Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Blinde Menschen haben ein schweres Schicksal zu tragen. Sie können nur unter erschwerten Bedingungen und fast ausschließlich mit Hilfe anderer oder verschiedener Hilfsmittel am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Sie können versichert sein, meine Damen und Herren, dass die CDU-Fraktion ein großes Interesse daran hat, den Menschen, die blind sind, auch weiterhin helfend zur Seite zu stehen.
Aber wir haben natürlich auch Verständnis dafür, dass die SPD einen Antrag zum Erhalt des Blindengeldes formuliert hat, obwohl - das möchte ich an dieser Stelle noch einmal sagen; der Kollege Schwarz hat darauf schon hingewiesen - auch die SPD in den vergangenen Jahren, als sie an der Regierung war, oftmals Kürzungen beim Blindengeld vorgenommen hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Landesblindengeld ist eine freiwillige Leistung des Landes, die als Nachteilsausgleich für die besonderen, schweren Lebensumstände blinder Menschen gewährt wird. Es handelte sich bisher um eine Pauschalleistung ohne Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Die CDU/FDP-Landesregierung hat eine Schuldenlast übernommen, die es nahezu unmöglich macht, überhaupt freiwillige Leistungen weiterhin zu gewähren. Täglich 7 Millionen Euro an Zinsen zu zahlen ist so absurd, dass sich die Bürger auf der Straße diese Summe überhaupt nicht vorstellen können. Wenn hier nicht endlich nach 13 Jahren SPD-Schuldenpolitik ein Riegel vorgeschoben wird, wird dieses Land bald nicht mehr in der Lage sein, überhaupt irgendwo Bedürftigen Hilfe in finanzieller Form zu gewähren, weil kein Geld mehr zur Verfügung steht.
Deshalb möchte ich betonen, dass wir als die die Regierung tragenden Fraktionen den Konsolidierungskurs des Ministerpräsidenten 100-prozentig unterstützen. Es muss eine Reduzierung der Verschuldung geben. Der Ministerpräsident und sein Kabinett haben deshalb zur Vorbereitung auf den Haushalt 2005 einen Sparkurs vorgegeben, der ohne Wenn und Aber einzuhalten ist.
Dies, liebe Kolleginnen und Kollegen, trifft alle Ministerien, wenn auch in unterschiedlicher Höhe. Insgesamt sind 1,9 Milliarden Euro einzusparen.
Im vorliegenden Fall ist natürlich das Sozialministerium angesprochen. Eine Einsparvorgabe von insgesamt 34 Millionen Euro muss umgesetzt werden. Da der Sozialhaushalt zu 98 % aus gesetzlichen Aufgaben besteht, ist die Alternative für Einsparungen im Freiwilligenbereich natürlich relativ
gering. Bereits im vergangenen Jahr sind Kürzungen im Freiwilligenbereich vorgenommen worden, sodass abgewogen werden muss, welche Bereiche überhaupt noch zur Verfügung stehen.
Seitens des Kabinetts ist in Erwägung gezogen worden, das System der Leistungsgewährung nach dem Landesblindengeldgesetz umzustellen. Im niedersächsischen Haushalt, d. h. im Sozialhaushalt, ist dafür bisher ein Betrag von insgesamt 47 Millionen Euro angesetzt. Meine Damen und Herren, ich meine, dass man bei diesem Betrag von einer hohen Summe sprechen kann. Von diesem Betrag sollen nach der vorgegebenen Empfehlung 21 Millionen eingespart werden. Das bedeutet, dass noch immer ca. 25 Millionen Euro für Zahlungen an blinde Menschen zur Verfügung stehen. Es kommt somit darauf an, wie dieser Millionenbetrag verteilt wird, also an wen und wie die Leistungsgewährung erfolgt. Die Alternativen reichen von einer reduzierten pauschalen Gewährung an alle blinden Menschen in Niedersachsen über eine Zahlung nach bestimmten Kriterien nur an wirklich Bedürftige bis zu einer Kombination dieser beiden Alternativen. Auf jeden Fall darf aber der Verwaltungsaufwand für die Umsetzung der Vorschläge oder für eine endgültige Lösung nur sehr gering sein.
Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, sprechen von unverhältnismäßigen Einsparzwängen für die blinden Menschen. Auch uns macht es wirklich keinen Spaß, Kürzungen in diesem Bereich vorzunehmen. Ich weise aber ausdrücklich darauf hin, dass sich bei einem Volumen von 47 Millionen Euro Einsparungen natürlich anders darstellen als bei Titeln z. B. von 5 000 oder 10 000 Euro. Auch bei Projekten, die z. B. nur eine geringfügige Summe als Förderung erhalten, wirken sich Einsparungen manches Mal überdimensional aus.
Meine Damen und Herren, deshalb muss es in Anbetracht der schwierigen finanziellen Situation im Lande erlaubt sein, alles auf den Prüfstand zu stellen. Nur so, nur wenn der Kurs des Ministerpräsidenten sowie des Finanzministers konsequent umgesetzt wird, hat dieses Land noch eine Zukunft. Nur dann können auch die Bedürftigen in diesem Lande weiterhin auf eine Unterstützung in finanzieller Form hoffen und sie auch bekommen. Das wissen Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, ganz genau. Deshalb wird auch die CDU-Fraktion alle sachlichen Argumente bei der
Sie haben vorgetragen, dass das Landesblindengeld eine Leistung ist, die blinden Menschen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben im Rahmen eines Nachteilsausgleichs für bestimmte Mehraufwendungen ermöglichen soll. Auch wir sehen natürlich und haben großes Verständnis dafür, dass blinde Menschen Schwierigkeiten im Leben zu bewältigen haben, die z. B. nur durch oder mit Assistenz zu bewältigen sind. Oftmals können diese Hilfestellungen nur mit finanziellen Mitteln erreicht werden. Blinde Menschen müssen für viele Dinge im Leben bezahlen, und dieses Geld muss auch zur Verfügung stehen. Wir als CDU-Fraktion werden weiterhin dafür Sorge tragen, dass Menschen in Niedersachsen, die blind sind und die dieses schwere Schicksal zu tragen haben, Hilfe und Unterstützung im notwendigen Umfang bekommen. SPD und Grüne, die Bundesregierung, regeln die gesetzlichen Bestimmungen für die Blindenhilfe ab 1. Januar 2005 durch das SGB XII neu. Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, diese Regelungen für unangebracht halten, dann sollten Sie in Berlin intervenieren.
Sicherlich ist es nicht angenehm, Sozialhilfe beantragen zu müssen. Hierbei sind natürlich im Rahmen der Antragstellung auch Fragen zu beantworten, die das persönliche Einkommen und Vermögen sowie die Familienverhältnisse betreffen. Aber der Staat kann die finanziellen Hilfen nicht ohne Prüfung der Bedürftigkeit bzw. gewisser Voraussetzungen verteilen, auch aus Verantwortung gegenüber dem Steuerzahler. Dies gilt für Bund, Länder und Kommunen. Aber ich bin froh - das sage ich auch als ehemalige Sozialamtsleiterin -, dass es in Deutschland eine Gesetzgebung gibt, nach der Menschen entsprechend ihrer Hilfebedürftigkeit Hilfe bekommen und nicht im Regen stehen gelassen werden. Ob es Hilfe in besonderen Lebenslagen, zum Lebensunterhalt, zur Wohnung, Bekleidung oder Sonstiges ist: Die Sozialhilfe in Deutschland weist viele Unterstützungsmöglichkeiten auf und begleitet die Menschen.
Die Subsidiarität der Sozialhilfe ist ein Grundsatz. Sozialhilfe soll nur in Anspruch nehmen, wer sich selbst nicht helfen kann. Ziel ist, die Menschen
Mit diesem Grundsatz jedoch darf die Beantragung von Blindenhilfe nach den bisherigen Regelungen des § 67 des Bundessozialhilfegesetzes und künftig nach den Bestimmungen des SGB XII nicht gleichgesetzt werden. In der Regel werden die Menschen, die blind sind, diese Hilfe auf Dauer in Anspruch nehmen müssen.
Die Blindenhilfe nach den Bestimmungen des SGB XII soll die Lebensführung der blinden Menschen unterstützen. Bei einigen Betroffenen wird der Betrag eventuell sogar höher sein. Ansprüche darüber hinaus, z. B. für bestimmte teure Hilfsmittel, müssen dann geprüft werden. Durch unzählige Gespräche in den vergangenen Wochen haben sich der Ministerpräsident, Frau Ministerin von der Leyen sowie die CDU-Fraktion und die FDPFraktion ein Bild darüber gemacht, mit welchen Problemen blinde Menschen zu kämpfen haben.
Auch wir wollen natürlich, dass die bisherigen Lebensumstände der Betroffenen berücksichtigt werden. Es wird niemand unter das Existenzminimum fallen; dafür gibt es in Zukunft die Unterstützung, wie auch immer im Rahmen der Haushaltsberatungen entschieden wird. Die CDU wird nach dem Ergebnis der Kabinettsklausur in der kommenden Woche mit den Beratungen im Arbeitskreis beginnen und alle Argumente, die im Zusammenhang mit der Lebensführung der blinden Menschen stehen, sorgsam abwägen und die Auswirkungen eventueller Kürzungen sehr sorgfältig prüfen. Besondere Härten, gesetzliche Möglichkeiten für die Festsetzung der Vermögensgrenze, der Erhalt der Altersversorgung, das kleine Häuschen, die Inanspruchnahme der Angehörigen, die Minimierung des Verwaltungsaufwandes usw. werden wir in unsere Überlegungen mit einbeziehen.
Die bisherigen harmonischen konstruktiven Gespräche mit dem Landesblindenverband werden fortgesetzt, um die Interessen aller in die Beratungen einzubinden.
Ich bin gespannt darauf, welche Vorschläge Sie als Opposition in die Haushaltsberatungen einbringen; denn Sie müssen ja dann Gegenvorschläge unterbreiten.
Soll bei anderen Haushaltstiteln gekürzt werden? Wer ist dann betroffen? Deshalb betone ich noch einmal: Diese neue Landesregierung wird den Haushalt sanieren und damit den kommenden Generationen eine solide Grundlage für eine Lebensführung in Niedersachsen bieten. Das gilt auch für die blinden Menschen. Auch dabei wird der Anspruch unserer Ministerin, ein soziales Niedersachsen zu schaffen, oberster Grundsatz bleiben. Wir nehmen dieses Anliegen sehr ernst.
Frau Jahns, ich muss Ihnen jetzt leider das Wort entziehen. Sie kommen nicht zum Schluss. Das tut mir Leid.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist nicht so ganz einfach, bei einem so ernsten Thema der Rednerin oder dem Redner das Wort zu entziehen. Ich bitte, auch wenn die Ernsthaftigkeit des Themas groß ist, darum, sich an die Redezeit zu halten.
Zu Wort gemeldet hat sich von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Helmhold. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich zitiere aus dem Brief einer blinden Frau:
„nach zweimaligen Kürzungen und mehrjähriger Einfrierung - die letzte Kürzung von 20 Prozent nahmen wir im Januar dieses Jahres in Kauf, um auch unseren Anteil an Sparmaßnahmen mitzutragen - jetzt ganz gestrichen werden soll und dass meine Landesregierung mich jetzt dadurch nötigen will, zur Sozialhilfeempfängerin zu werden.“
Meine Damen und Herren, genau das will die Landesregierung ab 2005 tun. Blindheit - das ist hier soeben schon gesagt worden - ist eine Behinderung mit sehr umfassenden Auswirkungen. Das Blindengeld wurde als einkommensunabhängige Leistung konzipiert, um unabhängig von sozialhilferechtlichen Fürsorgeleistungen die besonders schweren Nachteile blinder Menschen in einer optisch geprägten Welt auszugleichen. Diese Nachteile sind vielfältig; das ist hier schon ausgeführt worden. Teilhabe und Selbstbestimmung blinder Menschen, eine auch nur annähernde Chancengleichheit werden durch diese Leistung erst ermöglicht. Nun entdeckt die Landesregierung ausgerechnet bei den Blinden - im Sozialhaushalt das Hauptsparpotenzial. Über 60 % des Einsparvolumens sollen von den Blinden erbracht werden.
Am letzten Samstag haben wir eine eindrucksvolle Demonstration der Blinden hier in Hannover gegen diesen Kahlschlag erlebt. Die Blinden befürchten zu Recht, dass die Niedersachsen zum Vorreiter der Streichung sämtlicher Landesblindengeldgesetze werden, ohne dass es einen adäquaten Ersatz in einem Bundesleistungsgesetz gäbe. Bei der 20-prozentigen Kürzung im vergangenen Jahr wurde den Blinden von der Sozialministerin zugesagt, dass es weitere Kürzungen nicht geben werde. Darauf haben sie vertraut. Mit der Entscheidung, das Blindengeld nun völlig zu streichen, haben Sie, Frau Ministerin, das in Sie gesetzte Vertrauen wirklich mehr als erschüttert.
Wie glaubwürdig, meine Damen und Herren, ist eine Sozialministerin, deren Zusagen nicht einmal eine Anstandsfrist von einem Jahr überdauern? „Partnerschaftlich und verlässlich“, so haben Sie
es uns hier verkündet, sollte Ihre Sozialpolitik sein. Bei Verfallsdaten von noch nicht einmal einem Jahr können wir diese Aussage getrost als Makulatur bezeichnen.
Meine Damen und Herren, was soll man davon halten, wenn das Sozialministerium im Juli mal eben erklärt, dass bei der Abschaffung 80 bis 90 % der Betroffenen Blindenhilfe im Rahmen der Sozialhilfe erhalten würden? Dieser Aussage wurde sofort widersprochen. Auf meine Kleine Anfrage habe ich heute die Antwort erhalten, dass darüber gar keine Aussage gemacht werden kann.