Protokoll der Sitzung vom 25.01.2023

(Zuruf von Hannes Damm, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir weitergehen in Ihrem Gesetzesentwurf, gibt es ja noch den ganz spannenden Absatz 3 Nummer 3, und der soll letztlich eine Genehmigungsversagung beinahe komplett aushebeln, wenn das überwiegende öffentliche Interesse an einer energetischen Sanierung letztlich den Denkmalcharakter überwiegt. Denn es ist aktuell so, wenn man sich ein wenig mit der Denkmalpflege befasst und mit der Sanierung von Denkmälern,

(Zuruf von Hannes Damm, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dann ist es häufig so, dass eben der Charakter des Denkmals über der energetischen Sanierung steht. Und das nimmt zum Beispiel Denkmäler auch aus von den Vorschriften aus dem Gebäudeenergiegesetz oder der Energieeinsparverordnung, wie es früher hieß.

Und neben dem finanziellen Aufwand, der natürlich mit diesen Vorschriften verbunden wäre, eben ein historisches Gebäude auf die heute geltenden Dämmstandards hochzurüsten, ist es letztlich auch so, dass diese Maßnahmen häufig den Gebäuden überhaupt nicht guttun und letztlich nicht nachhaltig sind, sondern die Gebäude nach und nach zerstören. Denn mit dem Gesetz wäre es so, Sie würden sagen, jemand hat Anspruch zu sagen, um mein Gebäude energetisch zu sanieren, kann ich jede Maßnahme ergreifen, weil es ja das höhere öffentliche Interesse ist, und die Denkmalbehörde könnte dem nicht mehr widersprechen, weil ja eben dieses energetische Sanierungsvorhaben über dem Anspruch steht, das

Denkmal zu erhalten. Und das ist natürlich abzulehnen. Da sind Sie eben auch gar nicht drauf eingegangen.

(Zuruf von Hannes Damm, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und zum Abschluss möchte ich noch eines sagen, Herr Damm, wenn Sie hier davon sprechen, dass hier irgendjemand ein Kulturbanause sein soll, gerade im Bereich Denkmalschutz: Viele dieser Denkmalbauten im ländlichen Raum leben vom Tourismus, der gesamte ländlichen Raum lebt zunehmend vom Tourismus. Und wenn wir unser ganzes Land mit Hunderten und Tausenden von Windkraftanlagen zubauen, dann werden diese Touristen fernbleiben. Und es gibt einen ganz spannenden Tipp für jemanden, der Kultur und Landschaft erleben möchte ohne Windräder: Der fährt einfach ein Stück weiter östlich nach Polen, da sieht es nämlich viel idyllischer aus. Und somit lehnen wir Ihren Antrag ab.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Für die Fraktion der CDU hat das Wort die Abgeordnete Katy Hoffmeister.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie sehen mich, wenn ich hier stehe, sozusagen in einer Zwickmühle, sowohl persönlich als auch als Abgeordnete, wenn ich das so sagen darf, im Übrigen nicht als Juristin, denn da liebe ich es, Abwägungsentscheidungen zu treffen, vor allem auch im Einzelfall. Das ist uns ja geradezu immanent.

Die BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fassen mit ihrem vorliegenden Gesetzentwurf das Denkmalschutzgesetz an, mein Tanzbereich sozusagen als kulturpolitische Sprecherin, gleichzeitig aber verbunden mit dem Thema erneuerbare Energien, ein Spannungsfeld, das klar auf der Hand liegt und mich deshalb in eine Zwickmühle zwingt. Das will ich hier an dieser Stelle deutlich sagen, insbesondere deshalb, weil es sich natürlich auch um ein sehr emotionales Thema handelt – gesellschaftspolitisch von absoluter Zustimmung und uneingeschränkter Erlaubnis auf der einen Seite bis hin zur Ablehnung, Missfallensausdrücken und Begriffen wie „Verspargelung der Landschaft“ auf der anderen Seite.

Und ich will es deshalb auch in diesem Falle mal persönlich machen: Sie wissen, ich komme aus Bad Doberan, eine Stadt 1171 erstmalig urkundlich erwähnt, ein Ort mit langer Tradition, historisch geprägtes Stadtbild, eine Vielzahl von Denkmalen. Ortsteile wie Heiligendamm und Althof sind Ihnen sicherlich bekannt. Die prägen nicht nur das Bild, vor allem aber den historischen Kontext meiner Stadt, aber auch für ganz M-V. Warum sage ich das hier so exponiert? Weil das heißt, Denkmalschutz allenthalben.

Und jetzt, lieber Herr Damm, soll ich mit einem Satz in der Begründung diesem Denkmalschutz nicht mehr Rechnung tragen oder in anderer Weise Rechnung tragen. Für Windenergieanlagen, die außerhalb von ausgewiesenen Windenergiegebieten geplant werden, soll die denkmalschutzfachliche Prüfung ausschließlich für eine abschließende und verbindliche Liste an Denkmälern erfolgen. Diese sollen besonders bedeutsame, raumwirksame und

landschaftsprägende Bau- und Bodendenkmäler erfassen. Im Kern – jedenfalls so mein Verständnis – bedeutet das, ich soll also Denkmäler erster und zweiter Klasse ausweisen. Und, lieber Herr Kollege Damm, wirklich?

Ich versuche mich noch mal an zwei Beispielen und ich spitze absichtlich zu. Sie haben gerade auf die Silhouette von Greifswald hingewiesen. Ich würde mal eine andere Silhouette nehmen, nämlich die von der Perlenkette in Heiligendamm – alle denkmalgeschützt. Da würden Sie vermutlich sagen, Denkmal erster Klasse, Ensembleeingriff denkbar, also Einzelabwägungsentscheidung erste Klasse. Anderes Beispiel: Ortsteil Althof, Wiege, Geburtsort von Bad Doberan, 1171, Grablege unter der Kapelle, selbstverständlich denkmalgeschützt, von Woizlawa. Sie kennen Sie alle, das ist die Gattin von Pribislaw, gestorben 1172, Kapelle alleinstehend in einem parkähnlichen freien Gelände. Windräder kann man da theoretisch in unmittelbarer Nähe, sicherlich auch unter Berücksichtigung von Abstandsflächen, gut aufstellen. Ich lade Sie ein, sich das im Zweifel mal anzusehen. Würden Sie jetzt sagen, Silhouette prägend, Denkmal zweiter Klasse, keine Prüfung im Einzelfall?

(Zuruf von Hannes Damm, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das sind die Fragen – ich habe Ihren Antrag verstanden und vor allem Ihre Begründung ausführlich gelesen und mehrfach –, das sind die Fragen, die ich mir stelle und hierfür ehrlicherweise keine abschließende Antwort gefunden habe. Und ich habe Zweifel, dass das so schlicht sein dürfte, eine Kategorisierung vorzunehmen.

Was ich in den letzten Minuten hier vorgenommen habe, ist eine unzureichende Kategorisierung, also selbst eine vorweggenommene Abwägungsversuchsentscheidung bei der Aufstellung einer Liste. Es liegt darin aus meiner Sicht viel Streitpotenzial. Und diese zu erstellende Liste der Denkmäler, die Sie vorschlagen, bedeutet einen vorweggenommenen Abwägungsprozess, und das müsste aus meiner Sicht gut überlegt sein. Und die Frage, die sich mir stellt, ist: Ist das überhaupt möglich? Ist eine abschließende Benennung von Denkmälern überhaupt denkbar? Und ist sie vor allem denkbar mit Blick darauf, dass wir insbesondere Bodendenkmäler haben, die wir in ihrem Umfang zum Zeitpunkt der Listenerstellung nicht oder noch nicht hinreichend erkennen können? Ist eine pauschale Kategorisierung also hilfreich?

Und kommen Sie mal mit mit mir auf die letzte Sitzung! Ich mache mal einen Schlenker noch mal in das Tollensetal: Tal der Könige in Ägypten, das Angkor Wat von Südostasien, der Schatz des Priamos, der Machu Picchu in Südamerika.

(Heiterkeit bei Thore Stein, AfD)

Die besondere Wortwahl war vielfältig und blumig. Aber wäre beim Fundjahr 1996 jemandem klar gewesen, was das bedeutet hätte? Was hätten Sie mit diesem Bodendenkmal also gemacht bei der Frage, Kategorie 1 oder Kategorie 2? Und zu welchem Zeitpunkt? Ist es richtig, eine solche Liste tatsächlich überhaupt in den Griff zu nehmen oder eben nicht?

Und natürlich, Herr Damm, ich weiß, dass wir ähnliche Gesetzentwürfe und Gesetze bereits in Arbeit haben in anderen Bundesländern und unter anderem auch in Bayern. Und die Landesregierung selbst hat in der Ant

wort der Kleinen Anfrage meines Kollegen Waldmüller auch angekündigt, dass es Änderungen des Denkmalschutzes geben wird.

(Zuruf von Hannes Damm, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und in der Zweiten Lesung heute Morgen zum Naturschutz hat der Gesetzentwurf der Landesregierung auf die Problematik des Denkmalschutzes und des Abwägungsprozesses ebenfalls hingewiesen. Dennoch, sehr geehrter Herr Damm, fällt es mir schwer – auch bei aller Anerkennung der Notwendigkeit der Energiebeschaffung auf diese Weise –, hier zu empfehlen, so rigoros den Hebel an den Denkmalschutz anzusetzen. Ich würde mir lieber vorher eine ausführliche Meinung zu dem Gesetzentwurf bilden. Und ich habe eine Menge Fragen dazu, und deshalb finde ich es sinnvoll und geboten, diese auch im Ausschuss zu stellen.

(Beifall René Domke, FDP)

Und ich bin Ihrer Fraktion deshalb dankbar und erkenne auch an, dass es offensichtlich ein Bedürfnis der Koalitionsfraktionen gibt, dieses Thema in den Ausschüssen – nämlich im Wissenschafts- und Wirtschaftsausschuss – zu diskutieren, und kann deshalb sagen, dass ich für meine Fraktion natürlich die Überweisung empfehle, aber eine Zustimmung zu dem Gesetzentwurf ohne Weiteres nicht. – Haben Sie vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete!

Für die Fraktion DIE LINKE hat das Wort der Abgeordnete Daniel Seiffert.

Da war ich zu schnell.

(Der Saaldienst reicht ein Glas Wasser.)

Danke!

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Es war sehr freundlich von der Kollegin, mir was übrig zu lassen.

(Sebastian Ehlers, CDU: So sind wir.)

Sehr geehrte Damen und … Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich selber bin kein Denkmalschützer, ich bin eher der Energiepolitiker, und ich bin auch noch nicht so lange in diesem Zusammenhang mit diesem Thema konfrontiert worden. Ich war erst im Juni letzten Jahres auf einer Tagung, da ging es um Natur- und Klimaschutz versus Denkmalschutz. Das war eine sehr tolle Veranstaltung des Heimatverbandes, die auch ganz viele verschiedene Aspekte aufgezeigt hat. Da ging es unter anderem darum, wie sieht das mit Kirchen aus und eventuellen Änderungen, da ging es um Wassermühlen, und es ging um ein Thema, wo ich dort wirklich zum ersten Mal direkt konfrontiert wurde, und das war das Thema Sichtachsen – Sichtachsen von Baudenkmälern, insbesondere von Parkanlagen, von Gutshäusern und Schlössern.

Und das ist ein relativ neues Phänomen. Das gibt es noch nicht so lange, dass man sich damit wirklich auseinandersetzt. Das hat sich aber tatsächlich bei der Genehmigung von Windkraftanlagen als ganz großes Hindernis herausgestellt. Es wurde nämlich, dieses Thema, bei der Ausweisung, der bisherigen Ausweisung von Windeignungsgebieten nicht berücksichtigt. Und dann im Genehmigungsverfahren direkt wurde das dann so ein ganz großes Thema. So, und der Ansatz der GRÜNEN ist jetzt, genau dieses Thema anzugehen und auch hauptsächlich dieses Thema. Denn es hat sich ja wirklich als Bremsklotz, sage ich mal, in der Hinsicht ergeben.

Jetzt will ich aber auch in den Raum stellen, es geht hier nicht darum, dass Windkraftanlagen direkt auf ein Bodendenkmal gestellt werden sollen oder jetzt irgendwelche Parks oder Gutshäuser direkt betroffen seien. Es geht ja darum, dass es teilweise um viele, viele Kilometer Entfernung geht. Man schaut sich so eine Sichtachse im Park an, und dann dürfte dort neuerdings in vielen Kilometern Entfernung nichts stehen. Das Beispiel Greifswald hat Herr Damm gebracht. Und an dieser Stelle muss ich mal sagen, wenn man weiß, wie viele Gutshäuser, Parkanlagen und Schlösser in diesem Land stehen, dann wissen wir auch, was das zur Folge hätte, denn dann dürfte theoretisch nirgendwo mehr eine Windkraftanlage gebaut werden.

(Zuruf aus dem Plenum: Das wäre auch gut so.)

Insofern ist dieser Ansatz definitiv nicht der richtige. Und da ist der Ansatz jetzt, den auch Frau Martin vorgeschlagen, also vorgetragen hat, die Idee, dass man tatsächlich, sage ich mal, Baudenkmäler und Denkmäler und vielleicht auch Sichtachsen – das muss man mal gucken – ausweist, die eben von besonderer Landesbedeutung sind, ja dann auch tatsächlich auswählt und dann nur diese berücksichtigt. Denn wenn wir wirklich jedes Gutshaus, und sei es noch so verfallen und der Park verwildert, das soll dann sozusagen dastehen, das kann nicht sein.

(Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Doch! Warum nicht?!)

Und dann kann man natürlich auch jetzt vermuten, weil die Kommentare kamen ja aus der Richtung, natürlich, wer keine Windkraft will, könnte das natürlich besonders als Argument vorbringen, aber das, finde ich, ist an dieser Stelle falsch, besonders, wenn man bedenkt, dass ja in der Bundesgesetzgebung eine Privilegierung der Windkraft im Außenbereich ist.

Und an dieser Stelle möchte ich mal ganz klar sagen: Wir als Koalition haben nach wie vor ganz klar das Ziel, einen geordneten Ausbau der Windkraft zu haben, geordnet in Eignungsgebieten.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Rainer Albrecht, SPD: Jawoll!)

Denn, wenn wir das nicht machen und auch diese 2,1 Prozent nicht erreichen, dann haben wir keinen geordneten Ausbau mehr, dann geht es nur noch um das BImSch, also den Bundesimmissionsschutz, und dann können die Dinger überall aufploppen, und das kann auch nicht in unserem Interesse sein.

Aber der Ansatz des Gesetzes greift eben jetzt auch insofern zu kurz, als wir als Koalition, als auch die Regierung jetzt die ersten notwendigen Schritte schon getroffen haben. Das geht darum, dass das Thema eben berücksichtigt werden soll bei der Ausweisung der Windkraftgebiete, aber eben auch, dass genau dieses Thema mit den vier Wochen und so weiter untergebracht worden ist.

(Der Abgeordnete Hannes Damm bittet um das Wort für eine Anfrage.)

Nein, ich möchte keine Zwischen…