Protokoll der Sitzung vom 25.01.2023

Es liegt mir vor ein Antrag auf eine persönliche Bemerkung nach Paragraf 88. Bitte schön, Herr Fraktionsvorsitzender Kramer!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte hier eine persönliche Erklärung abgeben, weil ich offenbar eigene Äußerungen richtigstellen muss. Natürlich lag es mir fern, die Integrität und die Unabhängigkeit des Präsidiums hier infrage zu stellen. Ich habe mit meinem Beitrag vorhin lediglich meine eigene Meinung in freier Rede als Abgeordneter kundgetan, dass ich das Gefühl hatte, dass zu diesem Antrag nicht zur Sache gesprochen wurde. Es lag mir – ich wiederhole es – fern, hier die Integrität des Präsidiums infrage zu stellen. – Danke schön!

(Beifall Jens Schulze-Wiehenbrauk, AfD – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Ich könnte jetzt den Versuch unternehmen, die Geschäftsordnung auszulegen. Das wäre wahrscheinlich etwas schwierig. Es ging auch gar nicht um Integrität. Es war lediglich ein Hinweis, dass man nicht unbedingt solche Themen auf die Tagesordnung bringt, gerade wenn man in den vorherigen Gesetzentwurfberatungen derartige Freiheiten in den Ausführungen des eigenen Abgeordneten erlebt hat. Das ist ein freundlicher Hinweis gewesen. Wenn Sie keine freundlichen Hinweise haben wollen, dann werde ich das zukünftig unterlassen, aber wie gesagt, dann müssen Sie auch damit rechnen, dass wir zukünftig nicht mehr in diesem Maße großzügig sind.

(Heiterkeit bei Patrick Dahlemann, SPD)

Von daher rufe ich jetzt auf den Tagesordnungspunkt 4: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Fraktion der AfD – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 8/1484.

Gesetzentwurf der Fraktion der AfD Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 8/1484 –

In der 35. Sitzung des Landtages am 9. November 2022 ist die Überweisung dieses Gesetzentwurfes in die Ausschüsse abgelehnt worden. Gemäß Paragraf 48 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Landtages wird der Gesetzentwurf spätestens nach drei Monaten zur Zweiten Lesung auf die Tagesordnung gesetzt. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Schult.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Werte Gäste! Ich möchte auch noch einmal ganz kurz für unseren Gesetzentwurf werben, mit dem wir die Regionalschulen stärken wollen. Und ich möchte diesen auch noch mal kurz vorstellen und um Ihre Zustimmung werben.

Wir haben ja vor etwa einem Jahr schon einen Gesetzentwurf hier eingebracht. Da ging es darum, die Elementarbildung an den Grundschulen zu stärken. Auch damit sollten wir recht behalten. Die Ergebnisse des IQBBildungstrends zeigen uns, dass gerade im Bereich Lesen, Mathematik durchaus Defizite bestehen. Die Mindestanforderungen wurden nicht eingehalten oder wurden nicht erfüllt. Und auch mit diesem Gesetzentwurf, werte Kolleginnen und Kollegen, wissen Sie, dass wir eigentlich dem Grunde nach recht haben.

Zunächst eine kurze Erläuterung unseres Gesetzentwurfes: Am Ende der Orientierungsstufe gibt es eine Schullaufbahnempfehlung und dort wird den Schülern quasi empfohlen, ob sie weiter auf der Regionalschule bleiben oder ob sie auf das Gymnasium wechseln. Aber das wissen Sie wahrscheinlich. Das Schulgesetz legt jetzt schon fest, dass bei einem Durchschnitt von schlechter als 2,5 keine Schullaufbahnempfehlung auf das Gymnasium erfolgen kann. Das ist in Paragraf 15 so festgelegt und in Paragraf 66 ist festgelegt, dass, wenn man ohne Schullaufbahnempfehlung auf das Gymnasium wechselt, weil die Eltern können das letztlich entscheiden, dass man dann keine Fünf haben darf am Ende der 7. Klasse auf dem Gymnasium.

Und das ist jetzt auch schon im Schulgesetz so festgelegt. Ich wiederhole das hier noch einmal in aller Deutlichkeit, weil bei der letzten Debatte der Eindruck erweckt wurde, dass wir Kinder diskriminieren wollen. Das ist mitnichten so! Auch jetzt – Paul und Paula habe ich noch im Kopf und Hans und Helga –, auch jetzt ist das schon klar im Schulgesetz geregelt. Wir wollen lediglich die Hürden etwas höher hängen. Wir wollen sozusagen, dass man die Schullaufbahnempfehlung bekommt bei einem Durchschnitt von 2,0 und wenn man ohne Schullaufbahnempfehlung auf das Gymnasium wechselt, also

nur mit Elternwillen, dass man dort in den Hauptfächern 3,5 dann vorweisen muss, ansonsten muss man wieder zurück auf die Regionalschule.

Das ist wichtig, um quasi das Niveau an den Regionalschulen zu stärken, das ist wichtig, um das Niveau an den Gymnasien zu stärken, denn Sie wissen es alle, wir brauchen Fachkräfte in diesem Land. Und wenn wir uns vergegenwärtigen, dass 25 Prozent der Azubis die Ausbildung abbrechen und auch 25 Prozent der Studenten sozusagen das Studium abbrechen, dann zeigt es uns, dass da irgendwas nicht rund läuft in unserem Bildungssystem. Daher meinen wir, dass die besten Schüler natürlich aufs Gymnasium wechseln sollen, allen sollen die Chancen offenstehen, aber wir wollen die Regionalschulen insofern stärken, dass dort eben auch leistungsstarke Schüler bleiben und dann gerne später noch aufs Gymnasium wechseln, wenn es die Noten dann hergeben.

In der Debatte wurden gleich wieder diese üblichen Phrasen aufgerufen: Diskriminierung, Gerechtigkeit, Teilhabe und Inklusion und dergleichen. Das gehört ja zu Ihrem Grundbestand an Phrasendrescherei. Aber letztlich zeigt es uns – und ich glaube, da gehen Sie mit mir alle d'accord –, dass wir da ein Problem haben und dass wir das angehen müssen. Und einfach sich immer auf Gleichberechtigung und so weiter zurückzuziehen, das hilft uns nicht weiter, wenn die Ergebnisse am Ende nicht zufriedenstellend sind.

Und da verweise ich jetzt noch mal auf die Debatte, die wir unlängst im Bildungsausschuss hatten. Da ging es um die Schulabschlussverordnung, um die neue Schulabschlussverordnung, die wird demnächst sozusagen veröffentlicht. Und wir als AfD haben da durchaus schon die Befürchtung, dass da eben wieder Anforderungen abgesenkt werden, indem sozusagen die Mittlere Reife vorschnell zuerkannt wird. Und das ist sozusagen die Konsequenz dessen, was wir haben, dass wir an den Regionalschulen nicht mehr auf höchstem Niveau unterrichten können und leider eben auch an den Gymnasien uns immer dann anpassen müssen, weil Schüler sozusagen den Anforderungen nicht gewachsen sind.

Ich habe mir das nicht ausgedacht, da gibt es Statistiken zu, es gibt eine Kleine Anfrage dazu, und heute gibt es auch einen Artikel über eine Bertelsmann-Studie, die aussagt, dass ganz viele Schüler an den Gymnasien schon vorzeitig das Gymnasium verlassen und sozusagen nicht das Abitur beenden, dann nicht studieren gehen. Und, liebe Kollegen, was wäre eigentlich besser? Diese Jugendlichen könnten doch dann auf der Regionalschule bleiben und könnten das Niveau dort auch anheben und stärken.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Aber wir dürfen uns natürlich auch nicht, wir müssen uns klarmachen, warum das derzeit so ist, warum natürlich viele Eltern ihre Kinder aufs Gymnasium schicken. Und in vielen Gesprächen ist das deutlich geworden: weil sie natürlich für ihr Kind die beste Bildung möchten. Das möchten wir alle. Und warum ist es an den Regionalschulen bisweilen problematisch? Wir haben da den höchsten Unterrichtsausfall, das ist leider so, Statistiken bezeugen das. Wir haben dort die Inklusion, die dort zu Buche schlägt und einfach einen vernünftigen Unterricht hin und wieder erschwert. Ich will auch einräumen, dass es nicht an allen Schulen der Fall ist. Aber in der Tat sind

die Lehrer dort an der Grenze, was die Inklusionsstrategie des Landes angeht. Hinzukommen die ukrainischen Kinder, die dort beschult werden müssen und natürlich sagen sich die Eltern, dann versuche ich, mein Kind auf jeden Fall aufs Gymnasium zu schicken in der Hoffnung, dass er oder sie es dann auch dort schafft.

Ja, das ist nach unserem Dafürhalten der falsche Weg. Wir müssen die Rahmenbedingungen für die Regionalschulen verändern, indem wir tatsächlich die Inklusionsstrategie infrage stellen. Lehrerbildung – das wissen wir alle – oder Lehrergewinnung ist ein Thema. Und es ist in der Tat so, dass ganz viele Lehrer ja auch schon zum Gymnasium streben, also Lehramtsstudenten präferieren das Gymnasium, möchten dort Lehrer werden und nicht an der Regionalschule. Und das sollte uns zu denken geben, dass wir dort die Regionalschulen in diesem Sinne stärken, dass da wieder gute Bildung möglich ist und dass sie eben die guten Schüler auch auf der Regionalschule behalten.

Wir brauchen, liebe Kollegen, Exzellenz statt Gleichmacherei, auch wenn diese Phrasen bei Ihnen immer wieder so gerne durchkommen. Und ich würde jetzt auch gleich vorwegsagen, die Bildungsministerin wird ja gleich wieder kommen mit Diskriminierung und Ausgrenzung und dergleichen, das wollen wir nicht, wir wollen den Elternwillen nicht einschränken. Die Eltern sollen entscheiden, wer aufs Gymnasium geht. Wir wollen allerdings die Hürden etwas anheben, insofern werden die Eltern sensibilisierter dafür, ob sie die Entscheidung so oder so treffen.

Und ich denke, wir als Wirtschaftsnation sind einfach darauf angewiesen, gut ausgebildete Jugendliche in die Wirtschaft zu entsenden. Die Handwerkskammer, die Industrie- und Handelskammer und so weiter und alle Bereiche, Verwaltung natürlich auch, sehnen sich nach gut ausgebildeten Fachkräften. Und insofern stimmen Sie diesem Gesetzentwurf zu, und wir können einen richtigen Schritt gehen in die Richtung, die Bildung noch wieder etwas anspruchsvoller zu machen! Und ich glaube, da sind Sie mit mir einig, dass das dringend notwendig ist. – Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Butzki.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vor drei Monaten haben die Fraktionen von SPD und DIE LINKE diese Schulgesetzänderung bereits abgelehnt. Seit dieser Zeit hat sich aus unserer Sicht nichts verändert.

(Heiterkeit bei Enrico Schult, AfD – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Ich könnte jetzt meine Rede vom November wiederholen

(Zuruf von Jan-Phillip Tadsen, AfD)

oder auch größere Passagen aus der Rede der Ministerin zitieren. Beides habe ich nicht vor, obwohl ich 22 Minuten Redezeit hätte.

(Marc Reinhardt, CDU: Die nutz mal auch aus!)

Der auch in diesem Antrag bemühte Begriff des Akademisierungswahns geht an der Realität vorbei.

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Der aktuelle nationale Bildungstrend sagt deutlich,

(Zurufe von Jens-Holger Schneider, AfD, und Jan-Phillip Tadsen, AfD)

der Trend zur Akademisierung ist vorerst zum Stillstand gekommen. Im veröffentlichten Ausbildungsmonitor am Dienstag steht, knapp die Hälfte der Abiturienten beginnt eine duale oder schulische Ausbildung.

(Zurufe von Jens-Holger Schneider, AfD, und Jens Schulze-Wiehenbrauk, AfD)

Und laut Statistiker, Absolventen im Abiturjahrgang 2021, da will ich mal kurz die Quoten noch mal nennen: Hamburg hat eine Abiturientenquote von 54,4 Prozent, der Deutschlandschnitt ist 39,1 Prozent, MecklenburgVorpommern hat 38,1 Prozent. Also können wir hier von einer überbordenden Akademisierung nicht sprechen. Diese Gesetzesänderung brauchen wir nicht, und die Koalition von SPD und DIE LINKE wird diese Schulgesetzänderung ablehnen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Jan-Phillip Tadsen, AfD: Das ist aber dünn, Herr Butzki. – Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Vielen Dank, Herr Butzki!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Renz.

(Jens-Holger Schneider, AfD: So, jetzt, Herr Renz!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Butzki hat ausgeführt, es ist nichts Neues hier passiert. Doch, Herr Butzki, es ist etwas Neues passiert. Ich bin auch davon ausgegangen, dass die Argumente ausgetauscht sind. Und der Gesetzestext hat sich ja auch nicht geändert, das ist tatsächlich der gleiche wie beim letzten Mal, aber es hat sich etwas geändert: Der Kollege der AfD hat die Strategie geändert.

(Heiterkeit bei Sebastian Ehlers, CDU)

Sein erster Satz war, dieser Gesetzentwurf soll die Regionalen Schulen stärken. Jetzt habe ich erst mal quergelesen, ob das Wort „Regionale Schule“ überhaupt drin vorkommt,

(Heiterkeit und Zuruf von Andreas Butzki, SPD)