Protokoll der Sitzung vom 13.12.2007

Sie, Herr Busemann, legen einen Fonds von nur 3 Millionen Euro auf und begrenzen den Zuschuss auf das Mittagessen in Ganztagsschulen. Aber es gibt auch andere Schulen mit Mittagsangeboten. Was machen Sie, wenn eine Ganztagsschule und eine Halbtagsschule in einem Zentrum vereint sind? - Diesen Empfängerkreis und vielleicht auch die Summe insgesamt sollten Sie unbedingt noch einmal überdenken. Halbherzigkeit darf es bei diesem Thema nicht geben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

In Ihrem Haushalt sind Mittel für die Eigenverantwortlichen Schulen enthalten. Angesagt waren sie schon für den 1. Januar 2007. Nun soll es ab 2008 endlich die Gesamtbudgets geben. Die Höhe der Mittel, die auch der Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte dienen sollen, ist nicht gewaltig. Für Fortund Weiterbildung sollen gerade mal

5,5 Millionen Euro zur Verfügung stehen.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Gerade mal!)

Um die Effizienz des Lernens in niedersächsischen Schulen zu stärken, ist das längst nicht genug. Was Ihre Schulpolitik unverwechselbar macht, ist nicht der Mitteleinsatz für Fort- und Weiterbildung, für Förderkonzepte und individuelle Förderung, sondern sie ist von Prüfungen und Kontrollen, Vergleichsarbeiten, Lernstandsberichten und Schulinspektionen gekennzeichnet. Mit dem Aufdecken von Defiziten allein ist aber weder den Schülern und Schülerinnen noch den Lehrkräften geholfen. Damit allein heben Sie bei niemandem die Motivation und die Lernfreude schon gar nicht. Die Rahmenbedingungen für Förderung und bessere Un

terrichtsqualität verbessern Sie aber auch in diesem Haushalt nicht.

Zu den Rahmenbedingungen für erfolgreiches

Lernen gehört auch die Unterrichtsversorgung. Ich möchte Ihnen aus einem Brief vorlesen, den eine Schule an die Eltern geschickt hat. Zu Beginn des Briefes wird darauf verwiesen, dass durch die Erkrankung einer Lehrkraft in den letzten Wochen häufig Unterricht ausfallen musste und sich die Schule intensiv um eine Vertretungskraft bemüht hat. Es heißt dann:

„Die Landesschulbehörde schickte

uns Listen mit 182 möglichen Lehrern. Viel Zeit für Telefonate verging, aber letztendlich waren alle Kandidaten

schon vergeben. Nach weiteren Gesprächen mit der Landesschulbehörde wurde uns eine weitere Liste mit 56 Bewerbern zugeschickt. Das Ergebnis der Telefonbewerbungen verlief leider ebenfalls negativ. So sind wir gezwungen“

- so endet der Brief -,

„die 26 Stunden mit eigenen Mitteln zu kompensieren. Damit nicht nur einige Klassen vom Unterrichtsausfall betroffen sind, haben wir die Fehlstunden auf alle Klassen verteilt und die Nachmittagsbetreuung am Mittwoch bis Ende Januar gestrichen. Anders ist die Erteilung des Pflichtunterrichts nicht zu bewerkstelligen.“

Dieses Stück Schulwirklichkeit spricht für sich. In den letzten Jahren sind in Niedersachsen viele Ganztagsschulen entstanden und sogar mit Lehrerstunden versorgt worden. Die SPD-Fraktion

möchte aber auch die neu hinzukommenden Schulen versorgen und die Zahl der Anträge nicht so niedrig begrenzen wie Sie, da sich viele Grundschulen auf den Weg machen.

Zusätzliche Lehrerstunden sind die Vorausset

zung, um in einer Ganztagsschule auch Ganztagspädagogik zu verwirklichen. Im Moment verfahren Sie nach dem Modell: Das Land genehmigt, und die Kommune zahlt. Die IZBB-Mittel sind aufgebraucht. Nötige räumliche Veränderungen, Mensen, alles das muss die Kommune zusätzlich zu mehr Reinigungskosten, Hausmeister- und Sekretärinnenstunden wuppen. In unserem Änderungsantrag finden Sie ein zusätzliches Budget für

Ganztagsschulen von 12 Millionen Euro und etwa 9 Millionen Euro für 300 zusätzliche Vertretungslehrer zur Überbrückung von kurzzeitigem Unterrichtsausfall ab 1. August 2008.

Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss zu einem Kapitel kommen, das in den Haushaltsberatungen immer wieder stiefmütterlich behandelt wird: die an die Schule anschließende Berufsausbildung. Wir haben zu Beginn dieses Jahres einen Antrag mit der Überschrift „Recht auf Ausbildung für Jugendliche“ gestellt. Dieser Antrag wurde von den Regierungsfraktionen abgelehnt. Für die SPD aber ist das Vorhaben damit nicht erledigt. Das Auseinanderdriften zwischen Lehrstellenangebot und -nachfrage ist weiter vorhanden, und es ist eklatant. Unser Konzept, um der Ausbildungsmisere zu begegnen, ist keine Fata Morgana, Herr Busemann. Wir wollen das teure Übergangssystem, das sich in den niedersächsischen berufsbildenden Schulen etabliert hat, zurückfahren.

(Zustimmung von Wolfgang Jüttner [SPD] - Ursula Körtner [CDU]: Der Beifall war ein bisschen mager!)

- Bei Ihnen noch mehr. - Deswegen setzen wir 6 Millionen Euro für unser Vorhaben ein, junge Menschen mit der Schaffung von vollzeitschulischen Ausbildungsplätzen mit Kammerabschluss vor Berufs- und Ausbildungslosigkeit zu bewahren. Dies soll eine vorübergehende Maßnahme sein; das haben wir im ersten Halbjahr ausführlich erläutert. Wir meinen, es ist ein Skandal, junge Menschen in die Perspektivlosigkeit zu entlassen. Unser Ziel ist: Kein Jugendlicher soll eine berufsbildende Schule besuchen, ohne die Chance zu haben, einen Berufsabschluss zu erwerben.

(Beifall bei der SPD)

Es ist insgesamt unser Ziel: Kein Kind darf verloren gehen.

Herr Busemann, Sie haben vor ein paar Wochen laut darüber nachgedacht, ob Niedersachsen nicht aus PISA aussteigen soll. Mir hat sich der Verdacht aufgedrängt, dass Sie und Ihre konservativen Mitstreiter nicht nur wegen des immer noch mittelmäßigen Abschneidens aussteigen wollen, sondern auch, weil Sie an einer Bildungsgleichheit nicht interessiert sind und an schulischer Auslese festhalten wollen. Gerade in diesem Bereich sind die PISA-Untersuchungen immer wieder ein Stachel in Ihrem Fleisch.

Das gesellschaftliche Ziel, die Fähigkeit eines jeden Kindes zu entwickeln, lässt sich zumindest in Ihrem Haushaltsentwurf nicht erkennen. - Vielen Dank.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Kollegin Eckel. - Für die CDUFraktion hat Herr Kollege Klare das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Haushaltsentwurf spiegelt den hohen Stellenwert wider, den wir der Bildung beimessen. Dies wird an einigen Zahlen ganz deutlich. Auch weiterhin wird es unser zentrales Anliegen bleiben, die Qualität der schulischen Arbeit zu verbessern.

(Zustimmung von Ursula Körtner [CDU])

Meine Damen und Herren, dass wir so glücklich aussehen, wie Sie, Frau Eckel, gesagt haben, liegt daran, dass wir Möglichkeiten haben, mit zusätzlichen Mitteln Kinder glücklich zu machen und schulische Bildung zu vermitteln. Deswegen darf man wohl glücklich aussehen, wenn man sich ein solches Ziel vornimmt. Mit dem, was Sie ansonsten alles geunkt haben, hat dies allerdings nichts zu tun.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Im Kultushaushalt stehen insgesamt 4,4 Milliarden

Euro. Der Kultushaushalt hat einen Anteil von 18,34 % an den Gesamtausgaben. Als wir 2003 die Regierung übernommen haben, waren dies 16,1 %; heute sind es 18,34 %. Das heißt, wir haben den Anteil um insgesamt 604 273 000 Euro gesteigert. Das ist eine Zahl, die wirklich anerkennenswert ist. Das ist eine tolle Zahl, die wir gerne nach draußen darstellen.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren, unser Land muss im internationalen Wettbewerb bestehen können, dies ist zentral wichtig. Wir brauchen gut ausgebildete junge Menschen. Das ist ein Ziel, das wir uns vorgenommen haben. Dazu gehören junge Menschen, die einen Hochschulabschluss anstreben.

Dazu gehören aber auch diejenigen, die über eine qualifizierte Berufsausbildung ihren Teil für die Entwicklung unserer Gesellschaft tun. Das heißt, wir schielen nicht nach Abiturientenquoten, sondern nach möglichst vielen gut ausgebildeten jungen Menschen.

(Zustimmung bei der CDU)

Wichtig ist - Sie haben ja auch einige geschichtliche Dinge dargestellt -, was wir vor der Regierungsübernahme 2003 vorgefunden haben.

(Joachim Albrecht [CDU]: Das ist wichtig!)

Ich sage Ihnen in aller Klarheit: Das war ein schulpolitischer Scherbenhaufen!

(Zustimmung bei der CDU - Joachim Albrecht [CDU]: Das ist wahr!)

Gerade die Frage, was wir mit den Kindern aus sozial schwachen Familien machen, hat uns von Anfang an umgetrieben. Sie haben 25 % eines Jahrgangs aus den Schulen entlassen, die nicht dazu in der Lage waren, in ihrer Ausbildung bzw. ihrem Beruf ihren Mann oder ihre Frau zu stehen. Das ist eine so dramatisch schlechte Zahl, dass man sich noch heute darüber wundern muss, dass Sie damals im Grunde nichts getan haben.

(Zustimmung bei der CDU - Joachim Albrecht [CDU]: Sehr wahr!)

Meine Damen und Herren, der Unterrichtsausfall, über den ich gleich noch reden werde, lag bei real 20 %, an Sonderschulen bei 40 %! Das ist eine Bilanz, die wir übernommen haben, auf die wir reagieren mussten und auf die wir sehr wohl reagiert haben.

(Walter Meinhold [SPD]: Sie können noch ganz andere Zahlen nennen!)

Schauen Sie sich einmal die Lernmittelfreiheit an, die Sie damals gemacht haben. Das war eine bessere Schulbuchausleihe. Den größten Teil mussten die Eltern nämlich selbst bezahlen. In der realen Situation wurden die Bücher bis zu zehnmal umgewälzt. Die Schülerinnen und Schüler hatten schließlich nur noch alte Schwarten in der Hand. Das war Ihre Lernmittelfreiheit! Man kann sie besser machen. Ich glaube, wir haben ein gutes System entwickelt.

Meine Damen und Herren, die Sanierung des Landeshaushaltes war eine der herausragenden Überlegungen, die wir anstellen mussten. Dies ist uns gelungen. Dadurch ist es auch gelungen, eine Reihe von schulpolitischen Maßnahmen in Gang zu setzen. Ich nenne sie einmal stichwortartig: die große Sprachförderung im letzten Kindergartenjahr, Zusammenarbeit von Kindergärten und

Grundschulen, Orientierungsplan für Bildung und Erziehung im Kindertagesstättenbereich, Stärkung der Grundschulen mit mehr Unterricht - ich weiß nicht, ob Sie sich noch daran erinnern, dass Sie den Grundschulen viele Unterrichtsstunden einfach weggestrichen haben; wir mussten das mit vielen Stunden nachträglich wieder auffüllen und die Unterrichtssituation weiter verbessern -, Dokumentation des persönlichen Lernerfolges für jedes einzelne Kind, Vermittlung von grundlegender Bildung in Deutsch und Mathematik, Schaffung von pädagogisch langfristigen Einheiten mit Abschaffung der Orientierungsstufe - in Hauptschulen,

Realschulen und Gymnasien kann wieder langfristig unterrichtet werden -, Hauptschulprofilierungsprogramm, mehr Förderunterricht, Sozialarbeiter an Hauptschulen, Umsetzung neuer Konzepte der Integration, neue berufliche Orientierung an

Hauptschulen, Abitur nach der Klasse 12, neue gymnasiale Oberstufe, Ausweitung der Ganztagsangebote, verbindliche Bildungsstandards, Ver

gleichsarbeiten, zentrale Abschlussprüfungen, Einrichtung einer Inspektion, Einrichtung von Unterstützungs- und Beratungssystemen, Umsetzung des Konzepts der Eigenverantwortlichen Schule. Meine Damen und Herren, dahinter verbirgt sich sehr viel Arbeit.