Protokoll der Sitzung vom 25.01.2023

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Noetzel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag begehrt die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine Informationskampagne des Landes, die die Menschen darauf aufmerksam machen soll, dass sie bei der Installation von sogenannten Balkonkraftwerken nicht die Zustimmung ihres Vermieters benötigen würden. Über diesen Antrag bin ich insofern überrascht, da ich bisher nicht den Eindruck hatte, dass in Ihrer Fraktion große Befürworter dieser vom Land geförderten Photovoltaikanlagen für den Hausgebrauch sind, gleichwohl begrüßen wir natürlich Ihren Sinneswandel.

Ein wenig überrascht bin ich aber auch über den Inhalt Ihres Antrags selbst. Sie weisen ja selbst auf einen Beschluss der letzten Justizministerkonferenz hin, wonach die mietrechtlichen Regelungen für die Installation von Miniphotovoltaikanlagen erleichtert werden sollen, und dabei geht es auch um das zu erteilende Einverständnis des Vermieters. Diesem ursprünglich bayerischen Antrag ist Mecklenburg-Vorpommern durch die Justizministerin, Frau Jacqueline Bernhardt, als Miteinreicher beigetreten. Und das finden wir auch gut so.

Und zu guter Letzt war ich und bin ich überrascht, weil Sie selbst, Herr Damm, dargelegt haben, warum diesem Antrag gar nicht zugestimmt werden kann. Die Installation von Miniphotovoltaikanlagen kann einen Beitrag zur Energiesicherheit leisten. Mieterinnen und Mietern muss ermöglicht werden, derartige Anlagen einzubauen, ihre Energiebedarfe damit zumindest in Teilen selbstständig decken zu können. Insofern ist eine Änderung im Mietrecht absolut sinnvoll und wünschenswert. Und das haben Sie ja auch vorhin in Ihrer Einbringungsrede so erwähnt und so geäußert, dass Sie sich da sozusagen eine Änderung im BGB wünschen.

Ihrem Antrag allerdings entnehme ich, dass Sie derartige Änderungen gar nicht für nötig halten. Deswegen habe ich auch extra noch mal in Ziffer 2 Ihres Antrages nachgelesen, aber Sie, ich lese das so, dass Sie das nicht für nötig halten. Und Sie wollen eine Informationskampagne, dass die Zustimmung des Vermieters nicht notwendig ist, man dürfe das jetzt schon, und darüber müssten die Menschen informiert werden. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, ich sehe das mit der Unerheblichkeit des Vermietereinverständnisses eben nicht ganz so und dazu haben wir hier auch schon was gehört.

Richtig ist, es gibt dieses Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 30. März 2021 – das haben Sie hier erwähnt –, wonach das Ermessen durch den Grundsatz von Treu und Glauben zumindest dahin gehend eingeschränkt sein soll, dass der Vermieter dem Mieter die Nutzung einer Solaranlage auf dem Balkon nicht ohne triftigen, sachbezogenen Grund versagen kann. Dieses Urteil hat zwar Rechtskraft, aber sein Inhalt ist dennoch nicht rechtssicher.

(Heiterkeit bei Hannes Damm, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und auch darauf, Herr Damm, haben Sie hingewiesen. Ich zitiere diesbezüglich auch mal aus der Begründung zum Antrag der Justizministerkonferenz: „Auch wenn sich andere Gerichte dieser Auffassung anschließen sollten, besteht für Mieter gleichwohl eine … Rechtsunsicherheit, da die Frage der korrekten Ermessensausübung erst am Ende möglicherweise langwieriger Gerichtsverfahren endgültig

geklärt ist.“ Es handelt sich um ein einziges Urteil, das eines Amtsgerichts, und gestützt auf Treu und Glauben. Auch wenn ich das Urteil in der Sache nachvollziehen kann und es auch für richtig halte, kann ich nicht beurteilen, ob das nicht andere und vor allem auch höhere Gerichte anders sehen. Und auch das, Herr Damm, haben Sie vorhin hier ja so richtigerweise auch selbst vorgetragen,

(Zuruf von Hannes Damm, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

zumal hier ja auch Treu und Glauben da mit argumentiert wird. Und im Studium habe ich mal die ungeschriebene Regel gelernt, Treu und Glauben ist was für den BGH. Der Auffassung muss man nicht folgen. Was ich aber sagen will, ist, dass das Urteil nicht auf so breiten Füßen steht, dass das Land jetzt eine Kampagne starten kann, die alle Mieterinnen und Mieter dazu auffordert, ohne Einverständnis ihrer Vermieter Miniphotovoltaikanlagen einzubauen. Und auch da komme ich wieder dazu – Sie haben es selber gesagt –, stellen Sie sich mal vor, die Gerichte hier im Land argumentieren dort anders und entscheiden anders.

Und deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist das Eis sehr dünn, obwohl in der Sache sicherlich wir dabei sind, dass wir diese Sache weiter bekannt machen wollen und auch auf viele Antragstellerinnen und Antragsteller hoffen. Aber Ihrem Antrag, dem können wir so leider nicht zustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Herr Wulff.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Kolleg/innen von den GRÜNEN! Das ist ein sehr spannender Antrag zugegebenermaßen, und das, was wir an diesem Antrag ausdrücklich unterstützen, ist halt der Wille, Aufklärung und Information zu betreiben.

Aufklärung und Information ist etwas, was wir durchaus auch in allen Bereichen sehr unterstützen. Und auch dieses Programm mit den Balkonkraftwerken, das verstehe ich auch eher als so eine Art Bildungs- und Teilhabepaket für die allgemeine Bevölkerung in der Energiewende. Denn was wir damit ja erreichen, ist, dass wir möglichst vielen Leuten ja auch hier bei uns in MecklenburgVorpommern einen Zugang zu dem ganzen Thema „Erneuerbare Energien“ verschaffen, sie sich damit dann ja auch intensiver damit beschäftigen und nicht nur den eigenen Energiehaushalt irgendwie damit betrachten, sondern vielleicht sogar die Auswirkungen rund um Klimawandel und Co mitberücksichtigen. Von daher ist das Ganze sehr positiv.

Inhaltlich muss ich aber sagen an der Stelle, wir sind bei vorherigen Punkten in dieser Tagesordnung heute mit sehr viel gutem Willen aufgetreten gegenüber Anträgen von den GRÜNEN, der ist an dieser Stelle jetzt aber leider aufgebraucht.

(Sandy van Baal, FDP: Ja.)

Ich habe schon bei Einführung des Programms darauf hingewiesen, das ist überwiegend ein Programm für Eigentümer, das wird Mieterinnen und Mieter an dieser Stelle gar nicht so sehr berühren. Und die Zahlen – tada! – geben recht, und das ist auch gar nicht verwunderlich und, ehrlich gesagt, finde ich das auch gar nicht schlimm. Eigentümer sind auch, also nicht nur in MecklenburgVorpommern, sondern generell in Deutschland, ja eher von der geschundenen Art. Wir brauchen uns die ganze Misere um das ganze Thema Grundsteuerreform jetzt vielleicht nicht auch noch mal extra vor Augen zu führen. Aber auch da muss man sagen, ich finde das nicht verkehrt, dass auch Eigentümerinnen und Eigentümer hier mal einen kleinen Vorteil haben an der Stelle.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Sandy von Baal, FDP)

Die Werbekampagne, die hier gefordert ist, halte ich aber für brandgefährlich und für falsch. Dass das eine Einzelfallentscheidung war, eine Einzelfallentscheidung vom Amtsgericht in Stuttgart war, wurde bereits ausgeführt. Aber dass jetzt hier die ganzen Rechtsanwälte im Raum gar nicht so sehr aufgesprungen sind, wundert mich dann doch ein wenig, weil das, was ja dann die Landesregierung machen würde, wäre ja auch so eine Art Rechtsberatung. Und so eine Rechtsberatung ist ja im Wesentlichen nur den Angehörigen der Rechtspflege irgendwie überlassen. Das heißt also, wir gehen da in eine komplett andere Domäne mit rein, das ist gar nicht Aufgabe der Landesregierung. So, und bevor das Ganze dann noch irgendwie eskaliert, es gibt ja noch mehr Punkte, die da irgendwie weitergehen.

Der Anspruch aus dem zitierten Urteil für die Mieterinnen und Mieter, der ist an Bedingungen geknüpft. Hier steht: Ein solcher Anspruch ist nach dem Urteil dann gegeben, wenn die Anlage „baurechtlich zulässig, optisch nicht störend, leicht zurückbaubar“ und fachlich „ohne Verschlechterung der Mietsache installiert“ wird „sowie keine erhöhte Brandgefahr oder sonstige … von der Anlage ausgeht“. Das sind keine Oder-Bedingungen, sondern Und-Bedingungen, das muss alles zutreffen. Und jetzt bin ich von Hause aus kein Jurist – zugegebenermaßen –, aber ich bin Kaufmann, und in meinem Studium haben wir natürlich auch einen großen Anteil Jura, also Rechtswissenschaften, mit drin gehabt, insbesondere BGB, Haftungsansprüche und wie ich damit auch kaufmännisch umzugehen habe.

Und dann versetzen wir uns doch mal in die Realität: Jetzt bin ich Mieter und möchte nach Treu und Glauben, wie das ja hier im Antrag vorgeführt wird, eine solche Anlage installieren, und siehe, unter welchen Bedingungen könnte ich das denn machen, wenn ich nach Treu und Glauben gehe. Und dann lese ich diese ganzen Sachen und bin als normaler Mieter – nicht als juristisch gebildeter Mensch –, wenn ich das alles lese, sage ich so, hm, bin ich bereit, dieses Risiko einzugehen? Und das ist an dieser Stelle hier noch nicht mal irgendwie eine juristische Abwägung, sondern das ist eine haftungsrechtliche, das ist eine kaufmännische Abwägung, die ich da dann auch als Mieter einfach eingehe.

(Zuruf von Hannes Damm, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das heißt also, das wird alles auf die Mieter umgelagert.

(Hannes Damm, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das trifft doch auf jede Anlage zu.)

Herr Damm, ich höre Sie nicht!

So, das heißt also, diese Risiken muss man doch an der Stelle irgendwie erst mal eingehen.

(Der Abgeordnete Hannes Damm bittet um das Wort für eine Zwischenfrage.)

Und nein, eigentlich lasse ich keine Zwischenfrage zu.

(allgemeine Heiterkeit)

So, und dann haben wir aber noch ein Problem: Was ist denn mit Wohneigentümergemeinschaften? Ja, wenn mir, wenn ich jetzt Vermieter bin, mir gehört das ganze Haus meinetwegen, und meine Mieter sagen, ich habe jetzt irgendwelchen Anspruch, da kann ich über das Haus entsprechend verfügen. Bin ich jetzt aber Eigentümer einer Wohnung in einer Wohneigentümergemeinschaft, dann darf ich ja selber noch nicht mal was an den Fenstern machen, ich darf nichts am Balkon machen, ich darf nichts an der Fassade machen, wenn ich nicht über einen Beschluss der Eigentümerversammlung dafür eine Genehmigung habe. Das heißt also, wenn zu mir ein Mieter kommt und sagt, ich will das jetzt, du musst mir das genehmigen, dann kann ich sagen, ja, würde ich ja gerne machen, aber dann muss ich erst mal an die Wohneigentümergemeinschaft ran. Die Versammlungen finden in der Regel einmal im Jahr statt.

(Christiane Berg, CDU: Ja.)

Das ist rein praktisch einfach nicht möglich an der Stelle. Und dann – die Frage hatten wir heute Vormittag schon aufgeworfen –, was ist denn, wenn das Ganze ein Denkmalhaus ist?

(Rainer Albrecht, SPD: Oh, schwierig!)

Ja, schwierig! Einzelfallentscheidung, ne?! Und wenn ich dann eine pauschale Werbekampagne mache mit, liebe Mieter, ihr habt alle einen Anspruch darauf, dass ihr dieses Ding installieren dürft, und dann ich Einzelfall um Einzelfall prüfe, dann mag das vielleicht in 60 Prozent der Fälle stimmen. Und was ist denn mit dieser Zwietracht, was ist mit dem ganzen Ärger, den ich bei dem Rest der 40 Prozent der Fälle im Zweifel da irgendwie organisiere? Dann bringe ich die Mieter gegen die Vermieter auf, und dann habe ich erst mal Ärger hier im Laden. Und das kann doch wohl nicht ernsthaft Ansinnen einer gelungenen Energiewende sein! Und deswegen müssen wir das ablehnen. – Danke schön!

(Beifall vonseiten der Fraktion der FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter! Zu Ihrem Redebeitrag gibt es einen Antrag auf Kurzintervention seitens der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Bitte schön, Herr Damm!

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Herr Wulff, dass, also viele von den Sachen, und ich werde im Rahmen jetzt auch quasi der Antworten nach

her noch ein paar Sachen auch aufgreifen, aber viele von den Sachen, die Sie aufgreifen, ist, es tut mir leid, Whataboutismus.

(Michael Meister, AfD: Nee, das ist Lebensrealität.)

Also dann jetzt hier noch aufzugreifen, was ist eigentlich mit dem Denkmal und was ist mit Entscheidungen in Eigentümergemeinschaften – das betrifft ja jede Entscheidung beim Denkmalschutz, wenn man da irgendwas verändern möchte, es betrifft jede Entscheidung in Eigentümergemeinschaften.

(Zuruf von Christiane Berg, CDU)

Dass ich das jetzt alles in diesem einen Landtagsantrag abarbeite, aber entschuldigen Sie mal bitte, das kann ja nicht der Anspruch sein oder die Maßgabe, warum man jetzt hier so eine Initiative ablehnt oder annimmt. Und dass die Voraussetzungen, also hier sichere Installation, nicht, keine nicht reversiblen Eingriffe und so weiter, das müssen Sie doch beim Betrieb, also bei jedem elektrischen Gerät oder anderem Gerät, was Sie in Ihrer Wohnung in Betrieb nehmen möchten, ohnehin auch erfüllen.

(Michael Meister, AfD: Das ist doch totaler Käse. – Zuruf von Sandy van Baal, FDP)

Also das jetzt sozusagen als unüberwindbare Hürden hinzustellen, warum man jetzt PV-Anlagen nicht in Betrieb nehmen kann, das kann ich auch nicht ableiten, weil dann könnten Sie gar nichts mit Ihrer Wohnung machen,

(Zurufe von Michael Meister, AfD, und Sandy van Baal, FDP)