Protokoll der Sitzung vom 24.01.2024

und dass Sie den Anspruch auf diesen Inhalt hier erheben! Das muss man auch noch mal festhalten.

Also die Überschrift des Antrages suggeriert ja von vornherein einen sehr fahrlässigen Umgang des Deutschen Bundestages, der dieses Gesetz beschlossen hat, mit unserem Staatsangehörigkeitsrecht.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

Aus Ihrer Sicht ist natürlich jede Form des – und damit meine ich jetzt die AfD als Antragsteller hier –, jede Form des Miteinanders mit Menschen anderer Herkunft, die bei uns dauerhaft leben wollen, abzulehnen

(Stephan J. Reuken, AfD: So ein Schwachsinn! Können Sie das mal belegen? – Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

und natürlich direkt Teufelswerk,

(Stephan J. Reuken, AfD: Belegen Sie das doch mal, bevor Sie sich da hinstellen und so einen Unsinn erzählen! Das ist wirklich unterste Schublade. – Zuruf von Jens Schulze-Wiehenbrauk, AfD)

wenn die auch noch ihre alte Staatsbürgerschaft nicht abzugeben brauchen, um die deutsche erwerben zu können. Dann könnte es ja irgendwann nicht mehr feststellbar sein, ob sie tatsächlich biodeutsch sind oder eben nicht. Das wäre ja fürchterlich schrecklich.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Warum haben Sie denn neulich an der Bushaltestelle den Schwarzen neben Ihnen so angepöbelt, Frau Tegtmeier?)

Und Herr Förster hat ja vorhin den Eindruck …

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Warum haben Sie das denn gemacht?)

Was sabbeln Sie denn?! Sie haben doch noch Redezeit, da können Sie gerne noch hier sprechen.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Sie provozieren.)

Das werden Sie sicherlich mindestens noch einmal wahrnehmen.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Sie provozieren. – Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Und dieser angemahnte Zeitrahmen, den man benötigt zur Integration,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das schickt sich nicht an.)

also da hatten wir gestern hier ja ein schönes Beispiel. Herr Rose hat vorgetragen, wie es den Sinti ergangen ist, sogar nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges, nach erlittenem Unrecht, nach Verfolgung, Vertreibung, Ermordung, wie lange es gedauert hat, hier in der Bundesrepublik Anerkennung zu finden, Anerkennung für eine Gleichbehandlung. Und das fand ich total erschütternd, und das sollte uns alle hier und heute auch noch mal echt zu denken geben.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und Dr. Harald Terpe, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Minister, und ich glaube, auch andere haben schon hier ausgeführt, wie viel Prozent unserer Bevölkerung eben keinen deutschen Pass hat, und auch, dass über fünf Millionen Menschen seit über zehn Jahren bei uns in Deutschland leben. Und einen Grund, warum die noch keinen deutschen Pass hatten, hängt bestimmt auch damit zusammen, dass es eben, die doppelte Staatsangehörigkeit zu erwerben, nicht so ohne Weiteres möglich ist. Und wenn das einfacher wäre, dann wären sicherlich von diesen über fünf Millionen, die schon mehr als zehn Jahre hier leben und arbeiten, hätten wesentlich mehr schon die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Auf kommunaler Ebene haben wir den Menschen, die bei uns wohnen und eben noch keine Bürgerrechte haben, schon einige Rechte eingeräumt mitzugestalten. Auf Bundesebene ist es nicht möglich, an politischen Entscheidungsprozessen teilhaben zu können, für Menschen, die keinen deutschen Pass haben. Auf der kommunalen Ebene geht es in sehr begrenztem Umfang. Ich hatte ja im Zusammenhang mit der Kommunalverfassung schon mal über Einwohner- und Einwohnerinnenrechte gesprochen.

Übrigens, wir haben in der Bundesrepublik ja über, ich glaube, mittlerweile sind es fast 24 Millionen Menschen, die einen Migrationshintergrund haben, und das ist mehr als jeder Vierte. Und ich kann sagen, also ich bin heilfroh für unser Rentensystem, dass das so ist,

(Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

sonst wäre das schon,

(Zuruf von Jan-Phillip Tadsen, AfD)

wäre das schon längst zusammengebrochen.

(Thomas Krüger, SPD: So ist es. – Zuruf von Jan-Phillip Tadsen, AfD)

Und allein diese Zahl zeigt die Perversion der sogenannten Reintegrationsfantasien von Rechtsextremisten, der AfD und anderer.

Herr Kramer hat heute Morgen unterstellt, dass Remigration, die Sie ja seit jeher verfolgen – haben wir ja gehört –, genau das ist, was die Bundesregierung beschlossen hätte. So ein Unsinn!

(Zuruf von Jens Schulze-Wiehenbrauk, AfD)

Wie hat denn die Jury, die das Unwort des Jahres kürt,

(Zuruf von Jens Schulze-Wiehenbrauk, AfD)

begründet, warum es sich diesen Begriff oder warum es diesen Begriff als infrage kommend betrachtet?

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Sie hat gesagt, das Wort ist in der Identitären Bewegung, in rechten Parteien mit weiteren rechtsextremistischen Gruppierungen zu einem Euphemismus für die Forderung nach Zwangsausweisung bis hin zur Massendeportation von Menschen mit Migrationsgeschichte geworden. Ich weiß nicht, wem Herr Kramer hier ein X für ein U vormachen will.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Wenn man eine Lüge immer wiederholt, wird sie nicht wahr, Frau Tegtmeier, auch bei Ihnen nicht.)

Wir haben hier in Deutschland eine sehr geringe Einbürgerungsrate, das ist auch schon gesagt worden. Frau von Allwörden sprach in diesem Zusammenhang ja, dass, wenn wir die erhöhen würden, wir Probleme aus unseren Nachbarstaaten praktisch importieren würden. Aber ich denke mal, da hat Frau Oehlrich hier einen wesentlich besseren Blick auf die Vorlage gemacht.

Also, um das mal zusammenzufassen: Von Verramschen kann überhaupt nicht die Rede sein. Ich brauche auch

nicht noch mal zu wiederholen, was die Menschen hier vorweisen müssen, um diese Anerkennung zu erhalten. Die AfD sagt ja sowieso, die lügen doch alle. Also von daher ist es auch nicht der Rede wert, das noch mal zu wiederholen. Der Bundestag hat bereits beschlossen. Nein, wir werden dem Antrag der AfD nicht zustimmen. Er reiht sich aus unserer Sicht ein in eine Endlosschleife zu Papier gebrachter, diskriminierender, Menschen verächtlich machender Ansinnen, die wir aus tiefster Überzeugung ablehnen. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete!

Ums Wort gebeten hat für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Förster

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst mal einen Dank an Herrn Pegel – wie so oft der einzige Beitrag, der sachlich ist, auf dessen Ebene man einen Diskurs stattfinden lassen kann.

Der Doppelpass: Ja, ich stimme Ihnen zu und habe auch volles Verständnis dafür, dass jemand, der sich hier eingelebt hat, seine Wurzeln nicht verleugnen muss. Aber ich glaube nicht, dass man seine Wurzeln verleugnet, wenn man sich hier für dieses Land entscheidet, dass man hier weiterleben will, den Rest seines Lebens, und trotzdem noch alle Kontakte zum Herkunftsland haben kann. Da verleugnet man überhaupt nichts. Aber es ist nicht so viel zu erwarten, dass er sich dann vom Pass her für das Land entscheidet, wo er wirklich dann restlich bleiben will.

Ausschlussmerkmale: Ja, das kann man so sehen, aber machen wir uns doch nichts vor, wenn Sie nur auf die Akten abstellen, wo man schon sehr negativ aufgefallen ist, das sind doch Gesinnungsmerkmale, kann man darüber reden, wie man will.

Antisemitismus genauso: Sie können doch nicht erwarten, dass von Gaza – und vielleicht kommen da noch demnächst Hunderttausende –, wir einem Palästinenser aus Gaza abverlangen können, dass der, ich will es mal ganz banal sagen, nicht was gegen Israel hat. Und Sie machen einen ganz großen Fehler, wenn Sie ihm aufdrücken wollen, ein Anerkennen ist wie deutsche Verantwortung. Das ist doch wiederum völliger Irrsinn! Da verlangen Sie viel zu viel. Das ist geschichtsfremd. Sie können doch nicht einem Palästinenser aus Gaza andienen, dass er so denken und fühlen muss mit dem Holocaust im Genick wie wir. Das ist doch absurd! Da sehen Sie im Grunde, dass Sie gar nichts taugen.

Und noch mal: Einer, dem es darum geht, dann hier leben zu können, eine Familie, Unterhalt zu bekommen, der hat überhaupt kein Problem, das hier gläubig mit seinem Gott zu erledigen, dass er hier die Erklärungen abgibt, auch schriftlich, die dieses System von ihm verlangt. Da ist er in bester Gesellschaft mit seiner Religion, mit seinem Gott, da können Sie von ausgehen. Also das ist im Grunde ein Witz.

So, und wo Sie gar nicht drauf eingegangen sind, Herr Pegel, Herr Minister Pegel, und Sie wissen, das ist der

Schwachpunkt: die Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse. Das ist ein Merkmal, das ganz real erfordert, ist der jetzt in dem Sinne, vereinfacht gesagt, tauglich, hier wirklich zu leben, hat er sich hier eingeordnet, eingelebt, kann er hier so leben, dass wir ihn auch aufnehmen können und sagen, jawohl, der gehört zu uns. Dazu haben Sie nichts gesagt.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD – Christine Klingohr, SPD: Nee, da gibts auch nichts zu zu sagen.)