Also ich fange mal so an, es ist eine allgemeine Erfahrung, dass so, wie die parlamentarische Demokratie vernünftigerweise aufgebaut ist, dass man dann, wenn man gewählt ist und nach diesen Wahlen – und das ist im Grunde auch zu erwarten – in Koalitionen eintritt, dass man dann nicht seinen puristischen Weg durchbringen kann, sondern kompromissbereit sein muss. Das muss man eigentlich, müsste man eigentlich verstehen können in der gesamten Bevölkerung. Das ist immer so gelaufen und auch nicht ungewöhnlich.
Und wir haben viele Regierungen ja schon erlebt und allen zusammen ist es häufig nicht gelungen, alle Probleme zu lösen. Im Gegenteil, wir werden eigentlich auf Bundesebene von einer ganz großen Koalition seit Jahrzehnten regiert, und Demokratie ist an der Stelle auch ein langwieriger Prozess. Trotzdem kann man ja nicht sagen, dass Deutschland nicht erfolgreich vorangeschritten ist. Ich habe mich zum Beispiel bei den Diskussionen über die Wirtschaft gewundert, die jetzt geführt worden sind, zu Recht meinetwegen auch. Da ist aber nie gesagt worden, dass Deutschland sozusagen über Nacht auf den dritten Platz der Wirtschaftsleistung der Welt gestiegen ist und nicht gesunken ist. Ja, also es geht offensichtlich anderen Ländern, die auch als hoch entwickelt gelten, schlechter als Deutschland.
sondern man muss, denke ich, lösungsorientiert arbeiten, an verschiedenen Stellen zwangsläufig Kompromisse eingehen und auch von seinen Haltungen sozusagen ein bisschen aufgeben, dabei aber insgesamt versuchen – und das gilt für jede Partei –, die Glaubwürdigkeit nicht aufzugeben. Und dass die CDU eine sehr breite Partei ist mit ganz verschiedenen Leuten …
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Also viele Redner haben es schon vorweggenommen, ich war auch etwas ratlos zunächst, als ich die Überschrift zur Aussprache sah, und noch ratloser war ich, Herr Koplin, als Sie begonnen hatten mit Ihrer Rede,
weil Sie haben die Situation beschrieben, relativ dunkel, Demonstrationen, Unzufriedenheit, die Menschen stehen auf, machen ihrem Unmut, ja, geben ihrem Unmut Raum. Und da habe ich so gedacht, wo führt das jetzt hin. Soll das jetzt eine Erfolgsbilanz für zwei Jahre Rot-Rot werden? Wahrscheinlich nicht.
Dann haben Sie irgendwie versucht, die Kurve zu kriegen, zu sagen, was Sie dem entgegensetzen wollen, aber trotzdem sind ja die Demonstrationen, ist ja der Unmut da. Und ich habe jetzt nicht wirklich gesehen, dass Sie uns,
(Torsten Koplin, DIE LINKE: Na wichtig ist erst mal, dass die Menschen erkennen, dass wir das wahrnehmen.)
dass Sie uns abgeholt haben, also mich jedenfalls nicht wirklich. Das war für mich nicht überzeugend. Und ich will Ihnen auch sagen, warum: weil das, was die Menschen erwarten draußen, ist, dass hier Lösungen erarbeitet werden.
Und seit ich hier in diesem Landtag sitze, habe ich nicht den Eindruck, dass wir hier an Lösungen arbeiten.
als ich es aus der kommunalpolitischen Erfahrung kenne, wo Sachthemen im Vordergrund stehen –, wir arbeiten hier daran,
dass im Grunde jeder dem anderen seine Auffassung hier entgegenschmettert, aber kein Stück weit bereit ist, sich auch mal auf die Argumente des anderen einzulassen.
(Beifall vonseiten der Fraktion der FDP, Sebastian Ehlers, CDU, und Dr. Harald Terpe, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie sind, Sie sind, ganz viele hier sind nicht in der Lage, auch nur einen Hauch eines Perspektivwechsels mal einzunehmen, mal zu hinterfragen,
kann der andere aus seiner Perspektive nicht vielleicht auch mal recht haben. Das gelingt hier nicht. Und das fördert,
dass man überzieht, dass Ängste geschürt werden, dass man zu Argumenten greift, die eigentlich überhöht sind. Das verunsichert die Menschen. Genau das ist der Punkt, der die Menschen verunsichert.
Ich sehe auch ganz, ganz wenig, ja, auch wirklich Wertschätzung. Ich muss doch die Meinung nicht teilen, aber ich muss doch den anderen respektieren. Meine Damen und Herren, ich bin so erzogen, dass es für mich eigentlich ein Geschenk ist, wenn jemand seine Meinung mit mir teilt.
Und ich bin auch nicht dabei, ich weiß gar nicht, wer das vorhin war mit der Meinungsfreiheit, man dürfte ja gar nicht mehr seine Meinung sagen. Das ist doch Mist, das ist doch Blödsinn! So funktioniert doch unsere Demokratie nicht. Ich habe noch keine Zeit erlebt – und ich bin noch in der DDR aufgewachsen –, ich habe keine Zeit erlebt, wo ich mehr freie Meinungsäußerung hatte als jetzt. Es wird doch keiner weggeschlossen, es wird doch keiner verdroschen oder in ein Stasigefängnis geworfen,
(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE, FDP, Christiane Berg, CDU, und Dr. Harald Terpe, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Menschen verwechseln Meinungsfreiheit damit, dass sie anderen nicht zugestehen, dass sie eine eigene Meinung haben. Ich bin doch nicht verpflichtet, ich bin doch nicht verpflichtet, jede Meinung zu übernehmen.
Ich bin aber verpflichtet, sie mir vielleicht mit Respekt anzuhören. Und das macht Populismus klein. Das macht Populismus klein.