Protokoll der Sitzung vom 25.01.2023

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Wir teilen da Ihre Beweggründe, stellen jedoch auch fest, dass eine entsprechende Maßgabe in Paragraf 1 Absatz 2 KiföG vorliegt. Ich zitiere: „Die Förderung von Kindern in Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege erfüllt einen eigenständigen alters- und entwicklungsspezifischen Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsauftrag entsprechend der grundgesetzlich verankerten Werteordnung.“ Das ist recht eindeutig. Das Grundgesetz ist der Maßstab.

Konkret reden wir hier über einen Sachverhalt – das ist ja hier schon mehrfach gesagt worden –, der jüngst im Landkreis Ludwigslust-Parchim eine Rolle gespielt hat. Hier stellte eine Person Antrag auf die Genehmigung zum Betrieb einer Kindertagespflege, die offenbar dem extrem rechten Spektrum zugeordnet werden kann. Als die zuständige kommunale Behörde mit Hinweis auf die zweifelhafte Eignung dieser Person die Genehmigung verweigerte, kam es daraufhin zur Klage, die vom Verwaltungsgericht Schwerin abgewiesen wurde. Das Gericht stellte aber auch fest, dass das KiföG hier eine klarere Regelung benötigen würde.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Eine ausführliche Urteilsbegründung gibt es bis jetzt noch nicht, die dann auch klarstellen würde, wie das Gesetz zu seiner Einschätzung überhaupt kommt.

Das zuständige Jugendamt hat sich selbstverständlich nicht selbstherrlich über bestehende Regelungen hinweggesetzt, sondern geltende Empfehlungen umgesetzt. Die finden sich in der Handreichung „Eignung von Kindertagespflegepersonen und die Erlaubnis zur Kindertagespflege – Eine Empfehlung für die Jugendämter der Stadt- und Landkreise“. Auf Seite 14 steht folgende Formulierung, die völlig klar und unmissverständlich ist, ich zitiere: „Kriterien, die aus fachlicher Sicht zumindest eine besonders gründliche Prüfung des Einzelfalls erfordern, sind zum Beispiel: … Kenntnis über demokratie-/verfassungsfeindliche Äußerungen und/oder Handlungen der Kindertagespflegeperson“.

Also in welchem Ausmaß und in welcher Form Handlungsbedarf besteht, möchten auch wir gern im Bildungsausschuss weiterdiskutieren. Deshalb werden wir selbstverständlich auch einer Überweisung zustimmen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete!

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat das Wort die Abgeordnete Constanze Oehlrich.

(Unruhe im Präsidium)

Ich würde mich jetzt noch mal revidieren. Die Bildungsministerin möchte vor Ihrer Zusammenfassung noch mal das Wort.

Bitte schön, Frau Bildungsministerin!

Ja, herzlichen Dank, Frau Präsidentin!

Das möchte ich natürlich machen, damit Sie das Schlusswort haben als diejenige Fraktion, die den Antrag eingebracht hat. Ich denke, das ist parlamentarischer Brauch und so gehört sich das, um Ihnen auch diese Möglichkeit zu geben.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

(Präsidentin Birgit Hesse übernimmt den Vorsitz.)

Herr Renz, Sie haben, ich widerspreche Ihnen ganz, ganz ungern, Frau van Baal, aber Herr Renz hat hier wirklich nicht sauber herausgearbeitet, worum es hier heute geht. Wir wissen nicht, ob es diese Lücke gibt, weil wir die Urteilsbegründung nicht kennen. Das ist ganz einfach. Wir wissen nicht, wie ist dieses Urteil zustande gekommen. Und deswegen können wir nicht sagen, es besteht dort die Lücke oder nicht. Dann sind wir schlauer als die Gerichte, dann würden wir – und ich unterstelle Ihnen nicht, dass Sie das wissen – die Urteilsbegründung kennen. Und es geht darum, dass wir ein Gesetz haben, und diese Frage ist, muss dieses Gesetz geändert werden auf Grundlage einer begründeten, eines begründeten Urteils.

Das ist ganz wichtig, dass wir hier nicht parallel handeln. Wir machen eine neue, eine Änderung des Gesetzes, und die Lücke besteht dann eventuell ganz woanders. Und deswegen ist es wichtig, dass wir erst gucken, wo besteht die Lücke, wie ist das Urteil begründet worden, was muss eventuell oder ganz bestimmt oder eventuell sicher – das wissen wir erst alles, was kommt – dann gemacht werden?

Und die zweite Sache ist ja auch, dass wir noch abwarten müssen, ob der Landkreis noch mal in Berufung geht und, und, und. Das ist alles etwas, was wir erst abwarten müssen, und das heißt nicht, dass hier irgendetwas vom Himmel gefallen ist, sondern man muss tiefgründig prüfen, und dazu bedarf es der Urteilsbegründung, die in schriftlicher Form nicht vorliegt. Das ist einfach der Fall jetzt, den wir haben, und um den herum rankt sich hier heute alles.

Und ein Wort noch zu den Umfrageergebnissen. Herr Schult hat ja da vorhin gesagt, als es jetzt eben um die FDP ging, dass Sie sich mal Ihre Umfrageergebnisse angucken möchten. Herr Schult, erst einmal gehören Extremisten weder in den Kindergarten noch in den Hort noch in die Schule, sie gehören nirgendwohin, das zum einen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Falko Beitz, SPD: Ja.)

Und zum Zweiten ist es mir neu, dass Umfrageergebnisse Kompetenz ersetzen. Das ist nicht der Fall. Das möchte ich noch unbedingt loswerden.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Ministerin!

Mir liegen jetzt noch zwei Wortmeldungen vor beziehungsweise ich bin mir nicht ganz sicher, ob Herr Renz eine Wortmeldung hat oder eine Kurzintervention?

(Schriftführer Henning Foerster: Wortmeldung.)

Wortmeldung.

Da Frau Oehlrich in der Reihenfolge vorher wäre, bitte ich kurz um Verständigung, ob Frau Oehlrich einverstanden ist, dass Herr Renz zuvor redet und Frau Oehlrich dann vielleicht das letzte Wort hat. (Zustimmung)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das war sehr lobenswert, dass die Bildungsministerin das so gehandhabt hat, dass die Einbringerin sozusagen das Schlusswort hat. Ich will mich auch sehr gerne daran halten. Das ist nämlich ein guter parlamentarischer Brauch, kann ich nur begrüßen.

Was ich aber nicht so richtig verstehe, ist, dass Sie diese unlogischen Zusammenhänge, die Sie schon bei der Einbringung vorgetragen haben, jetzt noch mal wiederholen. Wenn die ganze Zielrichtung nur darin besteht, mich maßzuregeln, dann können Sie diese Strategie weiter fahren.

(Ministerin Simone Oldenburg: Ach Gottchen!)

Ich will trotzdem noch mal sagen, Sie haben Ihre Rede begonnen – damit es hier keine Verwechslungen gibt –: Eine Lücke kann man nur schließen, wenn sie vorhanden ist. Das war Ihr Einstiegssatz.

(Daniel Peters, CDU: Richtig!)

Und dann haben Sie zum Ausdruck gebracht, dass es diese Lücke gar nicht gibt, und dann haben Sie minutenlang erzählt, dass Sie jetzt aber doch noch nicht das abschließend beurteilen können und so weiter und so fort. Das will ich nicht alles wiederholen. Und ich habe explizit gesagt, dass das unlogisch ist. Dabei bleibe ich. Wir sollten von einer möglichen Lücke sprechen, von einer möglichen, weil ich das auch nicht abschließend bewerten kann.

Was ich aber bewerten kann, ist die Tatsache – das ist eine politische Bewertung –, dass Frau Schwesig sich schon 2010 auf den Weg gemacht hat und über ihren Erlass, den sie in Richtung Landkreisebene geschickt hat, darauf hingewiesen hat, dass man genau diesen Passus, der für die Kindertagesstätten zur Anwendung gekommen ist, auch auf die Tagesmütter beziehen soll. Insofern ist das nicht mein politisches Agieren gewesen, aber der Vollständigkeit halber gehört das auf alle Fälle dazu.

Und wenn wir dann auch noch die Urteilsbegründung haben, dann werden wir sicherlich sehr umfangreich beraten und dann werden wir sehen, ob es eine mögliche Lücke war oder ob es eine Lücke war. Und wenn es eine Lücke war, dann, glaube ich, müssten wir sie schließen. Und da das ja so juristisch verbandelt ist, das ganze Thema, sollten wir auf alle Fälle, und da möchte ich die

Koalition darum bitten, diesen Gesetzentwurf auch in den Rechtsausschuss überweisen, federführend natürlich Bildung. Und möglicherweise macht es ja auch Sinn, weil es eine kommunale Angelegenheit im weiteren Sinne ist, das Ganze im Innenausschuss zu beraten. Deswegen erweitere ich den Überweisungsantrag auf federführend Bildung, Innen und Recht. – Herzlichen Dank, dass Sie mir noch mal zugehört haben!

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Renz!

Das Wort hat jetzt noch einmal für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Frau Oehlrich.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleg/-innen! Ich habe es eben schon zitiert, ich will es jetzt noch einmal machen, weil es wichtig ist. In der verbindlichen Bildungskonzeption des Sozialministeriums wird eben für die Kindertagesförderung hinsichtlich der Wertebildung, da wird ein Ziel definiert, was hier von Belang ist, wichtig ist für die Debatte. Und zwar sollen die Kinder ein eigenes Wertesystem entwickeln, das die Achtung vor dem Leben und der Würde jedes einzelnen Menschen zum Ziel hat.

Herr Schult, genau dadurch, dass Sie das als politische Meinung hier relativieren, verlassen Sie eben diese Werteordnung des Grundgesetzes. Mehr habe ich zu Ihrem Beitrag von vorhin nicht zu sagen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE, Ann Christin von Allwörden, CDU, und Dr. Harald Terpe, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Ministerin Oldenburg …

(Der Abgeordnete Nikolaus Kramer bittet um das Wort für eine Anfrage.)

Frau Oehlrich, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nee, ich will erst mal den Gedanken jetzt hier zu Ende bringen.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

Frau Ministerin Oldenburg,