Protokoll der Sitzung vom 10.11.2023

Und ich hätte erwartet, wenn die Staatskanzlei den letzten Federstrich unter diese Besetzung vornimmt, dass man dann das gesamte Verfahren sich auch betrachtet. Da hätte ich mir doch dann erhofft, bevor man diesen Federstrich setzt, dass man sich alles anschaut und noch mal nachfragt, gab es denn keine Alternativen, was wurde geprüft, wie wurde überhaupt auch vielleicht die Auswahl eingeschränkt. Es gibt ja so viele Fälle darunter, wo ich durchaus sagen kann, das kann ja sogar ein berechtigtes Interesse gewesen sein, dass man das so gemacht hat. Nur was nützt es denn, wenn Sie nicht dokumentieren, warum Sie es so gemacht haben?

Sie haben gesagt, es sind sehr, sehr viele Sollvorschriften. Ja, ich kenne so eine Sollvorschrift, da muss ich

irgendwie schon noch dokumentieren und ausdrücken, warum ich mich so entschieden hab. Und das fehlt doch hier. Das ist doch der Knackpunkt. Es geht doch gar nicht darum, dass ich vielleicht am Ende gar nicht zu einer anderen Lösung gekommen wäre, aber der Weg dahin ist nicht dokumentiert. Und das ist, glaube ich, das, was die Leute umtreibt, und das ist das, was es so skandalös macht im Grunde.

Und ich habe tatsächlich den Eindruck gehabt – leider waren Sie nicht zugegen, aber irgendwie ein Vertreter aus dem Innenministerium im Finanzausschuss –, ich hatte nicht so den Eindruck, dass das schon richtig aufgearbeitet war, denn das, was wir von der Finanzstaatssekretärin hörten, die durchaus das auch sehr ernst genommen hat, zumindest bestätigt hat, dass man darüber jetzt arbeiten wird, und wenn wir dann Fragen gestellt haben, na, wie ist denn das überhaupt, haben wir viele Konkurrentenklagen, wie gehen diese Konkurrentenklagen aus, wird das oft thematisiert, dieses nicht dokumentierte Verfahren, ja, da wurde es dann dünn, da kam nicht viel, da waren keine Erkenntnisse, was auch immer. Und das wünschte ich mir, dass wir das jetzt einmal aufbereiten und vor allem, dass Sie uns hier vielleicht auch mal ein Konzept vorlegen, wie Sie es denn jetzt umstellen wollen, wie Sie einheitliche Grundsätze schaffen wollen.

Die Frage der Rechtswidrigkeit ist angesprochen worden. Ja, ich weiß nicht, ob das jetzt wirklich das große Thema ist. Noch mal: Die Integrität der Verwaltung hat hier Schaden genommen. Das Vertrauen in die Integrität der Verwaltung, die hat Schaden genommen. Und wir haben wirklich die Situation, dass es in den Reihen … Sie wissen selber, dass ich aus der Landesverwaltung komme. Was glauben Sie, was ich mir da anhören konnte, als diese Schlagzeilen hochkamen?! Und das ist kein gutes Gefühl, das ist kein gutes Gefühl, wenn die eigenen Bediensteten dort in der Rolle sind, dass sie das nicht, ja, dass sie das Gefühl haben, da sind irgendwelche Mauscheleien oder sonst irgendwas. Ob die stattgefunden haben, das weiß ich nicht, und ehrlich gesagt ist das ja auch nicht die Aufgabe, die wir hier lösen müssen. Wir sollten uns jetzt hüten, Einzelfälle, das mit Frau Brüdgam wäre wahrscheinlich jetzt auch gar nicht nötig gewesen, sonst müssen wir ja jetzt hier nachher jedes Besetzungsverfahren öffentlich diskutieren. Davon rate ich dringend ab.

Aber schauen Sie sich das doch bitte noch mal an! Treten Sie vor den Landtag! Treten Sie vor allem vor die Bediensteten des Landes! Sagen Sie, die Dinge, die da gelaufen sind, waren nicht so ganz astrein, wir werden es ändern! Dann haben wir schon eine ganze Menge gekonnt. Das wäre jedenfalls meine Aufforderung an die Landesregierung. Und berichten Sie vor allem uns im Finanzausschuss, welche weiteren Schritte Sie jetzt gegangen sind, damit das ein Ende nimmt!

Ich muss aber eins noch sagen: Wir haben es jetzt oft aus der Sicht der Landesregierung betrachtet und aus der Sicht derjenigen, die vielleicht – wir können es ja nicht in jedem Fall nachprüfen – die höher dotierte Stelle bekommen haben, aber wir haben nicht über die geredet, die möglicherweise unterlegen waren. Und das ist das, was ich eigentlich erwarte, dass man sich bei denen entschuldigt und sagt, möglicherweise seid ihr zu kurz gekommen, weil ihr in einem Verfahren nicht berücksichtigt wurdet. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD Frau Tegtmeier.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe ja vorhin bei der Aussprache, die DIE LINKE beantragt hatte, erst einmal gelernt, dass man hier bei einer Aussprache zum einen nicht erwarten kann oder nicht vorher wissen kann, was wird denn tatsächlich unter dieser Überschrift angesprochen, und dass man sogar das Thema, was aufgesetzt wurde, umkehren kann. Das hat Herr Ehlers ja vorhin gemacht, also er hat das ja von der anderen Seite ausgeleuchtet. Und man kann es also auch in das Gegenteil umdrehen.

Und Herr Schmidt hat vorhin hier gesagt oder sich gewundert, dass alle jetzt nur zu dem Bericht, zu den Dienstposten reden. Ja, das haben Sie aber vorhin in Ihrer ersten Rede auch getan. Deswegen haben sich alle darauf bezogen, würde ich mal vermuten. Aber die Überschrift ist natürlich in der Tat weiter gefasst: „Rechtsstaat statt Linksstaat”, und deswegen werde ich meinen Schwerpunkt auch genau darauf legen.

Es geht hier bei der Besetzung der herausgehobenen Dienstposten um den Vorwurf des Rechnungshofes, aus der Gesamtschau über alle Vorgänge lässt sich nicht erkennen, dass in der Staatskanzlei und den Ressorts Dienstposten nach einheitlichen und transparenten Maßstäben besetzt werden und so weiter und so fort. Der Innenminister hat zitiert, er hat die Rechtsauffassung seines Hauses benannt. Es wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass der geprüfte Zeitraum ja in die Zeit der Großen Koalition zurückgeht.

Und ich habe, Herr Domke, ich habe den Innenminister übrigens nicht so verstanden wie Sie, sondern er hat sehr wohl eingeräumt, dass hier einige Dinge zu verbessern wären und auch, dass einige Dinge noch mal angesehen werden, auch wenn das halt ein Zeitraum ist, den er ja als Innenminister auch gar nicht zu verantworten hatte. Die CDU hatte in diesem Zusammenhang öffentlich auch eine mangelnde Selbstkritik angemahnt oder bemängelt, dass sie sie vermissen würde. Ich nehme mal an, damit meinen sie die ehemaligen Mitglieder der alten Landesregierung, weil die hatte das ja zu verantworten, also da waren Sie mit im Boot.

Aber dass die AfD eine Aussprache zum „Rechtsstaat statt Linksstaat” beantragt hat, das hat ja wirklich mehr als ein Geschmäckle. Also Ihnen nimmt doch niemand ab, die Rechtsstaatlichkeit zu verteidigen. Wenn man in Ihre Reihen schaut und insbesondere in die Reihen derer, die für Sie arbeiten – natürlich sind das keine herausragenden Dienstposten –, lässt einen doch das Gefühl nicht los, dass Voraussetzungen für eine Mitarbeit in der AfD-Fraktion oder in einem AfD-Wahlkreisbüro mindestens mit einer vom Verfassungsschutz beobachteten Organisation im Zusammenhang stehen.

(Zuruf von Thore Stein, AfD)

„Ausgewiesener Rechtsextremist” ist vielleicht noch besser. Stimmt, das sind alles ja keine herausgehobenen Dienstposten.

(Thore Stein, AfD: Was sollen diese Anschuldigungen hier?)

Aber das lässt aus meiner sozialdemokratischen Sichtweise doch sehr weit blicken und spricht für sich Bände, insbesondere dann, wenn die AfD sich einen demokratischen Anstrich geben will und vorgibt, für unseren Rechtsstaat einzustehen.

Die AfD ist selbst als Verdachtsfall im Bund und in zahlreichen Bundesländern ein Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

und mittlerweile in zwei Bundesländern als gesichert rechtsextremistisch eingestuft worden. Wir kennen Ihre rechte Gesinnung hier aus eigener Anschauung, Ihre Verweigerung, sich wichtigen Herausforderungen unserer Zeit anzunehmen,

(Heiterkeit bei Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

und Ihre Einstellung zur Gleichberechtigung. Ausgerechnet die AfD weist auf die Zeilen des Berichts hin, in denen es heißt, in 26 Fällen habe die Regierung gegen das Gleichstellungsgesetz verstoßen.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

So seien Gleichstellungsbeauftragte bei der Formulierung von Stellenausschreibungen gar nicht gefragt worden. Herr Förster kritisiert wie versessen einen Genderzwang, den übrigens niemand fordert, und negiert damit auch regelmäßig die Verpflichtung zur Förderung der Gleichberechtigung von Mann und Frau im Grundgesetz und unserer Verfassung. Die gestrige Debatte, in der ja weitere AfD-Mitglieder ins gleiche Horn bliesen, sprach doch Bände.

Vor dem Gesetz sind alle Menschen in einem Rechtsstaat gleich,

(Zuruf von Jens Schulze-Wiehenbrauk, AfD)

so steht es in unserem Grundgesetz in Artikel 3. Und die Beamtinnen und Beamten in einem Rechtsstaat sind dem Grundgesetz verpflichtet. Und darin heißt es auch, nicht alle Männer oder alle deutsche Männer sind gleich, es heißt „Menschen“ – Männer und Frauen, Deutsche und Ausländer, egal, welche Sprache sie sprechen, welchen Gott sie anbeten oder welche Hautfarbe sie haben. Bei der AfD ist das aber nicht so.

Wie sagte doch vorgestern Herr Dr. Terpe zum Antrag gegen die Qualzucht: Einer Fraktion, die Menschenrechte mit Füßen tritt, ist das Einfordern von Tierrechten schwer abzunehmen. Und Herr Schneider,

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und Constanze Oehlrich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und Herr Schneider setzte selbst noch einen drauf. Er sagte ja so ungefähr, dass ihn selbstverständlich die Menschenrechte interessieren, soweit es um die eigenen Leute geht, Zitat, denn sie haben uns „gewählt“.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Ja.)

Herr Schneider, waren Sie sehr enttäuscht, dass eine betrunkene deutsche Frau jeweils einen Polizeieinsatz in einem Netto in Grevesmühlen auslöste

(Jens-Holger Schneider, AfD: Ja, sicher!)

und kein Upahler Flüchtling?

(Jens-Holger Schneider, AfD: Ja, sicher!)

Rechtsstaatlichkeit und dieselben Menschenrechte für alle Menschen, die in einem Rechtsstaat leben, sind nicht voneinander zu trennen.

(Beifall Dr. Harald Terpe, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jens-Holger Schneider, AfD: Die Polizei hat Besseres zu tun.)

Ihr Einstehen für unseren Rechtsstaat hat Herr Förster vorhin ja auch noch einmal unterstrichen.

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Er hat uns vorhin quasi dazu aufgefordert, Gesetze und Konventionen nicht anzuwenden, damit wir Flüchtlingsströme begrenzen können.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Ein Rechtsstaat ist natürlich ein Staat, der einerseits allgemein verbindliches Recht für jeden und jede schafft und andererseits seine eigenen Organe zur Ausübung der staatlichen Gewalt an das Recht bindet.

(Zuruf von Jens Schulze-Wiehenbrauk, AfD)

Und unser Rechtsstaat ist garantiert nicht dadurch in Gefahr, dass die Landesregierung nicht jede Stelle ausschreibt. Wovon Sie aber ausgehen können, ist, dass die Personen, die auf diesen herausgehobenen Dienstposten eingestellt werden, zu jeder Zeit für unseren Rechtsstaat einstehen und ihn verteidigen. Von Ihnen können wir das nicht behaupten.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Für uns gehören übrigens zu einem funktionierenden Rechtsstaat eine freie Presse und ein öffentlichrechtlicher Rundfunk. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird von Ihnen fortlaufend kritisiert, außer der öffentlichrechtliche Rundfunk kritisiert seinerseits die Landesregierung oder die Regierungskoalition. Das wird dann gefeiert, dann triffts ja die Richtigen.

(Jens Schulze-Wiehenbrauk, AfD: Das passiert doch gar nicht.)

Der NDR titelte am vergangenen Wochenende, ja, dass Mitglieder Ihrer Partei beim AfD-Parteitag die Intransparenz der finanziellen Ausgestaltung kritisierten. Da wurde vorher kontrovers über die Parteifinanzen diskutiert,

(Zuruf von Martin Schmidt, AfD)