Protokoll der Sitzung vom 10.11.2023

Ja, plappern Sie doch nicht was nach!

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Ich rede jetzt von Fakten, nicht, was irgendwer da hingeschrieben hat.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Ja, gesichert! Gesichert rechtsextrem.)

… da gehen Ihre Leute, demonstrieren gegen ein Verfahren von dem Oberlandesgericht Dresden, wo extremistische Gewalttäter vor Gericht stehen. Das muss man sich mal wirklich vorstellen!

(Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Genau!)

Da gehen Abgeordnete hin und demonstrieren unmittelbar gegen den Rechtsstaat, nämlich ein Strafverfahren, wo es nicht um irgendwelche Kleinigkeiten geht,

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

sondern wirklich schwere Gewalttaten von Linksextremisten. Und das finden Sie gut, da kommen Sie jetzt an und werfen uns hier vor: rechtsextrem.

Außerdem, wissen Sie, egal, was sonst irgendwelche Leute machen, wir sind hier diejenigen, ich bin ja Ihr ehemaliger Nachbar, ich bin der Feind von Ihnen. Gut, ich nehme die Kriegserklärung an,

(Heiterkeit bei Martin Schmidt, AfD)

aber ich begebe mich nicht auf diese Ebene. So!

(Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Extra umgezogen.)

Dann kommt der Populismus. Ja, das ist ja auch so eine Geschichte. Oder erst mal die Nöte der Leute, die Sie angesprochen haben, die Sorgen und Nöte der Leute. Und diese überraschende Statistik, die kann doch keinen verwundern. Diese Nöte und Sorgen der Leute, die ja nicht permanent schon immer waren, dass ja alles nur Griesel, nur negativ orientierte Menschen hier sind, nein, das ist ja eine neue Entwicklung. Das haben sich die Menschen doch nicht ausgedacht. Das hat die AfD denen doch nicht eingeredet. Das ist doch das Spiegelbild der Realität!

Es gibt doch noch Gründe, Sie haben ja einige angesprochen. Bisher haben wir da alle geglaubt, ich jedenfalls, 1990 – ich kann mich noch erinnern, diese Visionen, Sehnsüchte, die man hatte –, jetzt ist Deutschland, die Blöcke sind weg, keine Kriegsgefahr, es wird alles wunderbar, und dann ging es irgendwann alles so langsam den Bach runter. Und jetzt haben wir einen Krieg.

(Jens Schulze-Wiehenbrauk, AfD: Sehr richtig!)

Und das ist ja auch interessant, die Kriege, ja, da war ich ja voll bei Ihnen, schlimm, schlimm, schlimm, aber können Sie sich erinnern, wenn wir hier Diskussionen geführt haben über den Ukrainekrieg und drüber nachgedacht haben, wie man ihn vielleicht beenden könnte und dass es nicht so ewig weitergehen kann: „Putinversteher“, diese Richtung. Da war doch null Akzeptanz für eine ehrliche Diskussion.

Und jetzt höre ich, der Minister – was ist das für ein Vokabular –, der Verteidigungsminister, das Land muss „kriegstüchtig“ werden. Ja gut, wenn man wehrfähig sein will, hat er ja irgendwo recht, aber das kommt dann nicht von irgendwoher. Die Leute wollen nicht hören, dass Deutschland kriegstüchtig werden will und soll. Die Leute möchten hören, dass die Bundesregierung, die Landesregierung alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Kriege zu beenden und nicht anzufeuern.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das ist zum Beispiel etwas, was die Menschen wieder zusammenführen würde.

(Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Genau!)

Und wenn wir von Zusammenhalt reden, dann denken Sie darüber nach, welches Klima in Deutschland inzwischen herrscht! Ich kann mich erinnern, Anfang der 90erJahre, da hatten wir ein lebendiges Diskussionsklima,

egal, in welcher Behörde ich gearbeitet habe, wir haben unseren Kaffee getrunken, da hat jeder dahergeredet, wie er Lust hatte. Heute – gehen Sie mal in die Behörden und in die Betriebe! –, heute überlegt man, was man sagt und mit wem man redet.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Wie zu DDR-Zeiten.)

Andererseits ist das Klima

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

dermaßen politisch aufgeheizt,

(Jens-Holger Schneider, AfD: Genau!)

dass, egal wo sie denn sind, wenn sie untereinander sind, es wird dann ganz schnell irgendwo politisch, weil die Leute eben auch Ängste haben und unzufrieden sind.

Und dann führt die Ministerin an, weil wir die Kindergrundsicherung ablehnen. Das tun wir doch nicht, weil wir gegen Kinder sind oder nicht der Meinung sind, dass man alles tun muss, um Kinder zu fördern, sondern da ist doch der Gedanke der, dass das Geld in diesen Familien, auch gerade in diesen Problemfamilien, wenn wir mehr Geld reingeben, das zuallerletzt bei den Kindern ankommt. Dann haben wir eher die Bildung, die gezielte Förderung der Kinder im Auge.

Und bei der Gleichstellung, Kernthema Gendern, ja, das sehen wir anders. Deshalb schieben Sie uns in eine Ecke hier, wo Sie dann, also mit der Sie begründen, uns hier ausgrenzen zu müssen.

(Zuruf von Stephan J. Reuken, AfD)

Was Sie hier betreiben,

(Zuruf von Stephan J. Reuken, AfD)

schon mit Ihrer subtilen Wortwahl, die ja schon kabarettistische Formen annimmt, wenn Sie nur für sich reden, für die, na ja, ich will das gar nicht hier wiederholen, dann betreiben Sie diese Ausgrenzung – wissen Sie, oft doch nur, weil Ihnen die Argumente fehlen.

Also, und Populismus, um das noch mal zu sagen, ist ja ein sehr vielschichtiger Begriff. Zunächst mal, das muss man ja auch mal sagen, kommt Populismus von „populus“, das ist lateinisch und heißt „Volk“.

(Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Genau!)

Zunächst heißt es einmal nichts anderes als „volksnah“. Und das „volksnah“ nehmen natürlich viele für sich in Anspruch. Deshalb gibt es auch einen linken Populismus genau wie einen rechten Populismus. Und es gibt tausend – ich habe das hier noch mal recherchiert, Sie wahrscheinlich ja auch –, es gibt so viele Definitionen, die kann man gar nicht alle behalten. Es ist inzwischen ja ein Schlagwort und Kampfbegriff geworden, insbesondere, um vielleicht auch von den eigenen Problemen abzulenken. Also mit Populismus können Sie alles machen.

Klassisch populistisch war übrigens alles das in der Corona-Krise, fällt mir gerade ein. Da gibt es nämlich auch eine Studie, die ist vom „Spiegel“ veröffentlicht

worden, zu den Sondersendungen von ARD und ZDF zu Corona. Und vielleicht erinnern Sie sich noch, was wir für Diskussionen hatten zu den Inzidenzen. Da habe ich also mehrfach mich ja fürchterlich aufgeregt, diese Art Kriegsberichterstattung von Inzidenzen, Tag für Tag gingen sie höher, der Aussagewert war aber gering, zumal vor allem dann, wenn gar nicht gesagt wurde, wie denn das Verhältnis zum Testen ist. Oft waren die Tests ausgeweitet, dann scheinbar höhere Inzidenzen, in Wirklichkeit war nicht die Zahl der Infektionen höher, sondern rückläufig gewesen. Und diese Studie kommt zum Ergebnis, was wir ja heute auch alle eigentlich wissen, beide Sender hätten in Wort und Bild das Gefühl der Angst geschürt.

(Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Genau!)

Viele Sendungen hätten auf die Bildwelten apokalyptischer Endzeiterzählungen zurückgegriffen. Es war also eine eingeübte Panikattacke, Panikmache. Dazu gibt es auch ein Gutachten, das dem Innenministerium damals vorlag, erst geheim gehalten wurde, dann aber veröffentlicht wurde, wo genau geraten wird, wie man das durchsetzen kann, wie man den Leuten Bange machen muss. Das nur ganz am Rande. Also mit Populismus können Sie vieles machen.

(Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Dass man, ich begrenze es darauf, dass man sich der eigenen Bevölkerung, dem Volk nahe fühlt und da immer das Interesse des Volkes im Auge hat. Und wenn Sie meinen, das ist populistisch, können Sie uns gerne Populismus nennen, Populisten nennen, habe ich gar nichts dagegen.

(Zuruf von Jutta Wegner, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber es täte uns doch wirklich mal gut, wenn wir mal dazu kämen, nicht jedem anderen die gute Absicht abzusprechen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Wir tun das ja auch teilweise, gebe ich ja gerne zu.

Aber wenn Sie mal sich andere Länder angucken, wo dann auch, ich sage mal, wirklich Ethnien, Entschuldigung, aufeinanderprallen, im Balkan einige zusammengewürfelte Länder, die nichts zustande bringen, weil sie überhaupt nicht konsensfähig sind, dann haben wir doch, wenn Sie die ganz großen Probleme sehen, wie wir zusammen leben, was die Grundzüge unseres Lebens sind, was wir gut und schlecht finden, wie wir mit Frauen, mit Kindern umgehen, wir haben einen so großen Konsens in den Grundüberzeugungen unserer Ordnung aufgrund auch der Erfahrungen des Krieges und so weiter, auch der Grundüberzeugung in der tiefen Friedenssehnsucht, dass man eigentlich mal hier überlegen könnte, ob wir nicht hier und da auch mehr Zusammenhalt zeigen könnten.

Wissen Sie, für mich ist auch ziemlich absurd, dass es hier kein einziges Mal zustande kommt, dass Sie nicht mal diese Fraktionstreue aufgeben. Zum Beispiel gestern bei Ihrem Antrag, fällt mir gerade ein, mit der Gefangenenvergütung.

(Zuruf von Dr. Harald Terpe, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)