(Frau Steiner [GRÜNE]: Wenn Sie die PISA-Studie lesen, werden Sie feststellen, dass wir da bestätigt wer- den!)
Ich möchte Ihnen jetzt etwas zu dem jüngsten Modell, das uns vom SPD-Landesvorstand präsentiert worden ist, sagen. Ich möchte einmal die Hannoversche Neue Presse zitieren, die nicht in dem Verdacht steht, dass sie der christdemokratischen Seite nach dem Mund redet. In einem Kommentar vom 24. November dieses Jahres heißt es u. a.:
„Wohlfeile Worte sind eine ideale Tarnung, wenn die Kraft zu echten Taten fehlt. Womöglich reduziert sich die große Reform darauf, dass die Hausmeister nur ein neues Schild ‚Förderstufe‘ am Schulgebäude anschrauben.“
Der Verfasser dieses Kommentars hat möglicherweise gar nicht so sehr Unrecht. Das macht uns auch Sorge. Frau Ministerin, noch vor vier Wochen wurde getönt: Orientierungsstufe wird abgeschafft. - Dann kriegen wir über das Etikett „Förderstufe“ vielleicht wieder das gleiche Modell vorgelegt.
Es muss miteinander geklärt werden, ob das denn so ist. Beleuchten wir das, was zurzeit - ich sage einmal - als SPD-Modell mit Förderstufe in der Diskussion ist, dann muss man auch einmal fragen: Gilt da wirklich noch der Elternwille, der seit einiger Zeit ja auch von Ihnen so hochgehalten wird? Also: Der angeblich freie Elternwille nach Klasse 4 wäre dann doch nur noch Etikettenschwindel. Wenn Sie die angeblich freie Wahl der Förderstufe nämlich durch die Kapazitäten der Schule - die Kapazitätsverordnung läuft ja schon, was vielleicht sogar zu einem Losverfahren führen kann -, durch die Festlegung von Schulbezirken und durch die Forderung nach ausgewogener Sozialstruktur so weit einschränken, kann von Freiheit des Elternwillens überhaupt keine Rede mehr sein. Diese Frage müssen Sie beantworten.
Die Förderstufe wird ja aufgrund Ihrer Definition zur Mogelpackung, wenn Lehrpläne und Lehrkräfte letzten Endes die gleichen sind. Herr Plaue hat es letztens verdeutlicht. Ich glaube, auch Herr Wulf hat sich gestern in einem Beitrag in diesem Sinne geäußert. Ich zitiere Herrn Plaue: „Alle Schüler absolvieren in den Klassen 5 und 6 das gleiche Kerncurriculum.“ Also, liebe Leute: Was soll diese Förderstufe? Das ist die O-Stufe, die wir schon seit eh und je haben und zu der DIPF und alle anderen - auch der Ministerpräsident - sagen, dass sie eigentlich abgeschafft werden soll.
- Zu Ihnen komme ich noch, Herr Meinhold. Ja, das ist wunderbar. Passen Sie mal auf! - Zum Gymnasium sagt uns der Philologenverband - diesen Kommentar sollten wir ernst nehmen -, das werde keine Förderstufe, sondern eine Bremsstufe. Es ist ja auch so. Das Gymnasium wird geschwächt, weil es in den Klassen 5 und 6 nicht nach gymnasialen Richtlinien unterrichten kann und dort Lehrkräfte aller Schulformen tätig sein sollen. Das Angebot eines Abiturs nach zwölf Schuljahren kann den notwendigen gymnasialen Qualitätsansprüchen nicht genügen, weil es erst in Klasse 7 beginnt und durch die ersatzlose Streichung eines ganzen Schuljahres erkauft wird. Zwei parallele Angebote, einmal so, einmal so, einmal 13 Jahre, einmal zwölf Jahre. Jedermann, der bürokratisch-technische Erfahrungen hat, sagt Ihnen: Das geht nicht; das kann kein Schulsystem leisten. - Zu den Kostenfragen möchte ich mich an dieser Stelle noch gar nicht äußern.
Dabei, meine Damen und Herren, habe ich eine ganz, ganz große Sorge. Ich bitte Sie, diese Sorge noch einmal genau zu beleuchten, weil wir auch ein Stück Ehrlichkeit brauchen. Ich habe den Eindruck, dass hier eine landesweite Kampagne gegen selbständige Hauptschulen und Realschulen installiert wird. In Niedersachsen gibt es 573 selbständige Hauptschul- und Realschulstandorte, die nicht miteinander verbunden sind. Oder sagen wir einmal: 60 % der Realschulen, 68 % der Hauptschulen. Sie provozieren durch Zusammenlegung dieser Schulen ein Schulsterben in Niedersachsen vor allem im ländlichen Raum.
Sie vernichten ein wohnortnahes Schulangebot. Das war bislang doch auch ein Stück weit ein Gütesiegel für unser niedersächsisches Schulwesen.
Sie sagen immer: Alles freiwillig, alles nicht so gemeint, Übergangszeiten. - Ich aber bezeichne dies als Nadelstoß- und Dolchstoßpolitik. Es beginnt bei der mangelhaften Unterrichtsversorgung und setzt sich fort über die Einheitslehrerausbildung, die Nichtbesetzung von Schulleiterstellen und den Ausschluss von Ganztagsangeboten, es sei denn, die Schulen gehen nach der sozialdemokratischen Weltlehre vor. Dann kriegen sie Ganztagsangebote; andere aber nicht. Wenn Sie die Schulen schrittweise in Ihr kooperatives Modell hineinzwingen, bewirken Sie auf Sicht und offenbar gewolltermaßen ein Schulsterben insbesondere auf dem platten Lande. Das ist nicht unser Weltbild, und da werden wir auch nicht mitmachen. Das sage ich Ihnen ganz deutlich, Frau Ministerin.
Förderstufen für diese kooperativen Systeme - das haben Sie beim Parteitag in Walsrode wohl auch zugestanden, Frau Ministerin; Sie sagen: „Wenn es gar nicht mehr anders geht“, also am Liebsten überall nicht, allenfalls nur übergangsweise - können wir nicht mitmachen.
Ich möchte jetzt noch einmal auf die Diskussion über die Orientierungsstufe zurückkommen. Sie - vor allem aber Herr Gabriel - rühmen sich ja immer damit, Sie würden diesbezüglich Seite an Seite mit der Elternschaft vorgehen. Da passt angeblich kein Blatt Papier mehr dazwischen. Ich sage Ihnen jetzt aber, was der Landeselternrat zu Ihrem jüngsten Modell gesagt hat. Dazu gebe ich den Beschluss des Landeselternrates wieder.
„Die Anbindung der Jahrgangsstufen 5 und 6 an alle weiterführenden Schulformen darf nicht nur möglich, sondern muss obligatorisch sein. Eine bloße einfache Umetikettierung werden wir nicht akzeptieren.“
An diesen Vorgaben werden sich alle an der bildungspolitischen Diskussion Beteiligten künftig messen lassen müssen. Ich sage: Alle weiterführenden Schulformen müssen die Jahrgangsstufen 5 und 6 obligatorisch erhalten. Wenn Sie hinter dieser Richtungsentscheidung zurückbleiben, sind Sie nicht mehr d’accord mit dem Landeselternrat. Dann können Sie nicht mehr herumlaufen und sagen: Wir und die Eltern machen das alles miteinander richtig. - Hier ist eine Trennung entstanden, mit der Sie politisch fertig werden müssen.
Nun die Kommentierung von einer anderen Seite. Sie haben vor Jahren ja ein ganz tolles ganzheitliches Mittelstandskonzept entwickelt, das die Zustimmung des Handwerks usw. gefunden hat. Ich sage Ihnen jetzt einmal, was das Handwerk denn zu Ihrem Modell sagt.
- Frau Steiner, beruhigen Sie sich doch! - Das Handwerk hat kürzlich einen offenen Brief mit folgendem Inhalt geschrieben:
„Gerade Hauptschulen und Realschulen benötigen eine frühe Ausbildung in den Klassen 5 und 6, da gerade an diesen Schulformen die zurückgehende Ausbildungs- und Berufsreife von den Ausbildungsbetrieben am meisten beklagt wird. Eine Schlechterstellung der Haupt- und Realschulen gegenüber anderen Schulformen können wir nicht akzeptieren, weil 80 bis 90 % aller Lehrlinge des Handwerks aus diesen Schulformen kommen.“
Nehmen Sie das einmal zur Kenntnis, und pfeifen Sie vielleicht auch einmal Ihre Schulaufsichtsbeamten zurück, die noch vor wenigen Tagen offiziell erklärt haben - 30. November im Weserkurier -, aus der Hauptschule werde ein Auslaufmodell. Ist das nun Ihr Weltbild oder nicht? - Schaffen Sie da bitte Klarheit!
Meine Damen und Herren, nun zu den vielen Reförmchen, die wir aus den SPD-Unterbezirken wahrnehmen dürfen. Das ist doch ein Trauerspiel.
Ich weiß auch nicht, wer bei Ihnen letztendlich Richtung hineinbringt. Herr Plaue ist gerade nicht da. Da gibt es eine bildungspolitische Meinungsvielfalt, angesichts derer ich sagen muss, dass die Steuerung eines Flohzirkusses beinahe noch einfacher ist.
Den SPD-Landesvorstand habe ich schon zitiert. Der SPD-Unterbezirk Stade hat sich ausdrücklich für die Nichtabschaffung der Orientierungsstufe ausgesprochen. Der SPD-Unterbezirk Gifhorn - Frau Ministerin, das ist doch Ihr Verein, da sollten Sie einmal Klartext reden - -
- Ihr geschätzter Parteiverein. Jede Partei ist ein Verein. BGB, meine Damen und Herren! - Also, der SPD-Unterbezirk Gifhorn hat sich für den Erhalt der O-Stufe ausgesprochen. Diese Position sei vorbehaltlos, denn die Schulform habe sich bewährt. - Ist das nun so, oder wie hat man das Ganze zu sehen? - Sie haben gar nichts begriffen, scheint mir.
SPD Weser-Ems, Bericht Neue Osnabrücker Zeitung vom 3. Dezember: Auf Distanz zur Landespartei. Überwiegende Mehrheit des Bezirksausschusses sei gegen die Marschroute des Ministerpräsidenten.
Das ist eine wahre Freude. Ich lese ja immer gerne die Hannoversche Allgemeine Zeitung. Sie kraftmeiern da, das ist herrlich, wunderbar, Sie poltern jeden Tag durch die Medien. Zitat Meinhold:
Ich bin ja mal gespannt. Sie haben ja bald Parteitag. Ich habe Sorge um Sie. Nicht dass Sie hier groß kraftmeiern, den Tiger mimen und nachher in Goslar als Bettvorleger landen. Passen Sie auf!