Protokoll der Sitzung vom 25.01.2023

(Heiterkeit bei Hannes Damm, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gehört zur täglichen Praxis in der Denkmalpflege, in Zusammenarbeit mit Bauherren und Architekten denkmalfachlich gute Lösungen für die Berücksichtigung vieler Interessen zu finden. Es widerspricht auch der Systematik von Fachgesetzen, die in ihnen definierten öffentlichen Interessen von vornherein dadurch zu konterkarieren, dass andere Interessen zu überwiegenden Interessen erklärt werden. Die Abwägung zwischen verschiedenen öffentlichen Interessen erfolgt aus gutem Grund in den dafür vorgesehenen Planungs- und Genehmigungsverfahren.

Liebe Kollegen, zu den 7.500 oberirdisch sichtbaren Bodendenkmalen gehören zum Beispiel die steinzeitlichen Großsteingräber, die bronzezeitlichen Hügelgräber, die slawischen und die frühdeutschen Burgwälle oder auch die ehemaligen kanonenbewehrten Schanzen und Festungen der frühen Neuzeit. Ihre landschaftsprägende Wirkung macht unser Land aus, aber sie nehmen auch nur ein Prozent der Landesfläche ein. Ihre Berücksichtigung im Planungs- und Bauvorhaben stellt also angesichts dieses geringen Anteils kein ernsthaftes Problem dar. Das wird auch dadurch bekräftigt, dass alle großen Infrastrukturmaßnahmen der letzten Jahrzehnte – angenommen bei Autobahnen, Umgehungsstraßen oder auch Trassen für die Energieversorgung – unter Respektierung des Umgehungsschutzes gebaut werden konnten.

Entscheidend ist, dass unser kulturelles Erbe sowohl in der Umweltprüfung nach Baugesetzbuch, wie sie für die Bebauungspläne zur Errichtung von Freiflächen-PVAnlagen verpflichtend ist, als auch in der Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-Gesetz, wie sie für die meisten Windenergieanlagen verpflichtend ist, rechtzeitig und angemessen betrachtet wird, und dass am besten vor der Errichtung von Bauwerken aller Art Bodendenkmale fachgerecht geborgen und dokumentiert werden. Es bedarf deshalb einer institutionell verankerten Qualitätssicherung der Umweltverträglichkeitsprüfung, wie es sie in Mecklenburg-Vorpommern schon einmal gab.

Abschließend möchte ich feststellen, dass wir sicherstellen müssen, dass unser kulturelles Erbe bei allen Bauvorhaben angemessen und sachgerecht berücksichtigt wird. Es darf eben nicht heißen „entweder, oder“, sondern „sowohl als auch“. Denn wie Sie auch sicher mir zustimmen werden, ist Denkmalschutz kultureller Umweltschutz. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete!

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat noch mal das Wort der Abgeordnete Hannes Damm.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete der demokratischen Fraktionen!

Also ich fange mal mit dem letzten Punkt an von Frau Hegenkötter, weil mich das persönlich betroffen macht, dass Sie hier keine, also weil das auch, das ist weniger das Thema, was wir hauptsächlich setzen wollten, aber dass es für diese Abwägungsentscheidungen, die Grundlage zu schaffen für die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen, dass Sie da kein erhöhtes öffentliches Interesse sehen, ist, finde ich, eine sehr merkwürdige Position – zum einen. Zum anderen muss ich Ihnen da sagen, dass genau dieser Vorschlag ein Gesetzentwurf, der übrigens auch angenommen worden ist, aus Niedersachsen, gestellt von der SPD-Fraktion dort, war. Insofern – da regieren wir ja gemeinsam mit der SPD-Fraktion –, insofern müssten Sie dann mit denen mal sprechen, warum die Menschen in Niedersachsen dieses Recht haben, an der Denkmalschutz… oder an den Denkmälern teilzuhaben, die Zugänglichkeit zu bekommen, und die in Mecklenburg-Vorpommern nicht. Das finde ich spannend.

So, kein Spaß, aber den auch zur Seite. Ich möchte mal noch kurz eingehen auf Frau Martin, weil da ganz viele Sachen einfach gebündelt aufgetreten sind, die also aus meiner Sicht einfach nicht stichhaltig sind. Vor allem zu sagen, dieser Gesetzentwurf von uns hier, der würde den Denkmalschutz schleifen, die Belange würden nicht berücksichtigt: Also entweder wollen Sie es nicht verstehen, weil das haben wir ja später gehört, die Regierung möchte noch mal einen eigenen Vorschlag vorlegen, oder Sie haben es nicht verstanden.

(Andreas Butzki, SPD: Oh, oh, oh, oh!)

Jedenfalls gibt es zuerst die Abwägung im LAKD, welches Denkmal ist überhaupt so relevant, dass wir hier entgegen unserer Klimaschutzziele, entgegen des Ausbaus der Erneuerbaren – die im überragenden öffentlichen Interesse stehen im Übrigen, und der Denkmalschutz tut das nicht, im überragenden öffentlichen Interesse, was auch neu ist, weshalb wir sowieso das Gesetz auch sinnvollerweise anfassen sollten –, welche Denkmäler sozusagen da überhaupt berücksichtigt werden sollen im Verhältnis zu diesem überragenden öffentlichen Interesse. Das ist die erste Abwägung. Und da fallen – ja, das ist Sinn der Sache –, fallen Denkmäler raus. Deswegen machen wir Abwägungsentscheidungen. Da muss natürlich auch möglich sein, dass in der Abwägung rauskommt, hm, diesmal nicht.

(Katy Hoffmeister, CDU: Das können Sie ja im Einzelfall machen.)

Das macht man ja im Einzelfall, weil wir jedes, weil wir jedes einzelne Denkmal angucken und sagen, wenn wir in die Nähe von dieser Parkanlage ein Windrad stellen, überhaupt, ist das dann noch, hat das noch den gleichen

Erholungswert, den gleichen Denkmalcharakter. Und dann kommt vielleicht raus beim Tollensetal, nein, weil wir diese Schlacht irgendwie uns vor Augen führen wollen, weil wir diese weite Landschaft, wo dann die frühzeitlichen Menschen dann sozusagen... Das kann man ja machen, dann gibt es in dieser Einzelfallentscheidung die Abwägung, hier nicht. So.

Und dann gibt es andere Baudenkmäler, wir haben es gehört, Parkanlagen oder sozusagen kleinere Gutshäuser, die vielleicht sogar verfallen sind, da würde man sagen, ja, die sind irgendwie erhaltenswert, aber die können es verkraften, wenn in der Nähe – und die Abstandsregeln gelten ja übrigens ohnehin, also man kann sie ja auch nicht auf das Grundstück stellen dort, sondern die normalen Abstandsregeln von 800 Meter bei einem Einzelgebäude beziehungsweise, wenn das Teil jetzt in einer Siedlung ist, dann sogar 1.000 Meter, die gelten ja, so –, und dann kann man aber sagen, gut, dann muss es dann zurücktreten, weil, wenn wir das nicht machen würden und alle diesen 20-Kilometer-Radius, den man ja bisher sozusagen unterschwellig annimmt hier im Land, berücksichtigen würden, dann bauen Sie keine einzige Windenergieanlage mehr.

(Beifall Thore Stein, AfD: Sehr gut!)

Dann muss ich die Ministerin fragen: Wenn denn schon drinsteht, dass wir dieses überragende öffentliche Interesse haben, warum wird dann hier nicht regelmäßig genehmigt, die Windenergieanlagen? Ja, das steht im Gesetz drin. Ja, erstens, weil das in Ihrem Haus nicht durchgesetzt wird, zweitens, weil es eben eine Mischung gibt zwischen einem öffentlichen Interesse, wo abgewogen wird, und einem überragenden öffentlichen Interesse. Das hat einfach ein höheres Abwägungsgewicht.

Und wenn Sie dann sagen, ja, wir machen jetzt hier vier neue Stellen, dann löst das das Problem nicht. Sie haben 900 Anlagen im Genehmigungsstau, davon sind nach Bundeszahlen – die aus M-V erheben Sie ja nicht –, zehn Prozent im Durchschnitt sind die da wegen dem Denkmalschutz im Verfahren steckengeblieben, das heißt, immerhin fast 100 Anlagen in Mecklenburg-Vorpommern, wenn man jetzt nur mal annimmt, dass es hier bei uns durchschnittlich schlimm, das Problem, ist. Wenn man den LEE befragt, dann ist das hier eher eins der beiden großen Probleme zusammen mit dem Naturschutz. Und dann zu sagen, ich nehme vier Stellen, wo ich doch weiß, in M-V werden wir diese 900 Anlagen im Stau abarbeiten müssen, werden wir in Zukunft Faktor zehn bei der Windenergie, bei den Genehmigungen erreichen werden können, dann können doch vier neue Stellen niemals allein diesen Mehrbedarf decken. Das bedeutet doch, dass wir schon wieder eine Verzögerung aufgrund des Denkmalschutzes haben, weil man es eben nicht in den aktuellen im Gesetz möglichen Rahmenbedingungen abarbeiten kann.

Und das eigentliche Problem, was Sie haben – und wenn Sie da ehrlich sind, ich hoffe, dass Sie auch mit dem Haus im Gespräch sind –, ist ja nicht, dass Sie nicht hinterherkommen mit den Stellungnahmen, das Problem ist, dass hier überhaupt keine Stellungnahmen abgegeben werden. Und das StALU, was ersetzen könnte – das steht auch in der Kleine-Anfrage-Antwort drin –, das ersetzt am Ende nicht. Das macht nicht Gebrauch von einer Genehmigungsfiktion nach vier Wochen, weil die sagen, wir haben überhaupt keine Expertise, wir können

hier nicht ersetzen. Insofern ist es ein „Weiter so! Wir machen nichts.“ Und dass diese Fristen auch überhaupt nichts bringen, sehen wir genauso beim Naturschutz. Auch da haben wir für das Gesamtverfahren, für die Genehmigung sieben Monate vorgesehen. Die werden nicht eingehalten, da haben wir mehrere Jahre, im Durchschnitt sind das über 30 Monate.

So, Frau Hoffmeister, ich glaube, ich habe das einmal erklärt mit dem Einzelfall, jedenfalls in unserer Vorstellung ist der Einzelfall eben die Prüfung eines jeden Denkmals, das man angucken muss, und dann sagt man, Windenergie in der Nähe, grundsätzlich ja oder nein, und dann noch mal bei der Ausweisung eine zweite Abwägung, und das sollte aus unserer Sicht reichen. Niedersachsen macht es, Brandenburg ist auf dem Weg, die Liste in Bayern ist auch schon fertig, da von der CSU hintertrieben. Ich denke, dass es also rechtssicher geht.

Bei den LINKEN: Ach, also sorry, aber das Argument, wir als Regierung müssen noch beraten, Sie als Opposition sind uns zu schnell – ganz ehrlich, mit fünf Abgeordneten und einer sehr guten rechtspolitischen Angestellten, ja, die uns da unterstützt, das ist ja peinlich, wenn wir es hier nicht mal hinkriegen,

(Daniel Seiffert, DIE LINKE: Es geht ja nicht nur darum, ein Gesetz zu schreiben.)

hier ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren anzustoßen aus der Opposition, weil das sprechen Sie dann nämlich grundsätzlich ab.

(Daniel Seiffert, DIE LINKE: Gesetz schreiben ist schwer.)

Dann sagen Sie, eine Oppositionsfraktion kann niemals einen Gesetzentwurf einbringen, weil die drei Monate, die dann zur Beratung notwendig wären, das schaffen Sie nie, sich mit Ihrer Regierung abzustimmen, ob das überhaupt geht. Und dann kann man dieses Parlament auch grundsätzlich weglassen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP – Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

Zur FDP: Grundsätzlich vielen Dank für die vielen sinnvollen Worte!

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Die PV-Anlagen sind ja im Übrigen quasi in Paragraf 7, der neuen Nummer 3 dann abgedeckt, vollständig aus meiner Sicht. Wenn da aus Ihrer Sicht noch Regelungslücken sind, können wir uns dann, falls es überwiesen wird, im Ausschuss beraten, ansonsten dann kreativ in der Mittagspause. Vielleicht kommt ja dann auch die Regierung dazu und sammelt ein paar von unseren Ideen auf, um da ein bisschen schneller zu werden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der FDP – Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

So, und jetzt habe ich hier noch Entgegnungen von Frau Hegenkötter, ja, genau.

(Zuruf von Beatrix Hegenkötter, SPD)

Ich glaube, ich habe Ihnen alles vorgetragen. Dass die Verfahrensverzögerungen durch den Denkmalschutz ja nicht der Realität entsprechen, dass es nur vier Wochen dauern würde, habe ich Ihnen vorgetragen. Warum es mit uns nicht dieses „Weiter so!“ geben soll, habe ich auch erklärt, und ich finde es...

(Daniel Seiffert, DIE LINKE: Mit uns auch nicht. Da haben Sie uns auch nicht zugehört.)

Natürlich habe ich das erklärt. Ich habe erklärt, warum vier Stellen nicht reichen werden. Ich habe Ihnen ein Beispiel genannt, dass der Denkmalschutz hier regelmäßig sehr, sehr viel länger braucht als diese vier Wochen.

(Daniel Seiffert, DIE LINKE: Ja, in der Vergangenheit.)

Und ich habe vor allem dargestellt,

(Daniel Seiffert, DIE LINKE: Ja, in der Vergangenheit.)

dass die Genehmigungsfiktion genau nicht den Denkmalschutz berücksichtigt.

(Daniel Seiffert, DIE LINKE: Das wird sich ja ändern.)

Das bedeutet nur, wenn sie weiter so machen wie bisher, keine Stellungnahme abgeben, dass dann der Denkmalschutz überhaupt nicht mehr berücksichtigt wird.

Den Leuten, die die Windenergieanlagen da mit Biegen und Brechen durchsetzen wollen, denen kann es recht sein. Mir ist es nicht recht, weil ich bin auch der Meinung, wie Sie das ja immer wieder auch hier betonen, dass wir die Bevölkerung mitnehmen müssen, dass wir hier alle Interessen miteinander gut zusammenbringen müssen. Und eine Genehmigungsfiktion bei einer fehlenden Stellungnahme, weil es nicht geschafft wird, meine lieben Damen und Herren, das ist es genau nicht. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

(Schriftführer Jens-Holger Schneider: Er zieht zurück.)

Zieht er zurück, okay.

Weitere Wortmeldungen liegen mir damit nicht vor und ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 8/1742 zur federführenden Beratung an den Wissenschafts- und Europaausschuss sowie zur Mitberatung an den Wirtschaftsausschuss und an den Agrarausschuss zu überweisen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Vielen Dank! Die Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen sehe ich dann nicht.