Ingrid Eckel
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Am Ende der Legislaturperiode möchte ich meine Rede mit einem Dank beginnen, einem Dank an alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Kultusministeriums, die für uns immer ansprechbar waren und die uns in unserer Arbeit als Abgeordnete unterstützt haben. Herzlichen
Dank ihnen allen im Namen des Arbeitskreises Kultus der SPD-Fraktion!
Sehr geehrte Damen und Herren, die Landesregierung hatte bei der Aufstellung dieses Haushaltsplanes Glück, weil durch den Konjunkturauf
schwung die Steuereinnahmen sprudeln und durch die verschiedenen Ministerien verteilt
und feste in Wahlgeschenke investiert werden können. Ich nehme jedenfalls an - das merke ich an Ihren Reaktionen -, dass auch Sie als Regierungsfraktionen dieses Glück so empfinden.
Glück ist - jedenfalls in diesem Fall bin ich ein wenig anderer Meinung -, wenn das gute Ergebnis unverhofft über einen kommt, manchmal eben auch unverdient.
Genau darauf weist das Gebaren von Herrn Busemann hin. Der Kultusminister wirkt, finde ich, überrumpelt vom Geldsegen, wenn er quasi mit der Streubüchse über seinen Haushalt zieht und da ein Sandhäufchen aufbaut und hier ein paar Sandkörnchen fallen lässt. Glücklicherweise trifft er dabei auch einmal die richtige Stelle.
Aber, Herr Minister, welche Rolle spielt bei Ihrer Geldstreuung eigentlich die Nachhaltigkeit - Nachhaltigkeit in dem Sinne, dass Schule zukunftsfähig wird und zur Zukunftssicherung beiträgt? - Nachhaltigkeit im Kultushaushalt müsste sich darin zeigen, wie es gelingt, vorhandene Potenziale bei Kindern und Jugendlichen zu erschließen und die dafür notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Für die SPD ergibt sich daraus die Verpflichtung, soziale Herkunft und Bildungslaufbahn zu entflechten. Deswegen heißen unsere Schwerpunkte frühkindliche Bildung, individuelle Förderung und langes gemeinsames Lernen.
Wenn ich mir den jetzt vorgelegten Haushalt ansehe, muss ich feststellen: Was Ihrem Haushalt fehlt, ist das Planmäßige, das zur Erreichung dieses Zieles führt.
Ihre neueste Idee, Herr Minister, ist die Verschiebung des Einschulungsstichtages vom 30. Juni auf den 30. September. Damit wollen Sie wohl möglichst schnell den Auftrag des CDU-Parteitages erfüllen, das Einschulungsalter von 6,7 auf 6 Jahre zu senken - eine Angelegenheit, die unter Umständen - das kann man noch nicht absehen teuer sein kann. Denn die Zahl der Schulanfänger würde in dem betreffenden Schuljahr um 25 % steigen. Der Geldsegen - so sagte ich vorhin schon - verführt eben auch zu Schnellschüssen. Sogar aus den eigenen Reihen ernten Sie Widerspruch. Nach der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung von gestern stellt sich Herr Klare auf die Seite von Grundschulverband, SPD und Grünen. Man höre: Auch er findet eine grundsätzliche Flexibilität bei der Einschulung wichtiger als die Verschiebung von Stichtagen und verweist auf die neue Eingangsstufe.
Herr Minister, kurz vor der Wahl machen Sie auch Versprechungen zur Senkung der Klassenfre
quenzen. Sie ziehen ein Kaninchen nach dem anderen aus dem Hut. Mal sehen, was Ihnen bis zum 27. Januar noch so einfällt!
Sehr geehrte Damen und Herren, ich war am Montag in Berlin mit dabei, als der Deutsche Schulpreis vergeben wurde. Sie, Herr Busemann, mit strahlendem Gesicht zwischen den Schülern und Schülerinnen der Robert-Bosch-Gesamtschule zu sehen, fand ich, wie ich ehrlich gestehen muss, eher beklemmend, auf jeden Fall peinlich.
Für mich war es leichter. Ich konnte mich ja von Herzen freuen. Lassen Sie mich einen Satz aus der Laudatio zitieren. Die Robert-Bosch-Schule, so wurde gesagt, sei ein zweites Zuhause für Kinder aller Schichten und Begabungen.
Diese Schule schafft es, individuell zu fördern. Diese Schule schafft es, den Zusammenhang von sozialer Herkunft und Bildungschancen aufzubrechen. Damit erreicht sie Nachhaltigkeit.
Das Recht auf individuelle Förderung ist im Niedersächsischen Schulgesetz festgeschrieben. Aber mit der Umsetzung haben Sie, sehr geehrte Damen und Herren von CDU und FDP, sehr geehrter Herr Minister, ein Problem, spätestens ab Klasse 5. Da steht Ihnen Ihr statischer Begabungsbegriff im Wege, auf dem das gegliederte Schulwesen aufgebaut ist. Natürlich ist auch im gegliederten Schulwesen individuelle Förderung möglich. Das streitet niemand ab. Aber Sie setzen frühzeitig den Deckel auf die Förderung, wenn Sie Kinder zu früh auf Schulformen verteilen.
Weil Sie 2003 eine Menge getan haben, um die Durchlässigkeit zwischen den Schulformen zu
verschlechtern, sitzen die Deckel halt immer fester. Auf diese Weise ist die individuelle Förderung von vornherein beschränkt. Deswegen wird der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungslaufbahn im gegliederten Schulsystem nicht aufgelöst werden können.
Diese Erkenntnis ist die Grundlage für das Bildungskonzept der niedersächsischen SPD, für den Entwurf einer gemeinsamen Schule. Den Finger in
die Wunde zu legen und erfolgreiche Wege zu mehr Nachhaltigkeit und damit zu mehr Chancengleichheit vorzuzeichnen, das ist für uns Sozialdemokraten eine Verpflichtung.
Dass Sie sich nicht in dieser Pflicht der Nachhaltigkeit sehen, ist an dem vorliegenden Haushaltsplan abzulesen. Das fängt schon bei der frühkindlichen Bildung an. Wiederum haben Sie nur
6 Millionen Euro für Sprachförderung im Elementarbereich angesetzt. Die Veränderung des Verteilungsmodus im letzten Jahr macht eine Erhöhung notwendig, die nach der Finanzlage auch möglich wäre. Wir werden die Mittel auf 8 Millionen Euro erhöhen. Von der Sprachförderung profitieren nicht nur, aber vor allem Kinder mit Migrationshintergrund. Für ihre Teilhabe an Bildung wird insgesamt zu wenig getan. Ihre sprachlichen Defizite führen dazu, dass sie in Hauptschulen und vor allem in Förderschulen überrepräsentiert sind, ebenso bei den Schulabbrechern und Jugendlichen ohne Berufsausbildung. Wenn wir der Gefahr sozialer Ausgrenzung und der Entwicklung von Parallelgesellschaften vorbeugen wollen, dann muss Bildungspolitik ihren Anteil an Prävention leisten.
Durch den seit 2006 gültigen Verteilungsmodus haben vor allem Städte mit sozialen Brennpunkten, mit großem Migrantenanteil hohe Einbußen hinnehmen müssen. In Wolfsburg z. B. sanken die Zuschüsse um ein Drittel. Deswegen stockt die SPD in ihrem Änderungsantrag die Mittel für die Sprachförderung im Kindergarten um 2 Millionen Euro auf.
Um Kindern aus einkommensschwachen Familien - dazu gehören weit mehr als die Empfänger von Hartz IV - nicht aus finanziellen Gründen den Zugang zu Bildung zu erschweren, haben wir uns entschlossen, die von Ihnen abgeschaffte Lernmittelfreiheit und die Hausaufgabenhilfe wieder einzuführen.
Durch die jetzige Regelung der Schulbuchmiete sind in den Schulen Gelder angespart, die wir - so sind wir überzeugt - guten Gewissens für die Lernmittelfreiheit einsetzen können. Das ist Haushaltstechnik. Wichtig ist: Mit uns wird es ab
1. August 2008 Schulbücher für jedes Kind wieder kostenlos geben.
Wir haben im November einen Sozialfonds beantragt, aus dem Schulen Finanzmittel für Schulmaterialien und die Teilnahme am Mittagessen abrufen können, ohne bürokratische Hürden überwinden zu müssen, und haben ihn nun mit 5 Millionen Euro unterlegt. Es gibt inzwischen besonders in den Städten viele Initiativen gegen Kinderarmut. Eine Reihe von Kommunen hat in ihren Haushalten Mittel bereitgestellt, um zu helfen. Auch wir sind der Meinung, dass all dies vorübergehende Maßnahmen sein müssen. Wir alle müssen uns dafür stark machen, dass das wirklich so ist. Es muss uns gelingen, und zwar möglichst, bevor uns der Begriff „arme Kinder“ zu leicht über die Lippen kommt.
Sie, Herr Busemann, legen einen Fonds von nur 3 Millionen Euro auf und begrenzen den Zuschuss auf das Mittagessen in Ganztagsschulen. Aber es gibt auch andere Schulen mit Mittagsangeboten. Was machen Sie, wenn eine Ganztagsschule und eine Halbtagsschule in einem Zentrum vereint sind? - Diesen Empfängerkreis und vielleicht auch die Summe insgesamt sollten Sie unbedingt noch einmal überdenken. Halbherzigkeit darf es bei diesem Thema nicht geben.
In Ihrem Haushalt sind Mittel für die Eigenverantwortlichen Schulen enthalten. Angesagt waren sie schon für den 1. Januar 2007. Nun soll es ab 2008 endlich die Gesamtbudgets geben. Die Höhe der Mittel, die auch der Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte dienen sollen, ist nicht gewaltig. Für Fortund Weiterbildung sollen gerade mal
5,5 Millionen Euro zur Verfügung stehen.
Um die Effizienz des Lernens in niedersächsischen Schulen zu stärken, ist das längst nicht genug. Was Ihre Schulpolitik unverwechselbar macht, ist nicht der Mitteleinsatz für Fort- und Weiterbildung, für Förderkonzepte und individuelle Förderung, sondern sie ist von Prüfungen und Kontrollen, Vergleichsarbeiten, Lernstandsberichten und Schulinspektionen gekennzeichnet. Mit dem Aufdecken von Defiziten allein ist aber weder den Schülern und Schülerinnen noch den Lehrkräften geholfen. Damit allein heben Sie bei niemandem die Motivation und die Lernfreude schon gar nicht. Die Rahmenbedingungen für Förderung und bessere Un
terrichtsqualität verbessern Sie aber auch in diesem Haushalt nicht.
Zu den Rahmenbedingungen für erfolgreiches
Lernen gehört auch die Unterrichtsversorgung. Ich möchte Ihnen aus einem Brief vorlesen, den eine Schule an die Eltern geschickt hat. Zu Beginn des Briefes wird darauf verwiesen, dass durch die Erkrankung einer Lehrkraft in den letzten Wochen häufig Unterricht ausfallen musste und sich die Schule intensiv um eine Vertretungskraft bemüht hat. Es heißt dann:
„Die Landesschulbehörde schickte
uns Listen mit 182 möglichen Lehrern. Viel Zeit für Telefonate verging, aber letztendlich waren alle Kandidaten
schon vergeben. Nach weiteren Gesprächen mit der Landesschulbehörde wurde uns eine weitere Liste mit 56 Bewerbern zugeschickt. Das Ergebnis der Telefonbewerbungen verlief leider ebenfalls negativ. So sind wir gezwungen“
- so endet der Brief -,
„die 26 Stunden mit eigenen Mitteln zu kompensieren. Damit nicht nur einige Klassen vom Unterrichtsausfall betroffen sind, haben wir die Fehlstunden auf alle Klassen verteilt und die Nachmittagsbetreuung am Mittwoch bis Ende Januar gestrichen. Anders ist die Erteilung des Pflichtunterrichts nicht zu bewerkstelligen.“
Dieses Stück Schulwirklichkeit spricht für sich. In den letzten Jahren sind in Niedersachsen viele Ganztagsschulen entstanden und sogar mit Lehrerstunden versorgt worden. Die SPD-Fraktion
möchte aber auch die neu hinzukommenden Schulen versorgen und die Zahl der Anträge nicht so niedrig begrenzen wie Sie, da sich viele Grundschulen auf den Weg machen.
Zusätzliche Lehrerstunden sind die Vorausset
zung, um in einer Ganztagsschule auch Ganztagspädagogik zu verwirklichen. Im Moment verfahren Sie nach dem Modell: Das Land genehmigt, und die Kommune zahlt. Die IZBB-Mittel sind aufgebraucht. Nötige räumliche Veränderungen, Mensen, alles das muss die Kommune zusätzlich zu mehr Reinigungskosten, Hausmeister- und Sekretärinnenstunden wuppen. In unserem Änderungsantrag finden Sie ein zusätzliches Budget für
Ganztagsschulen von 12 Millionen Euro und etwa 9 Millionen Euro für 300 zusätzliche Vertretungslehrer zur Überbrückung von kurzzeitigem Unterrichtsausfall ab 1. August 2008.
Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss zu einem Kapitel kommen, das in den Haushaltsberatungen immer wieder stiefmütterlich behandelt wird: die an die Schule anschließende Berufsausbildung. Wir haben zu Beginn dieses Jahres einen Antrag mit der Überschrift „Recht auf Ausbildung für Jugendliche“ gestellt. Dieser Antrag wurde von den Regierungsfraktionen abgelehnt. Für die SPD aber ist das Vorhaben damit nicht erledigt. Das Auseinanderdriften zwischen Lehrstellenangebot und -nachfrage ist weiter vorhanden, und es ist eklatant. Unser Konzept, um der Ausbildungsmisere zu begegnen, ist keine Fata Morgana, Herr Busemann. Wir wollen das teure Übergangssystem, das sich in den niedersächsischen berufsbildenden Schulen etabliert hat, zurückfahren.
- Bei Ihnen noch mehr. - Deswegen setzen wir 6 Millionen Euro für unser Vorhaben ein, junge Menschen mit der Schaffung von vollzeitschulischen Ausbildungsplätzen mit Kammerabschluss vor Berufs- und Ausbildungslosigkeit zu bewahren. Dies soll eine vorübergehende Maßnahme sein; das haben wir im ersten Halbjahr ausführlich erläutert. Wir meinen, es ist ein Skandal, junge Menschen in die Perspektivlosigkeit zu entlassen. Unser Ziel ist: Kein Jugendlicher soll eine berufsbildende Schule besuchen, ohne die Chance zu haben, einen Berufsabschluss zu erwerben.
Es ist insgesamt unser Ziel: Kein Kind darf verloren gehen.
Herr Busemann, Sie haben vor ein paar Wochen laut darüber nachgedacht, ob Niedersachsen nicht aus PISA aussteigen soll. Mir hat sich der Verdacht aufgedrängt, dass Sie und Ihre konservativen Mitstreiter nicht nur wegen des immer noch mittelmäßigen Abschneidens aussteigen wollen, sondern auch, weil Sie an einer Bildungsgleichheit nicht interessiert sind und an schulischer Auslese festhalten wollen. Gerade in diesem Bereich sind die PISA-Untersuchungen immer wieder ein Stachel in Ihrem Fleisch.
Das gesellschaftliche Ziel, die Fähigkeit eines jeden Kindes zu entwickeln, lässt sich zumindest in Ihrem Haushaltsentwurf nicht erkennen. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Damen und Herren! Vor zwei Wochen haben sich Vertreter und Vertreterinnen der
Bundesregierung, der Länder und der Koalitionsfraktionen im Bundestag auf ein konkretes Konzept zum Ausbau der Kinderbetreuung geeinigt. Die Länder stimmen der Einführung des Rechtsanspruchs ab dem Kindergartenjahr 2013/2014 zu. Der Bund beteiligt sich dauerhaft an der Kinderbetreuung. In der Aufbauphase bis 2013 hat Niedersachsen voraussichtlich 214 Millionen Euro jährlich für Investitionskosten und 181 Millionen Euro für Betriebskosten zu erwarten. Ab 2014, wenn der Rechtsanspruch gilt, wird sich der Bund weiterhin mit 75 Millionen Euro pro Jahr an den Betriebskosten in Niedersachsen beteiligen.
Unser Entschließungsantrag ist aus der Absicht heraus entstanden, Niedersachsen für diesen Geldsegen gut vorzubereiten. Beim Investitionsprogramm des Bundes „Zukunft Bildung und Betreuung“ war die Weitergabe der Mittel an die Städte und Gemeinden nicht optimal. Nein, sie war eigentlich sogar dilettantisch und ungerecht; sie ging zum Teil am Bedarf vorbei. Deswegen wurde sie vom Landesrechnungshof auch prompt gerügt. Es ist nicht nötig, Fehler zu wiederholen.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Versorgung mit Krippenplätzen ist in Niedersachsen besonders gering. Die Zahl 2,9 % wird von der Landesregierung immer wieder bestritten. Wir hatten uns erhofft, dass die jetzt vorliegende Antwort auf die Große Anfrage, die wir eingebracht hatten, uns dazu etwas Genaueres sagen werde. Aber auch die Auskunft, die wir nun erhalten haben, ist nicht ganz klar; denn dort werden die Zweijährigen, die sich in Kindergartengruppen befinden, dazugerechnet, sodass man auf die Zahl 9,3 % kommt. Aber Krippenplätze allein sind nicht ausgewiesen. Deutlich macht die Antwort aber, dass es in Niedersachsen eine Anzahl weißer Flecken gibt, wo kein einziger Krippenplatz angeboten wird. Häufig wird das von Kommunalpolitikerinnen und -politikern, vor allen Dingen von Bürgermeistern, damit begründet, es bestehe kein Bedarf; die Mütter zögen es vor, ihre Kinder unter drei Jahren selber zu betreuen. Es gibt also durchaus hin und wieder ideologische weiße Flecken.
Nach einer Studie des Deutschen Jugendinstituts, München, vom November 2006 wünschen sich 31 % der Eltern nach dem ersten Lebensjahr ihres Kindes eine Betreuung. 60 % der Eltern wünschen sich eine Betreuung nach dem zweiten Lebensjahr. Wie im Wirtschaftskreislauf, so beeinflussen sich auch bei der Kinderbetreuung Angebot und Nachfrage gegenseitig.
Nach der Einführung des Elterngeldes zum 1. Januar 2007 geht es vor allem darum, die Lücke nach maximal 14 Monaten Elterngeld und vor dem Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab drei Jahren zu schließen. Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass sie nach dem Elterngeldbezug eine Betreuungsmöglichkeit finden. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf lässt sich bisher eher für Frauen mit hohem Bildungsniveau und Einkommen realisieren, weil sie in der Lage sind, eine Tagesmutter aus eigener Kraft zu finanzieren. Bei unregelmäßigen Arbeitszeiten und besonders im ländlichen Raum werden Tagesmütter und -väter unverzichtbar sein. Aber flexible Großtagespflege lehnen wir ab. Diese Möglichkeit, die die Regierungsfraktionen eröffnet haben, hat mit guter frühkindlicher Bildung wenig zu tun.
Hauptsächlich möchten wir, dass die Entstehung von Krippenplätzen mithilfe des Bundes finanziert wird. Die Einführung eines flächendeckenden Krippenangebots kostet richtig Geld. Davon können die Städte und Gemeinden, die bereits ein Krippenangebot installiert haben, ein Lied singen. Alles, was es in Niedersachsen bisher an Krippenplätzen gibt, haben die Kommunen in Vorleistung erbracht. Es ist wichtig, rechtzeitig mit der Erstellung eines ausgeglichenen Finanztableaus zu beginnen.
Nach der schon vorhin zitierten Studie des Deutschen Jugendinstituts sind es vor allem Kinder aus bildungsfernen Familien, ob mit oder ohne Migrationshintergrund, die keinen Kindergarten besuchen. Es ist anzunehmen, dass dasselbe für die Betreuungsangebote für unter Dreijährige zutrifft. Deswegen sind wir gegen die Herdprämie,
sind wir dagegen, dass Eltern, die ihre Kinder nicht in eine Kindertagesstätte schicken, Geld erhalten. Dann blieben diejenigen zu Hause - so ist zu befürchten -, die eine frühe Förderung besonders nötig hätten.
Die SPD-Fraktion fordert die Landesregierung auf, unverzüglich einen Masterplan zu entwickeln, in dem die Verteilung der Mittel in Abstimmung mit den Kommunen geregelt wird. Ein Kriterium bei der Mittelverteilung ist sicher die Nachfrage. Andere Kriterien bedürfen der intensiven Diskussion und Abstimmung mit den Kommunen, z. B. eine niedri
ge Frauenerwerbsquote. Ich verhehle nicht, dass das für mich ein wichtiges Kriterium für das Angebot an Krippenplätzen ist; x Studien und das Vorbild der skandinavischen Länder belegen: Wo die Frauenerwerbsquote niedrig ist, steigt die Kinderarmut. Was Kinderarmut für die Entwicklung der Kinder, für ihre Bildungschancen bedeuten kann, ist bestens bekannt. Wie an vielen Stellen gilt auch hier: Wir haben kein Erkenntnisdefizit; wir haben nur ein Handlungsdefizit.
Auf allen Stufen des Bildungssystems, von der Kindertagesstätte und der Grundschule bis in die Berufsbildung und die Hochschule hinein, wirken sich die unterschiedlichen Startbedingungen und sozialen Unterschiede aus. Frühkindliche Bildung ist der Schlüssel für bessere Lebenschancen.
Kindergärten sind inzwischen als Bildungseinrichtungen nicht mehr umstritten. Der Orientierungsplan für niedersächsische Kindertagesstätten hat einen ganzheitlichen Bildungsbegriff festgeschrieben und zeigt Weg und Ziel für die inhaltliche Arbeit. Schade nur, dass er nicht verpflichtend ist! Jetzt ist es Zeit, abgeleitet von dem vorhandenen Bildungsbegriff, die Wege und Ziele für die Bildung der unter Dreijährigen festzulegen. Kinder unter drei lernen anders als Kindergartenkinder, und nie wieder lernen Menschen so viel wie in den ersten Lebensjahren: Sie entwickeln elementare Fähigkeiten wie z. B. Raumorientierung und Sprache. Es ist höchste Zeit, den Orientierungsplan für Null- bis Dreijährige fortzuschreiben - nicht nur die Absicht zu erklären, sondern es zu tun.
Erzieher und Erzieherinnen müssen rechtzeitig so qualifiziert werden, dass sie unterstützend und anregend wirken können. Gemeinsam mit den Eltern übernehmen sie eine große Verantwortung für die Bildungsprozesse in der frühen Kindheit. Wir brauchen also eine Qualifizierungsoffensive auf der Grundlage eines Orientierungsplans für die Null- bis Dreijährigen. Wann wollen Sie damit beginnen? - Das vom Bund angekündigte Geld drängt zu schnellem Handeln und vor allem zu effektivem Handeln. Ihr unabgestimmtes 100Millionen-Euro-Programm, an dem Sie Expertinnen und Experten nicht beteiligt haben, hat uns nicht weitergebracht. Es dient mehr Ihrer eigenen Beruhigung, ist also unter „Aktionismus“ abzubuchen. Es dient in seiner öffentlichen Wirkung nur der
Vernebelung. Mit vorbildlicher frühkindlicher Bildung hat das wenig zu tun.
Wir brauchen zum anderen eine Ausbildungsoffensive, und zwar sofort, damit wir genügend Personal gewinnen. Des Weiteren brauchen wir mehr Studiengänge für Elementarpädagogik. Es ist also wirklich viel zu tun, und wir müssen schnell damit beginnen.
Sehr geehrte Damen und Herren, in Artikel 4 der Niedersächsischen Verfassung heißt es: „Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung.“ Dieses individuelle Recht und die Notwendigkeit, für die Wissensgesellschaft von Morgen alle Potenziale auszuschöpfen, fordern dazu auf: Kein Kind darf zurückgelassen werden. Meine Damen und Herren von CDU und FDP, tun Sie mit, und folgen Sie unserem Antrag! Er ist der Anfang eines Weges, den zu gehen wir den Kindern in Niedersachsen schuldig sind.
Die SPD-Fraktion beantragt sofortige Abstimmung.
Sehr geehrte Damen und Herren! In der vorigen Woche sprach mich der Vater eines Schulanfängers an und klagte darüber, dass sein Sohn mit 28 weiteren Kindern in der ersten Klasse sitzt. 29 Kinder in einer ersten Klasse, das hat es bisher - oder bis 2003 - nicht gegeben.
Ich habe ihm nicht geantwortet: „Neues Schuljahr hat begonnen - das Beste für unsere Kinder!“ Hätten Sie ihm so geantwortet?
Sehr geehrte Damen und Herren, wer mit solchen verallgemeinernden und gleichzeitig lapidaren Aussagen in eine Aktuelle Stunde geht, der leidet entweder an großem Realitätsverlust, oder aber er ist sehr anspruchslos in seinen bildungspolitischen Zielsetzungen.
Sie stoßen ins gleiche Horn wie Herr Minister Busemann bei seiner Pressekonferenz zum Schuljahresbeginn. Da fiel kein Wort über große Klassen, kein Wort über die schlechter gewordene SchülerLehrer-Relation, kein Wort über das Gesamtschulverbot, kein Wort über die finanziellen Belastungen der Eltern.
„Schöne Schulwelt. Schöne Scheinwelt!“
So war am nächsten Tag der Kommentar in der Bild-Zeitung zu lesen. Der Kommentator sagte weiter - Sie haben es vielleicht gelesen, Herr Busemann -: Es gibt zwei Möglichkeiten:
„Entweder muss sich die Wirklichkeit der Sichtweise des Kultusministers anpassen - oder die Sichtweise des Ministers der Wirklichkeit.“
Der Kommentator empfiehlt das Letztere als einfacheren Weg.
Ich will nicht schlechtreden, was, wie die Regierungsfraktionen es immer so gerne sagen, auf den Weg gebracht worden ist. Aber es fehlt die Konsequenz in der Umsetzung. Was ist denn mit der individuellen Förderung, die im Schulgesetz steht und von der Sie eben auch gesprochen haben, Herr Klare? - Bei den wenigen Lehrerstunden, die man dafür zur Verfügung hat, ist es gar nicht möglich, individuell zu fördern. Förderunterricht gibt es ja kaum noch. Außerdem erinnere ich an die großen Klassen.
Was ist denn mit den Budgets, die den Schulen für Fort- und Weiterbildung und für die Eigenverantwortliche Schule zur Verfügung stehen sollen? Was ist denn mit den Unterstützungsmaßnahmen? Die Landesschulbehörde hat dafür ja gar kein Personal mehr, so ausgedünnt ist sie.
Sie lassen sich mit einem neuen Unterstützungssystem Zeit. Derweil lassen Sie die Schulen im Regen stehen.
Auf welchen Lorbeeren wollen Sie sich eigentlich ausruhen? - Ein paar haben Sie vorhin genannt, Herr Klare: Sprachförderung - stammt von uns -, Verlässliche Grundschule - stammt von uns -, Ganztagsschule - stammt von uns.
Bei der Unterrichtsversorgung geben Sie sich Mühe.
Aber wir wissen doch, dass die Eltern nicht damit zufriedenzustellen sind, dass die Statistik stimmt, wenn Sie einmal 100 % erreichen. Wir wissen, dass es regionale Unterschiede gibt, dass die Eltern, solange Stunden ausfallen - egal aus welchem Grund -, um eine bessere Versorgung kämpfen werden. Sie haben ja auch recht damit; denn wenn man für Kinder das Beste erreichen will, dann geht es darum, dass sie ihre individuellen Entwicklungsmöglichkeiten entfalten können, dass eine Unterstützung vorhanden ist, also eine
Unterstützung nicht nur durch Lehrkräfte, sondern auch durch Fachpersonal vorhanden ist. Dafür ist noch viel zu tun.
Das Beste aber würden wir erreichen, wenn es gelänge, den Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und der Schullaufbahn aufzubrechen. Da haben Sie überhaupt noch nichts erreicht.
Sie haben die Hausaufgaben, die uns durch PISA und die UN aufgegeben worden sind, nicht gemacht. Bei uns in Niedersachsen sind Kinder mit Migrationshintergrund benachteiligt und insbesondere in den Förderschulen Lernen und in den Hauptschulen überrepräsentiert.
Sie gehen überhaupt nicht auf den Elternwunsch ein, dass die Kinder nicht nach Klasse vier aufgeteilt werden sollen. Sie gehen nicht darauf ein, dass das Gesamtschulerrichtungsverbot von den Eltern bekämpft wird. Sie gehen nicht darauf ein, weil Sie das dreigliedrige System einfach durchkämpfen wollen, egal, was um Sie herum passiert.
Es geht doch darum, Kindern die Möglichkeit zu geben, in einer neuen Lernwelt zu lernen. Wir brauchen eine humane Lernkultur.
Sie gehen überhaupt keine Schritte in diese Richtung. Nichts! Herr Klare, Sie stellen sich hierhin, zählen einzelne Dinge auf, die Sie auf den Weg gebracht haben, aber Sie haben nichts zu Ende gebracht.
Eine Sache möchte ich noch ansprechen, weil wir in der Aktuellen Stunde so aktuell sind. - Statt sich darum zu kümmern, dass sich die Qualität wirklich verbessert, dass die Kinder mehr Chancen haben, lässt der Herr Minister Bücher schreiben. Das habe ich heute morgen in meinem Fach gefunden.
- Ich will gar nicht bezweifeln, dass es gut ist. Es ist hauptsächlich von Mitarbeitern des Ministers geschrieben. Das Ministerium hat 1 000 Exemplare gekauft - das alles habe ich der Zeitung entnommen -, macht Werbung auf seiner Homepage und erwartet, dass die Schulen, die bei der Umsetzung und beim Wandel zu einer Eigenverantwortlichen Schule Orientierung suchen, sich dieses Buch kaufen. Es ist ja ein Leitfaden für die Eigenverantwortliche Schule.
Der letzte Satz. - Herr Minister, ist das der Ersatz für die fehlende Umsetzung und die fehlenden Unterstützungsmaßnahmen? - Das kann es doch nicht sein! Das, finde ich, ist doch wirklich peinlich.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit dem Neugründungsverbot für Gesamtschulen übersteigt die Zahl der Anmeldungen bei Weitem die Zahl der freien Schulplätze an Gesamtschulen. Statistische Berechnungen der Schuldaten bestätigen regelmäßig den anhaltenden Erfolgstrend der Gesamtschulen. So gab es im letzten Jahr an den Integrierten Gesamtschulen 6 000 Anmeldungen auf 4 000 Plätze. Ein Drittel der Interessenten musste also abgewiesen werden. Dieser landesweite Trend hält an. Dies wird aktuell im Landkreis Schaumburg belegt: Von 521 Anmeldungen kann die IGS Schaumburg lediglich 112 berücksichtigen. Über 400 Kinder und deren Familien werden also eine Ablehnung erhalten.
Der Kreiselternrat Schaumburg unterstützt eine Resolution des Schulelternrates der IGS und fordert:
„Die Kinder sind unsere Zukunft! Dass eine derart hohe Zahl von Eltern in der schulisch sehr gut aufgestellten und geformten Struktur des Landkreises Schaumburg diese Schulform für ihre Kinder wünscht, kann nur bedeuten: Die Pflicht aller im Landtag vertretenen, von den Eltern gewählten Parteien muss es sein, das Einrichtungsverbot für Gesamtschulen sofort aus dem Schulgesetz zu streichen.“
„Der Kreiselternrat Schaumburg erwartet von den im Landtag vertretenen Parteien, entsprechende Initiativen zu ergreifen.“
Der am 4. Oktober 2006 eingebrachte Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zur Aufhebung des Verbots, Gesamtschulen zu errichten, wurde am 6. Dezember 2006 von der CDU und der FDP im Landtag abgelehnt.
Wir fragen die Landesregierung:
1. Kann die Landesregierung die für die IGS Schaumburg berichteten Anmelde- und Aufnahmezahlen für den 5. Schuljahrgang bestätigen, und wie lauten die entsprechenden Zahlen an den anderen IGSen und KGSen des Landes?
2. Plant die Landesregierung, den Elternwillen ernst zu nehmen und eine Gesetzesinitiative zur Streichung des Errichtungsverbots für Gesamtschulen im Schulgesetz in den Landtag einzubringen?
3. Wenn nein, mit welchen Begründungen hält die Landesregierung am Errichtungsverbot fest?
Herr Minister, Sie haben vorhin gesagt, Sie hätten sich 2003 ganz bewusst dafür entschieden, durch das Errichtungsverbot die Dreigliedrigkeit zu stärken. Nun sehen Sie aber als Folge, dass die Hauptschule als Schulform immer weiter abgewählt wird, dass 50 % der niedersächsischen Hauptschulen nur noch einzügig sind und dass der Run auf die Gesamtschulen unvermindert anhält und sich sogar verstärkt.
Welche Überlegungen gibt es denn in Ihrem Ministerium, um diese Entwicklung aufzufangen, und wo liegt bei den Anmeldungen für die Hauptschule Ihre Schmerzgrenze? Wann sind Sie bereit, zu sagen: Diese Hauptschule kann so nicht mehr existieren, wir müssen einen anderen Weg einschlagen?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der § 191 des Niedersächsischen Schulgesetzes gewährt der evangelischen Kirche die Option auf Errichtung von acht Schulen zu besonders günstigen Bedingungen. Diese Schulen erhalten sofort Finanzhilfe vom Land, ohne eine Durststrecke überwinden zu müssen. Das ist in der Vereinbarung zum Andreanum Hildesheim festgelegt worden. Diese Vereinbarung verändern wir nun.
Die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers hat sich entschlossen, vier neue Schulen zu errichten bzw. bestehende öffentliche Schulen als Bekenntnisschulen zu übernehmen. Ob das so gelingt, wie bisher geplant, hängt auch von den Schulträgern und den Bedingungen vor Ort ab.
In Wolfsburg haben Rat und Verwaltung bereits der Umwandlung einer Grundschule zugestimmt. Eine Grundschule, in deren Einzugsbereich immer weniger Kinder leben, wird ab 1. August als evangelische Schule mit einem bilingualen Angebot geführt.
An anderen von der Kirche ins Auge gefassten Standorten kann es schwieriger werden, insbesondere dann, wenn dadurch wohnortnah nur noch der Besuch einer evangelischen Privatschule möglich ist und das staatliche Schulwesen zurückgedrängt wird. Dieses wird in meiner Fraktion zum Teil mit Skepsis gesehen.
In der Vereinbarung zwischen Land und Kirche wird festgelegt, dass vier Bekenntnisschulen entstehen sollen. Dafür will die Evangelisch-lutherische Landeskirche auf sechs Optionen verzichten. Deswegen ist dem Zustimmungsgesetz der Artikel 1/1 zugefügt worden, in dem die Anzahl der Optionen von acht auf zwei gesenkt wird.
Das ist der Teil des Gesetzes, den der Kultusausschuss beeinflussen konnte. Den eigentlichen
Vereinbarungstext haben wir gründlich diskutiert und mussten mit Hilfe des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes manche Mängel feststellen.
Die SPD-Fraktion sieht in der Vereinbarung zwar eine Fortentwicklung des auf den Loccumer Verträgen beruhenden Rechtsverhältnisses zwischen dem Land und der evangelischen Kirche. Das sehen auch wir positiv. Sinn eines Gesetzes ist es aber, sich immer wieder rückversichern zu können, was beschlossen worden ist. Das leistet die vorliegende Vereinbarung zum Teil eben nicht, weil sie rechtstechnisch ungenau formuliert ist und zu viel Spielraum für Interpretationen lässt.
§ 2 z. B. hält sich so nah an die aus 1977 stammende ursprüngliche Vereinbarung zum Gymnasium Andreanum, dass das Wort „genehmigt“ beibehalten wurde. Anders als bei dem damals bei Vertragsabschluss schon bestehenden Andreanum in Hildesheim können aber die vier neuen evangelischen Schulen noch gar nicht genehmigt werden, weil ihre Standorte noch gar nicht feststehen. Es bedarf also eines weiteren Anerkennungs- und Genehmigungsaktes.
Ein zweites Beispiel. In § 1 ist die Rede von vier Schulstandorten, an denen die Evangelisch-lutherische Landeskirche Schulen in ihrer Trägerschaft betreibt, nicht von vier Schulen. Das ist in Verbindung mit den bisher ins Auge gefassten Standorten, besonders wenn man an den Standort Osnabrück denkt, durchaus problematisch. Problematisch ist es auch hinsichtlich einer einheitlichen Auslegung.
Auch § 3 - er ist vom Kollegen Albrecht schon erwähnt worden -, in dem es um die Schulfinanzierung geht, ist ungenau und bedarf in der Auslegung großen gegenseitigen Vertrauens, was allerdings in den vergangen 30 Jahren auch nicht enttäuscht wurde.
Es ist schade, dass die Vereinbarung nicht rechtlich eindeutig formuliert wurde. Das hätte man unserer Meinung nach besser machen müssen. Die SPD-Fraktion wird aber die Umsetzung des § 191 Niedersächsisches Schulgesetz nicht behindern und sich bei der Abstimmung der Stimme enthalten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Und sie bewegt sich doch“ - mit „sie“ ist die Schulstrukturdebatte gemeint -, ist in einem Artikel in der neuen Ausgabe der Verbandszeitschrift des VBE zu lesen. Überall bewegt sich etwas in der Debatte über Schulstrukturen. Nur Niedersachsen führt sich auf, als sei es ein ruhender Pol. Es ist aber kein ruhender Pol, sondern allmählich wird es in der Gemeinschaft der Bundesländer zum schwarzen Loch.
Rundherum planen Bundesländer integrative Systeme und setzen diese um. Sieben der 16 Bundesländer haben schon kein dreigliedriges Schulsystem mehr. In Niedersachsen aber bewegt sich nichts; Sie bleiben stur, Sie bleiben unbeweglich. Wie lange denn noch? Halten Sie wirklich das Verbot der Errichtung neuer Gesamtschulen für der Weisheit letzter Schluss? Wie lange noch wollen Sie den Elternwillen mit Füßen treten, der sich in jedem Schuljahr neu so deutlich artikuliert? - Die Eltern melden ihre Kinder an, es wird gelost, und viele Kinder gehen leer aus. In Braunschweig, in Hannover, in Schaumburg - überall sind Eltern enttäuscht, weil es ihren Kindern nicht möglich ist, eine Schule zu besuchen, an der die Schullaufbahn lange offengehalten wird und nicht von vornherein festgelegt wird: Das Kind geht zur Hauptschule oder zur Realschule; dort wird der Abschluss vermittelt, den es erreichen kann. Eltern hoffen, dass sich ihre Kinder entfalten, dass sie sich entwickeln und etwas erreichen, was sich
noch nicht abzeichnet, wenn sie erst zehn Jahre alt sind. Überall ist belegt, dass das so nicht geht, wie Sie es wollen. Aber Niedersachsen tut so, als wisse es alles besser, und verharrt in ideologischen Scheuklappen.
Sie merken nicht, worum es eigentlich geht. Was erwarten Sie denn noch? PISA hat uns doch gezeigt, dass im dreigliedrigen System im internationalen Vergleich mittelmäßige Ergebnisse erreicht werden. PISA hat gezeigt, dass 25 % unserer 15-Jährigen auf der niedrigsten Kompetenzstufe sind.
Das können Sie nachlesen, das wissen wir alle. Aber Sie scheinen Meister im Verdrängen zu sein. Sie nehmen nicht wahr, was um Sie herum passiert. Die Gesamtschulen sind die einzige öffentliche Schulform, die es ermöglicht, dass sich Kinder in Ruhe entfalten und nicht zu früh festgelegt wird, wozu sie sich eignen.
Sie sollten den Elternwillen respektieren. Sie sollten für Veränderungen offen sein und wahrnehmen, was um Sie herum geschieht.
- Herr Klare, wenn wir hier in Niedersachsen ganz viele achtzügige Gymnasien hätten,
würden Sie davon sprechen, dass große Systeme nicht erstrebenswert sind. Das wissen wir doch. Das wäre pädagogischer Unfug.
Es geht darum, dass wir etwas in unserem Schulsystem verändern, dass wir die Verknüpfung von Herkunft und Bildungschancen aufbrechen. Wir müssen doch nach vorne schauen und Qualität in
die Schule bringen. Wir brauchen mehr Abiturienten und mehr Fachkräfte.
- Ich kann leider nicht sehen, wie viel Redezeit ich noch habe.
Achten Sie darauf, dass das Kind in den Mittelpunkt gestellt wird, dass wir Kinder nicht mehr von ihren Defiziten her betrachten, dass wir sie nicht zu früh einteilen, sondern ihnen den Weg offenhalten. Wir sind davon überzeugt, dass unser Konzept der gemeinsamen Schule es Kindern ermöglicht, ihre Potenziale zu entfalten. Wir haben nicht die Absicht, fundamentalistische Debatten zu führen, wie sie die FDP mit ihrem Wahlplakat „Rote Einheitsschule - Nein“ eingeläutet hat. Das ist abwegig. Wir werden den Elternwillen respektieren. Wir werden nichts gegen den Elternwillen unternehmen.
Vielmehr werden wir überzeugen können. Der Begriff „Einheitsschule“, den Sie so negativ gebrauchen, wird Eltern nicht davon abhalten, zu erkennen, dass dies ein guter Weg ist. Wir werden den Eltern aber die Wahl lassen. Darum sage ich noch einmal: Weg mit den ideologischen Scheuklappen. - Dann kümmern wir uns um die Kinder, ohne uns immer wieder Steine in den Weg zu legen und zu unterstellen, Kinder seien mit zehn Jahren schon so weit, dass man bereits beurteilen könne, wohin ihr Weg sie führt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Rösler, bei Ihren ersten Sätzen wusste ich nicht so recht, ob das eine Beschwörung oder das Pfeifen im Walde war.
Sie wissen doch, dass die SPD-Fraktion lange vor Ihnen einen Antrag auf Einführung der Beitragsfreiheit für ein Kindergartenjahr gestellt hat.
Sie wissen doch, dass Herr Busemann diesen Antrag in die Kategorie „Unverantwortliches“ eingeordnet hat. Die Wahl rückt näher, und - auch das muss man sagen - die Steuermittel fließen. Schon ist einiges möglich, was vorher noch mit großem Hallo abgelehnt wurde.
Sie kreieren jetzt etwas ganz Neues. Sie haben sich sehr kurz gefasst. Ihre Rede war wirklich sehr, sehr kurz.
Heißt das, dass Sie gar nicht so genau wissen, wo es langgehen soll?
Ein solches Gutscheinsystem ist ausgesprochen schwierig, wenn das erreicht werden soll, was hoffentlich wir alle erreichen wollen, nämlich eine qualitativ gute frühkindliche Bildung. Es reicht nicht, hier ein paar Worte einzuwerfen und vom Wechsel von der Objektförderung zur Subjektförderung zu sprechen.
Das haben Sie auch gegenüber einer Zeitung gesagt. Das mag ja gut klingen. Das ist vielleicht ganz gutes Wahlkampfgeschrei. Es mag auch zur Profilierung dienen. Hier geht es aber um etwas ganz anderes. Es geht wirklich um die Kinder. Die Zukunft der Kinder hängt nicht von einem Paradigmenwechsel in der Finanzierung ab. Das Wort „Paradigmenwechsel“ wird inzwischen ohnehin inflationär benutzt.
In den letzten 40 Jahren gab es immer mal wieder Versuche, solche Gutscheinsysteme einzuführen. Bisher hat aber kein Versuch lang genug gedauert, um ihn gut evaluieren zu können. Auch das muss man sich klarmachen. Ein Beispiel ist Hamburg. Hamburg hat im Jahr 2003 das Gutscheinsystem eingeführt. Nach ganz kurzer Zeit sprach man von der „Kita-Krise“, und der verantwortliche Senator musste zurücktreten.
Das System ist inzwischen verbessert worden. Worüber redet man aber in Hamburg? - Die Eltern und Fachleute sagen: Was ist mit der Qualität der Kindergärten? Gibt es ein Absinken der Qualität? - Das behaupten nämlich ganz viele. - Wie gehen Mittelstandsschichten und Menschen aus bildungsfernen Schichten damit um? Sind sie nicht vielleicht überfordert? - All das sind Diskussionspunkte. Wenn Sie hier ein solches System fordern,
dann müssen Sie diese Fragen klären. Ich frage mich wirklich, warum Sie dieses Thema so en passant in einer Aktuellen Stunde einbringen.
Ich meine, Sie müssen sich schon die Mühe machen, hier ein Konzept vorzulegen, das wir dann auch gerne mit Ihnen diskutieren.
Wir haben in Bezug auf die frühkindliche Bildung Grundsätze.
Daran wollen wir nicht rütteln lassen. Es geht darum - dabei sind wir wohl einer Meinung -, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern. Deswegen brauchen wir ein viel größeres Angebot an Ganztags- und Krippenplätzen.
Wir wissen, dass Erwerbstätigkeit die beste Armutsprävention ist. Es ist für uns sehr wichtig, dies im Rahmen des Angebots deutlich zu machen. Wir sprechen über die Qualität der Angebote, weil wir wissen, dass die ersten Lebensjahre die entscheidenden sind, wenn ein Kind Bildungserfolg haben soll.
Wir wissen, dass benachteiligte Kinder in den ersten Lebensjahren am leichtesten in der Lage sind, Benachteiligungen auszugleichen, wenn man sie unterstützt.
Diese Rahmenbedingungen stehen für uns fest. Wenn Sie sich mit uns darauf einigen können, dass diese Ziele nicht gefährdet werden, dann sind wir auch bereit, über Finanzierungsmodelle zu reden. Aber diese Ziele stehen für uns fest. Das meinen wir, wenn wir von der Zukunft der Kinder und von erfolgreicher Förderung reden. Die Finanzierung ist wichtig, aber die Ziele, die ich eben genannt habe, dürfen nicht gefährdet werden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor zehn Monaten hat dieses Haus in großer Hast das Gesetz zur Einführung der Eigenverantwortlichen Schule gegen die Stimmen der SPD-Fraktion verabschiedet. Zur Begründung wurde gesagt, die Schulen sollten genügend Zeit haben, um sich bis zum Inkrafttreten am 1. August 2007 auf die Veränderungen vorzubereiten. Hat sich das durch die Eile entstandene Beratungstohuwabohu wirklich gelohnt? Die Praxis zeigt: Nein.
Mein Kollege Poppe hat gestern bereits darauf hingewiesen, wie viele handwerkliche Fehler beseitigt werden müssen. Das ist das eine.
Das andere ist dies: Am 1. August 2007 geht es zwar de jure mit der Eigenverantwortlichkeit in Niedersachsen los, aber nicht de facto; denn die Schulen sind nicht vorbereitet. Sie konnten sich nicht vorbereiten; denn erst seit Januar liegt der Erlassentwurf betreffend Übertragung erweiterter Entscheidungsspielräume an Eigenverantwortlichen Schulen vor. So lange hat es gedauert, bis Sie etwas zustande bekommen haben, Herr Busemann. Die Anhörung ist gerade erst abgeschlossen. Die endgültige Fassung wird den Schulen erst kurz vor den Schulferien vorliegen. Dann erst werden die Schulen wissen, welche Möglichkeiten der Gestaltung sie haben.
Sehr geehrte Damen und Herren, ein wirkungsvolles Unterstützungssystem fehlt. Eine Budgetausweitung wird auch im Nachtragshaushalt wahrscheinlich nicht erfolgen. Wir werden es sehen. Herr Busemann, Sie haben die durch die Gesetzesverabschiedung gewonnene Zeit nicht genutzt. Sie haben getrödelt und schließlich einen Erlassentwurf vorgelegt, der an Halbherzigkeit kaum zu überbieten ist. Die sogenannten Bertelsmannschulen sind maßlos enttäuscht, und zwar zu Recht. Der Erlassentwurf ist von dem Grundsatz getragen: Es darf nichts kosten. Ohne finanziellen Einsatz, ohne Beratungs- und Unterstützungssysteme ist eine Eigenverantwortliche Schule aber nicht zu haben.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert getreu ihrer Ankündigung und sozusagen als Gegenstück
zum Erlassentwurf des Kultusministeriums mehr Gestaltungsräume für die Schulen. Lassen Sie mich hier etwas Grundsätzliches einflechten. Die SPD-Fraktion hat das Gesetz zur Eigenverantwortlichen Schule nicht mitgetragen, weil wir bis heute der Überzeugung sind, die Hierarchisierung der Entscheidungsbefugnisse und die geringe Gestaltungsfreiheit behindern die Entwicklung einer selbstständigen Schule. Die SPD-Fraktion wollte die pädagogische Arbeit der Schulen zum Ausgangspunkt der Gestaltungsfreiheit machen und den Schulen eine Rechtsgrundlage für souveränes Handeln geben. Stattdessen wird nun der Spielraum von oben vorgegeben. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat diesen Paradigmenwechsel allerdings mitgetragen. Sie hat mitgetragen, dass die Gestaltungsspielräume der Schulen am Gängelband des Kultusministers hängen. Ihr Antrag, mit dem Sie, Frau Kollegin Korter, diesen Paradigmenwechsel folgerichtig mittragen, ist andererseits aber auch erstaunlich, weil Sie nicht nur das Abweichen von Erlassen, sondern auch die Möglichkeit zum Abweichen von Rechtsverordnungen fordern, was im Gesetz so ja gar nicht vorgesehen ist. Das trifft für den Verzicht auf das Sitzenbleiben zu. Die Forderungen, auf das Sitzenbleiben zu verzichten und Ziffernzeugnisse durch Berichtszeugnisse zu ersetzen, sind in unserem Sinne. Für Ersteres, Frau Korter, haben wir hier im Landtag auch schon gemeinsam gestritten. In der Besprechung des Antrags im Ausschuss wurde sicherlich aber auch Ihnen deutlich, dass vieles, was Sie in den ersten vier Punkten fordern, glücklicherweise bereits heute möglich und zum großen Teil als erledigt zu betrachten ist. Dies schadet natürlich der Überzeugungskraft des Antrags insgesamt.
Herr Minister, die 45-minütige Unterrichtsstunde als nötige Berechnungsgrundlage für die Lehrerarbeitszeit muss ja nicht ins Wanken geraten, wenn Schulen Unterrichtszeit kreativ flexibilisieren.
- Das tun sie ja; eben.
Sehr geehrte Damen und Herren, der zweite Teil des Antrags beschäftigt sich mit den Ressourcen, die den Schulen zur Eigenverantwortlichkeit zur Verfügung stehen. Wenn ab dem 1. August die Schulen die Eigenverantwortlichkeit umsetzen
wollen, werden sie das ohne Budget bewerkstelligen müssen. Das ist ein schlechter Start. Schon bei der Aufstellung des Haushaltsplans für das laufende Jahr hat die Opposition dies moniert. Im laufenden Schuljahr ein Budget aus den zur Verfügung stehenden Mitteln des Ministeriums freizuschaufeln, ginge zulasten der Unterrichtsversorgung. Löcher auf Kosten der Unterrichtsversorgung zu stopfen, ist ein Mittel, das jetzt schon vom Kultusminister überstrapaziert wird; man muss nur einmal an die zahlreichen Abordnungen denken. Das Fehlen eines Budgets ist ein weiteres Beispiel dafür, wie zögerlich diese „Jahrhundertreform“ in die Umsetzung entlassen wird.
Bei der Forderung nach einem Personalbudget bleibt die Frage, wie weit dies durchdacht ist. Die SPD-Fraktion bleibt dabei, dass es Aufgabe des Landes ist, für ein möglichst gleichwertiges Bildungsangebot in allen Regionen des Landes zu achten. Das Land muss also den Lehrkräfteeinsatz steuern.
Der Vorschlag im letzten Punkt, Lehrkräfte je nach Qualifikation, Erfahrung, Alter und gesundheitlicher Verfassung flexibel für verschiedene schulische Tätigkeiten einzusetzen, sprengt diesen Antrag. Abgesehen von der Schwierigkeit, den Begriff „gesundheitliche Verfassung“ zu definieren, bleibt auch die Frage, ob Lehrerinnen und Lehrer ohne ihre Zustimmung für nichtunterrichtliche Bereiche eingesetzt werden können. Ein solcher Vorschlag bedarf, glaube ich, erheblicher Vorbereitung.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben in unserer Fraktion diesen Antrag gründlich diskutiert. Wie erläutert, halten wir Teile für unterstützenswert. Aber dieser Antrag steht als Ganzes zur Abstimmung, und in seiner Gänze müssen wir ihm unsere Zustimmung versagen. Dies fällt uns nicht leicht; denn, sehr geehrte Damen und Herren von CDU und FDP, auch die SPD sieht Handlungsbedarf bei der Einführung der Eigenverantwortlichen Schule. Wir befürchten, Ihre Vorgehensweise, Herr Minister Busemann, gefährdet das Ziel der selbstständigen Schulen mehr, als sie ihm nützt.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal gemeldet, um einer Legendenbildung vorzubeugen.
Herr Busemann, Sie haben gerade gesagt, der 23. Oktober 2002 war für Sie ein besonderer Tag, weil Sie da die Forderung aufgestellt haben, ein Kindergartenjahr beitragsfrei zu machen. Man könnte meinen, dass Sie von diesem Tage an darauf hingearbeitet haben, den heutigen Freudentag zu erleben,
nämlich hier die erste Beratung zur Beitragsfreiheit eines Kindergartenjahres zu führen.
Wenn man sich die Daten anschaut, stellt man natürlich fest: Der 23. Oktober 2002 war kurz vor der Wahl. Auch jetzt stehen wir vor einer Wahl. Es ist ja toll, wenn Sie vor Wahlen immer so aktiv werden und es Ihnen gelingt, dazwischen wirklich nichts zu tun.
Ich wiederhole: Dazwischen tun Sie nichts. Sie haben die Zeit einfach überbrückt.
Zu Beginn dieser Legislatur haben Sie gesagt, Sie wollen ein Finanzkonzept erarbeiten. Damit haben Sie sich viel Zeit gelassen. Die Grünen haben einen Antrag gestellt, das endlich vorzulegen. Dann haben wir im vorigen Jahr, im Sommer, einen Gesetzentwurf zur Beitragsfreiheit eines Kindergartenjahres eingebracht. Da war hier ja etwas los:
Das ist ja alles zu teuer, das kann man alles nicht, das ist völlig daneben!
Nein. - Rechtzeitig zur Wahl haben Sie jetzt wieder ein Geschenk und werden Sie großzügig und spendabel.
Herr Busemann, ich finde es immer besonders entzückend,
wenn Sie sich - wie gerade geschehen - hier hinstellen und alles aufzählen, was in der frühkindlichen Bildung unter Ihrer Führung geschehen ist.
Haben Sie schon einmal etwas von Produktpiraterie gehört? - Mir kommt es immer so vor.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mitte Januar ist die SPD-Fraktion mit ihrer Initiative „Recht auf Ausbildung“ an die Öffentlichkeit getreten, die dem heute vorliegenden Antrag zugrunde liegt.
Die Reaktion des Kultusministers kam im Januar postwendend. Von Fata Morgana war die Rede und von horrenden Summen, die eine Umsetzung unseres Vorschlages bei den berufsbildenden Schulen verursachen würde. Sie wirkten etwas aufgeschreckt, Herr Minister, und Ihre harsche Kritik nicht ganz glaubwürdig. Schließlich planen auch Sie vollzeitschulische Berufsausbildung an berufsbildenden Schulen.
Trotz der ablehnenden Reaktion gehe ich davon aus: Jungen Menschen den Weg in einen Beruf, in eine ökonomisch gesicherte Existenz, in ein selbstbestimmtes Leben zu ebnen, liegt in unser aller Interesse.
Seit Mitte der 80er-Jahre geht das Ausbildungsangebot im dualen System zurück, stehen immer weniger Ausbildungsplätze einer größer werdenden Zahl von Schulabgängern und -gängerinnen gegenüber. Ebenfalls seit den 80er-Jahren hat sich ein ausdifferenziertes Übergangssystem entwickelt. Die einen werden nachqualifiziert, die anderen weiterqualifiziert. Das Erreichen überhaupt eines Schulabschlusses oder eines höherwertigen Schulabschlusses ist aber keine Garantie dafür, im zweiten Anlauf einen Ausbildungsplatz zu ergattern. Also wird eine weitere Warteschleife gedreht. Danach stehen die sogenannten Altbewerber und Altbewerberinnen wieder in Konkurrenz zu den neuen Schulabgängern.
Trotz Ausbildungspakt und von der BA finanzierter Einstiegspraktika verschärft sich die Lage am Ausbildungsmarkt. In nicht unerheblichem Maße hat dies mit den Altbewerbern und Altbewerberinnen zu tun; denn durch sie wird die Nachfrage immer größer. Im Ausbildungsjahr 2005/2006 war die Zahl der Bewerber und Bewerberinnen des aktuellen Entlassungsjahres zum ersten Mal geringer
als die Zahl der Schulabgänger und Schulabgängerinnen aus den vergangenen Jahren. Inzwischen liegt die Altbewerberquote unter den nicht vermittelten Jugendlichen bundesweit bei 64 %. 2005 waren es noch knapp 53 %. Die Bugwelle der Altbewerber steigt an.
Wie fühlen sich junge Menschen, die zwei, drei oder mehr Jahre in Warteschleifen verbracht haben? Haben sie sich in einem andauernden Schülerdasein eingerichtet? Ist ihre Motivation, einen Beruf zu erlernen, gestiegen oder nicht eher gesunken? Sind sie verzweifelt, oder reicht es ihnen, über die Runden zu kommen? Was ist mit ihrem Selbstwertgefühl? Wie sieht ihre Zukunft aus? Wir dürfen es nicht hinnehmen, wenn junge Menschen ihre Zukunft verlieren. Wir dürfen nicht zuschauen, wenn hier sozialer Sprengstoff entsteht.
Wir dürfen auch nicht die wirtschaftlichen Folgen außer Acht lassen; denn es geht auch um die Versorgung der Wirtschaft mit Fachkräften. Wenn die Schäden nicht irreversibel werden sollen, müssen wir jetzt handeln. In Niedersachsen befinden sich zurzeit etwa 40 000 junge Menschen in Übergangssystemen. Viele erreichen erst hier die Berufsreife. Vielen gibt die berufbildende Schule die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten mit einem Berufsziel zu verbinden.
Für viele Jugendliche gilt aber: Ihre beruflichen Perspektiven werden im Übergangssystem nicht verbessert. Sie drehen eine Warteschleife nach der anderen, um ihre Schulpflicht zu erfüllen, um von der Straße herunter zu sein. Dieser Teil der berufsbildenden Schule hat sich immer mehr aufgebläht und verschlingt Finanzmittel, die an anderer Stelle eingesetzt werden könnten. Entstanden ist auch in Niedersachsen eine Bugwelle von Altbewerbern und -bewerberinnen.
Junge Menschen nicht ihre Lebenszeit in Warteschleifen vergeuden zu lassen, sondern sie in einem Beruf auszubilden, das ist der richtige Weg, und das ist Nachhaltigkeit. Anders als die Grünen fordern wir von der Landesregierung nicht die Erstellung eines Konzepts. Wir legen ein Konzept vor.
Wir sind bereit, das Konzept mit allen Fraktionen zu diskutieren und in eine gemeinsam zu findende, endgültige Form zu gießen.
Herr Busemann, Sie haben in Ihrem Hause das Angebot einer dualkooperativen Ausbildung in den berufsbildenden Schulen erarbeiten lassen, die auf einer einjährigen Berufsfachschule basiert und mit der Kammerprüfung abschließen soll. Das geht nur, weil § 43 des Berufsbildungsgesetzes das ermöglicht. Es wird also Zeit, dass Sie, Herr Busemann, diesen Weg durch Rechtsverordnung des Landes sichern.
Den Abschluss mit Kammerprüfung enthält auch unser Konzept. Der Unterschied liegt darin, dass Sie die vollzeitschulische Ausbildung als Schulversuch anbieten wollen. Ein Schulversuch, Herr Minister, ist uns zu zögerlich.
Ich habe bereits dargelegt, warum mehr geschehen muss. Der SPD-Fraktion geht es darum, die entstandene Bugwelle abzubauen. Deswegen nennen wir die Zahl 10 000. 10 000 Ausbildungsplätze sollen entstehen, verteilt auf die 136 berufsbildenden Schulen in unserem Lande. Die Berufsschulen sollen mit allen Akteuren vor Ort festlegen, welche Berufe in der Region zukunftsfähig sind und in denen ausgebildet werden soll. Mit dem Aufbau des neuen Ausbildungsangebotes muss ein Abbau von Warteschleifen einhergehen. Die niedersächsischen berufsbildenden Schulen sind insgesamt gut ausgestattet. In einer Reihe von Gesprächen wurde uns die Möglichkeit einer vollzeitschulischen Ausbildung bestätigt. Die Schulen fühlen sich für einen solchen Weg gut gerüstet.
In den Gesprächen, die wir seit Dezember geführt haben, haben wir eine Reihe kluger Anregungen erhalten. Das ist sicherlich im Ausschuss näher zu erläutern.
Die zwei häufigsten Bedenken bei unseren Gesprächen, besonders mit Kammervertretern, waren zum einen, ob dadurch Ausbildungsplätze substituiert werden, und zum anderen, ob es bei einem solchen Angebot nicht noch schwerer wird, Lehrstellen in bei Jugendlichen unbeliebten Berufen zu besetzen.
Zum ersten Einwand möchte ich sagen: Die Unternehmen und der Bund haben sich vor wenigen Tagen bei der Verlängerung des Ausbildungspaktes zu ihrer Verantwortung bekannt. Wer dazu und zum dualen System steht, wird eine Entlastung durch ein befristetes Modell nicht ablehnen.
Zum zweiten Einwand: Unser Konzept soll berufsreifen jungen Menschen offenstehen, die sich in Warteschleifen befinden. Voraussetzung ist das nachweislich erfolglose Bemühen um einen Ausbildungsplatz, womöglich auch die Teilnahme an Nachvermittlungsaktionen. Es wäre nicht im Sinne der SPD-Fraktion, einen „bequemen Weg“ zu eröffnen. Wenn die vollzeitschulische Ausbildung der dualen Ausbildung gleichwertig sein soll, müssen die Jugendlichen hochmotiviert sein. In den vergangenen Jahren sind verschiedene Sonderprogramme aufgelegt worden, um eine Entspannung des Ausbildungsmarktes zu erreichen. Darüber, wie Erfolg und Wirtschaftlichkeit zu bewerten sind, gibt es verschiedene Ansichten, wie auch Anfang Februar der Auseinandersetzung zwischen Bundesagentur für Arbeit und Bundesrechnungshof zu entnehmen war.
Für die SPD-Landtagsfraktion ist es wichtig, jungen Menschen in einem transparenten Prozess eine Berufsausbildung zu ermöglichen. Sie sollen Auszubildenden im dualen System gleichgestellt sein - das betrifft Rechte und Pflichten -, und dies soll eine Ausbildungsbeihilfe und Sozialversicherungsbeiträge einschließen.
Für Jugendliche im EQJ-Programm zahlt die Bundesagentur monatlich 102 Euro Sozialversicherungsbeiträge plus eine Vergütung von 192 Euro. 270 Millionen Euro Fördermittel hat das Bundesarbeitsministerium seit 2004 aus Steuergeldern in die Einstiegspraktika fließen lassen. Warum soll für ein Sonderprogramm, an dessen Endpunkt 10 000 Jugendliche mit Berufsabschluss stehen, nicht auch Finanzmittel bereitgestellt werden können?
Es bedarf des Willens und der Anstrengungen des Landes, ein vollzeitschulisches Ausbildungssonderprogramm mit den Möglichkeiten der Bundesagentur kompatibel zu machen. Die Eckpunkte unseres Konzepts können Sie dem vorliegenden Antrag entnehmen. Es würde meinen zeitlichen Rahmen sprengen, hier auf alles einzugehen.
Mehrmals habe ich bereits auf die Befristung unseres Konzeptes hingewiesen - die Befristung auf sieben Jahre macht zwei Ausbildungsgänge nacheinander möglich -; denn es muss vor Ort entschieden werden, in welcher zeitlichen Abfolge und in welcher Stärke die vollzeitschulische Ausbildung durchgeführt werden soll.
Die SPD-Fraktion will das duale System nicht gefährden. Sicherlich wird es sich gerade auch innerhalb des Kopenhagen-Prozesses und der Bemühungen um einen europäischen Qualitätsrahmen für Berufsbildung entwickeln. Verwirklicht werden und gelingen kann unser Konzept nur, wenn alle an Berufsausbildung Beteiligten - Schulen und Verbände, Kammern und Kommunen, Landesregierung und Politik - sich zusammentun und an einem Strang ziehen.
Die SPD-Fraktion ist aber auch davon überzeugt, dass das Engagement des Landes für Berufschancen Jugendlicher steigerungsfähig ist. Eine Ablehnung aus finanziellen Gründen lassen wir nicht gelten. Schon durch den Umbau eines Teils der Warteschleifen werden Lehrkräfte und Räume frei für die Umsetzung vollzeitschulischer Berufsausbildungsangebote.
Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthält in der Argumentation vieles aus unserem Antrag, bleibt aber dabei stehen, Konzepte einzufordern. Eine große Rolle nimmt im Beschlusstext die Modularisierung ein. Das lässt sich durchaus kritisch sehen, wenn damit die Fragmentierung von Ausbildungsgängen gemeint ist. Wir halten uns mit unserem Konzept an § 4 des Berufsbildungsgesetzes, in dem es heißt: „Für einen anerkannten Ausbildungsberuf darf nur nach der Ausbildungsordnung ausgebildet werden.“
Der Forderung im letzten Spiegelstrich des Grünen-Antrags, Jugendliche mit besonderen Schwierigkeiten durch die Errichtung von Produktionsschulen eine zweite Chance zu geben, schließen wir uns voll an. Wir halten dies für einen sinnvollen Weg, dessen Erfolg allerdings sehr vom Engagement vor Ort abhängig ist. Vom Engagement vor Ort ist natürlich auch die Umsetzung unseres Konzeptes abhängig.
Lassen Sie mich zusammenfassen: Es ist einfach nutzbringender, Ausbildung zu finanzieren als Nichtausbildung. Deswegen schlagen wir vor, statt mit Manpower, Zeit und Geld Warteschleifen vorzuhalten, Manpower, Zeit und Geld in Berufsausbildung zu investieren.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bundesfamilienministerin Frau von der Leyen fordert, die Zahl der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren auf rund 750 000 zu verdreifachen. Nach diesem Vorstoß hat sich Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen nach Meldungen des Stern vom 21. Februar 2007 außerdem für ein „Pflichtvorschuljahr für alle Kinder“ ausgesprochen. Es solle dem Schulbeginn vorangestellt werden und die Vorbereitung auf die Schule verbessern.
Nun hat die Forderung nach einer Vorschule oder Vorklasse gerade in Niedersachsen eine lange wechselvolle Geschichte. Gerade von konservativer Seite ist sie, insbesondere aus ideologischen Gründen, immer abgelehnt worden. Im Grundgesetz heißt es dazu im Artikel 7 Abs. 6:
„Vorschulen bleiben aufgehoben.“
Der Artikel findet seine Begründung in der Weimarer Republik; denn im Kaiserreich hatte es Vorschulen allein für Kinder von Reichen gegeben, die dort auf das Gymnasium vorbereitet wurden.
Mit Blick auf die verfassungsrechtliche Situation in Deutschland wird eine Vorschulpflicht ohne Verfassungsänderung als nicht umsetzbar angesehen. Es kommt hinzu, dass nach der Föderalismusreform I eine Mitfinanzierung des Bundes, wie von Frau von der Leyen angeboten, ausgeschlossen ist.
Auch ist ein Zugriff auf bisher im Ehegattensplitting verwendete finanzielle Mittel für Belange der frühkindlichen Bildung aus ideologischen Gründen, gerade von konservativer Seite, immer abgelehnt worden. Hier sieht man eher eine Lösung in der Erweiterung des Ehegattensplittings in Richtung eines Familiensplittings. Dies führte aber zu zusätzlichen Belastungen der öffentlichen Haushalte. Überlegungen, nötige Steigerungen des Kindergeldes bei gleichzeitigem Wegfall von Kinderfreibeträgen zur Finanzierung frühkindlicher Bildung zu verwenden, werden von CDU/FDP ebenfalls abgelehnt.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: