Open Access beschreibt den freien Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen. Wenn Dokumente unter OpenAccess-Bedingungen veröffentlicht werden, bedeutet dies, dass sie von jedem unentgeltlich eingesehen werden können. Forschung wird durch eine breitere und freiere wissenschaftliche Kommunikation effizienter, innovativer und erhöht die Sichtbarkeit von Forschungsergebnissen. Gerade die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig es ist, dass die verwendbaren Forschungsdaten einerseits überhaupt vorhanden sind – wir hatten im Herbst da einen Antrag zu – und andererseits auch frei verfügbar sind. Die Qualität der Forschung wird hierdurch erhöht und wissenschaftlicher Fortschritt befördert, da die Forschungsergebnisse häufiger durch viel mehr Zugriffe überprüft und weiterverwendet werden. Dies steigert signifikant die Qualität der wissenschaftlichen Arbeit.
Und die Hochschulen des Landes haben neben ihren beiden Zielen, einerseits gute Lehre anzubieten und andererseits die Forschung zu erbringen, auch das dritte Ziel der Third Mission. Dies bedeutet den Transfer von Wissen und Technologie in die übrige Zivilgesellschaft hinein, und der Open-Access-Ansatz unterstützt auch bei der Erreichung dieses dritten Ziels durch das Abbauen von Hürden in der Kommunikation von Wissenschaftlern mit der Zivilgesellschaft.
Wir fordern mit diesem vorliegenden Antrag der regierungstragenden Fraktionen, der Fraktion DIE LINKE und der
SPD, die Landesregierung auf, eine Open-Access-Strategie für die Wissenschaft in unserem Land MecklenburgVorpommern zu entwickeln. Diese Strategie soll dann die Frage klären, wie und mit welchen Schritten eine Transformation von herkömmlichen Publikationsmethoden hin zu einem freien Publikationssystem für M-V gelingen kann. Diese Strategie soll dazu Rahmenbedingungen und Orientierung für die Hochschulen und die Hochschulbibliotheken im Land bieten, die sich bereits mit der Open-Access-Transformation eventuell schon beschäftigen. Dies verhindert einen Flickenteppich unterschiedlicher Lösungen und schafft Synergieeffekte unter Einbeziehung aller handelnden Akteure.
Wir sind uns bewusst, dass gerade in der Übergangszeit dieser Transformation, die zum Ende auch gebundene finanzielle Ressourcen freisetzen kann, finanzielle Mittel notwendig sein werden. Deshalb sind im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel Fördermaßnahmen für die Universitäten und Hochschulen für diesen Transformationsprozess vorzusehen.
Weiterhin möchten wir die Hochschulen des Landes und die angeschlossenen Hochschulbibliotheken bei der OpenAccess-Transformation der Wissenschaft unterstützen, denn dieser paradigmatische Wechsel und Wandel benötigt eine breite Zustimmung auf allen politischen Ebenen. Rechtliche Rahmenbedingungen sollen kontinuierlich überprüft und abgebaut werden. Daher möchten wir ebenfalls, dass die Landesregierung sich weiterhin auf der Bundesebene für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Open-Access-Transformation einsetzt.
Zu guter Letzt möge die Landesregierung darüber hinaus auch im zuständigen Wissenschaftsausschuss über den Stand der Open-Access-Aktivitäten an den Universitäten und Fachhochschulen des Landes berichten. Unser Antrag …
Unser Antrag trägt dazu bei, die Wissenschaft in unserem Land voranzubringen, die Qualität zu steigern und die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Ich bitte Sie daher nachher um Zustimmung zu unserem Antrag und freue mich zunächst einmal auf die Aussprache. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Gemäß 84 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung ist eine Aussprachezeit von bis zu 71 Minuten vorgesehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen und ich eröffne die Aussprache.
Für die Landesregierung hat ums Wort gebeten die Wissenschafts- und Europaministerin Bettina Martin.
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Damit Erkenntnisse aus Forschung und Wissenschaft verbreitet und genutzt werden können, müssen sie veröffentlicht und zugänglich gemacht werden. Open Access, Sie haben es gehört, meint, dass öffentlich finanzierte Forschung ihre Ergebnisse und Daten unter freien Lizenzen für alle zugänglich macht. So werden sie sichtbarer und leichter nutzbar.
Weil dadurch Wissenstransfer und Zusammenarbeit verbessert und Innovationsfähigkeit erhöht wird, sind weltweit Institutionen schon seit Längerem auf dem Weg, den Prozess hin zu Open Access zu gestalten, denn diese Transformation bedeutet eigentlich eine ziemlich grundlegende Umstellung des akademischen Publikationswesens vom traditionellen Modell, das auf Abonnement und Erwerb basiert, hin zum internetbasierten OpenAccess-Modell, bei dem Qualität und Renommee gesichert werden müssen.
Der einmütige Wunsch und der einmütig gewünschte Weg ist ein komplexer Weg, vor allem in der Übergangszeit, denn in dieser Übergangszeit existieren eben beide Systeme, das herkömmliche Publikationssystem und Open Access, nebeneinander. Und gerade in dieser Zeit gibt es natürlich auch mehr Belastung. Und das Ziel steht zu einer neuartigen und nachhaltigen Finanzierung von Open Access.
Dazu haben sich Bund und Länder in 2023 mit ihren Leitlinien für Open Access gemeinsam bekannt. Und dass dafür der grundlegende Wille besteht, nämlich eben auch die Unterstützung dieses Weges, da ist ein gutes Zeichen dafür, dass die DFG gerade jetzt im Januar 2024 eine Ausschreibung laufen hat, und darin geht es eben auch um Aufbau und Finanzierung einer nationalen Publikationsinfrastruktur.
Eine Landesstrategie von Mecklenburg-Vorpommern muss sich genau in diese Bundesstrategie auch einfügen und anpassen. Und natürlich fangen wir hier nicht bei null an, wir sind schon seit Längerem natürlich mit den Hochschulen des Landes auf diesem Weg, auf dem Weg von Open Access. Im August 2021 hat sich im Auftrag der Landesrektorenkonferenz eine gemeinsame Arbeitsgruppe aus Wissenschaftler/-innen und Vertretern der Hochschulbibliotheken konstituiert, die in einem ersten Schritt in den Hochschulen und Universitäten des Landes Bedarfe aufgenommen hat. Es folgten Arbeitssitzungen und weitere Abstimmungen. Ein Entwurf soll im Jahresverlauf 2024 vorliegen.
Oder ganz konkret, schauen Sie mal auf die Webseite des BMBF zum Thema Open-Access-Network. Dort finden Sie neben Links, Praxistipps und viel Hintergrundwissen auch Angaben zu den Open-Access-Strategien der Bundesländer. In diesem Atlas stehen für MecklenburgVorpommern beide Universitäten und Universitätskliniken, alle fünf Hochschulen, alle Leibniz-Institute, die Fraunhofer-Einrichtung für Großstrukturen in der Produk
Zwei/drei Beispiele möchte ich noch geben, die illustrieren sollen, wie genau Wissenschaft und Forschung Open Access bereits umsetzen beziehungsweise unterstützen: Unter den außeruniversitären Forschungseinrichtungen sei das Leibniz-Institut für Ostseeforschung in Warnemünde herausgegriffen. Das ist eher willkürlich, auch die anderen – Fraunhofer, Max Planck, Helmholtz – sind auch auf dem Weg und da gilt Ähnliches. Die LeibnizGemeinschaft hat sich bereits frühzeitig der OpenAccess-Idee verschrieben. Sie gehört zu den Erstunterzeichnerinnen, zu den Erstunterzeichnern der Berliner Erklärung, hat schon 2007 eine eigene Open-AccessLeitlinie verabschiedet und engagiert sich zusammen mit den anderen Wissenschaftsorganisationen für die Transformation des wissenschaftlichen Publikationsmarktes hin zu Open Access. Aus dem Open-Access-Publikationsfonds der Leibniz-Gemeinschaft können Autorinnen und Autoren aus deren Einrichtungen die Förderung von 20 Prozent der Publikationskosten für Artikel in den OpenAccess-Zeitschriften beantragen.
Die Universität Rostock hat im Dezember 2015 ihre Open-Access-Erklärung verabschiedet, um den freien Zugang zu wissenschaftlichem Wissen zu fördern. Ab 2017 hat sie einen Open-Access-Publikationsfonds eingerichtet, aus dem unter bestimmten Bedingungen Kosten von Open-Access-Publikationen in Zeitschriften übernommen werden. Dieser Publikationsfonds wird auch 2023 bis 2025 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Programm Open-Access-Publikationskosten gefördert. Außerdem schließt die Universitätsbibliothek mit geeigneten Verlagen Verträge zur Rabattierung der Publikationsgebühren ab.
Open-Access-Beratungen, Beauftragte und den DFGgeförderten Publikationsfonds gibt es auch an den anderen Hochschulen und an der Universität Greifswald. Und weil es hier auch schon rot blinkt, fasse ich mich kurz:
Sie sehen also, die Transformation wird von der Wissenschaft und Forschung gefördert und ist bereits im Gange.
Und als Land wollen wir diese strategische Entwicklung natürlich begleiten und auch unterstützen. Und die tatsächliche Umsetzung muss weiterhin durch die Wissenschaft selbst erfolgen. Und mit dieser großen Herausforderung werden wir die Universitäten und Hochschulen im Land sicherlich nicht alleinlassen.
Und es ist auch klar, diese Entwicklung ist unumgänglich und wir nehmen diesen Auftrag gerne an, das Thema aktiv zu unterstützen. Vielen Dank für diesen Antrag!
und sicherlich im Ausschuss beraten. Und wir werden diese Open-Access-Strategie selbstverständlich auch im
Kontext der Wissenschafts- und Forschungsstrategie insgesamt, die bei uns im Land entsteht, entwickeln. – Und ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, begrüße ich auf der Besuchertribüne Bürgerinnen und Bürger aus Sassnitz. Seien Sie uns recht herzlich willkommen!
Nun, meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin, Hohes Haus, dieser Tagesordnungspunkt wird sicherlich die Gemüter etwas weniger erhitzen als die Aktuelle Stunde heute Morgen, kann aber für unseren Wissenschaftsstandort Mecklenburg-Vorpommern nicht hoch genug angesiedelt werden.
Der uns heute von SPD und LINKE vorgelegte Antrag hat die Zielsetzung, den in den gemeinsamen Leitlinien von Bund und Ländern geforderten Umstieg von einem subskriptionsbasierten zum publikationsbasierten Modell in Form von Open Access voranzutreiben. Um den aus den Leitlinien ableitbaren Forderungen gerecht zu werden, soll nun eine landeseigene Strategie entwickelt werden, die den Akteuren, wie zum Beispiel den Universitäten und Hochschulen, einen Handlungsrahmen gibt. Ferner sind auch im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel Fördermaßnahmen für die Universitäten und Hochschulen vorgesehen.
Unter Open Access wird allgemein der offene und für den Leser unentgeltliche Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen im Internet und deren möglichst schrankenlose Nutzbarkeit definiert, um Forschungsergebnisse den Forschern weltweit und der Öffentlichkeit schnell digital zugänglich zu machen. Neben diesen eindeutigen Vorteilen benennen die Antragsteller in ihrem Antrag auch die bekannten Schwierigkeiten des Transformationsprozesses, beispielsweise die zusätzlichen Kosten in der Übergangsphase, wenn wir kurz ein temporäres Nebeneinander der beiden Systeme haben.
Tatsächlich befürchten viele Experten seit Bestehen der Debatte um Open Access, dass gerade die weniger finanzstarken Einrichtungen und Hochschulen unseres Landes, eines Landes bei der Finanzierung ihrer Veröffentlichungsgebühren in ernste Schwierigkeiten geraten können. Zu beachten und zu berücksichtigen gilt aber, dass für Publikationsausgaben ja diese eher unter Literaturbeschaffung subsumiert werden können und auch im Rahmen von Drittmittelprojekten zusätzlich eingeworben werden können.
Zur Bewältigung der Herausforderung können beispielsweise bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der DFG, Zuschüsse über das Programm Open-AccessPublikationskosten beantragt werden, damit in Anspruch genommen und, wenn der Antrag beschieden ist, auch
ausgeschüttet werden. Auch fördern bereits viele Länder die Transformation hin zu Open Access über Programme. Dies ist naheliegenderweise auch die Absicht der Antragsteller, eine solche Regelung für M-V zu bewirken.
Ein paar Zahlen aus dem Open Access Atlas 2022: Hier das Land Baden-Württemberg, von 2019 bis 2022 stellte das Land Baden-Württemberg 8 Millionen Euro in den Haushalt ein, das Land Berlin 28 und das Land Bremen 3,5 Millionen Euro, als vielleicht kleiner Vergleich und Anreiz. Kurz und gut, langfristig gesehen ist die Verlagerung der Kosten vom Autor hin zu den Universitäten eine positive Entwicklung, die auch wir unterstützen.