Protokoll der Sitzung vom 20.04.2005

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Kollege Will zu Wort gemeldet. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für Niedersachsen als Flächenland ist eine intakte Infrastruktur im Schienenbereich eine wesentliche Voraussetzung für die Mobilität, und auch für die Entlastung der Straßen durch Güterverkehre der Bahn ist sie eine wichtige Voraussetzung. Deshalb ist es zu einfach, die Anregungen und beispielhaft genannten Projekte aus dem vorliegenden Antrag nur abzulehnen. Nach unserer Auffassung hätte es dieser Antrag verdient, im Ausschuss inhaltlich beraten zu werden und ihn nicht als „Klamauk“, wie durch den Minister anlässlich der Einbringung tituliert, abzulehnen. Das Leben kann so einfach sein, Herr Minister Hirche, wenn man sich nicht in der Sache auseinander setzen will.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Er ist gar nicht da!)

Bei der Bahnplanung und den damit verbundenen Investitionen in Niedersachsen ist ein hohes Maß an Abstimmungen zwischen den Beteiligten oder auch Verantwortlichen wichtig.

Beginnen wir mit der Bahn AG. Im Schienenpersonenverkehr, im ÖPNV und im Schienengüterverkehr ist sie die Nummer 1 in Europa. Das niedersächsische Bahnnetz hat einen Anteil von ca. 10 % am Gesamtstreckennetz. Ein Drittel aller Schnellfahrstrecken der Bahn liegt in Niedersachsen.

Herr Kollege Will, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Eppers?

Ja, bitte!

Herr Eppers, bitte!

Herr Kollege Will, warum hat Ihre Fraktion, wenn Sie der Auffassung sind, dass der Antrag im Ausschuss hätte inhaltlich intensiver beraten werden müssen, keinen Änderungsantrag gestellt?

Herr Will!

Herr Eppers, Sie haben sich auf eine Beratung überhaupt nicht eingelassen.

(Hermann Eppers [CDU]: Ich habe Sie dazu aufgefordert!)

Ihre Fraktion hat gesagt: Wir wollen ihn ablehnen; es erübrigt sich, diesen Antrag inhaltlich zu diskutieren. - Ich kann mich daran genau erinnern.

Daraus ergibt sich nach unserer Auffassung die Notwendigkeit, sowohl erhebliche Bestandsinvestitionen als auch Ausbaumaßnahmen vorzunehmen. Im Jahr 2004 stellte der Bund über 3,7 Milliarden Euro für Investitionen in die Schieneninfrastruktur zur Verfügung. In diesem Zusammenhang gab es wiederholt den Vorwurf z. B. der Unternehmen der Bauindustrie über Investitionszurückhaltung der Bahn. Bis Ende 2004 waren diese Bundesmittel bis auf einen Rest von 40 Millionen Euro durch die Bahn AG abgerufen. Es bleibt bei allen Ausbauwünschen die Notwendigkeit, die investiven Mittel wie in den Vorjahren wieder zu erhöhen. Für Niedersachsen bedeutet das Investitionen in das bestehende Netz im Zeitraum 2004 bis 2008 in Höhe von 1,63 Milliarden Euro und zusätzliche Bedarfsinvestitionen von 110 Millionen Euro im gleichen Zeitraum. Im Bestandsnetz weist die Bahn in ihrer Planung über 16 Maßnahmen bis zum Jahr 2008 auf. Entscheidend für die Realisierung von Neubaumaßnahmen sind die Sicherung der Investitionsquote für Niedersachsen und natürlich auch die Erhöhung der Mittel für diesen Zweck. Die Sanierung der Strecke Hude - Nordenham mit Ausbau für 120 km/h ist zwar von der Bahn zugesagt - die Planungen gehen auch voran -, entscheidend sind jedoch die Bereitstellung der Mittel durch die Bahn, um eine zügige Umsetzung der Gesamtmaßnahme zu erreichen.

Meine Damen und Herren, ein wichtiges weiteres Projekt ist der Ausbau der Heidebahn, der grundsätzlich machbar ist. Hier sollen im ersten Abschnitt, allerdings bis 2007, 25 Millionen Euro investiert werden und in weiteren Abschnitten in den Folgejahren in ähnlicher Größenordnung bedient werden. Weshalb haben CDU und FDP dies nicht aufgegriffen, sondern lehnen z. B. auch in dieser Frage den vorliegenden Antrag nur platt ab? - Wir würden auch gerne etwas über die weiteren Bedarfsplanprojekte der Bahn, ob Löhne - Wolfsburg, Rotenburg - Minden oder Seelze - Minden, erfahren.

Meine Damen und Herren, wir müssten doch in einem Punkt einig sein: Für die Bahn steht zu wenig Geld zur Verfügung. Die Investitionsmittel des Bundes sind in den letzten Jahren deutlich abgesenkt worden. Dies hängt jedoch nicht zuletzt mit der Blockade von jeglichen einnahmeverbessernden Maßnahmen im Bundesrat zusammen. Wäre das von der Bundesregierung vorgeschlagene Steuersubventionsabbaugesetz im Bundesrat nicht abgelehnt worden, wäre die Koch-Steinbrück-Liste nicht notwendig gewesen, die auch die Verkehrsmittel beschneidet.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Eigenheimzulage!)

Aber nicht nur der Bund ist in der Pflicht; auch das Land trägt Verantwortung für den SPNV, den ÖPNV in Niedersachsen. Was machen Sie mit den vom Bund zur Verfügung gestellten Regionalisierungsmitteln? - 90 Millionen Euro werden in diesem Jahr für die Schülerbeförderung zweckentfremdet. Wer so mit Mitteln des Bundes umgeht, leistet Kürzungsbestrebungen in Berlin Vorschub und gefährdet die Verkehrsinvestitionen in Niedersachsen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, im Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist die Rede von 100 Millionen Euro nicht abgerufene Fördergelder, die bei der Landesnahverkehrsgesellschaft brachliegen. Wie stehen Sie dazu? Ist es nicht erforderlich, die Landesnahverkehrsgesellschaft einer stärkeren parlamentarischen Kontrolle zu unterziehen und ihre Finanzplanung stärker in die Verkehrspolitik des Landes zu integrieren? - Herr Hirche ist offenbar nicht in der Lage, sich gegen die Begehrlichkeiten des Finanzministers zu wehren, und schiebt für alles den schwarzen Peter nach Berlin.

Ein Wirtschaftsminister, der zulässt, dass die Investitionsquote Niedersachsens auf den niedrigsten Wert aller Bundesländer und den schlechtesten Wert in der Geschichte des Landes fällt, hat nicht das Recht, Einsparungen beim Bund zu beklagen.

Wir wollen den zügigen Ausbau der vorhandenen Bahninfrastruktur in Niedersachsen. Wir wünschen uns deutlich mehr Bundesmittel für die Schiene. Es ist aber Sache der Landesregierung, diese Mittel beim Bund einzuwerben. Wenn der Bund nicht in der Lage ist, diese Mittel bereitzustellen, sollte man von einer Landesregierung mehr erwarten, als diesen Zustand nur pflichtgemäß zu beklagen. Wo, Herr Hirche, sind Ihre Zukunftsperspektiven, wo sind Ihre Vorschläge für eine Finanzierung der Schienenwege in den nächsten Jahrzehnten? Sie, Herr Hirche, waren nicht einmal bereit, die Forderungen der Grünen konstruktiv zu diskutieren.

Den Entschließungsantrag in seiner grundsätzlichen Stoßrichtung unterstützen wir. Wir sind allerdings auch der Ansicht, dass nicht alle Einzelpunkte umgesetzt werden können, wie die Grünen es fordern. Wir bedauern, dass es im Ausschuss nicht zu einer wirklichen Beratung gekommen ist, und werden uns dementsprechend der Stimme enthalten.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. - Für die FDP-Fraktion Herr Kollege Hermann. Bitte!

Frau Präsidentin! Verehrte Damen, meine Herren! Herr Will, ich könnte jetzt einiges zu Ihren Ausführungen sagen. Aber unsere Redezeit ist ja leider nicht so lang.

(Zuruf von der SPD: Das liegt am Wahlergebnis!)

Ich möchte allerdings etwas zu Herrn Hagenah sagen. Herr Hagenah, die Bahn ist in Niedersachsen gut aufgestellt. Das gilt insbesondere für die Bahnhöfe. In keinem anderen Bundesland gibt es bessere Bahnhöfe als in Niedersachsen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dass wir heute diese zweite Beratung durchführen müssen, liegt an der Uneinsichtigkeit der Grünen.

Es wäre für alle besser gewesen, wenn Sie, Herr Hagenah, den Antrag schon im Ausschuss zurückgezogen hätten;

(Beifall bei der CDU)

denn schon in der ersten Beratung wurde betont, dass der Antrag a) überholt und b) zum Teil auch inhaltlich falsch ist.

(Hermann Eppers [CDU]: Das hat er sogar eingeräumt!)

- Das hat er eingestanden. - Diese Feststellung haben wir dann im kleineren Kreis, nämlich im Ausschuss, wiederholt. Nun haben wir das zweifelhafte Vergnügen, alles erneut sagen zu müssen.

Meine Damen und Herren, das Land schöpft sehr wohl die Möglichkeiten aus, die es hat, um Investitionen in die Schiene voranzubringen.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Das stimmt doch gar nicht!)

Ich nenne Ihnen einige Beispiele. Wir übernehmen die Planungskosten für die Heidebahn, und zwar für die gesamte Strecke, obwohl diese Aufgabe eigentlich dem Bund obliegt.

(Beifall bei der FDP - Zuruf von der CDU: Richtig!)

Das alles passierte schon vor Ihrem Antrag, Herr Hagenah.

Auch die Planung der Strecke Göttingen - Bodenfelde hat das Land in Angriff genommen. Selbst die Bahn ist aktiv geworden und lässt prüfen, ob und, wenn ja, mit welchen Maßnahmen die Geschwindigkeit von jetzt 60 km/h auf dann 80 km/h erhöht werden kann. Viele Harztouristen werden dafür dankbar sein. - Auch dafür bedurfte es Ihres Antrags nicht.

Besonders freut mich die Erweiterung des S-BahnNetzes in Richtung Hildesheim. Damit wird diese wichtige Nachbarstadt Hannovers nicht nur besser angebunden. Auch der Messebahnhof Hannover wird damit endlich ganzjährig genutzt. Dadurch kann der Flughafen Hannover von zusätzlich 100 000 Menschen direkt mit der Bahn erreicht werden. Das ist ein schöner Zusatzeffekt, der mich als Verkehrspolitiker besonders freut.

Das größte Problem bei der Erweiterung des S-Bahn-Netzes scheint mir übrigens die Beschaffung von 13 weiteren Zugeinheiten zu sein. Das

liegt aber nicht daran, dass es an Geld fehlt, sondern daran, dass die Produktionskapazitäten der Hersteller ausgelastet sind. Auch das ist ja nichts Negatives.

Für all dieses und auch für die umfangreichen Bahnhofsneubauten, die die LNVG durchgeführt hat, erwarte ich von Ihnen zwar kein Lob, Herr Hagenah. Aber Sie hätten wenigstens erkennen können, dass das, was Sie in Ihrem Antrag gefordert haben, schon fast vollständig umgesetzt ist. Deshalb frage ich mich: Warum dieser - entschuldigen Sie die Wortwahl - vollkommen deplatzierte Antrag? Wir haben in diesem Land wahrlich wichtigere Dinge zu tun. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Für die Landesregierung Herr Minister Möllring. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei dem Thema liegt es nahe, darauf hinzuweisen, dass es in vielen Lebensbereichen - und so auch in der Politik - immer wieder Trittbrettfahrer gibt. Aber in diesem Fall haben Sie gar keinen Zug erreicht, sondern laufen einem Zug hinterher, der schon lange abgefahren ist.

(Zuruf von Enno Hagenah [GRÜNE])

Das, Herr Hagenah, hat Ihnen der Kollege Hirche bereits im Oktober letzten Jahres bei der ersten Beratung deutlich gemacht. Wenn man einen solchen Hinweis bekommt, kann man seinen Antrag durchaus zurückziehen. Dann muss nicht so viel Papier bedruckt werden, dann macht man sich nicht so lächerlich, und das wirft auch nicht so ein schlechtes Licht auf die eigene Bundesregierung.