„Annahme in veränderter Fassung“. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? - Wir sind uns einig, das Erste war die Mehrheit.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu Tagesordnungspunkt 18. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag für erledigt erklären möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? Dann haben Sie einstimmig so beschlossen. Der Antrag ist für erledigt erklärt worden.
Tagesordnungspunkt 19: Einzige (abschließende) Beratung: Ausländische Straftäter konsequent in ihre Heimatstaaten zurückführen - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP Drs. 15/487 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen Drs. 15/604
Da eine Berichterstattung nicht vorgesehen ist, kommen wir gleich zur Beratung. Als ersten Redner rufe ich Herrn Kollegen Nerlich auf. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Thema der Haftverbüßung ausländischer Straftäter in ihrem Heimatland hat der Landtag sich ja schon in der letzten Wahlperiode auseinander gesetzt - leider damals ohne Erfolg, weil eine Entscheidung im Interesse unseres Landes immer an der damaligen Mehrheit gescheitert ist.
Für uns ist es daher nur konsequent, dass wir dieses Thema erneut aufgegriffen haben, um die Bundesregierung in dieser Frage endlich auch seitens unseres Landes unter Druck zu setzen.
Wir sind der Meinung, dass es der Bundesregierung ein Leichtes wäre, mit den entsprechenden internationalen Voraussetzungen zu einer schnellen und wirksamen Entlastung des Landes in Fragen des Justizvollzuges zu kommen. Deswegen wollen wir Druck ausüben, damit endlich die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, um ausländische Straftäter in Zukunft konsequent zur Strafverbüßung in ihre Heimatstaaten zurückzuführen.
Allein die konsequente Rückführung dieser Straftäter würde unsere Probleme im Justizvollzug sicherlich nicht lösen. Dies würde aber immerhin dazu beitragen, die angespannte Situation in unseren Justizvollzugsanstalten erheblich zu erleichtern.
Nach der aktuellen Rechtslage ist es leider notwendig, dass der ausländische Straftäter, der in deutschen Justizvollzugsanstalten einsitzt, seine Zustimmung zur Haftverbüßung im Heimatland geben muss. Ich glaube, ich brauche nicht weiter auszuführen, dass dies aus naheliegenden Gründen regelmäßig seitens der Betroffenen unterbleibt. Das führt aber aus unserer Sicht auch zu der absurden Situation, dass gerade derjenige, der nach Deutschland einreist, um hier eine Straftat zu begehen, nicht zur Haftverbüßung in seine Heimat abgeschoben werden kann, sondern darauf vertrauen kann, in deutschen Gefängnissen seine Haftstrafe zu verbüßen.
Aus unserer Sicht - um das hier ganz deutlich zu machen genießt jeder Ausländer, der sich re,chtmäßig bei uns aufhält, der sich rechtstreu verhält, der die Grenzen unseres Rechtsstaates achtet, unsere uneingeschränkte Sympathie und unser uneingeschränktes Gastrecht. Wer allerdings hier bei uns in Deutschland straffällig wird, der hat dieses Gastrecht verwirkt. Bei der Abschiebung zur Haftverbüßung in seinem Heimatstaat darf es dann nicht mehr auf seine Zustimmung ankommen.
Für eine entscheidende Verbesserung bei dieser Verfahrensweise sorgt ein internationales Übereinkommen, das im Jahr 1997 noch von der damaligen CDU-FDP-Bundesregierung durchgesetzt worden ist. Dieses Übereinkommen lässt die Zustimmung des hier in Deutschland einsitzenden Straftäters entfallen. Während zahlreiche Länder
wie Polen, Ungarn und Rumänien - ich möchte sie jetzt nicht alle aufzählen - dieses Übereinkommen bereits ratifiziert haben, verweigert die deutsche Bundesregierung immer noch die Umsetzung dieses internationalen Übereinkommens in deutsches Recht. Damit verweigert sie den Bundesländern eine Möglichkeit, für erhebliche Erleichterungen und Entlastungen im Justizvollzug zu sorgen. Deshalb ist unser Antrag so wichtig, damit wir hier endlich Bewegung hineinbekommen.
Das Ganze hat auch etwas Kurioses, denn es gibt ein Zustimmungsgesetz zu diesem internationalen Vertrag. Dem haben Bundestag und Bundesrat zugestimmt. Das heißt, alle verfassungsgemäßen Voraussetzungen für eine Ratifikation dieses Übereinkommens sind schon lange gegeben. Wir kennen ja vom Zuwanderungsgesetz die Problematik, dass ein Gesetz verfassungswidrig zustande gekommen ist, das trotzdem durchgeboxt werden sollte. Aber hier stehen wir im Gegenteil vor dem seltsamen Phänomen, dass wir eine Zustimmung zu einem Gesetz haben, die rechtmäßig und verfassungsgemäß zustande gekommen ist. Trotzdem verweigert die Bundesregierung die Umsetzung in nationales Recht. Ich meine, das ist ein Zustand, den wir nicht hinnehmen können.
Jetzt sagt die Bundesregierung, es sei noch ein weiteres Ausführungsgesetz dazu notwendig. Das Problem an diesem Ausführungsgesetz, das die Bundesregierung dazu vorschlägt, ist, dass gerade dieses Ausführungsgesetz alle Erleichterungen, die wir hätten, um ausländische Straftäter in ihre Heimatstaaten zurückzuführen, wieder einkassiert, sodass von dem internationalen Übereinkommen und seinen Erleichterungen für die Umsetzung in Deutschland nichts mehr übrig bleiben würde. Deswegen stellen wir fest, dass ein solches Ausführungsgesetz mit uns nicht zu machen ist, weil wir in dieser Frage endlich eine Erleichterung haben wollen. Die Bundesregierung behauptet immer wieder, es sei verfassungsmäßig geboten, ein Ausführungsgesetz zu erlassen. Heute Morgen wurde gerade seitens der SPD-Fraktion viel über den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst gesprochen. Völlig zu Recht wurde gesagt, dass dieser immer einzubeziehen sei. In diesem Zusammenhang möchte ich aber auf ein Gutachten des Wissenschaftliches Dienstes des Deutschen Bundestages verweisen, in dem ausdrücklich festgestellt
wurde, dass dieses Gesetz für das internationale Übereinkommen ohne ein weiteres Ausführungsgesetz sofort umgesetzt werden könnte und dass alle verfassungsrechtlichen Voraussetzungen dafür schon lange bestünden. Wir fordern, dass die Bundesregierung endlich davon Gebrauch macht.
In diesem Zusammenhang gibt es eine schöne Aussage des Bundeskanzlers Gerhard Schröder. Diese möchte ich gerne zitieren.
Er hat gesagt: „Wer unser Gastrecht missbraucht, für den gibt es nur eins: raus, und zwar schnell.“ Ich hätte das vielleicht nicht so drastisch ausgedrückt, aber ich meine schon, wenn der Bundeskanzler das in den Raum stellt und solche Forderungen aufstellt, dann haben wir auch den Anspruch, dass das möglichst schnell umgesetzt und in der Bundesregierung die Umsetzung nicht weiter blockiert wird. Denn dadurch könnten in Niedersachsen ohne weiteres 50 bis 60 einsitzende ausländische Straftäter zur Haftverbüßung ins Ausland abgeschoben werden. Für das Land würde das eine Einsparung in Höhe von 250 000 bis 300 000 Euro bedeuten, die wir dringend gebrauchen können.
Daher fordern wir in unserem Entschließungsantrag, darauf hinzuwirken, dass die Bundesregierung das Zusatzprotokoll endlich ratifiziert und dass sie die Möglichkeit der Überstellung dieser Straftäter nicht durch weitere zusätzliche Gesetze einschränkt. Sie hatte fünf Jahre dazu Zeit. Deshalb schließe ich mit einem bekannten Zitat aus Goethes „Faust“: „Der Worte sind genug gewechselt, nun lasst mich endlich Taten sehen.“ Ich meine, Sie würden etwas für dieses Land tun, wenn auch Sie sich diesem Antrag anschließen würden. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Seit 1976 recycelt die CDU-Fraktion diesen alten Antrag. Ich habe in den alten Unterlagen der
Ausschüsse nachgesehen und festgestellt, dass es eine Wiederholungstat ist, die Sie mit diesem Antrag begehen.
Dieser alte Antrag zur Abschiebung von ausländischen Straftätern erweckt wider besseren Wissens den Eindruck, Herr Kollege, als würden damit die niedersächsischen Haftanstalten vor dem Überquellen bewahrt und die Kosten ließen sich dadurch reduzieren. Meine Damen und Herren, die Angst sitzt Ihnen zu Recht im Nacken, denn aufgrund der vielfach fragwürdigen bis menschenunwürdigen Unterbringung der Häftlinge und der schlechten baulichen Zustände der Haftanstalten wird den Häftlingen vermehrt Schadenersatz zugesprochen.
Wo liegen die wirklichen Probleme im Strafvollzug in Niedersachsen? - Ich möchte einige Beispiele nennen; wir kennen sie alle aus dem Unterausschuss „Justizvollzug und Straffälligenhilfe“. Es gibt die Problematik der Stellenstreichungen im Justizvollzug, der Sanierung maroder Haftanstalten, des Sanierungsstaus, der sich mittlerweile auf 125 Millionen Euro angehäuft hat.
Es gibt die Problematik, dass die Spritzenvergabe eingestellt wurde. Meine Damen und Herren, hier liegen die wahren Probleme, und nicht dort, wo Sie versuchen, es uns vorzugaukeln mit der Möglichkeit, Straftäter schneller abschieben zu können.
Die Abschiebung ausländischer Straftäter wird in den niedersächsischen Gefängnissen nicht zu nennenswerten Einsparungen führen - das ist die Auffassung der Fraktion der Grünen -, da viele ausländische Gefängnisse nicht in Übereinstimmung - jetzt hören Sie genau zu - mit der Konvention zum Schutz der Menschenrechte stehen und damit nicht den europäischen Strafvollzugsgrundsätzen entsprechen. Zwar wissen wir um Ihre manchmal repressive Anschauung, wenn es darum geht, Straftäter abzuschieben, aber, meine Damen und Herren, ich meine, Sie wollen sich nicht in den Konflikt mit den Gesetzen begeben. Amnesty International hat dazu viel aufgeschrieben und gesagt. Ich meine, Sie tun sich keinen Gefallen damit.
Meine Damen und Herren, im Übrigen haben längst nicht alle Staaten, aus denen in Niedersachsen Straftäter einsitzen, das entsprechende Abkommen - diese Konvention - unterschrieben. Vielfach werden sogar Anträge von Häftlingen, die ihre Haft im Ausland absitzen wollen, von deutschen Staatsanwaltschaften abgelehnt, weil der ausländische Staat nicht garantieren kann, dass die Haft - jetzt hören Sie genau zu - im vergleichbaren Umfang wie in Deutschland vollzogen werden kann. Lassen Sie sich das einmal auf der Zunge zergehen. Sehr oft können die Strafen nicht vernünftig abgesessen werden können. Ich meine, das kann nicht in unserem politischen Interesse liegen, wenn eine Strafe zu verhängen ist. Es kann nicht in unserem Interesse liegen, dass die ausgesprochene Strafe nicht vollzogen wird. Einer geordneten Strafrechtspflege - ich möchte es wiederholen - der Vollstreckung im Ausland sind hier enge faktische Grenzen gesetzt.
Im Übrigen haben die Herkunftsländer meistens auch kein gesteigertes Interesse an der Rücknahme ihrer Straftäter. Auch hier sind große Probleme und Hindernisse zu erwarten, da wir keine Überführung ohne Einwilligung des Rücknahmestaates machen können. Meine Damen und Herren, bleiben Sie in dieser Debatte bei der Wahrheit.
„Es bedarf keines gerichtlichen Zulässigkeitsverfahrens, wenn die verurteilte Person der Überführung nicht zugestimmt hat, da nachträglich die Entscheidung der Vollstreckungsbehörde noch angefochten werden kann.“
Das kann auch von Ihnen nicht gewollt sein. Man stelle sich den Fall vor, dass eine Ausweisung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aufgehoben wird, der Betroffene sich aber bereits in einer ausländischen Strafanstalt befindet. Ein aufwändiges und schwieriges Verfahren für alle Beteiligten wäre das Ergebnis.