Protokoll der Sitzung vom 20.04.2005

(CDU) Vizepräsident Ulrich B i e l (SPD) Vizepräsidentin Ulrike K u h l o (FDP) Vizepräsidentin Silva S e e l e r (SPD) Vizepräsidentin Astrid V o c k e r t (CDU) Schriftführer Lothar K o c h (CDU) Schriftführer Wolfgang O n t i j d (CDU) Schriftführerin Christina P h i l i p p s (CDU) Schriftführer Friedrich P ö r t n e r (CDU) Schriftführerin Isolde S a a l m a n n (SPD) Schriftführerin Bernadette S c h u s t e r - B a r k a u (SPD) Schriftführerin Brigitte S o m f l e t h (SPD) Schriftführerin Irmgard V o g e l s a n g (CDU) Schriftführerin Anneliese Z a c h o w (CDU)

Auf der Regierungsbank:

Ministerpräsident Staatssekretärin Dr. Gabriele W u r z e l , Christian W u l f f (CDU) Staatskanzlei

Minister für Inneres und Sport Uwe S c h ü n e m a n n (CDU)

Finanzminister Staatssekretär Dr. Lothar Hagebölling , Hartmut M ö l l r i n g (CDU) Niedersächsisches Finanzministerium

Ministerin für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit Dr. Ursula von der L e y e n (CDU)

Staatssekretär Gerd H o o f e , Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit

Kultusminister Bernd B u s e m a n n (CDU)

Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Staatssekretär Joachim W e r r e n , Walter H i r c h e (FDP) Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr

Minister für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Hans-Heinrich E h l e n (CDU)

Staatssekretär Gert L i n d e m a n n Niedersächsisches Ministerium für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Justizministerin Elisabeth H e i s t e r - N e u m a n n

Minister für Wissenschaft und Kultur Lutz S t r a t m a n n (CDU)

Umweltminister Staatssekretär Dr. Christian E b e r l , Hans-Heinrich S a n d e r (FDP) Niedersächsisches Umweltministerium

Beginn: 10.31 Uhr.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 58. Sitzung im 21. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 15. Wahlperiode.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Geschichte, die der freiheitlichen Demokratie in unserem Land vorangegangen ist, ist in diesen Tagen und Wochen an vielen Orten, wie wir wissen, außerordentlich präsent. Am Wochenende haben wir mit einer großen Zahl von internationalen Gästen und Überlebenden des Lagers Bergen-Belsen des 60. Jahrestages der Befreiung gedacht. Die Begegnungen - das darf ich wohl ganz ausdrücklich sagen - waren von großem Ernst, aber auch von ebenso großer Herzlichkeit geprägt.

In der nächsten Woche werden wir nun unter dem Titel „Erinnern für die Zukunft - 60 Jahre Kriegsende in Niedersachsen“ in Zusammenarbeit mit dem Volksbund Kriegsgräberfürsorge gemeinsam mit dem britischen und dem polnischen Botschafter eine große Gedenkfeier hier im Niedersächsischen Landtag veranstalten. Es würde - diese Anmerkung, verehrte Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir bitte - dem Ansehen unseres Parlaments außerordentlich dienlich sein, wenn eine große Zahl von Kolleginnen und Kollegen daran teilnehmen würde.

Mir ist es wichtig, dass in der Fülle der Gedenktage, die wir im Moment erleben, ein Ereignis, das in entscheidender Weise mit der Vergangenheit und der Zukunft unseres Landes verbunden ist, nicht völlig an den Rand der Aufmerksamkeit gerät: Am 12. Mai wird sich die offizielle Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel zum 40. Mal jähren. Angesichts der Verbrechen, die in den Jahren 1933 bis 1945 im Namen des deutschen Volkes insbesondere an Juden verübt worden sind, war das Verhalten der jungen Nachkriegsdemokratie der Bundesrepublik Deutschland gegenüber dem gerade erst im Mai 1948 gegründeten Staat Israel ein international außerordentlich stark beachtetes Ereignis und ein wichtiger Markstein für die demokratische und freiheitliche Gesinnung des neuen deutschen Staates.

Israel hatte unmittelbar nach der Staatsgründung beschlossen - daran muss ich erinnern -, jedem

Deutschen die Einreise in das Land und jedem Israeli die Einreise nach Deutschland zu verbieten. Jeder Pass trug bis 1956 den Vermerk „außer Deutschland“. Jeder Handel mit Deutschland war verboten. Israelischen Diplomaten war es untersagt, mit ihren deutschen Kollegen überhaupt in Kontakt zu treten. Die Einfuhr deutscher Bücher und Zeitungen war im jungen Staat Israel nicht erlaubt.

1947 hatte sich die spätere israelische Außenministerin Golda Meir sogar geweigert, Kurt Schumacher, der doch zehn Jahre lang in NS-Gefängnissen gesessen hatte und darunter, wie viele in diesem Hause auch noch persönlich wissen, vor allem körperlich außerordentlich schwer gelitten hatte, bei einer internationalen Konferenz die Hand zu geben. Für sie war jeder Deutsche ein Nazi.

Ein emotionaler Boykott von allem, was mit Deutschland zu tun hatte, war - so muss man es wohl sagen - die verständliche Grundhaltung vieler Israelis in den Jahren nach dem Holocaust. Vor diesem Hintergrund erforderte es viel Fingerspitzengefühl, diplomatische Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Israel aufzubauen. In einer viel beachteten Regierungserklärung vom 27. September 1951 stellte Konrad Adenauer mit einem Bekenntnis zu den im Namen des deutschen Volkes begangenen Verbrechen dafür die entscheidenden Weichen. Während die DDR Israel niemals anerkannt hat, entwickelte sich zwischen der Bundesrepublik und Israel schrittweise eine Kultur der vorsichtigen, guten Zusammenarbeit. Dadurch wurde zugleich der Weg zur Eingliederung der Bundesrepublik Deutschland in die internationale Staatengemeinschaft und in das westliche Bündnis geebnet.

Meine Damen und Herren, in den vergangenen Jahrzehnten sind viele Beziehungen zwischen Deutschland und Israel gewachsen - Gott sei Dank, möchte man sagen -, die angesichts der schwierigen Vergangenheit beachtlich sind, wie ich finde, und auch in Zukunft besonderer Aufmerksamkeit und Pflege bedürfen. Es gibt eine Reihe von Städteund Kreispartnerschaften, wissenschaftlichen, kulturellen, religiösen und wirtschaftlichen Austausch. Auch wir als Abgeordnete des Niedersächsischen Landtages sollten uns wieder - darüber haben wir bereits im Ältestenrat gesprochen - um dauerhafte und intensivere Kontakte zu Israel und Palästina bemühen. Gott sei Dank jedenfalls ist die Erinnerung des Schreckens an die Verbrechen der Nationalsozialisten längst nicht

mehr die einzige Verbindung zwischen Deutschland und Israel. So wie es zur politischen Kultur in Deutschland gehört, der nationalsozialistischen Vergangenheit ungeschminkt und ungeschönt ins Auge zu blicken und entschlossen jeder Form des Antisemitismus entgegenzuwirken, so ist es eine verantwortungsvolle Pflicht aller Demokraten in Deutschland, für eine gesicherte Existenz - auch das muss gesagt werden - Israels einzutreten und nach Kräften zu einem Frieden zwischen Israelis und Palästinensern beizutragen. Voller Hoffnung blicken wir deshalb auf jede Entwicklung, die zu einer Beilegung des schweren Konfliktes mit den arabischen Nachbarn und einer friedlichen Entwicklung im Nahen Osten beiträgt. Der 40. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen mahnt uns jedenfalls, auf der Basis unserer Geschichte in dem Bemühen nicht nachzulassen, Israel als einziger Demokratie nach westlichem Vorbild im Nahen Osten auch weiterhin hilfreich zur Seite zu stehen. - Ich danke Ihnen.

(Lebhafter Beifall bei allen Fraktionen)

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie nun, sich zu erheben. Ich bitte auch die Zuschauer, sich zu erheben.

Meine Damen und Herren, am 13. April 2005 verstarb der ehemalige Abgeordnete des Niedersächsischen Landtages Herr Gerhard Weigert im Alter von 80 Jahren. Herr Weigert gehörte dem Niedersächsischen Landtag von 1976 bis 1978 als Mitglied der SPD-Fraktion an. Während dieser Zeit war er Mitglied im Ausschuss für Bau- und Wohnungswesen. Er war Träger des Ehrenrings der Stadt Wolfenbüttel und Träger des Bundesverdienstkreuzes Erster Klasse. Wir werden Herrn Weigert in guter Erinnerung behalten. - Ich danke Ihnen.

Meine Damen und Herren, ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.

Ich möchte jetzt einige Anmerkungen zur Tagesordnung machen. Die Einladung und die Tagesordnung für diesen Tagungsabschnitt liegen Ihnen, wie üblich, gedruckt vor.

Für die Aktuelle Stunde liegen vier Beratungsgegenstände vor.

Ferner liegen zwei Dringliche Anfragen vor, die morgen früh ab 9 Uhr beantwortet werden.

Im Ältestenrat sind für die Beratung einzelner Punkte bestimmte Redezeiten gemäß § 71 unserer Geschäftsordnung vereinbart worden. Diese pauschalen Redezeiten sind den Fraktionen und den Abgeordneten bekannt. Sie werden nach dem im Ältestenrat vereinbarten Verteilerschlüssel aufgeteilt. Ich gehe davon aus, dass die vom Ältestenrat vorgeschlagenen Regelungen für die Beratungen verbindlich sind und darüber nicht mehr bei jedem Punkt einzeln abgestimmt wird. - Ich stelle fest, dass das Haus mit diesem Verfahren einverstanden ist.

Die heutige Sitzung soll gegen 19.30 Uhr beendet sein. An dieser Stelle möchte ich noch darauf hinweisen, dass der Parlamentarische Abend der Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz nur durch ein Versehen in der Tagesordnung ausgewiesen wurde. Die Veranstaltung wurde abgesagt.

Ich möchte Sie noch auf zwei Ausstellungen aufmerksam machen. In der Portikushalle sind die preisgekrönten Arbeiten des Wettbewerbs des Niedersächsischen Landtages für Schülerinnen und Schüler 2004/2005 zu sehen.

In der Wandelhalle wird das von der Hauptschule Ahlem konzipierte Gedenkbuch „Ich bin gewesen in Ahlem“ anlässlich des 60. Jahrestages der Befreiung des KZ Ahlem präsentiert. Ich empfehle beide Ausstellungen Ihrer Aufmerksamkeit.

Im Rahmen der Initiative „Schulen in Niedersachsen online“ werden in den kommenden drei Tagen vier Schülerinnen und Schüler des Wilhelm-BuschGymnasiums Stadthagen und des Adolphinums Bückeburg wiederum live aus dem Landtag berichten. Als Pate wird die Abgeordnete Kollegin Helmhold erste Ansprechpartnerin der Nachwuchsjournalisten sein.

An die rechtzeitige Rückgabe der Reden an den Stenografischen Dienst bis spätestens morgen Mittag, 12.00 Uhr, wird erinnert.

Meine Damen und Herren, ich habe die große Freude, an dieser Stelle den Bürgermeister der niederländischen Stadt Nieuwerkerk, André Bonthuis, begrüßen zu können. Herzlich willkommen! Wir wünschen Ihnen einen guten Tag.

(Beifall im ganzen Hause)

Es folgen nun geschäftliche Mitteilungen durch die Schriftführerin.

Es haben sich entschuldigt: von der Landesregierung Herr Ministerpräsident Wulff ab 15 Uhr und der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Herr Hirche, ab 13 Uhr sowie von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Langhans.

Meine Damen und Herren! Ich rufe jetzt auf

Tagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde

Wir kommen zunächst zu

a) Grüne Gentechnik - Chancen für Arbeit und Forschung - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 15/1847

Dazu hat der Herr Kollege Dr. Rösler das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die grüne Gentechnik wird die Landwirtschaft des 21. Jahrhunderts revolutionieren. Das ahnt sogar Ihr Bundeskanzler Gerhard Schröder, der die Gentechnik in seiner letzten Regierungserklärung zu einer der Schlüsseltechnologien erklärt hat. Leider ist es allerdings bei dieser bloßen Ahnung geblieben, denn der jetzt im Vermittlungsausschuss liegenden Gesetzentwurf der rot-grünen Bundesregierung zur grünen Gentechnik spricht eine gänzlich andere Sprache. Meine Damen und Herren, so kennen wir Gerhard Schröder ja aber: erst der Wissenschaft und Forschung etwas versprechen, am Ende dann aber peinlich und kleinlaut vor dem kleinen grünen Koalitionspartner einknicken.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die grüne Gentechnik hat jetzt schon eine enorme Bedeutung für die Agrarmärkte der Welt. Es liegt jetzt an uns, diese Chancen auch für unseren Arbeitsmarkt zu nutzen. Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum sind nachweislich an Forschung und Innovation gekoppelt. Die Gesetze zur grünen Gentechnik I und II beinhalten das Gegenteil des

sen, was wir an dieser Stelle fordern. Sie verhindern Forschung, und damit vernichten sie Arbeitsplätze in Deutschland und in Niedersachsen.