe, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

kenne aber durchaus die Geschichten und die Bilder dazu, und auch da war es halt so, dass die Armee –

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

und so ist es ja auch in vielen, in vielen Katastrophensituationen auch heutzutage –, dass wir uns eben auch auf die Bundeswehr verlassen haben, dass die Bundeswehr hilft. Und da können wir auch den Kameradinnen und Kameraden bei der Truppe äußerst dankbar sein an der Stelle. Allerdings haben die aktuell ihrer Kernaufgabe nachzukommen und deutlich andere Sachen zu tun,

(Beifall René Domke, FDP)

sodass wir uns hier zivil doch wieder auch verstärken müssen.

Und Herr Reinhardt, Frau Tegtmeier und Herr Damm schieben immer so schön THW und die Feuerwehr nach vorne. Natürlich sind die wichtige Stützen im Brandschutz, aber auch Teil im Katastrophenschutz. Aber DRK, ASB, DLRG und Co, da sind die Sanitätszüge, wir haben die Betreuungszüge, wir haben die Wassergefahrenzüge, wir haben die Medical Task Forces, die elf große Wärmezelte zur Verfügung stellen können, wenn sie denn angefragt werden. Ja, Frau Tegtmeier hat es auch kurz miterwähnt gehabt.

Wir haben auch bei den Betreuungszügen – Ralf Mucha wird sich, ich weiß nicht, ob Sie da in der Zeltstadt auch noch mitgewesen sind –, auch in allen Einheiten haben wir Zeltheizungen, können die aufbauen und die zur

Verfügung stellen. Das haben wir in allen Landkreisen da, das kann man auch bei Bedarf immer wieder abfordern. Deswegen ist es auch wichtig, diese Einheiten frühzeitig in die Planung miteinzubeziehen, sicherzustellen, dass die im Zweifel noch mal Technik nachordern können für den Fall, dass es notwendig ist.

Und Herr Noetzel ist noch mal auf den Punkt eingegangen, die Notfallpläne der Unternehmen der kritischen Infrastruktur, die sind da. Ich habe da auch noch mal mit meinem Landrat drüber gesprochen gehabt. Und die haben sich auch darüber beschwert, die Unternehmen der kritischen Infrastruktur, die sind ja nicht verpflichtet, ihre Notfallpläne, dem Landkreis als untere Katastrophenschutzbehörde ihre Pläne mitzuteilen. Das ist ein Problem in der aktuellen Lage, weil wenn die untere Katastrophenschutzbehörde nicht weiß, wie sich dann die Unternehmen der kritischen Infrastruktur tatsächlich selber helfen können oder an welchen Stellen sie im Zweifel noch unterstützen müssen, dann plane ich eventuell falsch. Das ist ein Problem, was an der Stelle noch mal angegangen werden muss.

Ich denke, in der Debatte ist deutlich geworden, wir alle verfolgen das gleiche Ziel. Ich denke, das Problem oder die Problemlage ist so weit allen bewusst. Ich freue mich auch auf die weiteren Debatten dazu im Innenausschuss, aber bitte auch gerne in der Öffentlichkeit in der gebotenen Unaufgeregtheit. Und lassen Sie uns alle hoffen, dass die Lage so nicht eintreten wird! – Danke schön!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Wulff!

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 8/1366. Wer dem zuzustimmen wünscht, bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Danke schön! Damit ist der Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 8/1366 bei Zustimmung durch die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP, Enthaltung durch die Fraktion der AfD und Ablehnung durch die Fraktionen DIE LINKE und SPD abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 21: Aussprache gemäß Paragraf 43 Nummer 2 unserer Geschäftsordnung zum Thema „Deutschland wiedervereinigt und gespalten – eine Bilanz“.

Aussprache gemäß § 43 Nummer 2 GO LT zum Thema Deutschland wiedervereinigt und gespalten – eine Bilanz

Gemäß Paragraf 84 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung ist eine Aussprachezeit von bis zu 71 Minuten vorgesehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Fraktion der AfD Herr Förster.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 32 Jahre ist Deutschland nun wiedervereinigt. Das ist und bleibt großartig.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)