So werden wir die Kinder noch besser auf die Welt einstimmen und vorbereiten, die vor ihnen liegt, die sie also gestalten können.
Sehr geehrte Damen und Herren, in MecklenburgVorpommern hat fast jedes vierte Vorschulkind eine Sprachstörung mit unterschiedlicher Ausprägung oder sein Spracherwerb ist gravierend eingeschränkt. Wenn aber das Sprechen nicht so recht gelingen mag, fehlt eine wesentliche Grundlage für das Lesen- und Schreibenlernen. Nur, wer richtig sprechen kann, hat die Voraussetzung, um in der Schule die grundlegenden Kompetenzen zu erwerben, um erfolgreich zu lernen. Dass so viele Kinder die Sprache nicht fehlerfrei beherrschen, schlägt sich dann logischerweise in den Ergebnissen der Lernstandserhebungen nieder. Allerdings ist es kein Ergebnis, das von heute auf morgen entsteht, und es verschwindet
Dieser Bildungsmangel hat sich vor Jahrzehnten in allen Bundesländern in unterschiedlichem Maße ausgebreitet, nämlich in dem Ausmaß, in dem die Zeit für das Erlernen des Lesens, Rechnens und des Schreibens geringer wurde. So sind die Befunde des IQB-Bildungstrends erschreckend, aber nicht überraschend. Fast jedes fünfte Kind verfehlt im Bereich des Lesens die Mindeststandards, genauso wie beim Zuhören. Ein noch höherer Anteil der Kinder erfüllt die Mindeststandards im Bereich der Orthografie und der Mathematik nicht. Und diese Ergebnisse stagnieren in den vergangenen Jahren nicht etwa, sondern haben sich massiv um sechs bis acht Prozent verschlechtert.
Sehr geehrte Damen und Herren, weil wir alles daransetzen, dass sich dieser Zustand ändert, dass mehr Kinder die Bildungsstandards erreichen, haben wir bereits Maßnahmen getroffen. Zum Beispiel – und meine Kollegin Jeannine Rösler ist darauf eingegangen – die Willkommenswoche in der 1. Klasse wird eingeführt, um unter anderem die Lernausgangslagen der Kinder zu erfassen und die Ergebnisse dieser wertvollen Portfolioarbeit, die in den Kindertagesstätten geleistet wird, dann auch tatsächlich in den Unterricht einzubeziehen. Ebenfalls haben wir für Eltern Hinweise erarbeitet, wie sie ihr Kind mit kleineren Aufgaben und Lernspielen auf die Schule vorbereiten können, um sie so beim Erwerb der Grundlagen zu unterstützen.
Das sind Maßnahmen, die sofort umgesetzt werden konnten. Aber es braucht dringend weitreichende Änderungen und Verbesserungen, um mittel- und langfristig die Kernkompetenzen als Grundlage für die Schul- und Berufsbildung zu stärken.
Deshalb schlagen die Fraktionen von SPD und LINKE Ihnen heute weitere Möglichkeiten vor, die notwendig sind, um die basalen Fähigkeiten aller Kinder zu verbessern, aber auch, um gerade die 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler so zu fördern, dass auch sie den Anschluss künftig nicht mehr verlieren.
Bei all dem, was wir hier unternehmen, dürfen wir aber nicht vergessen, dass 80 Prozent der Kinder im Grundschulalter die Mindeststandards im Lesen, Schreiben, Rechnen und Zuhören nicht nur erreichen, sondern sogar übertreffen. Aber auch sie werden selbstverständlich davon profitieren, wenn ab Schuljahr 2024/2025 ein flächendeckendes Leseband in den Grundschulen eingeführt wird. Durchgehend von der ersten bis zur letzten Unterrichtswoche des Jahres, durchgehend von der 1. bis zur 4. Klasse soll für alle Kinder ein Lautlesetraining erfolgen, 20 Minuten pro Tag, unabhängig vom Unterrichtsfach, also auch im Sachunterricht oder im Mathematikunterricht. Durch verschiedene Verfahren soll die Leseflüssigkeit gefördert werden, das heißt die weitgehend fehlerfreie, automatisierte, altersangemessene schnelle Verarbeitung von Texten auf Wort- und Satzebene.
Darüber hinaus arbeiten wir gegenwärtig mit der Schriftstellerin Kirsten Boie daran, ein Leselernbuch für alle Kinder im Alter von vier Jahren zu entwickeln, um bereits bei ihnen die Sprachfähigkeit zu fördern und die Eltern
noch mehr in diesen Prozess einzubeziehen, indem eben jedes Kind unabhängig vom sozialen Umfeld sein eigenes Leselernbuch bekommt.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte noch auf zwei weitere Maßnahmen näher eingehen. Zum einen werden wir schrittweise die Unterrichtsstunden in den Fächern Deutsch und Mathematik auch in der Grundschule erhöhen. Die Kinder brauchen dringend mehr Zeit zum Üben, Festigen und zur individuellen Unterstützung, um Lücken zu schließen und Begabungen zu fördern. Im Dreiklang „zusätzliche Zeit, zusätzlicher Unterricht, zusätzliche Förderung“ sehen wir eine große Chance, die Lese- und Rechtschreibleistungen sowie die mathematischen Fähigkeiten zu stärken. Hierzu haben wir bereits mit vielen Grundschullehrerinnen und -lehrern gesprochen und ihre Konzepte der Förderung, mit denen sie gute Erfahrungen gemacht haben, in unsere Planungen einbezogen.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Der Abgeordnete Torsten Renz bittet um das Wort für eine Anfrage.)
Darüber hinaus werden wir die Kollegien in den kommenden Wochen zu ihren Vorstellungen der Erhöhung der grundlegenden Kompetenzen befragen und somit die Vorschläge der Grundschullehrkräfte, die diese Vorschläge sind, die wir Ihnen heute vorstellen, in unser gemeinsames Vorgehen einbeziehen, weiterhin mit dem Bildungsrat besprechen und federführend mit dem Grundschulverband umsetzen.
Angemerkt sei – durch Ihren Einwurf, Herr Ehlers –, im Bildungsrat ist die GEW vertreten. Wir tagen dazu einmal wöchentlich, jetzt alle 14 Tage. Seit November des letzten Jahres ist genau dieser Katalog der basalen Kompetenzen Thema im Bildungsrat. Wenn die GEW nicht anwesend ist, ist es nicht unser Problem. Und wenn wir natürlich, wenn die GEW sich nicht daran erinnern kann
und vielleicht auch etwas anderes wahrnimmt, dann muss die GEW mit ihrer Wahrnehmung und mit ihrem Gedächtnis selbst in Klausur gehen, aber nicht wir.
(Heiterkeit bei Sebastian Ehlers, CDU: Und das von der linken Ministerin! – Zuruf von Daniel Peters, CDU)
eine Lernfortschrittsmessung etablieren. Wir stellen allen Lehrkräften dauerhaft das Diagnose- und Fördertool „Lernlinie“ kostenfrei zur Verfügung,
ein Testverfahren, das von vielen Lehrerinnen und Lehrern gewünscht wird und das bereits langjährig wissenschaftlich konzipiert und auch optimiert wurde, denn um den individuellen Ansprüchen der Mädchen und Jungen gerecht zu werden, ist eine umfassende Leistungsanalyse der Kinder unabdingbar. Der Diagnostik im Unterricht kommt somit eine besondere Bedeutung zu. Wir erfassen künftig Lernfortschritte frühzeitiger und nachhaltiger, bereiten sie auf und werten sie aus. Aus dieser datengestützten Analyse lassen sich dann konkrete individuelle Fördermöglichkeiten ableiten. Zudem wird die Lernstandsmessung VERA 3 verstärkt genutzt, um den Übergang in die weiterführende Schule zu verbessern.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Ergebnisse unserer weitreichenden Maßnahmen werden wir überprüfen und evaluieren. Erste Resultate können wir voraussichtlich bereits zum Ende des zweiten Schuljahres nach der Einführung präsentieren. Hier werden wir gemeinsam mit den Partnern des Bildungsrates einen Bildungsbericht erstellen – auch das ist abgestimmt –, der erste Tendenzen vorstellt und aus dem sich dann unser weiteres Vorgehen ableiten lässt, um eben für alle Kinder unseres Bundeslandes die Bildungs- und Teilhabechancen zu erhöhen.
Sehr geehrte Frau Ministerin, dem Antrag ist zu entnehmen unter 5., „die Wochenstunden für die Fächer Deutsch und Mathematik ab dem Schuljahr 2024/2025 in der Grundschule anzuheben“. Sie haben jetzt … Oder Vorbemerkung, der Antragsteller ist darauf nicht weiter eingegangen, aus meiner Sicht für eine Diskussion sehr unpräzise. Sie haben jetzt präzisiert, indem Sie gesagt haben, schrittweise. Auch das reicht aus meiner Sicht für eine Diskussion nicht aus. Ist damit gemeint Klasse 1, 2, 3, 4? Könnten Sie das vielleicht bei Ihren Ausführungen jetzt nachholen, wenn es möglich ist?
Natürlich kann ich Ihnen das nicht alles ganz genau sagen, weil wir nämlich hier die Befragung für die Grundschullehrkräfte einerseits schon durchgeführt haben und auch dieses Konzept
Grundschullehrerinnen und Grundschullehrern und auch dem Grundschulverband vorgestellt haben, und zum Zweiten, weil wir natürlich, für uns ganz wichtig, die praktischen Erfahrungen der Grundschullehrkräfte hier nutzen wollen. Und hierzu wird eine Befragung vorbereitet. Die ist in den letzten Zügen. Und die Grundschullehrkräfte werden befragt dazu, wo in welcher Form die Erhöhung stattfinden soll, natürlich auch immer mit einem inhaltlichen Ziel verbunden, nicht einfach mehr Zeit, sondern mehr Zeit wofür. Und so, wie wir bis jetzt die Erfahrungen der Grundschullehrkräfte hier einfließen lassen haben neben den Äußerungen der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission, ist für uns natürlich wichtig, dass hier die Praktikerinnen und Praktiker das Wort haben.
Ich habe jetzt entnommen, dass das ein ergebnisoffener Prozess ist, den Sie dargestellt haben. Inwieweit ist dann Ihre Aussage, die der Presse zu entnehmen ist, dass Sie in Klasse 3 und 4 jeweils eine Stunde Deutsch und Mathe mehr geben wollen, inwieweit ist diese Aussage mit diesem ergebnisoffenen Prozess, den Sie eben dargestellt haben, zu vereinbaren?
Wenn ich mich nicht irre, habe ich gesagt, voraussichtlich. Außerdem ist mir auch kein schriftliches Zitat meinerseits bekannt, Herr Renz. Und zum Zweiten ist das das, was uns vorschwebt. Und darüber hinaus werden wir natürlich alles einfließen lassen, was ich eben gesagt habe. Aber nichtsdestotrotz haben wir ja selber einen Kopf zum Denken,