wenn nicht, wenn nicht Kinder und Sport in diesem Antrag missbraucht werden sollen, um die fragwürdige Erzählung der Leistungsgesellschaft zu goutieren.
Aus der Sicht meiner Fraktion ist dieses Modell auch längst überholt. Jedenfalls spielen für uns auch Qualitäten wie soziale Wertschätzung, Beteiligung am Gemeinwohl oder sogar Selbstverwirklichung eine gleichwertige Rolle. Aber das, meine sehr geehrten Damen und Herren, wäre wieder eine andere Debatte. Es bleibt dabei, wir werden uns enthalten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Debatte ist, denke ich, hinreichend spannend. Viele Argumente wurden ausgetragen. Und die einen beschäftigen sich ein bisschen intensiver mit dem Antrag, die anderen sehen das Ganze etwas allgemeiner. Aber ich glaube, man kann durchaus sagen, diese ganze Debatte hier, das ist doch tatsächlich eher so eine Art Parabel auf die tatsächliche aktuelle Leistungsbereitschaft in unserer Gesellschaft.
Und wir haben auch an anderer Stelle oftmals über das Thema Fehlerkultur gesprochen, wir haben darüber gesprochen, wie gehen wir in unserer Gesellschaft mit Scheitern um, nicht nur beim Sport, sondern auch in vielen anderen Bereichen. Und natürlich kann man das Ganze jetzt mit einem neuen, modernen, modischen Konzept sagen, wir verzichten im Zweifel auf Medaillen und alles Mögliche oder jeder kriegt eine Medaille, das kann man sich ja überlegen, aber ich glaube, dass auch eine negative Erfahrung bei einem Wettkampf, ein Scheitern etwas ist, was man durchaus anders hätte lösen können. Es geht nämlich darum, wie gehe ich denn damit um, mit einer solchen Niederlage, wie motiviere ich Kinder, eventuell weiterzumachen. Oder vielleicht führt das ja sogar dazu, dass man feststellt, okay, Sport ist vielleicht doch nicht das für mich. Das muss auch okay sein, ja, es darf keine Stigmatisierung sein. Das ist doch etwas, worum es am Ende halt geht.
Es gibt viele Formate, mit denen man arbeiten kann. Ja, also wenn man Teilhabe ermöglichen möchte, sportliche Möglichkeiten hat, dann haben wir zum Beispiel die Special Olympics, die ja gerade auch für Menschen auch mit geistiger Behinderung die Möglichkeit eröffnen, ohne diesen Wettkampfgedanken jetzt so komplett nach vorne zu schieben, sondern halt diese Teilhabe auch zu ermöglichen.
Das sind alles Formate, die es möglich machen. Aber von vornherein das Ganze auszuschließen, finde ich halt schon etwas schwierig.
Und Olympia und Co wurden ja schon mal angesprochen. Da kam gerade jetzt am Montag, am 06.11., bei „Wer wird Millionär?“ die 4.000-Euro-Frage. Ja, vielleicht hat das der eine oder andere ja gesehen.
So, nehmen wir mal den Publikumsjoker. Das gab es noch nie. Wie viele Medaillen holte das deutsche Team bei der Leichtathletik bei der WM 2023?
Jetzt darf mal jeder drücken. Was kommt raus? Das gab es noch nie, die deutsche Mannschaft hat keine einzige Medaille bei der Leichtathletik-WM in diesem Jahr geholt.
So, und das macht doch etwas mit der Gesellschaft. Natürlich, wir reden hier von der Spitze beim Leistungssport, aber beim Leistungssport muss ja auch etwas ankommen, was unten in der Breite erst mal geschaffen werden muss. Und unten, die Breite in der Pyramide, die muss richtig breit sein, damit die Spitze tatsächlich auch Leistungen bei solchen internationalen Wettbewerben
Und wenn wir jetzt sagen, wir lassen das Ganze oder wir schieben das ein bisschen weg, oder im Zweifel sagen wir, na ja, die Teilnahme, also jeder bekommt irgendwie eine nette Teilnahmeurkunde, und wenn jeder aber irgendwie eine Teilnahmeurkunde bekommt, dann ist das am Ende auch relativ wenig wert. Und wir können ja auch nicht für jede noch so tolle Leistung irgendwie einen Pokal vergeben. Dann machen wir irgendwie die meisten Popel an der Schlafzimmerwand, da werden dafür jetzt Trophäen verliehen.
(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der AfD und CDU – Heiterkeit bei Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Wie sieht das denn bei Ihnen aus? – Zuruf aus dem Plenum: Iiii!)
So, aber wer hier im Landtag tatsächlich sagt, er hat zum Beispiel sein Direktmandat aus komplett eigener Leistung errungen – ja, da gibt es bestimmt einige, die da völlig überzeugt von sind, dass nur durch eigene harte Leistung so ein Direktmandat errungen wurde –, da kann ich nur sagen, na ja, Trophäen lügen nicht.
Ich glaube, ich glaube tatsächlich, zu viel Lob erschafft am Ende Millennials. Das ist jetzt irgendwie ein neumodernes Konzept. Und wenn wir sagen, was ist, wenn noch ein Experte kommt, der wieder eine völlig neue Theorie über das Selbstwertgefühl parat hat, was machen wir dann, laufen wir dem auch wieder blindlings hinterher.
Ich finde, meine Fraktion findet, Leistung, das ist ein Prinzip, was in dieser Gesellschaft fest verankert sein sollte. Wir sollten auch in jungen Jahren die Möglichkeit geben, Leistung zu erbringen, sich zu messen, besser zu werden, und einen vernünftigen Umgang mit Niederlagen und Scheitern ermöglichen, ohne dass Traumata entstehen. Und so können wir auch insgesamt wieder gesellschaftliche Leistungsfähigkeit und sportpolitische oder sportliche Spitzenleistung im internationalen Wettbewerb erringen. Und deswegen stimmen wir dem CDU-Antrag auch zu. – Danke schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleg/-innen! Ich verlese erneut eine Rede meines Kollegen Christian Albrecht.
Mit dem vorliegenden Antrag möchte die CDU sich dafür einsetzen, dass bei den Bundesjugendspielen wieder häufiger die Wettkampfform in den Klassenstufen 1 bis 4 zum Tragen kommt. Sie begründen das damit, dass der Leistungsgedanke ein fester Bestandteil in allen Bereichen der Gesellschaft und eine wesentliche Grundlage für den Wohlstand sei. Diese Behauptung ist empirisch
kaum zu belegen, fußt unser Wohlstand doch auf ganz vielen unterschiedlichen Faktoren. Aber, wie hier suggeriert, eine direkte Linie zwischen sportlichem Wettkampf von Grundschüler/-innen zur kapitalistischen Verwertungslogik im Arbeitsleben zu ziehen,
es ist durch nichts zu belegen, vertreten Kinderpsycholog/-innen und Sportdidaktiker/-innen doch eine diametral andere Auffassung, als sie Ihrem Antrag innewohnt.
ihr vorausgegangen war die Petition einer Mutter im Jahre 2015 an das damals von Frau Schwesig geführte Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, die immerhin 21.000 Unterschriften erreichte. Ihr Anliegen war, dass diese verpflichtenden Wettkämpfe eben nicht positiv auf Kinder einwirken. Ganz im Gegenteil, die Erfahrung sei für viele Kinder demütigend, demotivierend und es bestünde ein hoher sozialer Druck. In einer Zeit, in der wir mit Adipositas und Bewegungsmangel bei vielen Jugendlichen zu kämpfen haben, fördert dieses eben nicht die Freude und Bereitschaft zur Bewegung. Ganz im Gegenteil, viele Kinder verknüpfen mit dem Sportunterricht und solchen Events nur Negatives und machen lieber einen Bogen um Sportereignisse.
Die Aussage, dass Kinder so früh schon das Verlieren lernen müssten, ist zynisch. Jetzt könnten Sie sagen, das ist die Meinung einer Mutter, die schlechte Erfahrungen gemacht hat. Ihre Einschätzung deckt sich aber mit Erkenntnissen der Sportpädagogik und Entwicklungspsychologie. Professor Dr. Tim Bindel, Sportpädagoge und geschäftsführender Leiter des Instituts für Sportwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, sagt Folgendes:
„Eines steht fest – es ist nie die Idee der Bundesjugendspiele gewesen, dass sie ein kapitalistischer Test für Kinder sein sollen, ob diese wettkampftauglich für die Arbeitswelt sind“,
„wie es zuletzt in vielen Meinungsbeiträgen zu der Reform“ dargestellt „wurde. Außerdem, wenn das der Plan gewesen wäre, dass Kinder das Verlieren lernen sollen, muss ich sagen: Ich habe selten“
„etwas Traurigeres gehört. Kinder, die bei den Bundesjugendspielen verlieren, das kann man empirisch gut