Protokoll der Sitzung vom 26.01.2006

(CDU) Vizepräsident Ulrich B i e l (SPD) Vizepräsidentin Ulrike K u h l o (FDP) Vizepräsidentin Silva S e e l e r (SPD) Vizepräsidentin Astrid V o c k e r t (CDU) Schriftführer Lothar K o c h (CDU) Schriftführerin Georgia L a n g h a n s (GRÜNE) Schriftführer Wolfgang O n t i j d (CDU) Schriftführerin Christina P h i l i p p s (CDU) Schriftführer Friedrich P ö r t n e r (CDU) Schriftführerin Isolde S a a l m a n n (SPD) Schriftführerin Bernadette S c h u s t e r - B a r k a u (SPD) Schriftführerin Brigitte S o m f l e t h (SPD) Schriftführerin Irmgard V o g e l s a n g (CDU) Schriftführerin Anneliese Z a c h o w (CDU)

Auf der Regierungsbank:

Ministerpräsident Christian W u l f f (CDU)

Minister für Inneres und Sport Staatssekretär Dr. Roland K o l l e r , Uwe S c h ü n e m a n n (CDU) Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport

Finanzminister Staatssekretär Dr. Lothar H a g e b ö l l i n g , Hartmut M ö l l r i n g (CDU) Niedersächsisches Finanzministerium

Ministerin für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit Mechthild R o s s - L u t t m a n n (CDU)

Staatssekretärin Dr. Christine H a w i g h o r s t , Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit

Kultusminister Bernhard B u s e m a n n (CDU)

Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Staatssekretär Joachim W e r r e n , Walter H i r c h e (FDP) Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr

Minister für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Hans-Heinrich E h l e n (CDU)

Justizministerin Staatssekretär Dr. Jürgen O e h l e r k i n g , Elisabeth H e i s t e r - N e u m a n n Niedersächsisches Justizministerium

Minister für Wissenschaft und Kultur Staatssekretär Dr. Josef L a n g e , Lutz S t r a t m a n n (CDU) Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur

Umweltminister Hans-Heinrich S a n d e r (FDP)

Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr.

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 80.Sitzung im 28. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 15. Wahlperiode.

Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 19, den Dringlichen Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort.

Zu Tagesordnungspunkt 30 - „Verzicht auf Jagdpacht für Bundes- und Landesstraßen - kein Bürokratiemonster schaffen!“ - hat die antragstellende Fraktion ihren Antrag auf Durchführung einer ersten Beratung zurückgezogen; dieser Tagesordnungspunkt soll lediglich zum Zweck der Ausschussüberweisung aufgerufen werden.

Die heutige Sitzung soll damit gegen 18.35 Uhr enden.

An die rechtzeitige Rückgabe der Reden an den Stenografischen Dienst - bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr - wird erinnert.

Es folgen jetzt die geschäftlichen Mitteilungen durch die Schriftführerin Frau Vogelsang.

Guten Morgen, meine sehr verehrten Damen und Herren. - Es haben sich für heute entschuldigt: von der Landesregierung der Finanzminister, Herr Möllring, vormittags, von der Fraktion der CDU Frau Klopp, von der Fraktion der SPD Frau Bührmann und Frau Saalmann, von der Fraktion der FDP Herr Dürr und Herr Dr. Rösler, nachmittags, sowie von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Wenzel.

Ich komme jetzt zu

Tagesordnungspunkt 19: Dringliche Anfragen

Es liegen drei Dringliche Anfragen vor. Wir beginnen mit

a) Die Nutzung von Biogasanlagen - Fluch oder Segen für die niedersächsische Landwirtschaft? - Anfrage der Fraktion der CDU - Drs. 15/2558

Die Dringliche Anfrage wird von Herrn Langspecht vorgetragen. Ich erteile ihm das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Aktuell werden vermehrt Vorbehalte gegen den weiteren Ausbau der Energieerzeugung aus Biogas geäußert. Für Niedersachsen ist dieser Bereich jedoch bedeutend als Beitrag zur Energieerzeugung aus nachwachsenden Rohstoffen, zur Stärkung des ländlichen Raums und als Einkommensalternative für die Landwirtschaft.

(Zustimmung von Dr. Harald Noack [CDU])

Daher fragen wir die Landesregierung:

1. Wie viele neue Biogasanlagen sind seit der Novellierung des EEG in Niedersachsen in Betrieb genommen worden, und wie viele befinden sich im konkreten Genehmigungsverfahren?

2. Welche Auswirkungen hat der Biogasboom auf die künftigen Betriebsstrukturen?

3. Wie schätzt die Landesregierung das Potenzial für die Biogasnutzung auf der Basis nachwachsender Rohstoffe in Niedersachsen ein?

Danke, Herr Langspecht. - Für die Landesregierung antwortet der Landwirtschaftsminister.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Dringliche Anfrage zum weiteren Ausbau der Energieerzeugung aus Biogas in Niedersachsen gibt mir die Gelegenheit, die grundsätzlichen Positionen der Landesregierung zur Biogasnutzung in Niedersachsen kurz darzulegen.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Unstrittig ist die Tatsache, dass wir den Anteil der erneuerbaren Energien im Rahmen der nationalen

und europäischen Energieversorgung steigern müssen. Eine neue und bedeutende Möglichkeit, dieses Ziel zu erreichen, besteht gerade in der verstärkten Erzeugung nachhaltiger Energie aus Biogas. Die Schlüsseltechnologie erneuerbare Energie bietet den Ausbau der Biogastechnik geradezu an, um für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum positive Aspekte zu schaffen.

Biogas wird in Niedersachsen auf der Grundlage einer sehr, sehr breiten Rohstoffpalette nur dezentral erzeugt. Die Anlagengröße ist außerordentlich flexibel und ermöglicht nachhaltige Nährstoffkreisläufe. Die Biogaserzeugung ermöglicht alternative Produktlinien in der Landwirtschaft, die nach den jetzigen Rahmenbedingungen auch einen Gewinnbeitrag für die Betriebe ermöglichen. Außerdem wird eine erhebliche Wertschöpfung erzielt, und es werden Arbeitsplätze im ländlichen Raum generiert.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Herr Minister, warten Sie bitte einen Augenblick! Es muss hier ruhiger werden. Diejenigen, die stehen, sollten sich setzen.

Biogas stellt aus meiner Sicht die wichtigste, aber auch die vielseitigste Form der Bioenergie in der Landwirtschaft dar. Derzeit wird in Deutschland jede dritte Kilowattstunde Strom aus Biogas in niedersächsischen Anlagen erzeugt. Die durch das EEG geförderte Stromerzeugung aus Biogas entwickelt sich im Agrarland Nummer eins zu einem echten niedersächsischen Standortvorteil mit großen Wachstums- und Bewirtschaftungsperspektiven.

Die Biogastechnologie und die Biogasnutzung werden deshalb aus Sicht der Landesregierung als zunehmender Faktor für Wirtschaft und Arbeitsplätze für den ländlichen Raum angesehen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Dringliche Anfrage wie folgt:

Zu 1: Seit der Novellierung des EEG im Frühjahr 2004 sind in Niedersachsen 204 neue Biogasanlagen am Netz und erzeugen mit einer installierten elektrischen Leistung von etwa 140 Megawatt jähr

lich schätzungsweise 950 000 Megawattstunden Strom pro Jahr. Damit hat sich die Gesamtzahl der Biogasanlagen in Niedersachsen auf 430 erhöht.

Hier werden Wachstumskräfte sichtbar, die wir so dringend auch im Hinblick auf die Erhaltung bestehender und die Schaffung neuer Arbeitsplätze benötigen. Mit dem enormen Zuwachs an meist landwirtschaftlichen Biogasanlagen ist ein großes Investitionsvolumen von etwa 300 Millionen Euro im ländlichen Raum verbunden. Darüber hinaus befinden sich etwa 140 weitere Biogasanlagen derzeit im konkreten Genehmigungsverfahren oder in der Planung. Sie werden größtenteils im Jahre 2006 in Betrieb gehen.

Neu ist, dass der Schwerpunkt des Zuwachses an Biogasanlagen nun nicht mehr in den niedersächsischen Zentren der tierischen Produktion in Südoldenburg liegt. Vielmehr sind die meisten Anlagen in den Regionen mit flächenstarken landwirtschaftlichen Betrieben wie in den Landkreise Uelzen, Celle oder Gifhorn sowie in den bevorzugten Ackerbauregionen im Großraum Hannover, Hildesheim oder Braunschweig gebaut oder geplant.

Anders als in der Vergangenheit handelt es sich nicht um Biogasanlagen, die Gülle mit Bioabfällen einsetzen, sondern fast ausnahmslos um Anlagen, die Energiepflanzen mit oder ohne Gülle verwenden. In Niedersachsen werden derzeit etwa 50 000 ha Energiepflanzen wie Mais, Winterroggen und Sonnenblumen angebaut.

Zu 2: Jede Veränderung der Rahmenbedingungen, wie z. B. die Entkopplung des landwirtschaftlichen Prämiensystems oder die Förderung der Bioenergie zur Erreichung der Klimaschutzziele und zur Verringerung der Ölimportabhängigkeit, hat natürlich Einfluss auf die landwirtschaftliche Flächennutzung und auch auf die Betriebsstrukturen.

Für die Investitionen der Landwirtschaft in Biogasanlagen werden Kooperationen mehrerer Betriebe nicht nur befördert, sondern sie sind häufig auch wegen der hohen Investitionssumme und des Flächenbedarfs zwingend. Meist werden dadurch auch Arbeitsplätze in der Landwirtschaft gesichert. Man könnte die Biogaserzeugung als neue Möglichkeit der Veredelungswirtschaft in der Landwirtschaft betrachten, die jetzt auch in den Ackerbauregionen Fuß fasst. Mit der Nutzung von Energiepflanzenanbau für Biogasanlagen ist die Form des Vertragsanbaus von Pflanzen in der Landwirtschaft entstanden.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)