Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich würde weitgehend auf die Diskussion der Ersten Lesung Bezug nehmen wollen, gleichwohl, weil Sie den Spielball noch mal aufgegriffen haben und die Argumentation an einigen Stellen erweitert, versuchen, diese Punkte aufzunehmen.
Erstens. Auch genau wie in der Ersten Lesung glaube ich, dass es zwei unterschiedliche Motive geben kann für so einen Gesetzentwurf. Das eine ist zu sagen, wir haben hier eine Liste von Sachverhalten. Da sagen Sie, es sei sogar dreist von mir, „Katapult“ zu zitieren – nichts anderes habe ich in der Ersten Lesung getan –, ein Magazin, das zumindest nicht für rechtskonservative Kampfpressearbeit bekannt ist.
Und genau das „Katapult“-Magazin hatte im letzten Jahr den Bürgerbeauftragten und Amnesty International befragt, ob in diesem Bundesland ihnen jeweils Sachverhalte bekannt sind, und beide haben mitgeteilt, sie haben keine. Ich behaupte damit nicht, dass Amnesty und der Bürgerbeauftragte alle Beteiligten befragt haben. Und die Frage ist doch, habe ich eine Vielzahl von Sachverhalten, die nahelegen, dass wir schnellen direkten Handlungsbedarf haben. Über die damaligen Informationen hinaus
habe ich auch keine, außer Sie sagen, Sie haben ein paar Beteiligten den Gesetzentwurf vorgelegt und sie befragt.
Zweite Überschrift ist, man kann sagen, ich habe ein grundsätzliches Misstrauen bei polizeilicher Arbeit in dieser Hinsicht. Das wäre der Teil, der letztes Mal diskutiert worden ist, den ich eher für schwierig hielte, weil ich davon überzeugt bin, dass die Kolleginnen und Kollegen im Polizeidienst nicht selten gerade in die Aufgabe kommen, auch jenen beiseitezuspringen, und dann geht es mir gar nicht um Hautfarbe oder Geschlecht, sondern in allen Hinsichten Menschen, die in Notsituationen geraten, die in Unterdrückungssituationen geraten, genau denen in der Situation beizustehen. Ich bin überzeugt davon, dass die Kolleginnen und Kollegen das durch die Bank weg tun.
Und Sie werden Ihrerseits sich die Kritik gefallen lassen müssen, dass bei vielen, vor allen Dingen jungen Kolleginnen und Kollegen, die das wahrnehmen, der Eindruck entsteht, dass wir ihnen einen Generalverdacht unterstellen, den sie schlicht mit ihrem Leben, wie sie es auch führen, für falsch halten. Und ich finde umgekehrt, weil Sie uns/mir Dreistigkeit vorwerfen – ich finde das einen relativ schweren Vorwurf, das war eben, noch mal, ein Zitat aus einem Medienorgan –, würde ich gerne mal, ohne in diese kraftvollen Begriffe einzusteigen, die Bitte zurückgeben, genau auch mal das kritisch zu reflektieren: Was kommt eigentlich bei denen an, die für sich nicht zu Unrecht in Anspruch nehmen, dass sie vielen von denen, die, glaube ich, im privaten Kontakt viel häufiger in Schwierigkeiten geraten und vielleicht auch genau unter rassistischen Gesichtspunkten in Schwierigkeiten geraten, dass sie gerade denen Schutz, im Zweifel mit ihrer Haut, mit ihrem Körper, mit ihrer Gesundheit gewähren. Und das ist nach meiner Überzeugung eben nicht geeignet, daraus einen generellen Vorwurf zu machen. Deswegen bin ich wieder bei der Frage, haben wir Einzelfälle, die das gebieten.
Zweiter Punkt, der mich umtreibt – weil Sie sagen, es sei wichtig, das noch mal festzuschreiben, ich hole die Argumentation vom letzten Mal noch einmal hervor –: Das deutsche Grundgesetz verbietet Racial Profiling, wenn auch nicht als Begrifflichkeit, sondern in Artikel 3 ziemlich deutlich. Dahinter stehen Bundesgesetze, die Gleiches tun. Es steht eine Landesverfassung, die Gleiches tut. Es stehen Landesgesetze, die Gleiches tun. Ich hatte letztes Mal berichtet, dass die landespolizeiliche Ausbildung das ganz bewusst auch in der Ausbildung durchgängig einbindet, um sehr deutlich zu sagen, es ist verboten, und auch sehr deutlich Handlungsmechanismen an die Hand zu geben, diesen Fehler eben nicht zu begehen.
Ich schließe nicht aus – und das, finde ich, gehört zu einer offenen Debatte immer dazu –, dass in einzelnen Fällen bei Kontrollen Dinge auch mal schieflaufen aus Sicht des Kontrollierten. Da würde ich mir manchmal im Übrigen die Motive gern anschauen. Vielleicht sind die von mir wahrgenommenen als Kontrolliertem andere als die von denen, die kontrolliert haben. Aber ich schließe auch niemals aus – und das gilt nicht nur für Racial Profiling, sondern für alle möglichen Sachverhalte –, dass auch Kollegen der Polizei im Einzelfall einen Fehler begehen. Dann werden wir den glattziehen, wir werden ihn im Zweifel entsprechend disziplinarrechtlich oder strafrechtlich verfolgen, genau wie wir es bei jedem anderen auch tun.
Aber ich schaue dann eben auch in diese Statistiken und sage, gibt es Strafverfahren, gibt es Disziplinarverfahren, ist Amnesty etwas bekannt, ist dem Bürgerbeauftragten etwas bekannt, und wenn alle sagen, nein, dann spricht zumindest vieles dafür, dass es nicht ganz so dramatisch gegen den Baum läuft, wie Sie es offenbar befürchten. Und dann ist meine Bitte noch einmal, dann lassen Sie uns über die Einzelfälle reden, die wir uns dann im Einzelfall angucken, denn es noch einmal irgendwo reinzuschreiben, macht den weißen Schimmel nicht weißer. Es steht im Deutschen Grundgesetz. Mehr kannst du an Rechtsschutz, an Festschreibung nach meiner Überzeugung nicht haben. Ich sehe deshalb nicht, dass wir mit einer Festschreibung im SOG einen zusätzlichen Schutz erreichen würden, den wir nicht heute schon haben, ein deutliches Signal und, noch mal, nach meiner Überzeugung auch eine klare Praxis der Landespolizei, im Übrigen nicht nur diese.
Soweit Sie darüber hinaus wünschen, dass wir regelmäßig Bescheinigungen ausstellen, wiederhole ich meine Bitte aus der letzten Landtagssitzung:
Erstens. Wer gegen eine Identitätskontrolle vorgehen will, kann das, weil die Kolleginnen und Kollegen der Polizei dokumentieren müssen, dass sie eine Identitätskontrolle durchgeführt haben. Wer sich dagegen wehren will, kann das auf rechtlichem Wege. Aber ich bitte darum, wir führen hier oft Debatten, wie wir Behördenintensität reduzieren, dass wir nicht noch einmal erhöhen. Das ist am Ende alles von Menschen zu leisten. Und ich sehe auch hier keinen Mehrwert, ich sehe eben nur mehr Arbeit und für alle Beteiligten mehr Bürokratie.
Auch da die herzliche Einladung, lassen Sie uns nichts obendrauf tun, ohne dass wir nicht einen fassbaren Grund haben, der es notwendig macht. Und es fehlt mir weiterhin, außer der groben Flughöhe zu sagen, da ist bestimmt irgendwas, fehlt mir das konkrete Anfassbare, was darauf hindeutet, dass wir einen Systemfehler hätten, den wir beheben müssen. Diese Systemfehler sind durch das Grundgesetz und andere Regeln ausgeschlossen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Auch ich kann nur auf die letzte Debatte bei der Ersten Lesung verweisen, mit einem kleinen Unterschied, dass wir in der letzten Debatte null Fälle, das wurde hier mehrfach betont, im Land null Fälle hatten. Eine erneute Kleine Anfrage von mir, die am 28. Dezember beantwortet wurde, 28. Dezember 2022, hat ergeben, dass wir im Zeitraum von September 2020 bis zur Beantwortung dieser Kleinen Anfrage 1.450 Beschwerden hatten hier gegenüber dem Einschreiten der Landespolizisten und nur einen einzigen Fall, und der auch noch teilweise begründet darin ist, dass es da möglicherweise zu rassistischen Übergriffen verbaler Natur gekommen ist. Da reden wir also von 0,094 Prozent.
Und der Innenminister hat es eben gesagt, ich habe es in der letzten Debatte auch gesagt, es ist doch dem Grunde nach alles im Grundgesetz festgeschrieben, und Sie, Frau Oehlrich, sprechen hier von Stigmatisierung und Entfremdung. Und das Einzige, was Sie hier stigmatisieren, sind unsere Beamten im Land, die hier einen ganz hervorragenden Job leisten, jeden Tag,
indem Sie diese Beamten einem Generalverdacht aussetzen. Und die Einzigen, die sich hier entfremden, und zwar entfremden von den Behörden und Institutionen unseres Staates und damit entfremden von der Demokratie, sind Sie, meine Damen und Herren der GRÜNEN, mit eben solchen Anträgen. Das ist demokratiefeindlich.
Und Sie haben überhaupt so gut wie gar nicht zur Sache gesprochen. Sie haben nämlich hier gar nicht Bezug auf Ihren Antrag genommen, sondern Sie haben die ganze Zeit über die Einrichtung einer Antidiskriminierungsstelle gesprochen, und das ist ja noch der viel größere Frevel, wie ich finde.
Alles in allem – ohne mich wiederholen zu wollen, das ist redundant hier – ist Ihr Antrag abzulehnen. – Danke schön!
An dieser Stelle möchte ich natürlich erklären, dass ich darüber entscheide, ob hier zur Sache geredet wurde oder nicht, und in dem Kontext, in den das gestellt wurde, war es durchaus zur Sache. Wie gesagt, wenn ich jetzt davon ausgehen würde, es muss immer direkt zum Antrag sein, dann würde ich hier viele Unterbrechungen haben und viele würden sich wundern, was sie mit ihrem Redemanuskript machen können.
Also würde ich sagen, lassen wir diese Debatte und lassen dem Präsidium die Entscheidung, wer zur Sache spricht und wer nicht.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich kann mich an dieser Stelle relativ kurzfassen, da wir den Gesetzentwurf in unveränderter Form bereits im November debattiert haben und in der Zwischenzeit keine neuen Aspekte, die wir dringlich diskutieren müssen, hinzugekommen sind oder sich da irgendwas geändert hat. Insofern kann ich an meine Ausführungen aus dem November anknüpfen und auch an das, was der Minister gesagt hat.
Racial Profiling ist bereits verboten. Wenn Polizeikontrollen aufgrund rassistischer Zuschreibungen erfolgen, dann verstoßen diese gegen Artikel 3 des Grundgesetzes, denn der darin verfassungsrechtlich vorgegebene Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet es staatlichen Stellen zu diskriminieren, und das ist auch gut und richtig so.
Nichtdestotrotz schadet es natürlich nicht, über Racial Profiling zu debattieren und zu schauen, ob dieses Verbot ausdrücklicher formuliert werden muss und wie und wo das erfolgen kann, denn bundesweit kommt es sehr wohl immer wieder zu Kontrollen, deren alleiniger Grund wohl in der vermeintlichen Herkunft, im Aussehen oder der verwendeten Sprache der Betroffenen liegt. Es wäre aus meiner Sicht falsch, dieses Problem, welches sich in ganz konkreten und individuellen Fällen vermutlich viel zu oft abspielt, zu leugnen. Aber das tut so auch niemand, Frau Oehlrich. Damit ist weder den Betroffenen noch den Beamtinnen und Beamten geholfen, die ihren Dienst vorschrifts- und rechtmäßig durchführen. Die Dringlichkeit, das Verbot zu diesem Zeitpunkt explizit in das SOG M-V aufzunehmen, ergibt sich daraus eben gerade nicht.
Meine Damen und Herren, einzelne Vorschläge, die Sie hier unterbreiten, sind es definitiv wert, diskutiert und möglicherweise ins SOG aufgenommen zu werden. Auch das habe ich bereits im November gesagt. Und auch da, denke ich, werden wir noch diskutieren. Der Minister hat es auch gesagt, insbesondere die Regelung, die kontrollierte Personen ermächtigt – da sind wir eher bei Ihnen –, erscheint mir doch sozusagen nachdenkenswert, ob man Ihnen diese Möglichkeit gibt, dass sie einer Identitätsfeststellung unterzogen worden sind und dass diese Personen den Grund verlangen dürfen.
Aber – ich bleibe bei meinem Angebot, Frau Oehlrich, welches ich Ihnen inzwischen schon mehrfach eröffnet habe – bringen Sie Ihre Vorschläge zur Überarbeitung und Ergänzung des SOG M-V in die anstehende Novellierung ein!
Wir wollen das SOG, wie gesetzlich und im Koalitionsvertrag verankert, auf den Prüfstand stellen, schauen, welche Regelungen sich bewährt haben, welche Befugnisse überflüssig sind und wo nachgebessert werden muss. Ich halte es für nicht zielführend – und auch das habe ich schon bereits mehrfach gesagt – jetzt einzelne Paragrafen und Absätze, Artikel zu ändern, einzufügen oder zu ergänzen. Das SOG besticht auch in seiner jetzigen Form nicht oder in seiner jetzigen Fassung ohnehin nicht durch Klarheit und Übersichtlichkeit, also wollen wir davon jetzt auch nicht noch was ändern, sondern es später dann vielleicht viel besser machen. Dazu lade ich Sie herzlich ein.
Und zur Antidiskriminierungsstelle: Ich erinnere mich nicht daran, dass im Koalitionsvertrag behauptet wird, dass es diese gibt, sondern ich erinnere mich daran, dass wir uns dafür einsetzen wollen, dass es sie geben wird. Das ist ein kleiner Unterschied.
Und ich bin auch optimistisch, dass wir uns da auf diesen Weg gemacht haben und auch weiterhin machen und dass es diese in Zukunft auch geben wird. Aber das hat mit Ihrem Gesetzentwurf nichts zu tun, den wir – zumindest heute – eher aus praktikablen denn aus inhaltlichen Gründen ablehnen. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich würde es gerne kurzhalten, weil ich glaube, dass ich in meiner Rede zur Ersten Lesung bereits mein komplettes Pulver in dieser Sache auch verschossen habe.
(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der FDP und Nikolaus Kramer, AfD – Sebastian Ehlers, CDU: Wiederholen festigt.)
Richtig, das stimmt natürlich. Ich würde auch gerne noch mal ein paar grundlegende Dinge natürlich dazu sagen. Ich wollte mich jetzt auch nicht gleich wieder hinsetzen.
Was noch mal ganz wichtig ist, was sich, glaube ich, auch in die Köpfe mal einbrennen müsste, jedes Gesetz hat ja auch eine gewisse Struktur. Und ich hatte das letztes Mal auch schon gesagt – und das ist jetzt die Wiederholung, die ich mir auch leiste oder gönne an dieser Stelle –, das SOG schreibt fest, was Polizei darf, und nicht, was sie nicht darf. Und das ist eigentlich das Entscheidende, was man sich bei diesem Gesetz einfach merken muss. Da steht konkret drin, wann Polizei eingreifen darf, wann sie Eingriffsermächtigungen vornehmen darf, welche das sind. Und wenn sie da nicht drinstehen, dann darf Polizei das auch nicht. Und das Grundgesetz, meine Damen und Herren von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, gilt – das wurde jetzt hier auch schon mehrfach gesagt – selbstverständlich für jeden und immer zu jeder Zeit, und darauf basieren natürlich alle unsere Gesetze, auch natürlich das SOG.