Herr Ulrich sagt, Zitat: „Wir sind gezwungen, beim Thema Integration Erfolge zu erzielen.“ Zitatende. Denn in seinem Landkreis sind circa 400 Lehrstellen unbesetzt. Er verliert 29 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung bis 2030.
Das, meine Damen und Herren, ist auch hier in vielen unserer Gemeinden die Realität. Und unter anderem deswegen müssen wir die Debatte über geflüchtete Menschen in eine Richtung bringen, die ernsthaft nach Lösungen sucht, bei denen wir Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit eben nicht an den Außengrenzen lassen.
Was hat sie also nun gebracht, diese MPK, an Antworten für unsere Kommunen? Werden die Ergebnisse den Regionen helfen, dass wir Einwanderungskommunen à la Burgenlandkreis irgendwie hier werden können?
Man muss schon genau hinschauen, um im 60-seitigen Papier die halbe Seite zu Kommunen und konkreten Integrationsmaßnahmen vor Ort zu finden. 1 Milliarde – wir haben es bereits mehrfach gehört – soll es zusätzlich für Unterbringung und Versorgung geben. Das ist gut, das ist überfällig. Und die Debatte, die es hier gab, dieses unsägliche Zerren um diese 1 Milliarde, das war wirklich – und da stimme ich der Ministerpräsidentin zu – nicht der Situation angemessen, und ich hoffe, dass sich das so nie wieder wiederholt.
Das drängendste Problem vor Ort jedoch ist die fehlende Kapazität bei der Unterbringung. Hier bietet das MPKPapier aus unserer Sicht überhaupt keine Lösungsmöglichkeiten für M-V, denn wie wir alle wissen, passende Bundesliegenschaften gibt es nun mal nicht. Ganz klar, dass hier nun das Land gefordert ist, dass die Kommunen beim Bau von festen Unterkünften unterstützt werden. Es muss sich lohnen, nachhaltige Gebäude zu errichten, meine Damen und Herren, anstatt überall im Land Container für sehr, sehr viel Geld anzumieten. Eine Änderung der Erstattungsrichtlinien muss her. Damit krisenfeste bauliche Strukturen wieder wirtschaftlich werden, muss die Finanzierung für die Kommunen attraktiver werden.
Stichwort „krisenfest“: Lassen Sie uns über Integrationsinfrastrukturen reden! Hier wird relativ schwammig formuliert, dass man vorangehen will, dass man ausbauen will, dass man quantitativ und qualitativ bedarfsgerecht sein will. Das klingt alles gut, aber hier wird es nicht klar. Es braucht einheitliche Standards, wie das vor Ort ausgestaltet wird und wer die Finanzierung übernimmt. Und die Frage an die Landesregierung ist dann, die sich anschließt: Werden Sie dafür sorgen, dass die Strukturen der psychosozialen Betreuung und Beratung ausgebaut und die weißen Flecken beseitigt werden?
Auch von Entlastung der Behörden und der Gerichte ist zu lesen, was generell begrüßenswert ist, denn die Verfahren dauern natürlich momentan viel zu lange. Aber lassen Sie es mich ganz klar sagen: Eine Beschleunigung von Asylverfahren darf nicht dazu führen, dass die Qualität darunter leidet. Das ist ein zweischneidiges Schwert und wir müssen vorsichtig vorgehen.
Deswegen fordern wir ganz klar, die Qualität der Asylverfahren darf nicht zugunsten einer Beschleunigung leiden. Bei besserer Anerkennung von Berufsqualifikation und dem wiederkehrenden Ruf nach Digitalisierung fällt mir eigentlich nichts weiter ein, als die rhetorische Frage zu stellen: Wieso machen wir das eigentlich nicht schon alles? Wieso reden wir jetzt an dieser Stelle wieder über Digitalisierung? Das machen wir seit Jahrzehnten und es scheint nichts voranzugehen.
Werte Kolleg/-innen, diese MPK hätte eine Chance sein können, den Kommunen endlich Handwerkszeug an die Hand zu geben, was sie brauchen, um vor Ort erfolgreiche Integration nachhaltig auf den Weg zu bringen. Die MPK hat diese Chance ganz klar verpasst. Stattdessen atmet das Papier den Geist von Abschottung und Aushöhlung des Rechtsstaates für bestimmte Gruppen von Menschen.
Und ich frage Sie, Frau Ministerpräsidentin Schwesig: Wie kann diese rot-rote Landesregierung inmitten der größten Fluchtbewegung, die Europa seit dem Zweiten Weltkrieg gesehen hat, ein Papier mittragen, in dem der Fokus auf Ausweitung der Kontrollen an den Binnengrenzen, erweiterten Durchsuchungsrechten von Wohnraum, längeren Haftzeiten bei Rückführung, Asylverfahren in Lagern an den EU-Außengrenzen und konsequenten Abschiebungen liegt? Welches Signal wollen Sie setzen, indem Sie in den populistischen Kanon von rechts einstimmen und nach konsequenteren Abschiebungen rufen?
Ich bin mir sicher, dass Sie die Zahlen kennen und deswegen ganz genau wissen, dass eine komplette Nebelkerze hier gezündet wird, denn in Mecklenburg-Vorpommern sind, Stand Ende 2022, 4.267 Menschen ausreisepflichtig. Davon sind aber 3.800 geduldet und können gar nicht abgeschoben werden. Wir reden uns hier die Köpfe heiß, Sie reden sich hier die Köpfe heiß für ein paar Hundert Menschen und tun so, als wäre das die Lösung unserer Probleme. Und die, die natürlich abgeschoben werden sollen und müssen, die ein Abschiebegrund, wo einer vorliegt – das möchte ich hier noch mal ganz klar sagen –, die müssen natürlich abgeschoben werden, aber wirklich nur die Leute ohne Bleibeperspektive. Und es muss doch unser Fokus sein, eine Bleibeperspektive zu eröffnen.
Es ist gut, dass die Beschlüsse der MPK keine Gesetzgebungsverfahren im Parlament ersetzen, die stehen erst noch an. Für unsere bündnisgrüne Fraktion hier im Land kann ich Ihnen versichern, unser migrationspolitischer Kompass ist intakt.
Wir stehen für eine humane Asylpolitik, die den Menschen in den Mittelpunkt rückt, eine Willkommenskultur entwickeln hilft und die uns zu einem echten Einwanderungsland macht. Unsere Kommunen brauchen echte Unterstützung und keine Scheindebatte über Mauern. Wer Europa zu einer Festung ausbaut, der errichtet Gefängnismauern für uns alle, meine Damen und Herren. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, der Flüchtlingsgipfel ging gestern Abend zu Ende. Es ist vielleicht etwas ungeschickt, dann heute Morgen um 10:00 Uhr, sozusagen mit einem noch fast warmen Beschlusspapier, hier eine Aussprache durchzuführen, die im Grunde nichts anderes als eine verkappte Regierungserklärung war und natürlich ein bisschen die benachteiligt, die am Gipfel nicht teilgenommen haben. Das muss man einfach mal zur Kenntnis nehmen. Und dementsprechend habe ich die Redebeiträge auch gerade eingeordnet. Es sind ganz, ganz wenige nur auf das echte Papier eingegangen. Es ist ganz viel, was wahrscheinlich die Parteizentralen oder die Leitmedien über Nacht zusammengeschrieben haben, ist hier zitiert worden.
Aber werden wir doch mal konkret. Natürlich stehen wir zur humanitären Verantwortung. Das hat vor dem Gipfel niemand in Abrede gestellt und auch danach nicht. Und natürlich sind die Kommunen die Haupttragenden der Last. Ja, das wussten wir auch schon vorher, und das ist heute immer noch so. Das Ehrenamt aber, meine Damen und Herren, und da bin ich leidgeprüft in Nordwestmecklenburg, wurde auch ab und zu mal im Regen stehen gelassen, und zwar gehörig, weil nämlich die Signale dieser Landesregierung nicht ganz eindeutig waren, wie die kommunale Ebene mit der Situation umgehen soll.
Zugang steuern bei rechtlicher und humanitärer Verpflichtung, natürlich, das ist das Thema des Tages, aber auch nicht erst seit gestern.
Und, meine Damen und Herren, Verfahren beschleunigen, ja. Wie oft haben wir hier vorher darüber gesprochen? Warum haben Sie Vorschläge, die gerade von der Opposition gekommen sind, abgelehnt? Wir haben eine zentrale Koordinierungsstelle gefordert nach dem Vorbild anderer Bundesländer, die gute Erfahrungen damit gemacht haben, weil sie festgestellt haben, die kommunale Ebene ist eben mit diesem Rechtsgebiet überfordert. Entweder kommt immer, machen wir schon oder es ist zu früh
oder zu spät, genau. Es ist immer irgendetwas. Aber sich mal ernsthaft damit auseinanderzusetzen und dann hier heute mal was wirklich Konkretes zu präsentieren, zu sagen, der Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz heißt für das Land Mecklenburg-Vorpommern das, das und das, das habe ich hier heute total vermisst.
Und deswegen, meine Damen und Herren, will ich auf einige Punkte eingehen. Und ich will, weil ja wieder auf den FDP-Finanzminister eingeprügelt wurde, sagen, ja, meine Damen und Herren, wenn er 100 Milliarden mehr gibt, damit die Bundeswehr überhaupt wieder verteidigungsfähig ist, wenn er 1 Milliarde jetzt mehr ausgibt, damit wir diese Herausforderungen bewältigen können, hinterher krähen alle wieder rum und sagen, das ist der Schuldenminister, der macht Schulden und der verteidigt sozusagen nicht den Bundeshaushalt. Was wollen wir denn eigentlich? Was wollen wir denn eigentlich? Und im Grunde war ja schon vor der Ministerpräsidentenkonferenz eins klar: Länder und Kommunen waren sich einig, die Rechnung zahlt ein Dritter, und das soll nämlich der Bund sein, ohne dass er wirklich Einfluss nehmen kann.
Und ich will Ihnen aber sagen, was die FDP tatsächlich geleistet hat. Darüber hat gar keiner gesprochen.
Es kommt der Rolle des Sonderbevollmächtigten für Migrationsabkommen eine große Bedeutung zu in der nächsten Zeit. Joachim Stamp, ein erfahrener Minister des Landes Nordrhein-Westfalen, wurde zum Sonderbevollmächtigten eingesetzt. Und genau da wird es konkret. Es sind zum Beispiel die Staaten Georgien und Moldau, mit denen wir ganz stark in Verhandlungen sind. Sie werden zu sicheren Herkunftsländern deklariert. Und es wird – und da ist auch sozusagen Bereitschaft da, Kooperationsbe
reitschaft ist in diesen Staaten vorhanden –, und das wird schon einige Verfahren sozusagen auflösen, immerhin zehn Prozent derjenigen, wo die Asylverfahren nicht positiv beschieden werden können.
Dann: bessere Kooperation auf europäischer Ebene, Dublin-Verfahren. Wie oft haben wir darüber schon gesprochen? Das ist doch nichts Neues. Was soll denn da jetzt konkret passieren? Wo ist hier auch die Haltung der Landesregierung zu diesem Thema?
Schutz Schengen-Außengrenzen: Gut, das ist nicht unbedingt Thema der Landesregierung. Aber, meine Damen und Herren, auch das ist doch kein neues Thema. Was ist jetzt dabei herausgekommen? Welche Ableitung können wir jetzt hier für uns treffen?
Und was mich am meisten aufregt, die Verteilung und die Registrierung. Menschenskinder, wir leben im Jahr 2023. Wir reden jetzt über die Herausforderung einer digitalen Erfassung, damit wir überhaupt ein Register aufsetzen können, damit wir überhaupt wissen, wer in das Land gekommen ist und wo er sich gerade aufhält. Das im Jahr 2023! Das sind nicht nur Versäumnisse dieser Landesregierung, sondern auch schon davor. Das kann doch nicht der Ansatz sein, nach der Situation 2015/2016, dass wir jetzt in 2023 das erste Mal darüber nachdenken, Mensch, wir könnten ja mit dem digitalisierten Verfahren bundesweit mal einen Überblick bekommen, welche Ausländer sich eigentlich in Deutschland aufhalten! Das ist doch wohl nicht der Ernst der Lage hier!
Das Nächste, genau, die Digitalisierung, Onlinezugangswege schaffen: Ja, meine Damen und Herren, wir wissen ja, wo wir sind mit unserem Onlinezugangsgesetz. Was nehmen wir uns denn hier vor? Wann soll das denn greifen? Das ist ja schön, dass Sie das beschließen, aber gucken Sie doch erst mal, was Sie bis jetzt überhaupt geschafft haben hier im Land! Wann soll das denn wirken? Bis dahin ist wahrscheinlich gar keiner mehr da, um den wir uns kümmern müssen.
Mitte Juni 2023 soll dann wieder etwas konkreter darüber gesprochen werden, über das Ausländerzentralregister. Ja, warum erst Mitte Juni 2023? Warum geht man nicht in eine MPK mit konkreten Vorschlägen und sagt, das ist die Lösung, da wollen wir hin und da wollen wir sozusagen auch als Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten zusammen agieren?
Beschleunigung der Asylverfahren mit BAMF: Wie gesagt, wir haben die Zentralstelle angesprochen. Wir haben auch die Zentralstelle angesprochen, die sozusagen koordinieren soll, wie die Rückführung organisiert werden soll. Und das schafft auch Rechtssicherheit in Richtung der GRÜNEN, weil ja immer Zweifel daran bestehen, dass es dann zu schnell geht oder zu ungründlich. Nein, das schafft Rechtssicherheit, wenn es nämlich zentralisiert wird mit Profis, die das tagtäglich machen, und nicht in irgendwelchen Kommunen Menschen, die nur ab und zu mal damit beschäftigt sind. Dann kommt es nämlich zu Fehlentscheidungen. Deswegen kassieren wir auch so viele Gerichtsurteile und können so viel gar nicht zurückführen.
So, dann die Entwicklung im Bau- und Vergaberecht: Auch das kommt doch viel zu spät. Es ist doch nicht
unbekannt gewesen, dass wir mit diesen Flüchtlingszahlen umgehen müssen. Das ist doch nicht von ungefähr gekommen. Warum ist das nicht besser vorbereitet gewesen?!
Und noch mal, die Rechnung oder die Quittung hat die kommunale Ebene bekommen. Ich habe das in Upahl, ich habe das in Nordwestmecklenburg jetzt live miterlebt. Das Rumgeeier danach und die Verantwortungszuweisung, das war unerträglich. Das wird weder denjenigen gerecht, die hier Schutz suchen, noch denjenigen, die dann auch zu Entscheidungen stehen müssen.
Und dann die konsequente Rückführung: Sie haben ja die Möglichkeit, Sie haben ja heute noch mal einen Antrag eingebracht, und zwar, in dem wir auch eine gemeinsame Ermittlungsstelle schaffen wollen, nämlich dann, wenn jemand straffällig geworden ist, dass das dann auch vernünftig koordiniert abläuft. Hamburg hat ein Modell entwickelt. Dieses Modell schlagen wir für Mecklenburg-Vorpommern vor. Wenn Sie es ernst meinen mit dem, was Sie da beschlossen haben, dann sollten Sie heute unserem Antrag zustimmen.
Meine Damen und Herren, mir ist das alles nicht konkret genug. Ich möchte vor allem auch noch einmal auf eins zurückkommen: Diese Mentalität – leider ist die Zeit vorbei, einen Satz möchte ich noch machen –, diese Mentalität, alle Probleme mit Geld zuschütten zu wollen, wir sollten auch mal in die Analyse gehen, was kommt eigentlich wirklich an der richtigen Stelle an. Das sollten wir uns mal genauer angucken! – Vielen Dank, meine Damen und Herren!
An dieser Stelle möchte ich auf der Besuchertribüne Schülerinnen und Schüler der kaufmännischen Berufsschule Greifswald begrüßen. Das ist richtig? (Zustim- mung)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mich entschlossen, noch mal Punkte aufzugreifen, weil Herr Domke ja zu Recht sagt, das ist immer nicht ganz leicht zu sehen, was gehört eigentlich zum Papier und was sind die allgemeinen Diskussionen, wobei wir ja jetzt im Folgepunkt noch eine andere Debatte haben werden und Sie haben Ihren angesprochen. Ich würde gerne trotzdem einordnen, dass wir heute eine sehr fokussierte Diskussion geführt haben auf die finanziellen Auswirkungen des gestrigen Beschlusses, nicht selten garniert mit Kritik daran, dass alle nur übers Geld reden. Dann müssen wir uns auch selber an die Nase fassen, auch hier hat die Diskussion ums Geld einen ganz starken Fokus gehabt. Der ist im Übrigen noch nicht von der Hand. Die finanziellen Herausforderungen sind erheblich.