Protokoll der Sitzung vom 10.07.2007

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. - Für die CDU-Fraktion hat nun Frau Kollegin Konrath das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unser gemeinsames Ziel in Niedersachsen sind lebendige, attraktive Innenstädte, die von den Bürgerin

nen und Bürgern als lebenswert empfunden und angenommen werden. Insbesondere ein historisch gewachsenes oder behutsam modernisiertes Zentrum, das vielfältige Aktivitäten miteinander verknüpft, bietet überzeugende Identifikationsmöglichkeiten, fördert das Gemeinschaftsgefühl und bindet den Bürger an seine Heimatstadt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Durch ein reichhaltiges Angebot von Handel und Dienstleistungen sind städtische Zentren für die Versorgung der Bevölkerung von großer Bedeutung und unverzichtbar für die Entwicklung von Urbanität. Eine lebendige City fördert die Ansiedlung von Dienstleistungen und die Entwicklung kultureller Initiativen. Mithilfe einer funktionierenden Verkehrsinfrastruktur entwickeln sich Innenstädte zu interessanten Anziehungspunkten. In Niedersachsen finden sich zahlreiche Beispiele dafür, auch unter den kleineren Städten. Ebenso erhält der Tourismus wichtige Impulse. Vor allem Tagestouristen erhöhen den Umsatz von Einzelhandel und Gastronomie in einer attraktiven Innenstadt. Insgesamt bedeuten lebendige, attraktive Stadtzentren einen Imagegewinn für Städte.

Fest steht: Ohne funktionierenden Handel sind Innenstädte öde. Seit Jahren allerdings leiden viele Innenstädte unter massivem Bedeutungsverlust und stehen unter dem Druck des Wettbewerbs mit Standorten des großflächigen Einzelhandels auf der grünen Wiese und - die neuere Entwicklung mit großflächigen innerstädtischen Einkaufszentren.

Vor diesem Hintergrund brachten CDU und FDP im Oktober 2005 in diesem Haus den Entschließungsantrag „Einzelhandels- und Dienstleistungszentren stärken“ ein. Der Wirtschaftsausschuss hat sich in einer Anhörung intensiv mit den möglichen Problemen bei der Einrichtung von Business Improvement Districts auseinandergesetzt, und zwar im Hinblick auf verfassungsrechtliche Bedenken, die sich bei Einführung einer Sonderabgabe stellen, die Abgrenzung kommunaler und privater Verantwortungsbereiche und Aufgaben, die demokratische Legitimierung im Zusammenhang mit Antrags- und Ablehnungsquorum und die inhaltliche Ausgestaltung auf freiwilliger oder gesetzlicher Basis mit verpflichtender Wirkung für alle. Es handelt sich also durchaus um schwierige und höchst komplizierte Sachverhalte mit juristischen Unwägbarkeiten, die auch der Gesetzgebungs- und Be

ratungsdienst des Landtages ausführlich dargestellt hat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen reklamiert bekanntlich gern für sich, pfiffige Ideen zu entwickeln und intelligente Lösungen zu präsentieren. Im Falle dieses Gesetzentwurfes leider Fehlanzeige! Es ist wenig originell, bei der hessischen CDU wortwörtlich abzuschreiben.

Im Gegensatz zu Ihnen nehmen wir das Thema ernst. Wir teilen die berechtigten Sorgen der Einzelhändler, denen es um die Sicherung ihrer Existenz geht, und nehmen die Probleme von Kommunen wahr, die gegen gefährlichen Bedeutungsverlust ankämpfen müssen.

(Zustimmung bei der CDU)

Die Landesregierung hat auf Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP den komplexen Sachstand im April gründlich dargestellt. Die Zeit drängt: Wir können nicht warten, bis die aggressiven Entwicklungen im Einzelhandel Fakten schaffen und Standorte schwächen.

Vor diesem Hintergrund haben die Mehrheitsfraktionen im Dezember letzten Jahres beschlossen, 1 Million Euro zur Städtebauförderung bereitzustellen.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Trost- pflästerchen!)

Im März startete die Landesregierung das Modellförderprogramm „Belebung der Innenstädte“ als Wettbewerb. Wer wie ich die Auftaktveranstaltung im März im Sprengel-Museum besucht hat, als Minister Ross-Luttmann das Modellförderprogramm vorstellte, hat die gespannte Erwartung der Vertreter niedersächsischer Kommunen und privater Initiativen hautnah erleben können. Der Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Wenn es Geld gibt - immer!)

„Wettbewerb“ heißt das Thema. Hier in Hannover konnte ich beobachten, dass die Landesregierung mit diesem Ansatz den richtigen Schwerpunkt ausbildet, als mehrere innovative Projekte in Presse und Öffentlichkeit über einen längeren Zeitraum lebhaft diskutiert wurden.

In der letzten Woche wurden von den 45 eingereichten Beiträgen zum Wettbewerb 18 Modellprojekte zur Belebung der Innenstädte in Niedersachsen ausgewählt und erhalten nunmehr - jetzt ganz aktuell - eine Förderung von bis zu 40 % der Gesamtkosten des Projekts. Das ist der richtige Weg; denn diese Finanzierungsform führt private Projektbetreiber, Kommunen und Land zu Public Private Partnership zusammen.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Das ist die Gießkanne!)

So hat mir z. B. der Geschäftsführer der Citygemeinschaft Hannover Ende letzter Woche hocherfreut über die erfolgreiche Teilnahme des hannoverschen Projekts „Quartiermanagement in der Altstadt“ berichtet.

(Beifall bei der CDU)

Das können wir dann in Zukunft hier in der Nähe - in der Altstadt - beobachten.

(Dörthe Weddige-Degenhard [SPD]: Er hat ja auch 100 000 Euro gekriegt!)

- 100 000 Euro sind eine ganze Menge Geld. Sie werden sehen, was damit gemacht wird: Es wird ein Manager für die Altstadt eingestellt, um dieses Problem, das seit 25 Jahren hier vor sich hindümpelt, zu bewältigen.

Mit der Modellförderung werden wir bedeutsame Erkenntnisse gewinnen, auf welche Weise privates Engagement für die Entwicklung unserer Innenstädte mobilisiert werden kann. Unter sorgfältiger Beachtung von Erfahrungen in anderen Bundesländern werden wir die Programmatik für Niedersachsen ebenso zügig wie präzise weiterentwickeln. Entscheidend wird sein, alle Teilnehmer rechtzeitig einzubeziehen sowie Kreativität und privates Engagement zu berücksichtigen. Welch positive Impulse der Wettbewerb auslöst, zeigt sich ganz aktuell am Beispiel privater Initiativen wie z. B. hier in Hannover.

Meine Damen und Herren, nach meiner festen Überzeugung sind wir mit dem von der Landesregierung entwickelten Instrumentarium auf dem richtigen Weg und können im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung des urbanen Lebens im Land Niedersachsen leisten. In gar nicht langer Zeit werden wir die Ergebnisse der Modellprojekte vor

Ort sehen können. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön, Frau Konrath. - Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Rickert das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Hagenah, ich würde die Situation nicht allzu düster beschreiben. Wenn Sie die positive Entwicklung einer Innenstadt beobachten wollen, lade ich Sie herzlich ein, nach Oldenburg zu kommen, wo gerade eine Vielzahl von Eigentümern dabei ist, die Innenstadtbepflasterung und -möblierung mit eigenen Mitteln aufzubessern. Das ist Eigeninitiative! Im Grunde ist das die Folge des Baus eines Einkaufszentrums in der Oldenburger Innenstadt. Das hat Wettbewerb mit sich gebracht und Leben in die Stadt gebracht. Das ist eine positive Entwicklung.

Die drei Minuten Redezeit, die ich habe, reichen nicht aus, um die wirklich schwierige Situation mancher Innenstädte zu skizzieren. Dazu sollten Sie - Frau Konrath hat darauf hingewiesen - die Unterrichtung der Landesregierung zu diesem Komplex in der Drs. 15/3698 zur Kenntnis nehmen. Dort wird sehr ausführlich beschrieben, wie einzelne Bundesländer Projektförderung betrieben haben oder das Modell BID genutzt haben. Nebenbei darf ich bemerken, dass die BID-Lösungen in diesen Bundesländern zum Teil streitig gestellt worden sind.

Ich sehe im Augenblick keinen Anlass, Ihrem Gesetzentwurf zuzustimmen. Ich schließe mich den Ausführungen von Frau Konrath an: Warten wir doch erst einmal ab, was dabei herauskommt. Zum Thema Innenstädte und deren Probleme könnte ich Ihnen noch eine ganze Menge mehr sagen. Das müssen wir aber ein anderes Mal nachholen; denn jetzt haben wir keine Zeit mehr dafür.

(Beifall bei der FDP - Enno Hagenah [GRÜNE]: Verlorene Zeit!)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Rickert. Sie hätten noch 1:35 Minuten Redezeit gehabt. - Jetzt nutzt Frau Kollegin Heiligenstadt von der SPD noch

einmal die Möglichkeit, das Wort zu ergreifen. Sie hat eine Restredezeit von 2:38 Minuten.

(Zuruf von Klaus Rickert [FDP])

Herr Rickert, für die Innenstädte nehmen wir uns gerne die Zeit. - Nachdem der Ministerpräsident gesagt hat, dass der Bericht der Enquete-Kommission „Demografischer Wandel“ als Grundlage für die weiteren Diskussionen in diesem Landtag dienen sollen, möchte ich mit Erlaubnis der Präsidentin aus ihm zitieren.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das müs- sen Sie sich nicht genehmigen las- sen!)

Auf Seite 525 des Berichts der Enquete-Kommission steht unter „Empfehlungen“ - das wurde einstimmig aufgenommen -, dass die Kommission empfiehlt, den Kommunen Instrumente zur Entwicklung von Innenstadtentwicklungszonen an die Hand zu geben, um eine gezielte Innenstadtentwicklung mit allen Akteuren vor Ort zu gestalten (z. B. Business Improvement Districts).

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben heute Zeit und Gelegenheit, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen und damit die erste in diesem Bericht empfohlene Maßnahme umzusetzen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank. - Für die Landesregierung hat sich Frau Ministerin Ross-Luttmann zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn eines feststellen: Der vorliegende Gesetzentwurf ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht der richtige Weg; denn der niedersächsische Weg ist ein anderer, er ist vor allen Dingen ein durchdachter.

Erstens. Wir werten die Erfahrungen anderer Länder mit gesetzlichen Bestimmungen aus. Hamburg - 2005 -, Hessen - 2006 -, Schleswig-Holstein und Bremen haben inzwischen ein Business-Improvement-District-Gesetz. Allerdings ist in Bremen noch kein Satzungsgebiet ausgewiesen und in Schleswig-Holstein erst eines. Auswertbare Ergebnisse lassen also noch auf sich warten.

Zweitens. Wir werten die Erfahrungen anderer Länder mit Modellen aus, die auf Selbstverpflichtung und Freiwilligkeit basieren. Entsprechende Modelle gibt es z. B. in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Rheinland-Pfalz.

Währenddessen sind wir in Niedersachsen natürlich nicht nur abwartend, sondern selbst aktiv. Denn - drittens -: Wir haben parallel dazu 18 Modellvorhaben für eine Förderung vorgesehen. Diese Modellförderung des Landes wurde von vielen Städten und Gemeinden Niedersachsens, von den Handwerkskammern, den Verbänden des Einzelhandels und den kommunalen Spitzenverbänden begrüßt. Während der Auslobung gingen 45 Anträge ein, davon 19 von privaten Initiativen und 21 von Städten und Gemeinden.

Liebe Frau Heiligenstadt, wir sollten nicht alles schlechtreden, was in Niedersachsen an positiven Impulsen für lebendige Innenstädte ausgeht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)