Protokoll der Sitzung vom 07.12.2006

An unseren Schulen - ich gehe noch ein bisschen weiter, Herr Meinhold - unterrichten 81 000 Lehrkräfte auf 69 000 Stellen. Das ist die höchste Lehrerdichte, die es in diesem Lande jemals gab. Diese Lehrkräfte sind da, und sie bleiben da. Sie machen guten Unterricht. Meine Damen und Herren, sie werden auch nicht nach Hause geschickt, auch wenn Sie das an der einen oder anderen Stelle verlangt haben. Das werden Sie ja nicht bestreiten.

(Bernd Althusmann [CDU]: Da sind Sie jetzt ganz ruhig!)

Aber bei der Unterrichtsversorgung lassen wir Sie nicht so einfach durch, meine Damen und Herren. Ich glaube, es ist wichtig, einen Blick zurückzuwerfen; denn Sie haben uns in dieser Frage einen Scherbenhaufen hinterlassen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Joachim Albrecht [CDU]: So ist es!)

Völliger Einstellungsstopp, mehrmalige Streichungen jeder zweiten Lehrerstelle - das hat zu dramatischen Einbrüchen bei der Unterrichtsversorgung geführt, in besonderer Weise in Mangelfächern.

(Joachim Albrecht [CDU]: Und zusätz- lich die Beschimpfung der Lehrkräfte!)

Lehrer haben unser Land verlassen. Gerade Lehrer, die Mangelfächer unterrichten, sind in andere Bundesländer gegangen.

(Zuruf von Uwe Harden [SPD])

Meine Damen und Herren, Sie haben den Pflichtunterricht für die Schüler - hören Sie gut zu! - in einem Gegenwert von fast einem ganzen Schuljahr gekürzt, und das in einer Zeit, in der wir aufgrund der Situation, die wir haben, mehr von unseren Schülerinnen und Schülern verlangen müssen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ursula Körtner [CDU]: Jawohl!)

Das muss man sich einmal vor Augen führen.

Sie haben die Arbeitszeit der Lehrkräfte angehoben und Arbeitszeitkonten eingeführt. Diesen Wechsel auf die Zukunft lösen wir heute ein. Wir werden in den nächsten Jahren 2 000 Lehrer bezahlen müssen, ohne eine einzige zusätzliche Unterrichtsstunde zu gewinnen. Das ist die Erblast, die wir von Ihnen übernommen haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es macht keinen Spaß, Vergangenheitsbewältigung zu betreiben. Aber ich finde, ein Jahr vor der Wahl müssen die Eltern wissen, wie Sie, als Sie die Verantwortung übernommen haben, mit dieser Frage umgegangen sind, nämlich so verantwortungslos, wie Sie es getan haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich spreche noch eine weitere Zukunftswarnung aus, damit klar ist, welche Wahlversprechen wieder auf die Reihe gebracht werden: Sie wollen die Klassenobergrenze auf 24 reduzieren, Herr Poppe. Ich habe das gelesen. Jeder kann das ja nachlesen.

(Zuruf von Uwe Harden [SPD])

Herr Kollege Klare, entschuldigen Sie bitte, ich muss Sie kurz unterbrechen. - Herr Kollege Harden, ich glaube, Sie haben schon mindestens 20 Zwischenrufe gemacht. Die SPD-Fraktion hat noch eine Redezeit von 1:10 Stunden. Sie können sich zu Wort melden. Ihre Zwischenrufe sind störend. Wenn das weiterhin passiert, müsste ich Ihnen einen Ordnungsruf erteilen.

Herr Kollege Klare, Sie haben das Wort.

Ich habe das einmal heruntergerechnet: 24 Kinder pro Klasse bedeuten, dass 4 657 Klassen neu gebildet werden müssen. Das bedeutet 6 000 zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer, meine Damen und Herren, und 270 Millionen Euro zusätzliche Personalkosten!

Nehmen Sie die gemeinsame Schule, die Einheitsschule. Sie müssen ja festlegen, was die Lehrer unterrichten sollen. IGS: 24,5 Stunden. Wenn Sie das als Grundlage nehmen, müssten Sie noch einmal 2 000 zusätzliche Lehrer einstellen.

(Walter Meinhold [SPD]: Das hat der Minister schon gestern gesagt!)

- Das können wir nicht oft genug sagen, damit deutlich wird, dass Ihre Finanzierungskonzepte hinten und vorne nicht stimmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nehmen wir die weiteren Wahlversprechen: Beitragsfreiheit im ersten Kindergartenjahr, zusätzliche Stunden für Förderunterricht, zusätzliche Stunden für innere und äußere Differenzierung, Mittel für weitere Ganztagsschulen. All dies sollten Sie bitte einmal in ein gemeinsames Finanzierungskonzept hineinstecken. Dabei sollten Sie wissen, dass der Haushalt in Ordnung gebracht werden muss.

(Wolfgang Wulf [SPD]: Dieses Kon- zept haben wir gemacht!)

- Ja, Ihren Haushaltsantrag kennen wir. - Nein, meine Damen und Herren, wir lassen Ihnen diese Versprechen nicht durchgehen, es sei denn, Herr Jüttner oder wer auch immer erklärt von dieser Stelle aus, wie er die mindestens 8 000 zusätzlichen Lehrer bezahlen will.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir haben uns immer als Sachwalter der Förderschulen verstanden. Das werden wir auch weiter sein. Wir werden auch weiterhin die Interessen der behinderten Kinder vertreten. Das ist eine große Kraftanstrengung gewesen. Wir haben die Unterrichtsversorgung erheblich verbessert. Es war ja ein Skandal, dass die Kinder mit dem höchsten Förderbedarf am wenigsten Unterricht hatten. Das haben wir verändert. Jetzt stehen 50 zusätzliche Stellen für pädagogische Mitarbeiter - im letzten Jahre waren es 20 - zur Verfügung. Ich halte dies für ein ganz großartiges Signal. Wer einmal in Einrichtungen gearbeitet bzw. sie besucht hat, in denen mehrfach schwerstbehinderte Kinder betreut und beschult werden, der weiß, wie dankbar diese Menschen für diesen Beschluss der beiden Landtagsfraktionen sind.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einen letzten Punkt ansprechen, auf den sich Frau Eckel vorhin schon eingelassen hat. Wenn Sie von der SPD könnten, wie Sie wollen, dann würden Sie die Schulstruktur ändern und die Einheitsschule einführen. Das ist ja ein Beschluss Ihrer Landespartei.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Gemein- same Schule! - Gegenruf von Joachim Albrecht [CDU]: Das ist doch eine Einheitsschule!)

Als vor einem Jahr die Diskussion anfing, habe ich mich gefragt, wer sich in der SPD durchsetzen wird, Herr Jüttner oder Herr Duin.

(Zuruf von der SPD: Da ist doch kein Widerspruch!)

Die Position von Herrn Jüttner war - ich zitiere Herrn Jüttner wörtlich -:

„Wir müssen aufhören, ständig über Schulstrukturen zu reden.“

Eine zweite Aussage von Herrn Jüttner:

„Die weiterentwickelte Gesamtschule ist kein zukunftsweisendes Modell.“

Dann kommt Herr Duin, der nicht bestreitet, gesagt zu haben, er wolle eine neue Schulstrukturdebatte. Er will also genau das Gegenteil von Herrn Jüttner: eine neue Schulstrukturdebatte und eine neue Einheitsschule oder, wie die SPD sagt, die ge

meinsame Schule. Herr Duin hat sich durchgesetzt, die Einheitsschule ist jetzt Programm. Herr Jüttner ist dadurch Übergangskandidat geworden; das ist ja auch eine ehrenvolle Aufgabe.

(Wolfgang Wulf [SPD]: Sie haben vielleicht ein Weltbild!)

Meine Damen und Herren, damit ganz klar ist, wie das Programm einer Einheitsschule aussieht, habe ich es mir wörtlich aufgeschrieben:

„An den Gemeinsamen Schulen werden alle Schülerinnen und Schüler des Sekundarbereichs I gemeinsam beschult. Schülerinnen und Schüler mit Beeinträchtigungen gehören von Anfang an in dieser Gemeinsamen Schule dazu.“

Damit es keinen Zweifel gibt: Genau das ist die Einheitsschule der 70er-Jahre. Dies werden wir auch weiterhin genau so sagen.

(Wolfgang Wulf [SPD]: Sie haben überhaupt nichts verstanden! Sie wollen auch gar nichts verstehen!)

Anstatt den Menschen die Wahrheit zu sagen, versuchen Sie, die Leute mit dem schönen Begriff „Gemeinschaftsschule“ zu ködern. Sie wollen den Eltern vorgaukeln, dass diese Schule etwas mit dem erfolgreichen finnischen System zu tun habe. Dabei weiß jeder, dass das nicht der Fall ist, meine Damen und Herren.

Dann reden Sie hier ständig von individueller Förderung. Frau Eckel, Sie haben es gerade wieder gesagt. Wenn Sie alle Begabungsbreiten in einer Lerngruppe beschulen - vom hochbegabten Mathematik-Freak bis hin zu einem potenziellen Sonderschulkind mit geistiger oder Lernbehinderung; so steht es in Ihrem Programm -,

(Claus Peter Poppe [SPD]: Das stimmt ja gar nicht!)

dann kann die Förderung des Einzelnen nicht mehr stattfinden oder sie kann nur dann stattfinden, wenn Sie einen riesigen Personalaufwand betreiben. Das müssen Sie sich doch einmal sagen lassen. Das sagt Ihnen auch jeder Praktiker.

(Beifall bei der CDU)

Glauben Sie allen Ernstes, meine Damen und Herren, nur mit einem neuen Namen ergebe sich

auch eine neue Qualität? Neuer Name, neue Kinder als Versuchskaninchen, neues Glück?