Protokoll der Sitzung vom 12.07.2007

Mit den 15 Millionen Euro sind Sie auf einer völlig falschen Spur. Sie beantragen etwas, was schon längst eingestielt worden ist und was wir in der Summe überbieten werden. Dann können Sie sich ganz genierlich in die Ecke stellen und sagen: Das war eigentlich nicht so gemeint, wir wollten dem Volk einfach nur sagen, wie gut wir es mit ihm meinen. - Besten Dank.

(Beifall bei der CDU)

Frau Korter von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat um zusätzliche Redezeit gebeten. Insgesamt, Frau Korter, zwei Minuten!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Minister Busemann, Sie wundern sich, dass ich hier nicht eine große Attacke fahre. Natürlich nicht! Wir alle wollen die Eigenverantwortliche Schule, und wir wollen, dass sie gelingt und vernünftig ausgestattet wird. Das ist in diesem Hause doch Konsens.

(Zustimmung von Stefan Wenzel [GRÜNE])

Ich habe aber das Gefühl, dass Sie an dieser Stelle noch Unterstützungsbedarf haben.

Ich zitiere einmal, was Professor Hilbert Meyer zur Schulinspektion in Niedersachsen unter dem Titel „Schulinspektion führt nicht automatisch zur Qualitätssicherung“ schreibt:

„Zurzeit ähnelt die niedersächsische Schulinspektion also eher der Verkehrspolitik eines Entwicklungslandes.

Ein TÜV für Autos ist eingeführt, aber die Werkstätten und die Ersatzteile fehlen, um eklatante Mängel zügig zu beheben. Ich halte die Inspektion für eine sinnvolle Sache. Aber wenn sie nicht mit dem Aufbau eines breit angelegten Unterstützungssystems gekoppelt wird, wird das Modell gegen die Wand gefahren.“

(Joachim Albrecht [CDU]: Aber das Unterstützungssystem wird doch schon aufgebaut! - Hans-Werner Schwarz [FDP]: Das wird längst in- stalliert!)

- Im Hinblick auf das Unterstützungssystem haben wir sehr genau evaluiert, was es gibt. In der Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage der SPD-Fraktion zu diesem Thema heißt es: Budgets sind geplant; über die Höhe können wir noch keine Auskunft geben. Diese und jene Beratungs- und Unterstützungsleistung ist in Vorbereitung, und hier und da sind die Leute in der Qualifizierung. - Fertig ist nichts.

(Reinhold Coenen [CDU]: Wir haben doch gerade angefangen!)

Warum haben Sie mit der Beratung und der Unterstützung nicht begonnen, als Sie mit der Inspektion angefangen haben?

(Reinhold Coenen [CDU]: Das geht nicht alles auf einmal!)

Herr Busemann, wenn Sie ankündigen, dass es ein Budget geben wird, dann sagen Sie uns doch bitte, wann es für die Eigenverantwortlichen Schulen ein Budget geben wird und wie hoch es sein wird. Anfang Juni dieses Jahres haben Sie der SPD-Fraktion dazu noch keine Auskunft geben können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Mit dem Antrag sollen sich federführend der Kultusausschuss und mitberatend der Ausschuss für

Haushalt und Finanzen auseinandersetzen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 45: Juniorprofessuren als erfolgreiches Instrument der Nachwuchs- und Frauenförderung unterstützen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/3913

Auch hier soll sofort die Ausschussüberweisung stattfinden. - Ich sehe keinen Widerspruch.

Mit dem Antrag sollen sich federführend der Ausschuss für Wissenschaft und Kultur und mitberatend der Ausschuss für Haushalt und Finanzen befassen. Erhebt sich dagegen Widerspruch? Das ist nicht der Fall. Dann ist so beschlossen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 46: Briefmonopol bis zur EU-weiten Öffnung des Postmarktes erhalten - fairen Wettbewerb sicherstellen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/3914

Auch hier findet keine Beratung statt.

Mit dem Antrag sollen sich federführend der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und mitberatend sowohl der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien als auch der Ausschuss für Haushalt und Finanzen auseinandersetzen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 47: Erste Beratung: Stückwerk in der Drogen- und Suchtbekämpfung beenden: Masterplan des Landes vorlegen - Antrag der Fraktion der SPD Drs. 15/3915

Hier findet jetzt antragsgemäß die erste Beratung statt. Zur Einbringung erteile ich Frau Kollegin Krämer von der SPD-Fraktion das Wort. - Bitte schön, Frau Krämer!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Theorie und Wirklichkeit liegen oft sehr weit auseinander. Dass das nicht nur ein Sprichwort, sondern bedauerliche Realität ist, beweist diese Landesregierung beim Thema Drogen- und Suchtbekämpfung wieder einmal aufs Neue.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Wieder die alte Leier!)

Statt sich den wachsenden Herausforderungen bei der Bekämpfung von legalen und illegalen Drogen zu stellen und wirkungsvolle Maßnahmen zu ergreifen, erschöpfen sich die Aktivitäten der Landesregierung in vereinzelten öffentlichen Äußerungen von Ministern, die nicht einmal mit der eigenen Fraktion abgestimmt sind. Dazu gab es Medienbeiträge seitens CDU und FDP, die außer altbekannten Aussagen nach dem Motto „man sollte, man könnte, das wird sich schon finden“ nichts Neues beinhalten.

(Beifall bei der SPD)

In der Öffentlichkeit rühmen sich die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen von CDU und FDP damit, Probleme und Themen flexibel, zielorientiert und zeitnah anzugehen. Daran hatte und habe ich immer noch meine berechtigten Zweifel, und ich bin nun beim Thema Drogen- und Suchtbekämpfung erneut bestätigt worden. Vor zwei Jahren hat dieses Plenum die Landesregierung aufgefordert, die landesweite Vernetzung der Beratungsangebote zur Drogen- und Suchtbekämpfung voranzutreiben und ein interministerielles Gesamtkonzept vorzulegen. Vor zwei Jahren, meine Damen und Herren! Bis heute hat die Landesregierung diesen parlamentarischen Auftrag nicht erfüllt, und es ist nicht abzusehen, wann sie das zu tun gedenkt. Diese Art des Umgangs mit

dem Parlament haben wir in unserem Antrag gerügt, was ich hier und heute nachdrücklich bekräftige.

(Beifall bei der SPD)

Damit die Landesregierung nun endlich aktiv wird und ihren Verpflichtungen nicht nur dem Parlament, sondern auch den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber nachkommt, bringen wir den Ihnen vorliegenden Antrag ein. Dieser Antrag behandelt die dringenden Probleme in der Drogen- und Suchtbekämpfung vor allem bei Kindern und Jugendlichen und zeigt durch seine Forderungen wirklich zielorientierte Lösungen auf. Wir können es uns nicht mehr leisten, dieses Thema auf die lange Bank zu schieben; denn es geht um unsere Kinder und Jugendlichen. Es geht darum, keine Sonntagsreden zu halten, sondern endlich nachhaltig zu handeln. Wir müssen auf der einen Seite verstärkt den Betroffenen helfen und auf der anderen Seite den hauptamtlich und ehrenamtlich tätigen Fachleuten, die in den verschiedensten Einrichtungen eine hoch qualifizierte und engagierte Arbeit leisten, endlich eine stabile Grundlage für ihre Arbeit geben. Abwarten, bis sich - wie heißt das so schön? - die Lage wieder beruhigt und die negativen Schlagzeilen um suchtkranke oder suchtgefährdete Kinder und Jugendliche wieder seltener geworden sind, ist verantwortungslos und mit uns, der SPD-Fraktion, nicht zu machen.

(Beifall bei der SPD)

In unserem Antrag sind die geforderten Punkte detailliert und ausführlich begründet, sodass ich mich auf grundsätzliche Ausführungen beschränken kann. Das Suchtverhalten von Kindern und Jugendlichen nimmt nachweislich zu, und zwar nicht nur bei den bekannten Stoffen, sondern vor allem bei synthetischen und pflanzlichen Mitteln, diversen Schnüffelstoffen, Medikamenten, pathologischem Glücksspiel und Magersucht. Die Top vier der Süchte sind Alkohol, Opiate, Tabak und Cannabis. Die psychosoziale Entwicklung wird durch Alkohol und andere Drogen negativ beeinflusst. Die Abhängigkeit sei vorprogrammiert, warnen die Fachleute.

Im Gegensatz zum Rauchen setzen sich Gesellschaft und Politik mit der Droge Alkohol nicht so kritisch auseinander, wie es notwendig wäre.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich sage ganz deutlich: Alkohol ist kein Kavaliersdelikt, auch wenn manch ein Erwachsener dies anders sieht. Wenn ich so in die Runde blicke, liebe Kolleginnen und Kollegen, dann frage ich: Wie sehen Sie das? Was tun Sie, und was tun wir alle, um Kindern und Jugendlichen ein Vorbild zu sein und sie davon zu überzeugen, dass Alkohol eine abhängig machende Droge ist?

Junge Menschen müssen über die gesundheitlichen Gefahren eines Missbrauchs von legalen und illegalen Drogen aufgeklärt werden. Die Gesellschaft muss auf das Verhalten von Jugendlichen und Kindern einwirken und den jungen Menschen Grenzen setzen, aber nicht zuletzt auch ihr eigenes Bewusstsein und Verhalten ändern. Wir alle wissen: Verbote und Gesetze gelten nur in der Öffentlichkeit. Zu Hause sind die Eltern bzw. die Erziehungsberechtigten zuständig. Es ist leicht - oder machen wir es uns nur zu leicht? -, wenn zurzeit verstärkt über eine Anhebung der Altersgrenze als Problemlösung gesprochen wird. Werden die Probleme tatsächlich gelöst, wenn es Alkohol generell erst ab 18 Jahren, also bei Volljährigkeit, gibt? Ist dann jeder für sich selbst verantwortlich und die Gesellschaft aus der Pflicht entlassen? - Außerdem ist es utopisch, zu glauben, dass Alkohol das Allheilmittel schlechthin ist. Verbote werden umgangen, und Minderjährige werden dadurch nicht aufhören zu trinken.

(Heidemarie Mundlos [CDU]: Wer hat das behauptet?)

Was können wir also tun? - Wichtig ist, dass bestehende Gesetze, vor allem das Jugendschutzgesetz und das Gaststättengesetz, strikt eingehalten werden und das Einhalten auch kontrolliert wird. Punktgenaue Straftaten begehen ja nicht die Kinder und die Jugendlichen, sondern diejenigen, die ihnen den Alkohol verkaufen und ihnen das Trinken bis zur Bewusstlosigkeit ermöglichen. Im weitesten Sinne als Straftat bezeichne ich es auch, wenn in unmittelbarer Nähe einer Schule Plakate für eine Flatrate-Party werben, eine Party, die auch für Jugendliche und Kinder mit nur wenig Taschengeld höchst verlockend sein kann und wahrscheinlich auch sein soll.

Unfassbar ist für mich in diesem Zusammenhang das Verhalten eines Osnabrücker Diskothekenbesitzers, der laut NOZ während der Schulferien das Glas Wodka für 10 Cent anbieten will, um explizit Schüler zu animieren, sich zu betrinken. Kennt denn die Profitgier überhaupt keine Grenzen

mehr? - Mit Genugtuung habe ich heute morgen gelesen, dass das Verwaltungsgericht Hannover das gleiche Angebot eines hiesigen Diskothekenbesitzers als geeignetes Mittel, dem Alkoholmissbrauch Vorschub zu leisten, untersagt hat.

Das Bundesmodell „HaLT - Hart am LimiT“ - jetzt komme ich zu einem Punkt in unserem Antrag zur Bekämpfung von Alkoholmissbrauch von Kindern und Jugendlichen, das von Niedersachsen mit unterstützt wurde und auch in Osnabrück durchgeführt wurde, läuft aus. Bedauerlicherweise ist seitens des Bundes eine Fortführung nicht geplant. Dieses Projekt war nachweislich sehr erfolgreich, nicht zuletzt aufgrund enger Vernetzung, Beratung und Unterstützung vor Ort unter Betreuung und Koordination durch den Modellprojektträger. Wir fordern die Landesregierung dringend auf, dieses erfolgreiche Modell in Abstimmung mit den Trägern und Kommunen in Niedersachsen flächendeckend zu etablieren und mit Finanzmitteln substanziell auszustatten und zu unterstützen.