Protokoll der Sitzung vom 10.11.2023

aber es ist einfach für Außenstehende völlig unglaubwürdig bei dieser Bezahlung, dass da nicht irgendwie Politik dahintersteckt.

(Elke-Annette Schmidt, DIE LINKE: Sie haben doch überhaupt keine Ahnung.)

Das müssen Sie doch irgendwie auch einräumen.

(Unruhe vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Und wenn Sie dann erwähnen …

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD)

Ich sehe, es wird laut,

(Glocke der Präsidentin)

also scheine ich einen Nerv getroffen zu haben.

Und wenn ich dann höre, dass ich jetzt nicht irgendwie die Stellungnahmen der Landesregierung eins zu eins hier vortrage und verteidige – ja, natürlich nicht! Also ich bin ja auch nicht der Rechtsanwalt der Landesregierung, so wie Herr Pegel,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD)

sondern ich bin hier in der Opposition und gucke natürlich, was man besser machen kann und verbessern soll.

Und deswegen haben wir diese Aussprache hier auf die Tagesordnung gesetzt, um auch bei dieser Dienstpostenbesetzung zum Beispiel unsere Verbesserungsvorschläge vorzutragen, damit wir die hören können, die nachher noch die FDP oder die GRÜNEN hervorbringen. Und deswegen machen wir das heute hier. Und ich werde ja wohl den, ja, Teufel tun – ich weiß nicht, ob ich das sagen darf oder das auch unparlamentarisch ist –, hier sozusagen meine Redezeit zu nutzen, um die Landesregierung zu loben. Das ist Ihnen doch auch, denke ich mal, völlig klar.

Herr Koplin, möchten Sie erwidern?

Ja, ich würde gern erwidern, um das so nicht stehen zu lassen.

Also Sie sind da völlig frei im Abfassen des Aussprachetitels, das ist klar, aber den Ankerpunkt, den Sie genommen haben, ist diese Prüfung des Landesrechnungshofs. Und es ist vorhin gesagt worden, daran müssen Sie sich messen lassen, wenn Sie das zur Grundlage, zunächst zur Grundlage Ihrer Betrachtung machen, dass wir uns genau damit auseinandersetzen.

So, jetzt haben Sie Weiteres noch angeführt. Meine ehemalige Co-Vorsitzende Wenke Brüdgam, der ich persönlich auch sehr nahestehe – und da ist mir das auch persönlich ein Bedürfnis, das klarzustellen –, um zu sagen …

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU)

Na ja, Vorsicht, Vorsicht! Das würden Sie auch, wenn Ihre Freundin sozusagen in ihrer Integrität angegriffen wird, würden Sie das auch nie stehen lassen. Insofern nehme ich das ernst.

Erstens. Wenke Brüdgam war im Ehrenamt Landesvorsitzende, und sie war, was den beruflichen Background betrifft, Gleichstellungsbeauftragte der größten Stadt die

ses Landes, Rostock, und sie war zuvor beim Landesfrauenrat über mehrere Jahre

(Elke-Annette Schmidt, DIE LINKE: Referentin!)

Referentin. Danke! Ich habe gerade überlegt, womit hat sie sich beschäftigt. Sie hat wissenschaftliche Studien ausgearbeitet, aufbereitet, Material. Die ist so hoch kompetent, ich würde Ihnen sehr empfehlen, Frau Brüdgam mal in Ihre Fraktion einzuladen

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU)

und sich mal mit Gleichstellungspolitik der Landesregierung zu befassen. Ich hoffe, Sie haben den Mut, das mal zu machen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Ich bin mir ziemlich sicher, dass Wenke Brüdgam nicht kneifen würde. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Oehlrich.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleg/-innen! „Rechtsstaat statt Linksstaat: Besetzung herausgehobener Dienstposten neu ordnen“ lautet der Titel der von der AfD beantragten Aussprache. Das klingt reißerisch, stellt sich – das hat der Kollege Koplin aber auch schon gesagt – bei näherem Hinsehen als falsch heraus, denn die Stellenbesetzungsverfahren, die der Landesrechnungshof überprüft hat, wurden allesamt in der vergangenen Legislaturperiode durchgeführt, und damit unter Rot-Schwarz.

Fakt ist, der Landesrechnungshof hat 55 Verfahren zur Besetzung herausgehobener Dienstposten der rot-schwarzen Landesregierung in der vergangenen Legislaturperiode überprüft. Keines der 55 geprüften Stellenbesetzungsverfahren war fehlerfrei, so der Hof. In 49 Stellenbesetzungsverfahren ist entgegen unserer Landesverfassung keine Bestenauslese durchgeführt worden. Die festgestellten Verstöße sind, so der Landesrechnungshof, systematisch und schwerwiegend. Die schiere Menge zeigt, es handelt sich dabei nicht nur um Einzelfälle.

Insbesondere stellte der Landesrechnungshof fest, dass in 12 Vorgängen keine Auswahlverfahren durchgeführt worden seien, dass in 11 Verfahren Anforderungsprofile gefehlt hätten und dass die vorhandenen Anforderungsprofile in 32 Fällen Fehler aufgewiesen hätten, dass in 7 Verfahren die Auswahlentscheidung auf veraltete Beurteilungen gestützt wurde und dass in 18 Vorgängen keine Mitteilungen an die erfolglosen, konkurrierenden Bewerber/-innen ergingen, weshalb hier keinerlei Möglichkeit bestand, die jeweiligen Auswahlentscheidungen gerichtlich zu überprüfen. Ich muss sagen, das relativiert die Aussage des Innenministers, dass es mit der Rechtswidrigkeit dieser Auswahlverfahren ja nicht so weit her sein könnte. Ich meine, es konnte ja gar keine Überprüfung stattfinden.

Nach Artikel 71 unserer Landesverfassung hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt im Land. Die Vorschrift hat zwei Dimensionen: Zum einen bringt Artikel 71 das öffentliche Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes zum Ausdruck. Dadurch sollen das fachliche Niveau und die rechtliche Integrität des öffentlichen Dienstes gewährleistet werden. Zum anderen haben die Bewerber/-innen auf Stellen des öffentlichen Dienstes einen Anspruch auf eine nachvollziehbare und gerichtlich überprüfbare Auswahlentscheidung, die sich auf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung stützt. Weder der Bestenauslese noch dem Verfahrensanspruch der Bewerber/-innen haben die geprüften Stellenbesetzungsverfahren hinreichend Rechnung getragen.

Bei den Verfahren, die der Landesrechnungshof überprüft hat, handelte es sich um solche zur Besetzung herausgehobener Dienstposten in der Landesverwaltung, also zum Beispiel um Referats- und Abteilungsleitungen in der Staatskanzlei und den Ministerien oder um die Leitung nachgeordneter Behörden. Jedes einzelne dieser Verfahren musste über den Tisch der Ministerpräsidentin. Jeder einzelnen der 55 fehlerhaften Auswahlentscheidungen hat die Ministerpräsidentin ihre Zustimmung erteilt. Jetzt muss Manuela Schwesig umgehend dafür sorgen, dass die festgestellten Fehler für die Zukunft behoben werden.

Der Prüfbericht des Landesrechnungshofs und auch der Landesfinanzbericht werden derzeit im Finanzausschuss beraten. In ihrer Stellungnahme klingt die Landesregierung so, als würde sie die darin geäußerte Kritik nicht hinreichend ernst nehmen. Der Landesrechnungshof hat für die Besetzung herausgehobener Dienstposten in der Landesverwaltung eine Reihe von Empfehlungen ausgesprochen. Für den Fall, dass die Landesregierung sich nicht bewegt, sollten wir, die demokratischen Fraktionen dieses Landtages, mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln auf eine Umsetzung der Empfehlungen des Landesrechnungshofs dringen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP – Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der FDP der Fraktionsvorsitzende Herr Domke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, das wäre wieder ein geeigneter Anlass, die Präsidentin des Landesrechnungshofs selbst zu Wort kommen zu lassen,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Können wir das nicht abstimmen?)

weil das wäre genau in einer Aussprache in dieser Angelegenheit ganz sinnvoll gewesen.

(Heiterkeit bei Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Das Thema, was hier den Aufhänger für diese Aussprache darstellt, ist ja nun schon seit einigen Wochen unterwegs, auch medial. Und ja, da kochen die Emotionen

hoch. Auch mich hat das stark aufhorchen lassen, denn es bestehen ja ganz offensichtlich erhebliche Probleme bei der Besetzung der herausgehobenen Dienstposten, denn – und das wurde ja auch bestätigt oder beziehungsweise auch nicht bestritten – es fehlte an Transparenz insbesondere für das Verfahren, insbesondere im Bereich der Dokumentation.

Und, Herr Pegel, ja, das klingt dann schon sehr unterschiedlich. Sie haben das sehr beruhigend vorgetragen, als wenn das alles irgendwie begründbar, erklärbar ist und alles ja auch nicht ganz so schlimm ist, und es hätte ja vielleicht möglicherweise auch gar keine andere Entscheidung gegeben. Das war auch in einem sehr beruhigenden Ton. Ich muss ganz ehrlich sagen, als ich die Sachen das erste Mal durchgelesen habe, war es bei mir mit der Ruhe vorbei, weil ich auch weiß, wie so was in einer Verwaltung ankommt – was glauben Sie, was da teilweise los war? – und das Zweite, wie das in der Bevölkerung ankommt. Sie haben das Vertrauen in die Integrität der Verwaltung mit dieser Geschichte massiv beschädigt.

(Beifall Jens Schulze-Wiehenbrauk, AfD)

Und dafür wäre es vielleicht auch gut gewesen, sich heute mal vor die Landesbediensteten zu stellen und zu sagen, wir haben Fehler gemacht, wir haben nicht hinreichend dokumentiert, wir entschuldigen uns dafür, wir arbeiten an Lösungen, wie wir das verbessern können. Davon habe ich nichts gehört. Das wäre aber auch die Erwartung von Landesbediensteten, dass das auch mal eingeräumt wird.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und FDP)

Und wenn wir jetzt einen tatsächlichen Blick einmal reinwerfen, ich will jetzt nicht auch noch mal die ganzen Fälle vorlesen, aber es ist ja tatsächlich so, wenn 55 Fälle untersucht werden und nicht ein einziger fehlerfrei war, sogar, wie gesagt, Verstöße gegen die Bestenauslese – ist alles schon zitiert worden, hat immerhin Verfassungsrang –, wenn eben nicht richtig dokumentiert wird, nicht einwandfrei nachprüfbar ist, vor allem – das ist ja auch schon besprochen worden – auch von Mitbewerbern oder potenziellen Mitbewerbern ja auch gar nicht anfechtbar, wenn die teilweise noch nicht mal Informationen bekommen hatten, dass überhaupt ein Auswahlverfahren stattgefunden hat, so habe ich jedenfalls einige Fälle verstanden, dann haben wir doch einfach ein Problem, dass sich diese Verfahren jeder Kontrolle entzogen haben. Da ist doch was schiefgegangen.

Und ich hätte erwartet, wenn die Staatskanzlei den letzten Federstrich unter diese Besetzung vornimmt, dass man dann das gesamte Verfahren sich auch betrachtet. Da hätte ich mir doch dann erhofft, bevor man diesen Federstrich setzt, dass man sich alles anschaut und noch mal nachfragt, gab es denn keine Alternativen, was wurde geprüft, wie wurde überhaupt auch vielleicht die Auswahl eingeschränkt. Es gibt ja so viele Fälle darunter, wo ich durchaus sagen kann, das kann ja sogar ein berechtigtes Interesse gewesen sein, dass man das so gemacht hat. Nur was nützt es denn, wenn Sie nicht dokumentieren, warum Sie es so gemacht haben?