Protokoll der Sitzung vom 10.11.2023

meine Damen und Herren!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Julian Barlen, SPD)

„Der Leistungsgedanke ist ein zentraler Bestandteil unserer Gesellschaft.“ Diesen treffenden und kernigen Satz aus der Begründung des Antrags hat die Gesellschaft und vor allen Dingen die Schule vergessen.

Ein Vorschlag dazu: Man gebe bei schulpolitischen und kultusbürokratischen Schriften die Begriffe „Leistungsbereitschaft“, „Selbstüberwindung“, „Fleiß“ und „Ehrgeiz“ ein. Man wird diese Worte, die einst für Tugenden standen, in der Regel nicht mehr finden. Der enge pädagogische Zusammenhang von Bildung und Erziehung scheint vergessen. Leistung und vor allem Unterscheidung nach Leistungsvermögen gelten mittlerweile bereits als Diskriminierung. Ja, man setzt sich, wenn man auf Leistung setzt, dem Vorwurf aus, man wolle selektieren, man betreibe eine Exklusion statt der permanent geheiligten Inklusion oder gar eine Apartheid der Besten, meine Damen und Herren.

Das Land gibt immense Mittel für bildungsideologisch durchdrungene Inklusion aus, fördert damit unter anderem auch Schüler, die nichts leisten wollen, aber beispielsweise unter dem Ticket des sonderpädagogischen Förderbedarfs emotionaler und sozialer Entwicklung betreut werden. Dabei liegt eine anthropologische Grundeinsicht darin, dass der Mensch das, was er technisch, kulturell und gesellschaftlich schuf, nur über Leistung und Höchstleistung erreichte,

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

mithin auch über den Wettbewerb, der im Sport quasi spielerisch, aber auch ausbildend betrieben wird. Wenn

Leistungsanforderungen und Wettbewerb schon nicht mal mehr im Sport erwünscht sind, dann sind sie allgemein gesellschaftlich längst erledigt. Ohne Leistung und Wettbewerb, ohne hohen Anspruch an sich selbst, ohne Ehrgeiz, ohne Selbstüberwindung, ohne die Kraft, sich und das Seine im Wettbewerb gegen andere durchsetzen zu können, ist keine Entwicklung möglich.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Thore Stein, AfD: Richtig!)

Die westdeutsche Pädagogik hat sich seit den 70ern mehr und mehr von diesem Grundgedanken verabschiedet. Sie senkte durchweg die Anforderungen, inflationierte im gleichen Zug die Bewertungen, weichte die Maßstäbe auf, kurz, sie verordnete Erfolge, ohne dass sie noch aufwendig errungen werden mussten. Ergebnis: Minimalismus und die Illusion, man könne Erfolge auch ohne echten Einsatz haben. Kein Kampf mehr um ein Resultat oder ein höheres Level, kein Erringen eines Erfolges mehr nötig, weil der einem vom System zugeschoben wird.

Die deutsche Schule hat sogar das zweifelhafte Kunststück vollbracht, den Stress an den Schulen durch Formalitäten, Bürokratie und das für den alleinigen Segen gehaltene Ganztagsprogramm zu verstärken, obwohl sie die Inhalte durchweg reduzierte und die Anforderungen senkte. Teilweise steht das sogar in einem Zusammenhang. Indem etwa immer mehr Schüler aufs Gymnasium drängen, stehen dort zwangsläufig immer mehr Limitierte unter Druck. Regiert wird mit dem Prinzip, Erfolge zu erreichen, nicht mehr, um sie ringen zu lassen.

Symptomatisch erscheint das letzte Mathematikabitur: 20 Prozent aller Grundkurs-Abiturienten erreichten in den schriftlichen Reifeprüfungen des Faches null Notenpunkte, waren also nicht in der Lage, im Abitur auch nur ein Minimum an mathematischen Kenntnissen nachzuweisen. Aber das Bildungsministerium reagierte prompt, indem es einen Notenpunkt gratis, quasi von Staats wegen, für alle Abiturienten dazugab, so, wie das zwei Jahre davor sogar gleich mit zwei Notenpunkten geschah.

(Vizepräsidentin Elke-Annette Schmidt übernimmt den Vorsitz.)

Und niemand sieht ein Problem darin. Man geht darüber hinweg. Es wird nicht einmal diskutiert.

„Ohne Fleiß keinen Preis“, das soll nicht mehr gelten. Sprüche wie „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ dürften mittlerweile als geradezu faschistisch gelten. Wettbewerb, Anstrengung, Selbstüberwindung, Wahrnehmung und Eigenverantwortung für die eigene Leistung und das eigene Resultat beziehungsweise Abschneiden sind geradezu kulturbildend. So, wie in Deutschland in der Leichtathletik und im Turnen, gerade in der deutschen Sportgeschichte neben dem Fußball Kernbereiche, keine oder kaum mehr Medaillen geholt werden, so versagen die deutschen Schulen in den wichtigen Bildungsteststudien. Verantwortlich dafür soll, das Credo Bildungspolitik, die soziale Herkunft sein, so die gängige politisch erwünschte Erklärung. Dass ein solches Versagen im Sport wie in der Schule primär eine Frage der Erziehung ist, kommt den sogenannten Bildungsforschern gar nicht mehr in den Gedanken.

Zur Leistung, zum Fleiß, zur Selbstüberwindung, zur Wahrnehmung der Eigenverantwortung muss erzogen werden,

und zwar überhaupt nicht barsch oder mit Drill, dafür aber stetig und konsequent, auf dass das Heranwachsenden erlebbar wird: Wenn ich mich anstrenge, dann schaffe ich etwas. Ich kann mehr leisten, als ich annehme, nur gilt es, den inneren Schweinehund zu überwinden. Und wenn ich mich im fairen Wettbewerb durchsetze und nach vorne komme, dann habe ich Erfolg, aber dafür muss ich mich bemühen, im Sport mitunter sogar schinden, ich muss den toten Punkt überwinden, an dem ich meine, es hat ja keinen Zweck, ich lasse mich hängen, irgendwer wird mir schon helfen, wenn ich nur Bedarfe anmelde.

Das ist der Zustand momentan, über den wir hier reden. Und wir sagen Nein, wir sagen, hilf dir selbst, dann hilft dir Gott. Dieser Antrag ist richtig und wir werden diesem Antrag zustimmen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Für die Fraktion der SPD hat das Wort der Abgeordnete Christian Brade.

(allgemeine Unruhe – Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Wie wars früher?)

Das kann ich euch erzählen!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Bundesjugendspiele erhalten einen neuen Anstrich und werden zu diesem Schuljahr ihr verstaubtes Gewand ablegen, denn mehr als 70 Jahre ist es her, als die ersten Bundesjugendspiele 1951 stattfanden und es damals hieß, der Wettbewerb solle das Bewusstsein der Zusammengehörigkeit erwecken und frohen Wettkampfgeist anregen.

Dass das längst nicht mehr der Fall ist, sehen wir Jahr um Jahr. Erst 2015 haben mehr als 25.000 Menschen eine Petition unterschrieben, die Bundesjugendspiele gar ganz abzuschaffen, und das sicher nicht, weil sie das gesellschaftliche Leistungsprinzip oder den Sport so verabscheuen. Es lag schlichtweg an negativen persönlichen Erfahrungen, die über Enttäuschungen hinausgehen und in Demotivation und Demütigung münden. Nichts anderes möchte das 2021 beschlossene Reförmchen im Rahmen der Bundesjugendspiele angehen, ein positives und zeitgemäßes Bild unseres Sportes zu zeigen.

Wir reden heute darüber, dass die Leistungen unserer Grundschulkinder nicht mehr zentimetergenau und sekundengenau abgemessen werden sollen, oder auch, dass nun eine Urkunde mit der Bewertungsnote „gekonnt“ beziehungsweise „nicht gekonnt“ entfallen und stattdessen durch motivierende Worte auf jener ersetzt werden.

„Eine Nummer kleiner, bitte!“, Herr Waldmüller, titelte der Chefredakteur der „Schweriner Volkszeitung“ passend zu Ihrem Antrag. Und ich gebe ihm recht, weil aus einem Wettkampf ein Wettbewerb wird, um ein motorisch vielseitigeres, kindgemäßeres und entwicklungsorientiertes Format zu schaffen, wird der gesellschaftliche Leistungsgedanke nicht weiter abgeschafft. Die Kinder messen sich nach wie vor untereinander, und für normal leistungsorientierte Schülerinnen und Schüler gibt es Wett

bewerbe wie „Jugend trainiert für Olympia“, die meiner Meinung nach ein klasse Format sind und die Schulgemeinschaft befördern.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Und apropos Olympia: Zuletzt hat Team Deutschland tatsächlich bei internationalen Wettkämpfen den Anschluss an die Spitze nicht mehr ganz halten können.

(Heiterkeit bei Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Ja, null!)

Ob man das nun am Fußball festmachen möchte, wie Sie das tun, Herr Waldmüller, aber wahrscheinlich ist das die weiß-blaue Brille, das will ich nicht weiter bewerten, unsere Bundesjugendspiele in alter Manier aber aufleben zu lassen, wird meiner Einschätzung nach keine sportlichen Spitzenerfolge bei den nächsten Leichtathletikweltmeisterschaften bringen.

Und wenn man die von diesem Jahr betrachtet und sich die Ergebnisse, zum Beispiel beim Speerwurf, ansieht, dann kann man darüber nachdenken, ob der verpatzte Podiumsplatz von Julian Weber die Ursache in den Bundesjugendspielen findet oder ob der Sieger Neeraj Chopra aus Indien einfach die besseren Trainingsmethoden,

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU – Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

die besseren Trainingsbedingungen oder vielleicht die besseren Trainer hatte.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Soweit ich weiß, wurde der Inder vom 100-Meter-Werfer Uwe Hohn und von Klaus Bartonietz trainiert. Viele von uns aus der ehemaligen DDR werden sich an die Herren deutlich erinnern.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und Minister Dr. Till Backhaus)

Und dann kann man doch mal fragen, ob die Rahmenbedingungen für Trainer im deutschen Spitzensport so noch stimmen.

Um bei Olympia oder Weltmeisterschaften zu punkten, müssen wir viel stärker unsere Olympiastützpunkte priorisieren und den Amateur- und Vereinssport unterstützen,

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

um gerade in ländlichen Räumen weitere Angebote und Chancen im Breitensport zu schaffen.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Herr Renz, ich habe Sie jetzt nicht so genau verstanden. Ein bisschen lauter bitte!

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

So, das drückt sich unter anderem auch in unserem Haushalt für das kommende Jahr aus. Der Festbetrag nach dem …

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Oh, jetzt kommen die Erfolge der SPD aus den letzten 25 Jahren.)

Oh, das ist schön! Vielen Dank, Herr Renz, dass Sie mir die Möglichkeit geben,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

hier weiter auszuführen! Sie sind sehr freundlich. Danke!

Also der Festbetrag nach dem Sportfördergesetz wird um fast 1 Million Euro angehoben und auf 12.840.700 Euro festgesetzt werden. Von der Steigerung entfallen allein 500.000 Euro auf die Finanzierung hauptamtlicher Stellen im Sport.