Protokoll der Sitzung vom 25.01.2023

(Vizepräsidentin Elke-Annette Schmidt übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben es heute schon einmal gehört und ich wiederhole es gerne noch einmal: Jeder Extremist ist Mist.

(Beifall vonseiten der Fraktion der FDP – Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Richtig!)

Und das gilt in jede Richtung. Wenn ich mich so daran erinnere, wir hatten auch im letzten Jahr fast in jeder Plenarwoche eine Debatte zu den ganzen Demonstrationen, die im Lande gelaufen sind, die dann alle eher politisch in eine andere Richtung tendiert haben. Und wir haben uns auch alle hier hingestellt und diese Proteste, diese Demonstrationen verteidigt. Und genauso muss ich das jetzt an dieser Stelle auch tun für diejenigen, die sich für das Thema Klima engagieren und auf die Straße gehen und protestieren. Das steht jedem zu, ob ich diese Meinung teile oder nicht. Und das ist etwas, was wir auch in einer gewissen staatstragenden Funktion hier so tun sollten. Und da erwarte ich eigentlich auch von allen Abgeordneten, das entsprechend einzuordnen.

Jetzt bei der beantragten Aussprache von der AfD aber in diesem Fall so pauschal von „Klimaextremisten“ zu reden, muss ich doch etwas zurückweisen. Das sollte man definitiv etwas differenzierter betrachten, denn – der Innenminister hatte das schon mal ein bisschen ausgeführt – wir sind noch lange nicht an einer Schwelle von Terror oder Extremismus, obwohl man durchaus hier und da vielleicht einfach Meinungen oder Äußerungen wahrnehmen kann aus diesen Gruppierungen, die deutlich über die Stränge schlagen. Relevant ist dann am Ende tatsächlich immer, ist es eine Straftat oder nicht.

Grundsätzlich möchte ich an der Stelle aber auf jeden Fall noch mal einordnen, dass Proteste durchaus mit der verfassungsrechtlich verankerten Meinungsfreiheit durch Artikel 8 des Grundgesetzes gedeckt sind und wesentlicher Bestandteil unserer Demokratie, unseres Systems hier sind, wie wir miteinander leben. Und gerade, wenn wir auch in andere Länder gucken, wie zum Beispiel Iran, ist das nicht selbstverständlich.

(Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

Wir müssen auch für dieses Recht, zu demonstrieren, seine Meinung zu äußern, dafür auf die Straße zu gehen, kämpfen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der FDP, Thomas Krüger, SPD, und Dr. Harald Terpe, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und das machen wir als FDP für jeden, egal, ob sie unsere Meinung teilen oder nicht. So!

(Zuruf aus dem Plenum: Meistens nicht.)

Meistens nicht an dieser Stelle.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Mit den Klimazielen, muss man tatsächlich sagen, da teile ich ja sogar die Zielstellung dahinter, verurteile aber an vielen Stellen die Maßnahmen, auch wenn das auf der Regierungsbank beziehungsweise aufseiten der Regierungsfraktionen gerade weniger interessant zu sein scheint.

(Zuruf von René Domke, FDP)

Missstände und offene Kritik zu äußern, sich in öffentlichen Versammlungen zusammenzufinden, das ist überall

eine Selbstverständlichkeit, die wir schützen. Meinungsfreiheit entsprechend ihrer Bedeutung, das ist wichtig für unsere Demokratie. Und wenn wir jetzt aber mal so ein bisschen ins Detail gehen und gucken, was wir bei dieser ganzen Klimadiskussion sehen, dann muss ich meiner Vorrednerin Frau von Allwörden absolut recht geben: Wir haben Leute auf den Straßen gehabt, die wirklich mit einer Leidenschaft und friedlich, aber mit Vehemenz für eine Änderung in der Klimapolitik nicht nur in MecklenburgVorpommern, nicht nur in Deutschland, nicht nur in Europa, sondern auf der ganzen Welt demonstriert haben. Sie haben für sehr, sehr viel Aufmerksamkeit international gesorgt und sie haben damit große Ziele erreicht, aber es war immer friedlich, es war immer angenehm, auch mit den Leuten zu reden. Auch wenn wir vielleicht nicht immer so gern gesehen waren, auch als FDP,

(Heiterkeit bei Sandy van Baal, FDP)

trotzdem haben wir uns da den Diskussionen gestellt. Und am Ende ist man auch immer zu guten Lösungen gekommen oder zumindest im Gespräch halt geblieben. Und das möchte ich auch an dieser Stelle betonen, dass wir das weiterhin machen und auch weiterhin anbieten.

Wenn wir jetzt aber tatsächlich auch feststellen müssen, dass es von diesen anfänglichen Protesten bis hin zu den letzten Aktionen der „Letzten Generation“ oder aber auch in Lützerath uns das genauer angucken, dann ist schon eine Steigerung der Qualität zu sehen.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und irgendwo müssen wir da auch

(René Domke, FDP: Frau Präsidentin!)

vom Rechtsstaat her …

(René Domke, FDP: Ich kann dem Redner nicht mehr folgen. Sie müssen mal langsam einschreiten. Das ist wie auf dem Bahnhof hier. – Glocke der Vizepräsidentin)

Es ist wirklich, ich habe heute schon mehrfach darauf hingewiesen, dass der Lärmpegel im Plenum wirklich groß ist und man die Redner kaum mehr versteht.

(René Domke, FDP: Danke!)

Der Redner hatte selbst auch schon darauf hingewiesen. Ich bitte Sie jetzt wirklich, die Gespräche zu unterbinden und dem Redner zuzuhören. Vielen Dank!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Vielen Dank für die ungeteilte Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren!

Bleiben wir beim letzten Punkt: Die Qualität hat jetzt deutlich zugenommen, und dass das auf Unverständnis trifft, muss man hier auch noch mal deutlich artikulieren, insbesondere dann, wenn wir feststellen, dass nicht nur das eigene Leib und Leben gefährdet wird, sondern dass von anderen das Eigentum gefährdet wird und wir dann auch gerade noch mal das Beispiel Lützerath vielleicht sehen, da wurden alle Mittel, die der Rechtsstaat bietet,

bis zum Ende ausgeschöpft. Es wurde bis zum Ende ausgeurteilt und immer wieder aufgeschoben, und am Ende wurde mit allen Maßnahmen, allen systemischen Möglichkeiten alles ausgeschöpft und es wurde ein Urteil gefällt und es wurde gesagt, okay, das wird jetzt durchgezogen.

Und da muss man an der Stelle auch sagen, dann haben wir alle demokratischen Mittel ausgeschöpft, das ist in Ordnung. Das muss man dann auch einfach mal akzeptieren. Und selbst da ist es immer noch legitim zu sagen, ich finde trotzdem doof, was da entschieden wurde. Aber dann ist das nur an der Stelle legitim, wo ich halt meinen Protest friedlich, ohne Eingriffe in Eigentum oder dass ich gesundheitliche Rechte irgendwie einschränke, dann kann ich das immer noch machen. Aber irgendwo muss auch mal eine Grenze gefunden werden, und da bitte ich auch natürlich unseren Innenminister oder das Innenministerium und die Polizei, zu gucken, auch wenn wir hier in Mecklenburg-Vorpommern solche Tendenzen entdecken und wir tatsächlich feststellen, es sind immer mehr Straftaten, und vielleicht sind das ja auch organisierte Straftaten, die begangen werden, dann muss unabhängig von der Sache, welche dort verfolgt wird, eingeschritten werden vom Rechtsstaat. Wie gesagt, das gilt in alle Richtungen, denn jeder Extremist ist Mist. – Danke sehr!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Für die Fraktion der SPD hat das Wort der Abgeordnete Falko Beitz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Bereits am Titel der heutigen Aussprache „Klimaextremismus verurteilen“ wird deutlich, dass eine sachliche Diskussion hier nicht das Ziel ist. Vielmehr geht es um das Stimmungmachen gegen eine kleine, exponierte Gruppe von Menschen, die aufgrund ihrer streitbaren Aktionen in der Öffentlichkeit ein leichtes Ziel sind –

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

wobei, darum geht es nicht allein.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Werte Kolleginnen und Kollegen des demokratischen Lagers, diese Debatte dreht sich nur an der Oberfläche um Tomatensuppe auf dem Sicherheitsglas vor einem Van-Gogh-Gemälde, um Sitzproteste mit Sekundenkleber auf Großstadtstraßen, um Aktivisten, die ein Rollfeld eines Flughafens stürmen. Im Kern geht es doch um die Deutungshoheit darüber, wie schlecht es um unseren Planeten bestellt ist. Glauben wir den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die uns faktenbasiert seit Jahren erzählen, dass die Erderwärmung des Planeten aufgrund fossiler Treibhausgasemissionen heute bereits ein kritisches Niveau erreicht, dass wir erhebliche Anstrengungen unternehmen müssen, um das 1,5-Grad-Ziel von Paris überhaupt noch zu erreichen? Oder glauben wir denen, die uns erzählen, das alles wäre gar nicht so schlimm, das Klima habe sich schon immer gewandelt, der Mensch habe einen so kleinen Anteil an den Kohlenstoffkreisläufen des Planeten, dass wir gar keinen Einfluss haben könnten,

(Jens Schulze-Wiehenbrauk, AfD: Sehr richtig!)

wir dürften ruhig so weiterleben wie bisher, wir müssten nichts ändern? Nur als Hinweis, 99,9 Prozent der Studien zum Klimawandel kommen zum Ergebnis, dass der Klimawandel menschengemacht ist.

(Zuruf von Jens Schulze-Wiehenbrauk, AfD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion und ich, wir sind Team Wissenschaft, wir sind Team erfolgreiche Energiewende und wir sind Team Klimaschutz,

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

wir sind Team Zukunft für unsere Kinder.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Denn es steht außer Frage,

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

denn es steht außer Frage, dass die vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen den Strahlungshaushalt unseres Planeten in Richtung Aufheizen gedreht haben.