Protokoll der Sitzung vom 14.09.2006

Einen wunderschönen guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Die Beschlussfähigkeit werde ich zu gegebener Zeit feststellen.

Zur Tagesordnung möchte ich Ihnen mitteilen, dass wir die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 12 - Dringliche Anfragen - beginnen. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort. Die heutige Sitzung soll gegen 19.30 Uhr beendet sein.

Ich möchte an die rechtzeitige Rückgabe der Reden an den Stenografischen Dienst erinnern.

Es folgen nun geschäftliche Mitteilungen durch die Schriftführerin Frau Philipps. Bitte.

Es haben sich entschuldigt von der Landesregierung Ministerpräsident Herr Wulff, ab 17 Uhr, der Minister für Wissenschaft und Kultur Herr Stratmann, ab 12 Uhr, von der Fraktion der CDU Frau Schröder, von der Fraktion der SPD Herr Bachmann, Frau Wörmer-Zimmermann, Herr Nahrstedt, für den Nachmittag Herr Brockmann ab 17 Uhr.

Danke schön. Damit rufe ich jetzt auf

Tagesordnungspunkt 12: Dringliche Anfragen

Es liegen insgesamt drei Dringliche Anfrage vor, nämlich: TOP 12 a: Droht eine massive Schwächung des ökologischen Landbaues durch die Landesregierung? - Eine Anfrage der Fraktion der SPD in der Drucksache 15/3154. TOP 12 b: Gammelfleischhandel: Kriminelle ächten, Verbraucher schützen, niedersächsische Ernährungswirtschaft stärken! - Eine Anfrage der Fraktion der CDU in der Drucksache 15/3155. TOP 12 c: Minister Sander gefährdet Weltnaturerbe und Deichsicherheit

der Küste. - Eine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 15/3158.

Wir kommen zu

a) Droht eine massive Schwächung des ökologischen Landbaus durch die Landesregierung? - Anfrage der Fraktion der SPD Drs. 15/3154

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Kollegin StiefKreihe zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Droht eine massive Schwächung des ökologischen Landbaus durch die Landesregierung? Nach verschiedenen Pressemitteilungen - u. a. NordseeZeitung vom 5. Juli 2006 - beabsichtigt die Landesregierung Kürzungen bei der Förderung des Ökolandbaus. Dem Bericht zufolge beabsichtigt die Landesregierung, die Förderung für die Betriebe, die den Wunsch haben, auf Ökolandbau umzustellen, von 160 Euro pro Hektar auf 137 Euro pro Hektar zu kürzen.

Von insgesamt rund 800 Millionen Euro aus Brüssel werden derzeit in Niedersachen rund 20 Millionen Euro in die Umstellung auf Ökolandbau investiert. Der Landesverband Bioland stellt fest, dass Niedersachsen bundesweit Schlusslicht bei Agrarumweltprogrammen ist.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Trifft es zu, dass sie bei der Förderung des Ökolandbaus Kürzungen vornehmen will, und wenn ja, in welchem Umfang?

2. Teilt sie die Auffassung, dass umstellungswillige Betriebe besonders zu fördern sind, weil diese Betriebe gerade in der Umstellungsphase unvermeidliche finanzielle Extrabelastungen zu tragen haben?

3. Ist sie der Auffassung, dass die zweistelligen Wachstumsraten im Biolandbau gerade für das Agrarland Nummer eins in Deutschland belegen, dass hier ein erhebliches Wertschöpfungspotenzial für den ländlichen Raum vorhanden ist und dass deshalb die Förderung ökonomisch und ökologisch besonders sinnvoll ist?

Danke schön, Frau Stief-Kreihe. - Für die Landesregierung: Herr Minister Ehlen, bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Geschäft mit den ökologischen Lebensmitteln wächst derzeit überproportional. So stieg z. B. der Absatz dieser Produkte in den letzten beiden Jahren um jeweils 15 % auf nunmehr 4 Milliarden Euro. Besonderen Anteil an der positiven Entwicklung haben die Biosupermärkte mit ihrem Vollsortiment sowie der Einstieg fast aller großen Lebensmittelketten in diesen Markt. Auch in Niedersachsen hat sich die ökologische Land- und Ernährungswirtschaft in den vergangenen Jahren beachtlich weiterentwickelt. So hat sich die Fläche in den letzten sechs Jahren von 27 000 ha auf 64 000 ha mehr als verdoppelt. Niedersachsen belegt damit im bundesweiten Vergleich den fünften Platz.

Dass die niedersächsischen Biobauern ihr Geschäft verstehen,

(Zustimmung bei der CDU)

belegen betriebswirtschaftliche Vergleichsrechnungen auf nationaler Ebene, bei denen sie im Durchschnitt in der Regel vordere Plätze belegen.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Die niedersächsischen Biobetriebe haben beispielsweise bei der Produktion von Kartoffeln, Feldgemüse, Eiern und Obst eine bundesweite Spitzenstellung erreicht. In der allgemeinen Diskussion wird die gestiegenen Bedeutung der ökologischen Ernährungswirtschaft in Niedersachsen viel zu wenig beachtet. In Niedersachsen sind mittlerweile überdurchschnittlich viele Unternehmen beheimatet, die Bioprodukte verarbeiten und handeln. Wer sich hierüber einen Überblick verschaffen möchte, den lade ich ein, mit mir im nächsten Frühjahr die BioFach in Nürnberg zu besuchen. Dort kann man sehen, wie gut wir sind. Als regelmäßiger Gast in den vergangenen drei Jahren habe ich mich dort kundig machen können, wie die Marktentwicklung verläuft und auch wie unsere niedersächsischen Betriebe positioniert sind.

(Unruhe)

Einen kleinen Moment bitte, Herr Minister. Es ist unheimlich laut. Ich selbst kann Sie kaum verstehen. - Herzlichen Dank. Sie haben das Wort, Herr Minister!

Meine Damen und Herren, Fördermaßnahmen des Landes haben sehr dazu beigetragen, dass dieser Stand erreicht worden ist. Hierzu zählen insbesondere die Förderung der Kompetenzzentrums Ökolandbau Niedersachsen mit seinen sektorübergreifenden Serviceleistungen, verschiedenen Marketingmaßnahmen, die Unterstützung eines gemeinsamen Länderauftritts auf der von mir erwähnten Messe BioFach und auch die Förderung der Ökobetriebe.

Meine Damen und Herren, dies vorangestellt, beantworte ich die Fragen folgendermaßen.

Zu 1: Bedingt durch die Agrarreform mussten bundesweit im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik alle Prämien für die Agrarumweltmaßnahmen neu berechnet werden. Hierunter fällt auch die Berechnung der Höhe der Förderung für die ökologisch bewirtschafteten Flächen. Gemäß GAK ergibt sich aus den Neuberechnungen der Satz von 137 Euro pro Hektar Acker- und Grünland anstatt bisher 160 Euro pro Hektar. Niedersachsen beabsichtigt, diesen bundesweit abgestimmten Durchschnittssatz für die Beibehalter und auch für die Umsteller zu zahlen.

Zu 2: Ich verwies eben darauf, dass Niedersachsen beabsichtigt, Beibehalter wie Umsteller mit einem einheitlichen Betrag in Höhe von 137 Euro pro Hektar zu fördern. Im Vergleich zu den bisher bekannten Fördersätzen anderer Bundesländer bewegt sich Niedersachsen damit wie bisher im Durchschnitt. Mit der beabsichtigten einheitlichen Prämie besteht für diese Betriebe Planungssicherheit. Betriebe, die beabsichtigen, auf den Ökolandbau umzustellen, können dann auf dieser Grundlage kalkulieren.

Ich möchte in diesem Zusammenhang aber nicht versäumen zu betonen, dass ich es schon als etwas sonderbar empfinde, wenn Sie von der SPD mir vorwerfen, dass Niedersachsen Schlusslicht bei den Ausgaben für Agrarumweltmaßnahmen sein soll. Vielmehr waren es doch Sie während

Ihrer langen Regierungszeit, die so wenige Mittel für die Agrarumweltmaßnahmen zur Verfügung gestellt haben, dass Sie regelmäßig die rote Laterne hatten. Wir liegen im Durchschnitt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, noch eine Anmerkung sei mir erlaubt, die mit Sicherheit Ihre Zustimmung findet. Wenn Mittel nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen, dann muss man Prioritäten setzen. Mit dem neuen ELER-Programm haben wir das in einem ausgewogenen Verhältnis für alle drei Achsen getan. Wie Sie wissen, können Biobetriebe nicht nur an den Maßnahmen der zweiten Achse, also den Agrarumweltmaßnahmen, teilhaben, sondern auch am AFP - das ist die erste Achse - und der ländlichen Entwicklung, also der dritten Achse. Auch so können Biobetriebe, egal ob Umsteller oder Beibehalter, sich für den Markt fit machen.

Zu Frage 3: Wie Sie meinen Vorbemerkungen richtig entnommen haben, sehe ich sehr wohl das Wertschöpfungspotenzial des ökologischen Landbaus für den ländlichen Raum. Auf vielen Vor-OrtTerminen in den vergangenen Jahren konnte ich mir zusammen mit den Vertretern der Ökoverbände einen guten Überblick über die Leistungsfähigkeit der ökologischen Land- und Ernährungswirtschaft in Niedersachsen machen. Um das Wertschöpfungspotenzial optimal zu nutzen und den Wettbewerb mit anderen Regionen weiter zu stärken, wird Niedersachsen auch weiterhin diesen Sektor fördern. Hierzu wird wie bisher ein abgestimmter Mix aus Flächenprämie und anderen Maßnahmen wie z. B. der Förderung des Kompetenzzentrums Ökolandbau gehören, der dazu beiträgt, das Angebot und die Nachfrage gleichmäßig auszuweiten. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. - Die erste Zusatzfrage. Herr Kollege Johannßen, bitte.

Schönen Dank, Frau Präsidentin! Herr Minister Ehlen hat auf den großen Zuwachs im Bereich der Ökoprodukte und auf die große Akzeptanz bei den Verbrauchern hingewiesen. Nun gibt es in den Bereichen Fleisch- und Milcherzeugung in Niedersachsen mäßige Zuwächse. Wir haben aus dem Ökolandbau gehört, dass dringend Milch- und

Fleischerzeuger gesucht werden. Beispielsweise bei der Edeka wird in Niedersachsen Biomilch aus Österreich oder Dänemark verkauft.

Ich frage die Landesregierung: Was gedenkt sie zu tun, um im Bereich der Milch- und Fleischerzeugung im Ökolandbau unterstützend einzugreifen? Gedenkt die Landesregierung auch, den Aufbau von Kapazitäten zur Verarbeitung dieser Produkte zu unterstützen?

Danke schön, Herr Kollege Johannßen. Das waren zwei Fragen. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Herr Kollege Johannßen, in der Tat haben wir zurzeit sehr tolle Steigerungsraten und kommen bei einigen Produktschienen nicht nach. Mein Haus wird wahrscheinlich noch vor Weihnachten, Anfang Dezember, eine Werbeveranstaltung durchführen, um die Chancen einer breiteren Menge von Betrieben darzustellen.

In anderen Regionen der Europäischen Union gibt es niedrigere Eingangsschwellen für Bioproduktion. Deshalb können Milch und Fleisch dort billiger erzeugt werden, und deshalb ist es für den niedersächsischen Bioerzeuger ganz schwer. Er müsste für seine Produkte etwa 50 % höhere Preise als ein konventioneller Erzeuger bekommen. Diese Preise lassen sich in Niedersachsen am Markt nicht umsetzen. Höchstens 25 oder 30 % sind zu erzielen. Deshalb sehen sehr viele niedersächsische Betriebe davon ab, auf Fleisch- und Milchproduktion für den Biomarkt umzusteigen. Das wird betriebswirtschaftlich ausgerechnet. Man kann viele Dinge ideologisch hoch ansiedeln. Aber man muss letztendlich auch von seiner Arbeit leben können. Das scheint letztendlich das Problem zu sein.

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Des- halb brauchen wir ja die zusätzliche Förderung, damit das wirtschaftlich ist! - Unruhe)

Herr Kollege Klein, Sie bekommen gleich das Wort. Ich kann Ihre Frage bei dieser Geräuschku

lisse ohnehin nicht verstehen. Deshalb warte ich, bis es etwas ruhiger ist, bevor ich dem nächsten Fragesteller das Wort gebe. - Herr Kollege Meyer, Sie haben das Wort.

Ich glaube, es ist für jeden, auch wenn er kein Fachmann ist, erkennbar, dass es für einen Landwirt ein außerordentlich gravierender Schritt ist, seinen Betrieb von konventioneller auf ökologisch ausgerichtete Produktion umzustellen. Stimmt mir die Landesregierung darin zu, dass es außerordentlich kontraproduktiv ist, wenn einem Betrieb in der Phase, in der er eine solche Umstellung plant, die Mittel gekürzt werden, wohl wissend, dass der Bedarf da ist, wie Sie gerade eben bestätigt haben? Stimmt die Landesregierung mir darin zu, dass es eine Doppelstrategie ist, auf der einen Seite den Biolandbau zu loben, ihm aber auf der anderen Seite finanziell die Füße wegzuhauen?

(Beifall bei der SPD)

Für die Landesregierung Herr Minister Ehlen, bitte.