- Die Zahl der Arbeitslosen ist binnen Jahresfrist um 66 840 zurückgegangen. Dies entspricht einem Rückgang um 16,5 %. Davon haben alle Altersgruppen, aber insbesondere Jugendliche, profitiert.
- Seit Jahresbeginn konnten rund 200 000 Menschen in Niedersachsen ihre Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder einer Ausbildung beenden. Auch diese Zahlen belegen eine sehr hohe, positive Dynamik auf dem Arbeitsmarkt.
- Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist binnen Jahresfrist um rund 43 000 gestiegen.
Wenn wir heute also über den aktuellen und zukünftigen Fachkräftebedarf in Niedersachsen diskutieren, ist dies vor allem ein positives Ergebnis des wirtschaftlichen Aufschwungs, der in ganz Niedersachsen spürbar ist.
Natürlich wird der Wettbewerb um gute Fachkräfte in einer Zeit, in der sich alle Unternehmen über volle Auftragsbücher freuen, härter. Gute Fachkräfte sind in der Regel nicht oder nur für kurze Zeit arbeitslos. Rund 60 % der aktuell Arbeitslosen in Niedersachsen verfügen über eine abgeschlossene Berufsausbildung, d. h. auch in der aktuellen Situation sind noch Zehntausende von Fachkräften der unterschiedlichsten Professionen auf dem Arbeitsmarkt verfügbar. Darunter sind auch und gerade viele ältere Fachkräfte über 50 Jahre, die oft allein aufgrund ihres Alters bei Neueinstellungen von den Unternehmen gemieden werden. Das muss sich ändern!
Die Meldungen von Unternehmen und Branchenverbänden zum aktuellen Fachkräftebedarf und die Daten aus der Arbeitsmarktstatistik zeigen daher ein durchaus widersprüchliches Bild.
Zum einen höre ich die Klage, dass im vergangenen Jahr rund 2 000 Ingenieurstellen in Niedersachsen unbesetzt geblieben sind. Zum anderen bildet Niedersachsen an den technischen Universitäten Jahr für Jahr über den niedersächsischen Bedarf Ingenieure aus. Viele zieht es danach in andere Bundesländer wie Bayern oder BadenWürttemberg. Und bundesweit gibt es noch immer rund 30 000 arbeitslose Ingenieure, darunter allerdings auch viele Ältere.
Es bedarf insofern einer Anstrengung aller Akteure auf dem Arbeitsmarkt, und dazu gehören die Unternehmen, die Arbeitslosen, die Arbeitsagenturen, die Kammern und natürlich die Landesregierung, um den aktuell bestehenden Fachkräftebedarf zu decken.
Davon unabhängig stellt sich die Frage, in welchem Umfang die Zuwanderung von ausländischen hoch qualifizierten Fachkräften für unsere Volkswirtschaft grundsätzlich sinnvoll und notwendig ist und ob Deutschland für diese hoch qualifizierten Fachkräfte überhaupt attraktiv ist.
Deutschland kann im globalen Wettbewerb nur mit wissens- und technologieintensiven Produkten bestehen. Der aktuelle Auftrags- und Exportboom im Maschinenbau und bei hochwertigen Automobilen veranschaulicht dies. Wenn wir in Niedersachsen in diesem Feld wettbewerbsfähig bleiben wollen, brauchen wir ausreichend qualifizierte und hoch qualifizierte Arbeitskräfte. Dazu brauchen wir auch das Know-how und den Austausch mit ausländischen hoch qualifizierten Arbeitskräften au
ßerhalb der EU. Darum ging und geht es bei der aktuellen Diskussion um das Zuwanderungsgesetz, das am vergangenen Freitag im Bundesrat beschlossen worden ist. Es ging dabei nicht um den möglichen Zuzug von qualifizierten Metallfacharbeitern.
Ein dritter Aspekt ist mir wichtig: Bereits in einigen Jahren werden die Zahl der Schulabgänger in Niedersachsen deutlich zurückgehen und der Wettbewerb um die besten Auszubildenden zunehmen. Ab dem Jahr 2015 werden außerdem viele qualifizierte Fachkräfte aus der Babyboomer-Generation aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden und ersetzt werden müssen. Wenn wir hier nicht rechtzeitig gegensteuern, steuern wir bereits in zehn Jahren auf einen gravierenden Fachkräftemangel zu. Dieser Fachkräftemangel könnte dann die wirtschaftliche Entwicklung des Landes gefährden. Wir müssen uns also rechtzeitig auf diese Situation vorbereiten. Dazu gehört vor allem, dass wir das Qualifikationspotenzial der Schulabgänger optimal ausschöpfen und z. B. Schulabbrüche und Ausbildungsabbrüche vermeiden. Dazu gehört auch, dass wir den Akademikerbedarf in den einzelnen Branchen rechtzeitig analysieren und unsere Hochschulkapazitäten rechzeitig entsprechend anpassen. Und dazu gehört, dass die Unternehmen die betriebliche Weiterbildung weiter ausbauen und auch ältere Beschäftigte in ihre Qualifizierungsprogramme mit einbeziehen. Die Landesregierung ist auch in diesem Bereich bereits aktiv.
Zu 1: Der Fachkräftebedarf ist insgesamt deutlich angestiegen. Dies eröffnet vielen arbeitslosen Fachkräften bessere Arbeitsmarktchancen.
In Teilbereichen gibt es laut Auskunft der Regionaldirektion Niedersachsen/Bremen der Bundesagentur für Arbeit bereits Anzeichen von Fachkräftemangel. Dies gilt für die Metall- und Elektrobranche und für bestimmte Qualifikationen im kaufmännischen Bereich.
Auch im Ingenieurbereich ist die Situation schwierig. Während die Zahl der arbeitslosen Ingenieure in Niedersachsen bis Ende Mai gegenüber dem Vorjahr um 43,8 % auf 1 992 zurückgegangen ist, stieg die Zahl der Stellenangebote bei den Agenturen für Arbeit im gleichen Zeitraum 36,7 % auf 1 006 an. Dieses bedeutet insofern einen Engpass, als Arbeitgeber in der Regel drei bis fünf
Engpässe bei Fachkräften gibt es auch im kaufmännischen Bereich. Hier wurden den Agenturen für Arbeit in Niedersachsen und Bremen von Ende Mai 2006 bis April 2007 insgesamt 5 140 offene Stellen für Kontakter/Verkaufsförderer gemeldet. Dem standen lediglich 3 413 Arbeitslose in diesem Beruf gegenüber. Bei den Personalkaufleuten kamen im gleichen Zeitraum auf 666 gemeldete Stellen 862 Arbeitslose. Auch dieses bedeutet einen ausgeprägten Engpass wegen der fehlenden Bewerberauswahl.
In der Metall- und Elektrobranche standen bei den Elektromaschinenbauern 191 offenen Stellen 122 Arbeitslose gegenüber. Im Vorjahreszeitraum gab es hier noch mehr Arbeitslose als Stellen, nämlich 117 gemeldete Stellen und 186 Arbeitslose. Ähnlich die Situation bei den Elektroanlageninstallateuren: Hier kamen auf 243 offene Stellen 167 Arbeitslose.
Ein deutlicher Bedarf an qualifizierten Nachwuchskräften ist bereits jetzt für den Zeitraum ab 2014 erkennbar.
Zu 2: Die aktuell erkennbaren Engpässe bei qualifizierten Fachkräften können mit Ausnahme der gesuchten hoch qualifizierten Arbeitskräfte mit den bewährten Instrumenten der Arbeitsförderung beseitigt werden. Dazu gehören insbesondere kurzfristige Anpassungsqualifizierungen durch die Arbeitsagenturen, ARGEn und Optionskommunen. Weitere Maßnahmen sind insbesondere die Aktivitäten der Landesregierung im Rahmen des Ausbildungspaktes, um die Zahl der Ausbildungsplätze noch weiter zu erhöhen. Schließlich gehören dazu die Arbeitsmarktprogramme zur Förderung der betrieblichen Weiterbildung (WOM, IWiN), das Programm „Arbeit durch Qualifizierung“, das sich vor allem an ALG-II-Empfänger richtet, und der „Niedersachsen-Kombi“.
Der aktuelle Mangel an hoch qualifizierten Arbeitskräften lässt sich aus Sicht der Landesregierung nur durch verstärkte eigene Anstrengungen der Unternehmen im Bereich der Ausbildung und Personalentwicklung, einen bundesweiten Ausbau entsprechender Studiengänge und einen erleichterten Zugang von ausländischen Fachkräften lösen.
Anträge in den Fachausschüssen des Bundesrates bereits im ersten Durchgang der Beratungen der Novelle zum Aufenthaltsgesetz gefordert, die Hürden für die Zuwanderung von ausländischen Fachkräften, für die die Freizügigkeit innerhalb der EU nicht gilt, spürbar zu senken. Hintergrund ist die Tatsache, dass auf der Grundlage des bisher geltenden Zuwanderungsrechts im Jahr 2005 nur 900 hoch qualifizierte ausländische Fachkräfte den Zugang zum deutschen Arbeitmarkt gefunden hatten. Notwendig ist daher vor allem die Absenkung des Schwellenwertes beim Einkommen von derzeit 84 000 Euro auf 40 000 Euro. Notwendig sind auch eine noch weitergehende Absenkung der Mindestinvestitionssumme bei Selbstständigen nicht nur auf 500 000 Euro, sondern auf 250 000 Euro und ein erleichterter Zugang von ausländischen Uni-Absolventen auf den deutschen Arbeitsmarkt ohne sogenannte Vorrangprüfung nach erfolgreichem Abschluss des Studiums an einer deutschen Universität. Der Gesetzesbeschluss des Bundestages, dem der Bundesrat am Freitag zugestimmt hat, sieht eine entsprechende Absenkung der Schwellenwerte leider nicht vor. Eine entsprechende Absenkung wie sie z. B. auch Bundesforschungsministerin Schavan für erforderlich hält, war ja aufgrund verschiedener Widerstände innerhalb der Koalition und hier vor allem der SPD im Bundestag nicht erreichbar. Niedersachsen hat daher im Rahmen der zweiten Beratung der Reform des Aufenthaltsgesetzes im Bundesrat z. B. im Wirtschaftsausschuss erneut die Forderungen nach Absenkung der Schwellenwerte unterstützt. Eine entsprechende Anrufung des Vermittlungsausschusses hat jedoch im Plenum am vergangenen Freitag keine Mehrheit gefunden. Niedersachsen hat daher dem vorliegenden Gesetz im Bundesrat nicht zugestimmt und seine Position deutlich gemacht.
Mein Eindruck ist: Die aktuelle Diskussion über die Bedeutung ausländischer Fachkräfte für die langfristige technologische Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft scheint zu einem notwendigen Umdenken in dieser Frage beizutragen. Die Landesregierung hofft daher, dass es in dieser Frage möglichst bald zu einer erneuten Novellierung des Aufenthaltsgesetzes kommt.
Kultusminister beim zentralen Mathematikabschlusstest durchgefallen - Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung?
In diesem Schuljahr wurden am 5. Juni 2007 in den 10. Klassen der Hauptschulen, der Realschulen und der Gesamtschulen zum ersten Mal landesweit einheitliche zentrale Abschlussarbeiten geschrieben.
Die Rückmeldungen über die Ergebnisse der zentralen Mathematikarbeit für die 10. Klassen waren so schlecht, dass sich das Kultusministerium veranlasst sah, die Schulen mit Schreiben vom 12. Juni aufzufordern, den vorgesehenen Bewertungsschlüssel deutlich zu verändern.
Aufgrund massiver Beschwerden von Schulen, Eltern und Schülern, die zum Teil durch das Gewicht dieser Arbeit (ein Drittel der Jahres- note) die Abschlussnote, Abschlüsse oder sogar zugesagte Ausbildungsplätze gefährdet sahen, hat der Kultusminister am 25. Juni 2007 angeordnet, die Noten der Mathematikabschlussarbeit um eine Notenstufe anzuheben.
Massive Kritik von Fachleuten an der didaktisch-methodischen Konzeption der Arbeit, der Komplexität der Aufgabenstellung und dem sprachliche Anforderungsniveau haben den Eindruck vermittelt, dass die Aufgabenstellung völlig am Leistungsvermögen der Schülerinnen und Schüler vorbei entwickelt wurde.
1. Welcher Anteil (Angaben in Prozent) der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler (diffe- renziert nach Schulformen und Jahrgangsstu- fen) wäre nach der ursprünglich vorgesehenen Bewertung bei der zentralen Mathematikarbeit durchgefallen, also unterhalb der Note ausreichend geblieben?
2. Wie erklärt die Landesregierung, dass die gestellten Aufgaben offensichtlich dem Leistungsstand der Schülerinnen und Schüler nicht angemessen waren?
3. Über welche konkreten Erfahrungen bei der Formulierung von zentralen Prüfungsaufgaben im Fach Mathematik an Haupt- und Realschulen verfügen die im Kultusministerium mit der Erstellung dieser zentralen Mathematikabschlussarbeit betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bzw. in welcher Weise wurden Praktikerinnen und Praktiker an der Aufgabenstellung beteiligt?
Zentrale Abschlussprüfungen sind ein unverzichtbares Instrument der Qualitätskontrolle und damit zuverlässiger Indikator für Handlungsbedarf zur Verbesserung von Schulqualität. Und dies, meine Damen und Herren, gilt auch für die Abschlussprüfung im 10. Schuljahrgang im Fach Mathematik. Wir befinden uns in der Phase der ersten Umsetzung. Deshalb ist es zwar bedauerlich, aber in
dieser Übergangssituation auch nicht überraschend, dass Nachbesserungen erforderlich waren. Wichtig ist: Welches sind die Gründe für die schwachen Ergebnisse? Aber vor allem: Wie gelangen wir zu besseren Ergebnissen?
Damit Sie die Mathematikarbeit einordnen können, einige Zahlen: In diesem Jahr nahmen erstmalig gut 49 000 Schülerinnen und Schüler an zentralen Abschlussprüfungen im 10. Schuljahrgang teil. Weitere rund 20 000 Schülerinnen und Schüler haben zeitgleich zentrale Abschlussprüfungen in Klasse 9 geschrieben. 60 Prüfungsarbeiten wurden dafür von Fachkommissionen erarbeitet. Das Problem der Häufung unterdurchschnittlicher Ergebnisse trat in keinem anderen Fach auf.
Und wir haben angemessen und zügig reagiert. Als erste Ergebnisse über das schwache Abschneiden im 10. Schuljahrgang von Realschulen berichtet wurden, haben wir den Bewertungsmaßstab geändert. Wir haben in der Folge, nach einer Blitzumfrage am 22. Juni, die Noten im Fach Mathematik des 10. Schuljahrgangs um eine Notenstufe angehoben. Dies auf der Grundlage erster belastbarer Daten, die zeigten, dass in den Realschulen und den Realschulzweigen der Kooperativen Gesamtschulen insgesamt mehr als 40 % der Arbeiten unter der Note ausreichend lagen. In der Hauptschule, den Hauptschulzweigen der Kooperativen Gesamtschule sowie in der Integrierten Gesamtschule lag diese Quote bei rund 30 %. Aber im Sinne einer Gleichbehandlung der 10. Schuljahrgänge haben wir die Notenanhebung an allen Schulformen vorgenommen.
Andere Lösungen - wie die Wertung der Arbeit als Klassenarbeit oder eine geringere Berücksichtigung bei der Bildung der Zeugnisnote - waren rechtlich nicht möglich.
Zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Notenanhebung konnte es nur das Anliegen sein, die Leistungen der Schülerinnen und Schüler angemessen zu berücksichtigen.
Bemerkenswert ist allerdings, dass Schulen oder Lerngruppen auch normale und sogar gute Ergebnisse erzielt haben. Es gibt eine extreme Spannbreite zwischen sehr schwachen und sehr guten Ergebnissen. Dementsprechend fielen die Reaktionen aus: zunächst massive Beschwerden über schlechte Zensuren, dann nach der Notenanhebung massive Beschwerden über zu gute Noten. Diese Spannbreite ist es, die mich neugierig
macht. Ich will wissen, wie es zu diesen Unterschieden gekommen ist. Warum gibt es Lerngruppen, die die Anforderung ohne Absenkung des Bewertungsmaßstabs erfüllen konnten? - Ich sehe die Spitze des Eisbergs, ich will alles sehen.
Hier ist Handlungsbedarf: Wir brauchen eine sorgfältige Analyse der Ergebnisse. Die wird uns zu Beginn des nächsten Schuljahres vorliegen. Auch wir werden unsere Arbeit kritisch hinterfragen. Aber das alles erfolgt mit Blick nach vorn: auf die Vorbereitung künftiger Prüfungsarbeiten, auf die Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler auf die Prüfung und generell mit Blick auf die Weiterentwicklung der Unterrichtsqualität im Fach Mathematik. Eines sage ich aber ganz deutlich: Auch künftig wird es keine „Billigabschlüsse“ an niedersächsischen Schulen geben! Maßstab sind und bleiben die Bildungsstandards und die Kerncurricula.
Und die teilweise lautstarken Schuldzuweisungen, meine Damen und Herren, sind wenig hilfreich. Es besteht weder ein Grund, in undifferenzierter Art und Weise die Fachkommissionen zu beschuldigen, noch ein Grund, die Schulen oder gar die Schülerinnen und Schüler schlechtzureden.