Protokoll der Sitzung vom 10.11.2023

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und solche Schadensersatzforderungen, die wollen wir beim blauen Wasserstoff für M-V vermeiden, auch, weil wir alle Potenziale für grünen Wasserstoff in unserem Land vereinen: Sonne, Fläche, Wind und den Willen, in Technologie und Innovation zu investieren, Arbeitsplätze zu schaffen und den Menschen hier eine Teilhabe an der Erneuerbare-Energie-Wende zu ermöglichen.

Ich bitte Sie also, werte Kolleginnen und Kollegen, lasst uns ehrlich zu uns selbst, zur Bevölkerung und zu den Zahlen sein! Blauer Wasserstoff ist kein altruistisches Projekt zum Klimaschutz, sondern ein Projekt, um die Industrie auf grünen Wasserstoff vorzubereiten. Das ist auch genau richtig, aber eben nicht für die Ewigkeit. In diesem Sinne darf blauer Wasserstoff aber wirklich nur für einen begrenzten Zeitraum genutzt werden. Deshalb bitten wir um die Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Gemäß Paragraf 84 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung ist eine Aussprachezeit von bis zu 71 Minuten vorgesehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Landesregierung der Wirtschaftsminister Herr Meyer.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Sehr verehrter Herr Damm, ich würde gerne mal als Moderator bei einem Gespräch zwischen Ihnen und Minister Habeck dabei sein.

(allgemeine Heiterkeit)

Es wird nicht nur bei diesem Thema spannend, sondern sicherlich auch bei anderen.

Meine Damen und Herren, wir reden über das Thema Wasserstoff …

Es war durchaus ernst gemeint.

(Zuruf von Dr. Harald Terpe, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir reden über das Thema Wasserstoff, und manchmal habe ich das Gefühl, bei all den Diskussionen, die wir führen, auch ich zugegebenermaßen, dass wir über einen Stoff der Träume reden, der Träume für die Zukunft. Ich glaube, dass nicht nur Wasserstoff alleine die Antwort auf die zukünftige Energieversorgung sein wird, sondern, das will ich gleich vorwegsagen, wir müssen technologieoffen und wir müssen pragmatisch denken. Und deswegen wird es wichtig sein, sich ein bisschen mit diesem Thema auseinanderzusetzen, zweifelsohne.

Strategien beim Wasserstoff haben wir ohne Ende, vom Bund, von den norddeutschen Ländern, von den ostdeutschen Ländern. Ja, auch wir für MecklenburgVorpommern haben den Entwurf in unserem Haus, den wir demnächst abstimmen werden mit den Akteuren. Es

gibt jede Menge Projekte zum Wasserstoff, fast alle auf dem Papier. Wir beschäftigen uns in Konferenzen mit Wasserstoffnutzung, zuletzt diese Woche in Hamburg mit vielen Akteuren aus Norwegen, wo die Ministerpräsidentin zugegen war, nächste Woche auf der Küstenwirtschafts- und Verkehrsministerkonferenz, kurz KüWiVerMinKo, und so weiter und so weiter.

Und deswegen ist es vielleicht wichtig, noch mal klar darzustellen, wo liegen eigentlich die Schwerpunkte der Landesregierung. Unsere Basis ist eindeutig die Erzeugung von erneuerbaren Energien, die Erzeugung von grünem Strom und damit die Erzeugung von grünen Wasserstoff und klimafreundlichem Wasserstoff hier im Land Mecklenburg-Vorpommern. Davon werden wir auch nicht abrücken.

Warum brauchen wir das? Wir brauchen grünen Wasserstoff als Speichermedium. Wir brauchen das aber auch für Forschungszwecke. Deswegen ist es sehr, sehr wichtig, dass da am Standort Rostock die verschiedenen Institute und Akteure miteinander arbeiten. Und wir brauchen die IPCEI-Projekte, die schon genannt worden sind, in der nahen Zukunft, dass sie auch tatsächlich nicht nur finanziell abgesichert werden, sondern auch umgesetzt werden können.

Und, meine Damen und Herren, zweiter großer Punkt, ich betone das immer wieder, weil das etwas schwieriger ist, dass wir, wenn wir über Wasserstoffwirtschaft reden, auch über Wertschöpfung in Mecklenburg-Vorpommern reden, nicht nur in diesem Forschungsbereich, dass Unternehmen davon profitieren, aber dass wir auch ganz praktische Anwendungen von grünem Wasserstoff haben, vom Lkw-Verkehr bis zum ÖPNV, viele sind da bereits unterwegs, weil nur bei den praktischen Anwendungsbeispielen werden die Bürgerinnen und Bürger verstehen, warum Wasserstoff Sinn macht.

Und, meine Damen und Herren, ich kann nicht verhehlen, ich war ja gerade in Schweden und Norwegen, natürlich spielt der Strompreis bei grünem Strom ganz besonders eine große Rolle. Und es war sehr interessant zu beobachten in Schweden, dass es vier Strompreiszonen gibt. Und wo gibt es jetzt die grünen Stahlwerke, die Batteriewerke et cetera pp? In Nordschweden, weil da der günstigste Strompreis ist, übrigens die Hälfte beim Strompreis von dem in Südschweden, und das versteckt ein bisschen die Debatte, die wir immer wieder um die Netzentgelte führen et cetera pp, das ist eine ganz wichtige regulatorische Voraussetzung, um tatsächlich wettbewerbsfähig zu sein.

Aber, meine Damen und Herren, wir wollen technologieoffen sein, und deswegen reden wir auch über blauen Wasserstoff. Warum? Ich bin ja auch in Oslo gewesen, habe viele Gespräche geführt mit verschiedensten Akteuren und erlebe, dass die Norweger sehr viel pragmatischer als wir mit dem Thema umgehen, sowohl was blauen Wasserstoff als auch grünen Wasserstoff angeht, übrigens als „Low Carbon“ bezeichnet, aber zweifelsohne, da haben Sie recht, natürlich nicht in der CO2Freiheit, wie wir das bei grünem Wasserstoff haben.

Und deswegen ist, sage ich an der Stelle auch sehr deutlich, wenn wir blauen Wasserstoff in Zukunft nutzen sollten, dann ist das eindeutig eine Übergangstechnologie, ich will es so deutlich formulieren. Aber wir werden erleben, dass blauer Wasserstoff in Zukunft nach Deutsch

land importiert wird, zum Beispiel nach Wilhelmshaven, nach Brunsbüttel.

(Der Abgeordnete Hannes Damm bittet um das Wort für eine Anfrage.)

Und damit stellt sich die Frage in Mecklenburg-Vorpommern, ich stelle die Frage auch, machen wir da mit oder lassen wir das einfach anders laufen.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenzeit, Zwischenfrage, Entschuldigung? Ich weise nur darauf hin, dass das auf Ihre Zeit kommt.

Ja, nein, ich gestatte nicht in dem Zusammenhang, weil das auf meine Zeit geht.

Auf der anderen Seite ist Mecklenburg-Vorpommern noch nicht in die Erzeugung und Nutzung von blauem Wasserstoff eingestiegen. Wir werden auch jedes Projekt, das in diese Richtung unterwegs ist – und Sie haben ein Projekt angesprochen, Herr Damm, nämlich das von Verbundnetz Gas mit Equinor, dabei soll eine CO2Abscheidefabrikation in Rostock entstehen, das abgeschiedene CO2 wird dann mit dem Schiff nach Norwegen transportiert und dort verpresst, also das Thema CCS –, das halte ich für die Übergangstechnologie für machbar und auch eine Möglichkeit, die wir nicht so einfach an Mecklenburg-Vorpommern vorbeiziehen lassen sollten.

Und im Übrigen will ich darauf hinweisen, energiepolitisch muss blauer Wasserstoff nicht zwingend verboten werden, da seine Wirtschaftlichkeit ja auch mit der steigenden CO2-Bepreisung – und das ist der marktwirtschaftliche Anreiz –, die Wirtschaftlichkeit wird dann schnell zurückgehen. Und insofern ist das ein Anreiz, den es schon gibt, und man braucht nicht zusätzlich Verbote. – Vielen Dank, meine Damen und Herren!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE, FDP und Daniel Peters, CDU)

Vielen Dank, Herr Minister!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD Frau Federau.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der GRÜNEN soll uns den Blick in die Zukunft mittels einer Glaskugel ins Jahr 2035 zeigen. Bevor ich auf das eigentliche Thema der angeblich blauen oder grünen Wasserstoffherstellung zu sprechen komme, möchte ich auf einige Besonderheiten in Ihrem Antrag eingehen und vor allem erst einmal klarstellen, dass Wasserstoff keine Farbe hat.

Unter Punkt 5 Ihres Antrags steht, ich zitiere: „Sollte der Betrieb von Anlagen zur Produktion von blauem Wasserstoff über das Ende des Jahres 2034 hinaus genehmigt werden“,

(Zuruf von Hannes Damm, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

„besteht die Gefahr, dass das Land MecklenburgVorpommern Strafzahlungen leisten muss, falls eine zukünftige Landesregierung die Produktion von blauem Wasserstoff aus Gründen des Klimaschutzes bis Ende des Jahres 2034 beenden möchte.” Das lässt ja nur den Schluss zu, dass unsere GRÜNEN glauben, in den

nächsten Jahren hier in M-V die Landesregierung zu stellen.

(Zuruf von Constanze Oehlrich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mehr Realitätsferne geht ja wohl kaum!

Eine ganz besondere Sichtweise bietet der Punkt 7, wo folgende Formulierung, ich sage das mal vorsichtig, folgende merkwürdigen Sätze stehen: „Von den höheren Preisen für Erdgas profitieren auch Diktatoren weltweit, deren Machterhalt zu großen Teilen auf fossilen Rohstoffen basiert. Gleichzeitig leiden Menschen in den Förderländern unter bewaffneten Konflikten und Umweltschäden, die mit der Gasförderung einhergehen.“ Da wir jetzt unsere Küsten gerade mit LNG-Terminals zupflastern, um unter anderem Erdgas aus Katar und den USA einzukaufen, sind die Wörter „Diktatoren“, „Umweltschäden“ und „bewaffnete Konflikte“ besonders zu beachten, gerade, weil unser grüner Wirtschaftsminister dort den Bittsteller und Bückling macht.

Im Abschnitt II stehen dann gleich zu Anfang zwei merkwürdige Forderungen,

(Zuruf von Hannes Damm, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

erstens, „das Enddatum 31. Dezember 2034 für die Produktion und die Nutzung von blauem Wasserstoff in Mecklenburg-Vorpommern festzuschreiben“, und unter Punkt 3: „Insbesondere die Produktion und Nutzung von blauem Wasserstoff ist nicht mit landeseigenen Mitteln zu fördern.“ So, nun wirds aber interessant, denn laut der IEA, der Internationalen Energieagentur, von 2021 stammen weniger als 0,1 Prozent der weltweiten Produktion aus grüner Wasserelektrolyse.

Und die „Welt“ titelte am 7. Juli 2022: MecklenburgVorpommern – „Milliardenprojekt für ,blauen Wasserstoffʻ geplant“. Laut Gaskonzern VNG, also Verbundnetz Gas mit Sitz in Leipzig, könnten durch das Projekt 20 Prozent Wasserstoff für den deutschen Markt produziert werden und die Produktion könnte 2029 starten. Und die „Frankfurter Allgemeine“ titelte am 01.12.22 unter der Rubrik Wirtschaft: „Habeck macht Milliarden für blauen Wasserstoff und CO2-Speicherung locker“.

Unabhängig davon, wer wie zu welcher Energieerzeugungsart steht, sollte doch eigentlich unser Land für Technologieoffenheit stehen und dem Steuerzahler einer wirtschaftlichen Politik verpflichtet sein, die eine sichere und bezahlbare Energieversorgung laut Paragraf 1 Energiewirtschaftsgesetz garantieren soll. Und genau dafür steht die AfD. Hier jetzt ein Marktverhinderungsdatum einzuführen, würde solchen Projekten von VNG gleich den Boden der Wirtschaftlichkeit entziehen. Das Wort „Technologieoffenheit“ bedeutet auch, über den Tellerrand zu blicken und den Realitäten ins Auge zu schauen.

Und dass Sie dann doch realistisch genug sind, dass Ihre heilige Kuh nur ein kleiner, aber dafür sehr teurer Baustein in der Energieerzeugung ist, zeigt Ihre nachfolgende Forderung: „Sollte kein Enddatum für die Produktion von blauem Wasserstoff gesetzt werden, entsteht Planungsunsicherheit bei … Investoren, die Anlagen zur Produktion von grünem Wasserstoff bauen möchten, da blauer Wasserstoff in Konkurrenz zu grünem Wasserstoff steht“

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

„und diesen durch kurzfristig bzw. vordergründig geringere Kosten aus dem Markt für klimafreundlichen Wasserstoff drängen könnte.“ Hier haben wir also Ihre eigentliche Motivation. Sie wollen hier ausschließlich Ihre Lobbyisten schützen,

(Heiterkeit bei Jutta Wegner, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)