Ob ich da Niedriglöhne reinschreibe, wie Sie es gern hätten, oder 13,50 Euro, wie im aktuellen Gesetz vorgesehen, ist für den Aufwand letztendlich völlig egal. Den Rest macht der Taschenrechner, denn da geht es letztlich um die Arbeitsstunden, den Stundenlohn, und zwar ganz egal, ob ich einen Tarif- oder Mindestlohn habe oder nicht, ich muss diese Berechnungen machen, um überhaupt ein seriöses Angebot abgeben zu können. Und insofern, würde ich sagen, geht auch die pflichtgemäße FDP-Polemik gegen das Tariftreue- und Vergabegesetz wieder einmal ins Leere.
Meine Damen und Herren, und Ihr buchstäblich letzter Pfeil im Köcher ist dann das Wachstumschancengesetz. Darüber haben wir uns ja hier auch schon mal intensiv ausgetauscht. Wenn ich die Papiere richtig interpretiere, dann kommt bei den 61 verabredeten Maßnahmen für Mecklenburg-Vorpommern am Ende für die Unternehmen und die Steuerpflichtigen eine Entlastung von etwa 10 Millionen Euro heraus.
Die Haltung meiner Fraktion dazu ist klar, und die deckt sich auch mit den meisten Stimmen aus der Wirtschaft und aus den Gewerkschaften zu diesem Thema: Das, was da auf dem Tisch liegt, das kann man durchaus machen, der große Wurf ist es allerdings beileibe nicht. Und deshalb verrate ich hier sicher kein Geheimnis, wenn ich sage, dass wir das Gesetz nicht blockieren werden, dass bei uns aber deshalb auch keine Sektkorken knallen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will kurz zitieren vom 12. November 2023 eine Berichterstattung. Wenn Sie also googeln, Thüringens Zusammenarbeit mit Vietnam, werden Sie eine unendliche Liste an Artikeln finden. Ich habe jetzt kurz einen herausgegriffen. Ich will zitieren: „Delegation auf Handelsreise in Vietnam: Werbung für den Standort Thüringen … Eine Woche lang knüpfte eine Thüringer Delegation in Vietnam Kontakte oder frischte alte auf. Etliche Vereinbarungen wurden mit den Gastgebern unterzeichnet. Ganz vorne: Ministerpräsident Bodo Ramelow, der als unermüdlicher Handelsreisender das Produkt bewarb, das er verkaufen wollte: Thüringen.“
Mir geht es jetzt tatsächlich darum, Herr Foerster, ob Sie mit mir zusammen inhaltlich debattieren wollen, ob der Gedanke, die Idee richtig ist und ob möglicherweise auch in Mecklenburg-Vorpommern, behindert durch die CoronaZeit, vielleicht Verbesserungsbedarf bestand bei der Umsetzung der Idee, ob Sie also meiner Auffassung folgen
oder ob Sie tatsächlich die Position nur populistisch einnehmen wollen, dass eine mögliche Zusammenarbeit im Sinne von Mecklenburg-Vorpommern mit Vietnam aufgrund von historischen Traditionen Schwachsinn ist. So habe ich Ihre Ausführungen verstanden.
Ich habe mich auf das Verhältnis von Aufwand und Ertrag bezogen, und ich habe keinesfalls gesagt, dass man nicht im Sinne guter internationaler Beziehungen auch als Mecklenburg-Vorpommern versuchen kann, im Gespräch mit Vietnam hier ganz konkret darauf hinzuwirken, dass man möglicherweise auch von dort Fachkräfte gewinnen kann. Nur man muss sehen, was ist an Geld eingesetzt worden und was ist an Ertrag zu verzeichnen gewesen.
Und darauf bezog sich meine Aussage, dass hier ein eklatantes Missverhältnis bestand und nicht auf das sicher zu begrüßende Ansinnen auch des ehemaligen Wirtschaftsministers, auf diesem Wege für gegebenenfalls Fachkräftenachwuchs insbesondere in Pflegeberufen zu sorgen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ehrlicherweise haben wir bei Ihrem Antrag lange überlegt. Da steht schon auch Gutes drin. Dennoch können wir nicht mit allem mitgehen, was Ihre Fraktion da aufgeschrieben hat. Wenn ich in Ihrem Antrag lese, M-V drohe in eine tiefgreifende wirtschaftsstrukturelle Krise abzurutschen, es drohe ein drastischer Arbeitsplatzabbau, wirtschaftlicher Niedergang oder eine Welle von Insolvenzen, dann ist mir das viel zu viel Schwarzmalerei.
Wir wollen nicht in den Abgesang auf den Standort Mecklenburg-Vorpommern einstimmen, sondern Chancen der Transformation unterstützen,
auch wenn die Stimmung zweifelsohne schon mal besser war. Diese Dramatik halten wir für überzogen, meine Damen und Herren.
Mit dem Wirtschaftsausschuss haben wir vor zwei Wochen Unternehmen der Ernährungswirtschaft besucht. Der Kartoffelbetrieb in Lübesse steht solide da. Das Trolli-Werk in Hagenow mit über 400 Beschäftigten läuft quasi unter Vollauslastung. Aber auch in anderen Branchen läuft es nicht so schlecht. Die Reederei Hapag Lloyd hat bei der Mecklenburger Metall GmbH 110 treibstoffsparende Schiffsschrauben bestellt, wie neulich in der OZ zu lesen war, einer der größten Aufträge der Firmengeschichte. Diese Beispiele zeigen, nicht überall geht die Welt unter. Und gerade das letzte Beispiel zeigt, die Transformation der Wirtschaft hin zur Klimaneutralität
denn besagte Schiffsschrauben sollen helfen, die Schiffsflotte von Hapag Lloyd klimaneutral zu machen.
Auch wenn ich mir die jüngsten Meldungen zum Anstieg der Insolvenzen genau durchlese, dann steht da nichts von einer Insolvenzwelle, sondern von einer Normalisierung des Insolvenzgeschehens. So formuliert es der Verband der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands. Der Grund: In den letzten Jahren war die Zahl der Insolvenzen sehr gering, unter anderem, weil Corona-Hilfen in der Pandemie viele, viele Firmen vor der Pleite bewahrt haben und weil Insolvenzantragspflichten teilweise ausgesetzt wurden. Von prominenten Fällen wie der Insolvenz des Lila Bäckers sollten wir uns jedenfalls nicht blenden lassen,
zumal der Lila Bäcker schon vor der Corona-Pandemie und lange vor den gestiegenen Energie- und Rohstoffpreisen finanzielle Schwierigkeiten hatte.
Glück im Unglück für die Beschäftigten des Lila Bäckers ist, es werden überall händeringend Leute gesucht. Wegen des Fach- und Arbeitskräftemangels ist eben kein drastischer Anstieg der Arbeitslosenzahlen zu erwarten. Der Arbeitsmarkt ist trotz wirtschaftlicher Durststrecke robust.
Der Grund ist klar, Arbeitskräfte sind so knapp geworden, dass Betriebe ihre Beschäftigten, wenn irgend möglich, an Bord halten.
Meine Damen und Herren, die wirtschaftliche Gesamtsituation ist derzeit herausfordernd, keine Frage. Doch jetzt unablässig den Untergang des Wirtschaftsstandortes Deutschland und Mecklenburg-Vorpommern heraufzubeschwören, das bringt uns erstens nicht weiter und ist zweitens auch übertrieben.
Erlauben Sie mir auch ein Wort zu den Wachstumsaussichten, die im Antrag ja auch beklagt werden. Ja, andere Industrienationen verzeichnen mehr Wachstum. Das ist richtig. Zur Wahrheit gehört aber auch, die verschulden sich, um staatlicherseits Wachstumsimpulse zu setzen.
Unsere Schuldenbremse ist in der aktuellen Situation faktisch eine der wesentlichen Wachstumsbremsen. Sie erhebt die Staatsverschuldung zum wichtigsten Anliegen, obwohl sie international gesehen gering ist. Alle anderen dringlichen wirtschaftspolitischen Anliegen werden der Staatsverschuldung untergeordnet. Über diesen deutschen Sonderweg schütteln sie im Ausland nur den Kopf, meine Damen und Herren.
Gefragt wären auch bei uns umfangreiche staatliche Investitionen, um die Binnennachfrage anzukurbeln und die notwendige Transformation der Wirtschaft zu unterstützen.
(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Dr. Harald Terpe, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Bei aller Kritik, liebe FDP, möchte ich auch die guten Aspekte Ihres Antrags hervorheben. Im Forderungsteil geht es Ihnen insbesondere um das Industriepolitische Konzept für M-V und die Fachkräftestrategie des Landes. Dort fordern Sie vonseiten der Landesregierung endlich mehr Aktivität, mehr konkrete Maßnahmen und mehr Verbindlichkeit. Das verstehe ich gut. Lange blieben das Industriepolitische Konzept und die Fachkräftestrategie sehr vage und überspitzt gesagt kaum mehr als leere Worthülsen.
Ich verstehe den Antrag als Appell an die Landesregierung, die Worthülsen endlich mit Leben zu füllen. Und dieser Forderung schließen wir uns an.